Autor: Vertikalpass

Nur Verlierer

Es sind mal wieder wilde Zeiten rund um den größten Verein Baden Württembergs. Während der VfB Stuttgart unter Sebastian Hoeneß einfach nicht aufhört, mit begeisterndem Fußball von Sieg zu Sieg zu eilen, gleicht das Umfeld einem Scherbenhaufen: Kurve gegen Kapital, Beirat gegen Präsidium, e.V. gegen AG, Transfermarkt-Forum gegen Twitter und alle gegen jeden. Dass es dabei oft ins Persönliche geht, ist vermutlich weniger dem emotional schwierigen Umfeld geschuldet als vielmehr dem allgemeinen Diskurs in den sozialen Medien, der in vielerlei Hinsicht verrutscht ist. Es scheint Zeitgeist zu sein, einfache Lösungen für komplexe Probleme zu suchen. Doch wie so oft ist es alles andere als einfach beim VfB Stuttgart. Und wie so oft ist man an einem Punkt  angelangt, an dem man sich mal wieder verarscht vorkommen kann. Wie lange die Mitglieder beim VfB schon verarscht werden, darüber kann man streiten, aber wir beginnen einfach mal im Jahr 2016, als der Aufsichtsrat des Vereins den Mitgliedern genau einen Kandidaten für die Wahl des Präsidenten präsentierte: Wolfgang Dietrich. Damals entschieden sich über 40 % dafür, dass kein …

5 Punkte: Worum es bei dem Protest gegen den DFL-Deal geht

Der sich anbahnende Deal der DFL mit einem nicht unbedingt gut beleumundeten Investor gilt es zu hinterfragen und es ist nachvollziehbar und berechtigt, dass Woche für Woche in den Stadien dagegen protestiert wird. Die Kritik daran ist nicht pauschal, sondern bezieht sich auf fünf wesentliche Aspekte, die nie isoliert, sondern immer gemeinsam diskutiert werden sollten: 1. Die Integration eines Investors bzw. „Vermarktungspartners“ Einen externen Partner hinzuziehen, sorgt automatisch dafür, dass eine neue Anspruchsgruppe dazu kommt. Eine, die Geld verdienen möchte. Eine, die im Zweifel auf den Fußball und dessen Kultur keinerlei Rücksicht nimmt. Hauptsache, die Rendite stimmt. Profit über alles. Völlig legitim, das ist das Wesen eines Investments. Aber die Folgen für den deutschen Fußball in den nächsten Jahren sind unabsehbar. Es wird in diesem Zusammenhang von der DFL gerne von „rote Linien“ gesprochen, die in den nächsten 20 Jahren nicht überschritten werden. Dazu gehören in erster Linie die Anstoßzeiten der Spieltage. Der neue Partner soll auch nur eingeschränkte Mitspracherechte erhalten. Das wirkt reichlich unrealistisch, denn ein Investor wird einschreiten, wenn er seine Rendite in …

Das Kollektiv gegen Kane & Co.

Bayern München gegen VfB Stuttgart: Die Bezeichnung „Südgipfel“ ist in dieser Saison erstmals seit über zehn Jahren mal wieder passend. Wenn man die augenblickliche Form in der Bundesliga betrachtet: Flop-Team gegen Flow-Team. Zweiter gegen Dritter. Eine Ansammlung von Individualisten gegen eine echte Trainermannschaft. Dritter gegen Zweiter hieß es auch am 33. Spieltag der Saison 2003/2004 in Stuttgart. Der VfB gewann 3:1 nach Toren von Imre Szabics (2) und Kevin Kuranyi. Der letzte Sieg in München? Das Freak-Spiel 2018 unter Captain Kork mit einem heiß gelaufenen Tassos Donis am 34. Spieltag. Die letzten Begegnungen in München spielte der VfB im Mai und September 2022 jeweils 2:2. Würde ich wieder nehmen. Oder ist uns das mittlerweile zu wenig? Also ein Befreiungsschlag war das Spiel gerstern für mich nicht. Unsere Fehler blieben dank eines schwachen Gegners ungenutzt. Stuttgart wird uns vor ganz andere Probleme stellen. #MUNFCB — M.W. (@Thueringer1900) December 13, 2023 Der Rekordmeister ist nicht gerade in Top-Form. Die Stimmung auch eher mittel. Trainer Thomas Tuchel immer schlecht gelaunt, zu wenig Spieler und dann auch noch die …

Glücksfall Labbadia

Wataru Endos 2:1 in der 92. Minute am 34. Spieltag der Saison 21/22 dürfte für viele VfB-Fans der emotionalste Augenblick ihres Fanlebens sein. Umso enttäuschender war es, dass es nicht gelang, die kollektive Kraft dieses einmaligen Moments in die anschließende Saison zu überführen. Im Gegenteil. Und ein Jahr später? Heute vor 12 Monaten wurde die Verpflichtung von Bruno Labbadia bekannt gegeben. Wir schrieben damals „Alles auf Null gestellt“ und die zweite Amtszeit von Labbadia war dann auch tatsächlich eine von vielen erwaretete Nullnummer, die nach knapp fünf Monaten, zwölf Spielen und neun Punkten endete. Wir mussten genau so leiden wie die Mannschaft: Unter dem gleichermaßen uninspirierten wie unerfolgreichen Fußball, dazu unter den vielen Ausreden des Managements und der Trainerbank. Hätte uns damals jemand gesagt, dass der VfB exakt zwölf Monate später nach zehn Siegen aus dreizehn Spielen auf Platz 3 der Bundesliga-Tabelle steht und dazu noch überwiegend begeisternden Fußball spielt, wir hätten wohl die Telefonnummer einer Nervenheilanstalt gewählt. Kein Wunder, denn 2022 hatte es der VfB eben nicht geschafft, aus der Euphorie des späten Klassenerhalts …

Viel Folklore, wenig Vision

Eine Mitgliederversammlung will eigentlich niemand. Den Verein kostet sie rund 500.000 Euro und die Mitglieder einen schönen Sommertag. Und am Ende entscheiden gut 600 von 85.000 über richtungsweisende Satzungsänderungen. Satte 8,5 Stunden dauerte die Versammlung einen Tag nach dem 130. Geburtstag des VfB Stuttgart. Am Ende hatte sich wenig geändert: Es wurden zwei neue Vereinsbeiräte gewählt (einer davon ohne Gegenkandidat*in) und zwei Satzungsänderungen beschlossen. Der Rest war Folklore. Denn beim größten Verein Baden-Württembergs geht es im Grunde genauso zu wie bei einem schwäbischen Kleintierzüchterverein: kleinlich, rechthaberisch, egoistisch, streitsüchtig, wehleidig. Souverän war am Sonntag wenig, höchstens die Technik, die für schnelle und reibungslose Abstimmungen sorgte oder der erstaunlich routinierte Auftritt des AG-Vorstands. Tatsächlich war Alexander Wehrle eine der wenigen Personen, die auf der MV Pluspunkte sammeln konnte, weil er sich in seiner Rede zumindest ein Stück weit selbstkritisch zeigte. Alles andere als souverän waren hingegen weder Inhalt noch Vortrag der Abwahlanträge gegen Claus Vogt, Marc-Nicolai Schlecht und André Bühler, die sich im Kern darum drehten, was irgendjemand irgendwem irgendwann gesagt haben soll, ob Personen auf Mannschaftsfotos …

Wie Mislintat bei Ajax dem VfB helfen kann

Das aufrichtige Bemühen von nicht wenigen Fans, den eigenen Kader heilig zu sprechen, trifft auf die Skepsis von Alex Wehrle und dem kicker, dass dieser Kader zu nichts zu gebrauchen ist. Vor allem nicht für einen harten Abstiegskampf. Was besonders pikant ist, weil Wehrle den Kader mit Sven Mislintat gebaut hat und zuletzt unter Zuhilfnahme diverser Berater und dem neuen Sport-Direktor Fabian Wohlgemuth die Granaten Genki Haraguchi und Gil Dias als „Soforthilfe“ verpflichtet hat. Hilfreich dagegen wäre ein bisschen mehr Selbstkritik, dass die Verpflichtung von Bruno Labbadia ein Fehler war, der den VfB Zeit gekostet hat, im schlimmsten Fall sogar die Zugehörigkeit in der ersten Bundesliga. Nicht wenige haben sowas schon bei der Vorstellung des Trainers im Dezember befürchtet. Die Klubverantwortlichen haben mit der Labbadia-Verpflichtung, begleitet von allerlei Weltuntergangsmusik (“Wir stehen mit dem Rücken zu Wand”), eine Situation erzeugt, die nur schwer zu kontrollieren war, da sich Trainer und Mannschaft von Anfang an nicht grün waren. Es war ein clash of cultures, das passte einfach nicht. Beide beklagten sich übereinander. Labbadia jammerte öffentlich, die Spieler …

Ein Club am Boden

Erstmals seit 2018 steht der VfB Stuttgart ganz am Ende der Tabelle. Mit zwei Punkten ist der Abstand auf das berühmte rettende Ufer zwar klein, aber noch viel kleiner ist die Hoffnung, dass sich in der aktuellen Konstellation etwas zum Guten ändert. Weil die Maßnahmen des Trainers keine Wirkung zeigen und er nicht bereit ist, sie zu ändern. Weil die Mannschaft nach 1,5 Jahren Abstiegskampf über keinerlei Selbstvertrauen verfügt und einige Spieler offenbar immer noch nicht begriffen haben, dass es um viel mehr geht als ihre persönliche Zukunft in Stuttgart. Weil die öffentliche Kommunikation stellenweise das gleiche Niveau hat wie die Darbietungen auf dem Rasen. Weil in dieser entscheidenden Phase niemand Verantwortung übernimmt und stattdessen immer nur auf andere gezeigt wird. Man kann die Spieler nicht für alles in Schutz nehmen, aber jeder der sich etwas mit Fußball auseinandersetzt, sieht dass Trainer, Taktik und Positionen kein bisschen dazu passen. MIT ANSAGE. #VfB — Seriouz (@Seriouz1893) March 21, 2023 Die Stuttgarter Nachrichten schreiben, dass sich Bruno Labbadia neu erfinden muss. Der Labbadia, den man geholt hat, …

Die Vielseitigkeit von Silas

Serhou Guirassy? Leider verletzt. Luca Pfeiffer? Offenbar überfordert. Thomas Kastanaras? Anscheinend noch nicht so weit. Was blieb Bruno Labbadia also anderes übrig, als Silas gegen den 1. FC Köln in die Sturmmitte zu beordern? Dort machte er zwar kein überragendes Spiel, war oft zu hektisch am Ball, musste seine Beine sortieren und traf zu oft genau die falsche Entscheidung. Aber er band auch meist gleich zwei Gegenspieler und hielt die Kölner Abwehr ordentlich auf Trab. Die Fußballsprache hat für ihn den schönen Begriff „ständiger Unruheherd“ erfunden. Das galt allerdings sowohl in seiner Wirkung auf die Kölner Abwehr wie auch auf das Stuttgarter Publikum. Wir haben Silas unter Pellegrino Matarazzo oft als Wingbacker gesehen, der aber so seine Schwierigkeiten mit der Defensivarbeit hatte. Manchmal fehlte ihm dazu der Willen, manchmal die taktische Intelligenz. Wir haben ihn als reinen Außenstürmer gesehen, dort war er allerdings leichter zu verteidigen. Alles kam auf seine Ballannahme an; hatte Silas einen schlechten Tag oder wurde früh attackiert, blieb er oft wirkungslos. Silas braucht Tiefe, sollte den Ball in den Lauf gespielt …

Der VfB e.V. kommt nicht zur Ruhe

“Wir sind natürlich nicht immer bei allen Themen einer Meinung, das wäre auch nicht normal und auch für den Verein nicht gut. Aber alle wollen immer das Beste für den VfB Stuttgart“, sagte Präsident Claus Vogt am Rand des VfB-Trainingslagers in Marbella. Übersetzt heißt das wohl: Es knirscht mal wieder ganz gewaltig bei den Vereinsgremien des VfB Stuttgart. Und ob immer alle das Beste für den VfB wollen? Zweifel sind angebracht. Jetzt sind die Vereinsbeiräte Susanne Schosser und Martin Bizer von ihren Ämtern mit sofortiger Wirkung zurück getreten. Der Druck sei zu groß geworden, schreiben sie in ihren Rücktritts-Statements. Und das ist noch harmlos formuliert. Schosser schreibt in ihrem Statement: “[…] sowie das für einen engagierten, kreativen und zugewandten Menschen wie mich unerträgliche, unprofessionelle, allein auf Machtsicherung bedachte und diffamierende Vorgehen wesentlicher Mitglieder der Gremien, führen mich zu diesem Rücktritt.” In ihren Schreiben schildern sie die dicke Luft im Vereinsbeirat und den Umgang mit „Abweichlern“, wenn man gerade in der Causa Schlecht/Bühler eine andere Meinung als das Präsidium vertritt. Zur Erinnerung: Ein von Pierre-Enric Steiger …

Der Fleißige, der Brutale, der Retter, der Schleifer, das Arbeitstier

Das Präsidium des VfB schreibt in seinem etwas bemühten Neujahrsbrief an seine Mitglieder, dass die Profi-Mannschaft auf Platz 16 steht mit lediglich einem Punkt Vorsprung auf Rang 17. Das ist absolut korrekt. Aber richtig ist auch, dass es nur drei Punkte Rückstand auf Platz 13 sind. Der VfB kommuniziert immer wieder die Kosten in Höhe von 130 Millionen für den Stadionumbau. Von den 22,5 Millionen, die der Club selbst bezahlen muss, liest und hört man dagegen sehr wenig. Logisch, ist auch nicht so furchteinflößend. Gut: Man hat offensichtlich ein Narrativ gefunden. Schlecht: viel schwarz-weiß und zu wenig weiß-rot. Aber es stimmt schon: Es gab schon einfachere Situationen beim VfB und das Ziel in der Mercedes Straße ist, Fans und Mitglieder mitzunehmen bei der Ausrichtung mit den neuen sportlichen Verantwortlichen Bruno Labbadia und Fabian Wohlgemuth, sie einzuschwören auf die kommenden 19 Spieltage, an deren Ende der Klassenerhalt stehen soll. Wobei der VfB voll auf die Lösung Labbadia setzt. Sie hätte auch Friedhelm Funkel, Felix Magath oder Huub Stevens heißen können, aber so einfallslos ist selbst Alexander …