Allgemein, Mini-Feature, VfB
Kommentare 9

Fack ju, zweite Liga!

108 Tage nach dem Abstieg aus der ersten Bundesliga wird es Zeit, die Aktivitäten des VfB zu bewerten. Passend zum Schulbeginn nächste Woche vergeben wir Schulnoten. Auf gehts VfB, Schulhefte raus, habt Ihr alle Eure Hausaufgaben gemacht seit Mai?

Aufsichtsrat
Sind wir ehrlich, der Aufsichtsrat ist auch nur ein Fan. Denn als Trainer den Aufstiegsspezialisten Jos Luhukay und als Stürmer den Zweitliga-Torschützenkönig Simon Terodde zu holen, das hätte jeder kicker- und SportBILD-Leser auch gemacht. In der Personalie Sport-Vorstand hat der Aufsichtsrat allerdings viel zu lange gebraucht, was einen enormen Zeitverlust bei der Planung des Kaders nach sich zog. Nur einen Präsi-Kandidaten zur Wahl zu stellen, dessen Vergangenheit kontrovers diskutiert werden kann, ist auch nicht unbedingt eine Meisterleistung. Dafür haben Pooth, Schäfer und Jenner einen Meister für die Fan-Seele integriert: Thomas Hitzlsperger. Dass dessen Aufgabengebiet “nachjustiert” werden muss, so Schindelmeiser, offenbart leider, was es ist: Eine populistische, leicht hilflose Maßnahme. Der Aufsichtsrat braucht dringend Nachhilfeunterricht in der Führung eines Fußball-Vereins.

Note 4,5

Sportvorstand
Zum Amtsantritt warnte Jan Schindelmeiser, dass der Kader nicht aufstiegsfähig sei. Um danach scheinbar nichts zu machen. Zum Ende der Transferperiode haut er im guten alten Bobic-Hallschlag-Style einen nach dem anderen raus: Asano. Bäm. Pavard. Bäm. Mané. Bäm. Geholt von Arsenal, Lille und Lissabon. Das wird von fast jedem bejubelt. Übersehen wird: Alle drei haben den Status “Nachwuchsspieler”, nicht alle drei werden auf Anhieb funktionieren. Pavard hat letzte Saison kaum Spiele gemacht, alle drei werden Zeit benötigen, um dem VfB zu helfen. Ob die zweite Liga den Spielern und dem VfB die Zeit gibt?

Dennoch scheint so etwas wie eine “Strategie” erkennbar: Erfahrene Profis (Terodde, Grahl), die gerne auch Buddies von Luhukay sein dürfen (Werner, Hosogai) kombiniert mit entwicklungsfähigen Jungs wie Schäng Zimmer, Takuma Asano, Anto Grgic, Carlos Mané, Benjamin Pavard. Der VfB hat gute Erfahrungen mit Franzosen gemacht: Schillbär Gress, Mathieu Delpierre, Didier Six stehen Reha-Welt-Abonnent Johan Audel gegenüber. Es ist zu hoffen, dass Pavard nicht so endet wie der Neuzugang Marcin Kaminski: Auf der Bank, weil Toni Sunjic spielt.

Die Last-Minute-Transfers erinnern an Demba Ba, Luis Gustavo und Chinedu Obasi von 2016, also Schindelmeisers Königstransfers, die er für den Aufstieg Hoffenheims tätigte. Er hat seinen Stoff jedenfalls in kürzester Zeit gebüffelt und die vakanten Stellen im Kader besetzt. Noch lange kein Grund zur Euphorie. Wir haben uns schon viel zu oft viel zu früh gefreut.

Note 2,5

Trainer
Jos Luhukay könnte schonmal lachen, oder? Eins ist sicher, ein Klassenclown wird nicht mehr aus ihm. Einen Eintrag ins Klassenbuch wegen schlechtem Benehmen gegenüber Alexandru Maxim hat er sich auch schon geholt. Was aber viel wichtiger ist: Es ist kein Spielsystem erkennbar, von einer Spielidee mal gar nicht zu reden. Vielleicht ist er der Meinung, man braucht das in der zweite Liga nicht. Die Kollegen Rangnick, Streich und Veerbek sehen das anders und hatten damit Erfolg. Vielleicht hat er dem Team bisher nur das kleine Einmaleins der zweiten Liga vermittelt. Aber auch dann wird es jetzt höchste Zeit für den komplexeren Stoff.
Und warum er an Toni Sunjic festhält, weiß nur er. Ich sage dazu nur: Thema verfehlt!

Note 3,5

Team
Die Spieler bekommen für ihre Mitarbeit auf jeden Fall eine gute Note. Einige haben sich sogar Fleißbienchen verdient. Als Klassensprecher hat Christian Gentner bisher überzeugt, sowohl als Schütze wichtiger Tore wie auch als Integrationsfigur. Jetzt kommt es darauf an, die Neuzugänge ohne große Mutprobe aufzunehmen und wenn die Verletzten zurückkehren, wird der Konkurrenzkampf hoffentlich ohne Klassenkeile ablaufen. Es wird spannend werden, wenn alle wieder fit sind. Aber genau das wollten wir doch: Luxusprobleme!

Note 3

Nachwuchs
Stephen Sama, Matthias Zimmermann und Berkay Özcan haben die Versetzung in den Profi-Kader geschafft. Und sie können wichtig werden für den Erfolg und nicht zuletzt für die Identifikation mit der Mannschaft. Aber wir sollten realistisch sein: Sie werden Fehler machen, sie werden stagnieren und sie können nicht eine komplette Saison ihre Bestleistung bringen.

Note 2

Fans
Im Leistungskurs „Support“ bekommen sie glatte 15 Punkte. Die VfB-Fans sind Streber und das ist gut so. Sogar Sehr Gut! Denn sie verbreiten das Gefühl, dass der VfB nicht in der zweiten, sondern in der ersten Liga spielt!

Note 1+

Darf gerne geteilt werden:

9 Kommentare

  1. Im Großen und Ganzen würde ich Deiner Einschätzung zustimmen und nur zwei Veränderungen vornehmen:
    – Dem Sportvorstand würde ich auf eine 2- heben, denn mir gefällt die ruhige (und seriöse!?) Vorgehensweise sehr gut. Mit den nun getätigten Transfers nehme ich ihm ab, dass er im Hintergrund gearbeitet hat und deswegen über einen längeren Zeitraum nichts von ihm zu hören war. Und auch die Tatsache, dass hier junge Spieler geholten wurden lässt doch auf eine längerfristigere Planung (bzw. ein Konzept) schließen.
    – Dafür würde ich allerdings dem Trainer diese 0,25 wieder draufschlagen (das Gleichgewicht soll ja erhalten bleiben, gell). Du hast in dem Absatz die wichtigsten Themen genannt. Insbesondere das bisher nicht wirklich erkennbare Spielkonzept und das Handling der Causa Maxim lassen mich dann aber doch eher zur 4+ tendieren. Was ich dem Trainer aber auch zugute halte ist seine unaufgeregte Art, die auch nochmal etwas mehr Ruhe in den Verein bringt (also außer der Maxim-Geschichte natürlich).

    • @abiszet sagt

      Danke, Ron!
      Die Benotungen sind persönliche Einschätzungen. Ich sehe das ähnlich wie Du, wollte bei Schindelmeiser und den Transfers aber nicht zu optimistisch sein. The same bei Luhukay: Ich finde es nicht problematisch, dass er Maxim draußen läßt. Vielmehr ist die Moderation des Themas kritisch zu sehen. Das bringt alles andere als Ruhe. Andererseits gibt er damit die Linie vor: Was zählt, ist nicht der Einzelne, sondern das Team. Das kann Luhukay aber besser machen, was auch für die Spielweise gilt. Schaun mer mal, was die Neuen bringen. Gegen HDH werden sie wohl noch nicht dabei sein, frühestens gegen Lautern.

  2. Pessimist sagt

    JayLu und Ex-Hoffe sind verantwortlich für die Verpflichtung der meisten der nun zahlreichen Neuen.
    Es ist entscheidend, ob sich daraus eine Mannschaft formen lässt, das hatten wir ja schon lange nicht mehr. Schwierig da jetzt schon zu benoten.
    Kann alles gut gehen, wehe wenn aber nicht. Dann haben wir erst recht einen Scherbenhaufen.
    JayLu ist dann eben beim nächsten Absteiger und der Schindelmeister legt sich wieder unter den Porsche.
    Wir aber sind weiter da…

    • @abiszet sagt

      Absolut. Bis auf Terodde, Kaminski und Zimmer sind alle Neuen auf Initiative von Luhukay und Schindelmeiser gekommen. Ob sie einschlagen, ob es ein schlagkräftiges Team wird – uns bleibt nicht anderes als abzuwarten. Jetzt allerdings schon an den Fall des Scheiterns denken, ist wirklich pessimistisch ;-)

      • Pessimist sagt

        Beim Studium der heutigen tagesaktuellen Medien (Porsche Jan und JayLu haben ganz eindeutig tiefliegende persönliche Probleme) muss man zwangsläufig JETZT SCHON und kurzfristig an den Fall des Scheiterns denken. So kann es auf keinen Fall weitergehen. Das aktuelle Projekt steht schon wieder vor dem Ende !

        • Pessimist sagt

          Hallo @abiszet
          Viele Grüße vom Pessimist :-)
          Aber gute Nachricht: schlimmer kann es fast nicht mehr kommen, d.h. es kann zwangsläufig nur noch aufwärts gehen…

          • @abiszet sagt

            Lieber Pessimist, ja, das haben wir in den vergangenen Jahren immer gedacht: Schlimmer kann es nicht werden. Leider haben uns die handelnden Personen beim VfB dann wieder negativ überrascht. Schaun mer mal.

  3. Genau wegen dieser Schuljungenmentalität (das Bild ist einfach exakt eine bildhafte Metapher für das, wofür der VfB stand bzw. steht) sind wir ja nun in Liga 2. Zu brav (oder noch negativer ausgedrückt: Angsthasenfussball), zu naiv (weil man glaubt, nur weil wir der VfB sind, stehen alle Spalier und wir steigen automatisch gleich wieder auf. Letzte Saison wars halt: der VfB und Abstieg? Das geht nicht, unmöglich. Da wird der VfB sind, bleiben wir automatisch in Liga 1) und daraus auch ein stückweit resultierend dieses permanente Nicht-Wahrhaben-Wollen der Realität. Was man eben gerne mal vergisst: viele derer, die für den Abstieg verantwortlich sind, spielen ja immer noch bei uns. Da sprech ich vor allem unsere “Abwehr” an, die mir nach wie vor die meisten Sorgen bereitet. Wer über 70 Gegentore kassiert hat, der steigt halt einfach auch ab und – was genauso schwerwiegend ist – hat auch große Probleme in Liga 2. Nur weil man jetzt eine Liga tiefer spielt, ist dieselbe Abwehr automatisch besser? Das wage ich mal zu bezweifeln. Mag sein, dass man vielleicht weniger Gegentore kassiert, aber das dürfte eher weniger ins Gewicht fällen. Und so viele Tore kann man vorne gar nicht schießen, wie hinten wieder reingehen und das fast im gleichen Atemzug.

    Was auch zur Schuljungenmentalität dazu gehört ist eben auch diese öffentliche Schlammschlacht: JL vs. the Rest of the VfB. Wie ein bockiger Schuljunge, der so lange die Luft anhält, bis er das bekommt, was er möchte. Nur was wollte JL eigentlich damit bezwecken? Was man allerdings zu seiner Ehrenrettung sagen muss: er kann auch nichts dafür, dass man das logistische Meisterwerk fertig bringt, um zuerst den Trainer zu holen, bevor man den Sportdirektor installiert. Dafür würde ich auch gerne den AR auszeichnen (ihr erinnert euch sicher an den Beitrag hier mit dem Weltkulturerbe der UNESCO). Die ärmste Sau – anders kann ichs nicht sagen – ist meiner Meinung nach der JS. Er kam in dem Wissen, dass da bereits ein Trainer ist und dem Risiko, dass die Chemie nicht stimmen könnte (und das war ja letztlich auch der Fall). Und der einfachste ist JL noch nie gewesen, aber das müsste er ja eigentlich schon gewusst haben und hätte das dann auch entsprechend einschätzen können. Nur kann ja schlecht seine erste Amtshandlung so aussehen – selbst wenn er das so alles überlegt hätte – , dass er den Trainer gleich wieder entlässt. Oder etwa doch? Eine Situation, die der AR wissentlich insziniert hatte, warum auch immer. Wie auch immer, das Risiko für JS sich für das Falsche zu entscheiden, war nicht gerade klein. Und man stelle sich vor, das Ganze wäre nicht öffentlich geworden, dann stünde JS – unabhängig von der gefällten Entscheidung – da wie der letzte Depp. Da hat ihm JL – vielleicht sogar unbewusst – sogar einen Gefallen getan, so dass ihm nun die A-Karte ruhigen Gewissens per Nachsendeantrag zugestellt werden kann.

    • @abiszet sagt

      Ja, Marc, sehe ich wie Du. JL und JS ist eingeschränkt ein Vorwurf zu machen, es ist die Situation, in die sie vom Aufsichtsrat gezwungen wurden. Es kann durchaus sein, dass der Rücktritt von JL eine Befreiung für alle ist: Für ihn selbst, für JS, evtl. auch für die Mannschaft, der Trainer hat ja manch schwer nachvollziehbare Entscheidung getroffen.

Schreibe einen Kommentar zu Pessimist Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.