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Die Ein-Mann-Dampfwalze

Entweder am Freitag oder spätestens an seinem 19. Geburtstag am Montag wird Ozan Kabak sein Debüt bei der türkischen A-Nationalmannschaft feiern. Auch wir believen den Hype um ihn und sind ein bisschen verliebt.

Ein Hauch der 2000er Jahre weht durchs Neckarstadion, wenn Ozan Kabak zu einem seiner offensiven Läufe ansetzt. Er erinnert immer ein wenig an Lucio, was nicht nur an seinem Bürstenhaarschnitt liegt. Es sieht bei Kabak zwar nicht so brachial aus wie einst beim Brasilianer, der mit großen Schritten das Mittelfeld durchquerte und es immer so eilig hatte, dass es wirkte, als ob er auf Scherben laufen musste. Aber Kabak ist ebenso eine Ein-Mann-Dampfwalze: unaufhaltsam und unwiderstehlich, dynamisch, technisch stark und in der Vorwärtsbewegung mit gutem Spielverständnis. In der Dreierkette sieht er nicht so elegant aus wie Benjamin Pavard, im Zweikampf ist er nicht so leidenschaftlich wie Ascacibar, dafür aber deutlich abgezockter. Was gelbe Karten angeht, ist er dem Argentinier auf den Fersen: Vier Stück in acht Spielen, we call it eine Santi-Quote. kein Wunder, denn er ist ebenso grätschfreudig wie der Argentinier und geht bei seinen Zweikämpfen oft hohes Risiko.

Es ist erstaunlich, wie schnell sich Kabak akklimatisiert hat, vor allem für einen 18-jährigen. Insbesondere, wenn man bedenkt, in welchem Zustand sich die Mannschaft befand, als er nach Stuttgart kam. Was unterscheidet Kabak von Pablo Maffeo und Borna Sosa, die bisher hinter den Erwartungen zurück blieben? Womöglich hat Kabak einen Leitsatz verinnerlicht, den Hertha-Trainer Pal Dardei seinen jungen Spielern wie Niklas Stark und Arne Meier mitgibt: “Euer Talent hat Euch hierhin gebracht. Eure Mentalität aber bestimmt über eure Zukunft“ (kann man sich durchaus auf den Unterarm tätowieren). Klar im Kopf, heisst die zugehörige Fußballer-Phrase. Entscheidend ist also, ob junge Spieler eine gewisse Eigenmotivation mitbringen und den ständigen Willen haben, sich weiter entwickeln zu wollen. Menschlich, sprachlich, sportlich. Bei Kabak ist das offensichtlich der Fall.

Ob dies Michael Reschke gewusst oder zumindest geahnt hat, ist unklar. Was er gewusst hat, dass Kabak mit seiner Mischung aus einem robusten Körper, gutem Spielverständnis und sauberem Passspiel dem VfB sofort und im Abstiegskampf helfen kann. Nicht wenige (auch wir) haben nicht verstanden, warum der Sport-Vorstand einen weiteren Innenverteidiger holt anstatt auf den offensiven Positionen nachzulegen. Der VfB hat nun immer noch große Probleme, ein Tor zu schießen, aber die Abwehr scheint gefestigter zu sein. Was einerseits auf die Umstellung auf eine 5er-Kette zurückzuführen ist, aber auch weil die drei starken Innenverteidiger Kabak, Pavard und Marc-Oliver Kempf zusammen gut funktionieren.

Kabak schafft es, unaufgeregt und schnörkellos zu spielen, ohne dabei seine Spannung und Energie zu verlieren. Er schafft es, gut gelaunt zu sein (was Lucio selten schaffte), ohne dabei seine Ernsthaftigkeit zu verlieren. Auch in kritischen Spielsituationen, bei denen wir einen Ballverlust oder einen verlorenen Zweikampf befürchten, bleibt er ruhig. Dass sein offensiver Kopfball eine absolute Waffe ist, konnten wir alle sehen beim 5:1 gegen Hannover. Wenn Kabak so weiter macht, steht ihm die Fußballwelt offen. Aber schon oft haben Spieler beim VfB einen furiosen Anfang hingelegt und ließen sich dann vom VfB-Schlendrian namens „Selbstgefälligkeit“ verführen. Kabak ist ehrgeizig, für ihn ist der VfB ein Zwischenschritt in seiner Karriere, er ist trotz des unfassbaren Hypes um ihn in der Türkei “down-to-earth” wie Kalle Rummenigge sagen würde. Deshalb ist bei ihm kein Spannungsabfall zu befürchten. Hoffen wir, dass wir ihn genauso lang in Stuttgart erleben dürfen wie Benjamin Pavard – mindestens!

Hier gehts lang zu unserem Text über Kabaks Buddy Andi Beck.

Titelbild: Imago

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10 Kommentare

  1. Ich wünsche mir das sich bei Kabak kein Spannungsabfall einstellt und das nicht in 18 Monaten die Bayern da stehen und mit 35 Millionen winken.

    Die Gefahr ist ja immer gegeben bei uns. Wäre schön wenn wir noch eine weile was von ihm hätten, wenn er die Entwicklung weiter macht wird das aber schwer.

    Vielleicht kommen mit ihm jetzt noch ein paar junge wilde und wir haben die nächsten Jahre mal nichts mit dem Abstieg zu tun. Uns allen wäre das zu wünschen.

  2. Vielleicht wäre es mal an der Zeit ein bisschen Demut zu zeigen und einzuräumen, dass das ständige Reschke gebashe gerade bzgl. seiner Transfers viel zu voreilig war ? Es liegt halt nicht immer am Einkäufer, sondern meist am Spieler selbst…

    • @abiszet sagt

      Hallo Midimo, es scheint so, dass Du einen (inneren) Auftrag hast, bei jeder Gelegenheit auf die „Verdienste“ und hervorragende Arbeit der Vereinsführung und insbesondere von Michael Reschke hinweisen zu müssen. Ich befürchte, Du kennst den aktuellen Tabellenstand nicht und dass der VfB die schlechteste Saison seiner Vereinsgeschichte spielt. Aber ich vergaß: Das liegt ganz sicher nicht am ehemaligen Sport-Vorstand und dessen Transfers.

      • Andreas sagt

        Es allein auf den Sport-Vorstand und dessen Transfers zu schieben ist schon mehr als einfältig. Es haben alle dazu beigetragen.

        • Genau so ist es. Einfältig ist der richtige Ausdruck. Man konzentriert sich meist schnell auf ein zwei Schuldige und schlägt dann gerne schnell und heftig unter der Gürtellinie auf Leute ein, deren Arbeit man nicht mal genau beurteilen kann (was man dann sogar wie hier noch zugibt). Gerne fokussiert man sich dann auf die negativen Dinge (zB Badstuber Verlängerung) und wiederholt diese gebetsmühlenartig, die positiven Dinge erwähnt man gerne nicht, oder allenfalls am Rande. Gerne übertreibt man auch maßlos und mit reinen Unterstellungen ( das Geld aus der Ausgliederung wurde verschleudert). Und warum ein Tabellenstand zu 100 % dem Manager angelastet werden soll, erschließt sich mir
          nicht. Bezeichnend ist auch, dass Spieler sich oft anderswo ganz ander präsentieren – was genau hat der Manager damit zu tun ? Fakt ist nur, weitgehend dieselben Spieler haben weit mehr Punkte geholt. in der letzten Runde. Alles andere sind nur Mutmaßungen und/oder können nicht zu 100 % dem Manager angelastet werden. Die meisten Fehler werden auf dem Platz gemacht und da stehen die Spieler. Kommentare wie teilweis auch hier geben den Spielern genau das Alibi für ihre schlechten Leistungen.

  3. Mozy sagt

    Ein bisschen Länderspielpausenpolemik für Euch: Dietrich (nach wie vor) raus! Kabak hier, Beck dort, ändert nichts daran wer die Kette VfB durch den Dreck gezogen hat, dieser Spalter! Wenn der Gang in die 2. seinen Rücktritt bewirkt, dann bitte die nächsten Spiele abkacken…

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