Kapitän Atakan Karazor zollte dem Gegner Respekt nach dem glücklichen 0:0: „Leverkusen waren uns in mehreren Belangen überlegen“. Alexander Nübel, Man of the Match, sagte gar: „Das war unser schlechtestes Spiel gegen Leverkusen, wir können froh sein, dass wir nicht verloren haben.“
Neben einer leidenschaftlichen Verteidigung war es Nübel, der dem VfB den Punkt rettete.
Linke Hand.
Beide Fäuste.
Linkes Knie.
Linker Unterschenkel.
Dazu traf Leverkusen zwei Mal die Latte, schoss an den Pfosten und Jeremy Frimpong köpfte völlig frei neben das Tor. Eine Mischung aus Glück und Können verhinderte also eine verdiente Niederlage. Der VfB hatte bei weitem nicht seine beste Leistung gezeigt, aber trotzdem einen Punkt mitgenommen. „Dafür müssen wir uns nicht entschuldigen“, meine Sebastian Hoeneß achselzuckend.
Der Trainer vermisste vor allem Energie bei seinem Team.
Einer, der immer Energie auf den Platz bringt, musste schon früh verletzt raus: Jamie Leweling. Der Meister presste hoch, war aggressiver als der VfB, stresste die Brustringträger ununterbrochen. Ein strukturierter Spielaufbau war kaum möglich, vor allem Anrie Chase erwies sich dort als Fehlerquelle mit einigen wilden Pässen zum Gegner. Aber: Chase blieb mutig, ließ sich von seinen Fehlern nicht runter ziehen und überzeugte vor allem gegen den Ball. Meist stand er richtig, hatte ein gutes Timing in den Zweikämpfen und blieb auch in kniffligen Laufduellen siegreich.
Nicht nur er hat viel gelitten.
Die gesamte Mannschaft, das Trainerteam, die Fans auf den Rängen und vor dem TV. Das Spiel erinnerte an die Begegnung in München, weil der VfB seine Stärken überhaupt nicht ausspielen konnte. In München lag das an der taktischen Ausrichtung, in Leverkusen an der Stärke des Gegners. Was Bayer jedoch fehlte: die Abschlussqualität des Rekordmeisters.
Mit einigen Unstellungen wollte Hoeneß in der zweiten Halbzeit mehr Stabilität in den Abwehrverbund bringen: Er schob Josha Vagnoman auf links, Chase auf rechts und brachte Ramon Hendriks als Innenverteidiger. So hatte der VfB Geschwindigkeit auf beiden Außen und Hendriks’ Leidenschaft in der Mitte. Später stellte er dann mit der Einwechslung von Ameen Al-Dakhil sogar auf eine Fünferkette um.
Nach vorne fand der VfB nicht statt, Deniz Undav und El Bilal liefen ziemlich verloren rum, konnten keinen zweiten Ball festmachen, waren kaum eingebunden. Mit der Einwechslung von Chris Führich wurde es besser. Er war an den beiden einzigen Offensivaktionen beteiligt: Erst verfehlte nach seiner Vorlage ein Lupfer von Undav nur knapp sein Ziel (61.), dann parierte Lukas Hradecky ein Schuss Führichs aus spitzem Winkel, der Nachschuss von Angelo Stiller in aussichtsreicher Postion wurde geblockt (82.). Zum Schluss standen 2,81 zu 0,35 Expected Goals auf dem Zettel. Zu Halbzeit hatte der VfB noch nicht einmal aufs Tor geschossen. Das hat wahrscheinlich selbst Bruno Labbadia nicht geschafft.
Nübel Nübel Nübel
Seine Ruhe und Souveränität gab seinen Vorderleuten Sicherheit. Sie wussten: Wenn wir einen Abschluss nicht verhindern können, ist er da. Mit gutem Stellungsspiel, Qualität im 1:1, mit hervorragen Reflexen und notfalls schaut er eben einen Ball an die Latte oder neben das Tor. Der VfB erkämpfte einen glücklichen Punkt in Leverkusen und zeigte dabei neue Qualitäten: In der Vergangenheit hätte sich der VfB entweder spät ein Gegentor gefangen – wie eigentlich zuletzt immer gegen Leverkusen – oder wäre zusammen gebrochen mit einer 0:3 Niederlage.
Aber der VfB hielt dem Druck stand. Sinnbild hierfür Anrie Chase in seinem achten Bundesligaspiel. Er machte Fehler, war sichtlich unzufrieden mit sich selbst, fiel aber nicht in sich zusammen. Er haderte nicht, sondern blieb stabil. Diese Widerstandsfähigkeit wird auch in der Champions League gegen Atalanta Bergamo gebraucht. Und ein bisschen mehr Offensive, bitte.
Zum Weiterlesen:
Unser vertikalGIF sieht eine Mannschaft, „die taumelt, aber nicht fällt, ein bisschen Glück hat, aber vor allem ein großes Herz, und sich mit den talentfreien Tugenden einen Punkt beim Meister erkämpft.”
Heute feiert eine VfB-Legende seinen 75. Geburstag: Hermann Ohlicher. Wir haben seine Bedeutung für den VfB gewürdigt.
(K)eine bittere Pille: Das VertikalGIF zum Spiel gibt es hier.
Zum Weiterfreuen:
Wer die herausragende Leistung von Nübel Nübel Nübel feiern will, wir haben eine gleichnamige Tasse im Angebot.
Bilder: Dean Mouhtaropoulos/Getty Images
Auch ein glückliches Pünktchen darf man gerne mal mitnehmen, nachdem wir in der Vergangenheit schon genug Pech hatten. Jetzt nochmal die Kräfte bündeln für die beiden Heimspiele gegen Bergamo und Frankfurt, dabei ungeschlagen bleiben, und danach entspannt in die Länderspielpause gehen. Wenn ich den Namen Bruno Labbadia lese zuckt in mir alles zusammen, denn mit diesem Rumpelfussball mit seinem System aus der Steinzeit hätten wir gestern schon zur Halbzeit das Spiel verloren.
Hendriks, nicht Hendricks.
Ist in der Bildunterschrift immernoch falsch.
Super!
Nach Turin schon wieder ein Spiel ohne Gegentor gegen ein Spitzenmannschaft!
Das ist doch auch enorm wichtig für das Selbstbewusstsein.
Und vorne?
Naja, wenn einer unser derzeit besten Offensivspieler ausfällt…
Kaum selterner war ich über ein Remis und den einen Punkt froh als gestern abend. Mehr war einfach nicht drin, insofern zufrieden sein, Wunden lecken und weiter geht’s. Sorgen bereiten mir die Tatsache mit anzusehen, dass einige der VfB-Profis in der 2. HZ schon teilweise auf dem Zahnfleisch daherkamen. Nach dem 9. Spieltag stimmt mich das nicht so froh, 3-Fachbelastung hin oder her, die haben andere auch. Hoffentlich fällt jetzt nicht auch noch Leweling länger aus, seine Schnelligkeit und Dynamik zur Entlastung haben gestern abend sehr gefehlt. Nicht umsonst ist es mit der Einwechslung von Chris Führich ein klein wenig besser, wenn auch nicht gut genug, geworden.
Mal sehen was gegen Bergamo möglich ist und dann zu Hause gegen die Eintracht auf jeden Fall nicht verlieren um den Anschluß nach oben und den Platz im gesicherten Mittelfeld nicht zu verlieren.
Ein Punkt in Leverkusen, die gestern ihre bis dato beste Saisonleistung gezeigt haben, ist ein durchaus gutes Ergebnis. Dass die Taktik von Leverkusen sehr stark von Manndeckung geprägt war, hatte mich dann doch etwas überrascht. Mukiele als Kettenhund für Millot war nicht zu übersehen. Trotzdem kam der junge Franzose damit noch am besten klar. Undav und Touré hatten deutlich mehr Probleme, sich ihren Bewachern zumindest gelegentlich mal zu entziehen. Der Ausfall von Leweling wog daher um so schwerer, weil uns viel Tempo über Außen verloren ging. Wäre es daher nicht sinnvoll gewesen, Führich direkt zu Beginn als Leweling Ersatz zu bringen?
Chase war für mich Reizpunkt mit seinen Fehlpässen und gleichzeitig der Fels in der Brandung, wenn er sich gegen Boniface in den Zweikampf warf. Chase wird sicherlich nie ein Hummels, aber vielleicht ein Rüdiger?
Ein Lob geht an SR Siebert. In Leverkusen die strittigen Entscheidungen unter dem Druck der aufgeheizten Stimmung so zu treffen, war ziemlich souverän. Zudem scheint auch die Kommunikation zwischen Siebert und seinem Team, inkl. VAR, gestimmt zu haben.
Wenn die VfB Leistung eine Sinus Kurve ist und die beiden Partien gegen Bayern und Bayer die jüngsten Ausschläge nach unten waren, dürfen wir uns auf erfolgreiche Spiele gegen Bergamo und Frankfurt freuen.