VfB
Schreibe einen Kommentar

The Return of Rumpelfussball

Teamchef Beckenbauer

Beim 1:1 des VfB in Mainz muss ich an Franz Beckenbauer denken. Aber nicht wegen seiner Wurschtigkeit und Lichtgestaltigkeit in der Neuzeit oder seiner Interpretation des Liberos in den 70er Jahren oder seinem Coaching zum WM-Titel 1990, von ihm stammt vielmehr der Satz: “”Das war müder Rumpel-Fußball, der streckenweise in Misshandlung des Balles ausartete.” Das muss 2000 gewesen sein, die Nationalmannschaft hatte mal wieder gegen Moldawien oder Rumänien nicht gut ausgesehen, es war die beste Zeit von Marko Rehmer, Carsten Ramleow, Jens Jeremies, Paolo Rink und Carsten Jancker. Beim VfB bemüht sich Daniel Schwaab eifrig, so zu sein wie Rehmer, Oriol Romeu interpretiert Ramelow absolut glaubhaft und hätte Daniel Ginczek eine Glatze, er wäre der Wiedergänger von Jancker.

Darf man vom VfB im Moment mehr erwarten als Ergebnisfussball? Nein. Ist Ergebnisfussball gleichzusetzen mit Rumpelfussball. Nein. Obwohl, bei der WM 2002 funktionierte das. Da waren allerdings Oliver Kahn und Michael Ballack die Key Player und Sven Ulreich und Christian Gentner sind von den beiden so weit weg wie der VfB in der Tabelle von Bayern München.

Vor dem Spiel
Huub Stevens will keinen Schönheitspreis gewinnen und eliminiert alle kreativen Elemente und beraubt sein Team damit der Möglichkeit, offensive Akzente zu setzen.


Eine linke Seite, bestehend aus Go Sakai und Adam Hlousek jagt mir den kalten Schauer über den Rücken und ich hatte lange Zeit Angst vor den Auftritten von Artur Boka.

Was war erfolgreich?
Defensiv steht der VfB stabil und läßt wenig zu. Aus extrem hohem Ballbesitz macht Mainz so gut wie nichts, lediglich Yunus Malli schafft es, mit dem einen oder anderen Solo für Unordnung zu sorgen. Der VfB schlägt die Bälle weit raus und die paar Standards sind nicht der Rede wert.

Aber Mainz, acht Spiele in Folge ohne Dreier, wirkt lediglich bemüht und ist unsicher, bekommt auch das Publikum nicht auf seine Seite. Shinji Okazaki hat nur eine einzige Torchance, wobei ich vor dem Spiel hohe Wetten abgeschlossen hätte, dass er mindestens einmal trifft. Es ist absolut ein Erfolg, dass uns Stevens die Schmach eines Okazaki-Treffers erspart. Dass das Ganze unansehnlich ist, Schwamm drüber. Remember 2002.

Was funktionierte nicht?
Ginzcek und Timo Werner sind kaum im Spiel, die offensiven Außenpositionen mit Hlousek und Florian Klein zu besetzen, ist eine Schnapsidee, Romeu mit seiner großen Übersetzung wird oft überspielt und Gentner ist wie immer überall und nirgends zugleich. Und als Johannes Geis einen Freistoß direkt verwandelt, ist eigentlich klar: Das wird heute nix. Ich brauche gar nicht mehr hinschauen.

Was macht Huub Stevens richtig?
Er reagiert auf das unterirdische Spiel seines Teams und zwar richtig.

Interessant ist, dass er Alexandru Maxim bringt, den er bisher kaum beachtet hatte und gleichzeitig Daniel Didavi noch nicht einmal im Kader steht. Schont er den lange verletzten Spielgestalter für die ganz wichtigen Spiele gegen Hamburg und Paderborn? Mit Maxim ist zumindest eine gewisse Standard-Kompetenz auf dem Feld und kurze Zeit später darf sich Filip Kostic auf der rechten Seite versuchen. Mehr als ein Versuch ist seine halbgare Flanke in der 72. Minute nicht und dass dieses krumme Ding im Tor landet ist ein riesiger Zufall. Oder Glück, wie Armin Veh sagen würde.

Wie kann der VfB gegen den HSV und Paderborn punkten?
Wenn er so spielt wie zwischen der 70. und 85. Minute. Wenn man optimistisch ist, kann man gewisse spielerische Elemente erkennen, sogar Mut, von Siegeswillen zu sprechen, wäre aber wohl schon wieder übertrieben. Kapitän Gentner jedenfalls ist mit der Leistung zufrieden und untermauert damit seine Ambition, seinen Präsidenten Bernd Wahler als Vereins-Komiker abzulösen. Mit dem Spiel von Mainz kann keiner zufrieden sein und die gute Laune von Stevens ist reine Show, sein Lachen ist ein doppelbödiges. Er wird Fehler direkt und unmißverständlich ansprechen.

Der HSV ist für seine aggressive Linie bei Heimspielen bekannt, insofern kann eine Doppel-Sechs mit Romeu/Gruezo durchaus Sinn machen. Ich hoffe, dass Kreative wie Moritz Leitner, Maxim oder Didavi auch gebraucht werden. Denn das Erfolgsrezept mit Rumpelfussball und Glück allein wird nicht den Klassenerhalt sichern. Der HSV ist vielleicht schon einen Schritt weiter, Joe Zinnbauer arbeitet derzeit daran, den Spielstil zu entrumpeln.

Was sagt dJan Delay zum 1:1 von Kostic?
Und wenn Du denkst es geht nicht mehr, dann kommt von irgendwo ne Flanke her.

Eine außergewöhnliche und sehr gute Zusammenfassung des Mainz-Spiels findet sich übrigens hier. Und zum Thema Rumpelfussball gibt es hier eine lesenswerte Serie.

Titelbild:  360b / Shutterstock.com

Darf gerne geteilt werden:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.