Die Aufregung um die Heavy Rotation von Sebastian Hoeneß war groß. Vor dem Spiel gegen Mainz. Die meisten waren sich sicher, dass das nicht gut gehen könne. Nach dem Spiel: Alles richtig gemacht. Und nebenbei hat der Trainer auch noch viele Spieler glücklich gemacht.
Auf seinen Spielmacher Alex Nübel verzichtete Hoeneß natürlich nicht. Eine klassische B-Elf war es gegen Mainz auch nicht: Unter den zehn neuen Spielern in der Startelf im Vergleich zum Spiel gegen Istanbul befanden sich mindestens vier potentielle Stammspieler. Trotzdem zeigt die Maßnahme den Mut von Hoeneß, Dinge duchzuziehen, von denen er überzeugt ist. Er entschied sich für seine Spieler, ihm waren das Binnenklima und die Entwicklung im Zweifel wichtiger als das Ergebnis. Das Spiel war dann auch zäh. Aber so tritt der VfB in den letzten Wochen auf – Ausnahme Wolfsburg: Er gewinnt Spiele, ohne richtig zu überzeugen. Verliert Spiele, ohne schlechter zu sein (wie zuletzt gegen Istanbul).
Ob zäh oder nicht, das sieht man in der Tabelle nicht. Aber man sah am Sonntag vor allem viele glückliche Gesichter.
Dan-Axel Zagadou
400 Tage bestritt er verletzungsbedingt kein Bundesligaspiel. Wahrscheinlich alle drücken ihm die Daumen, dass er gesund bleibt. Auf dem Platz trat er meist sehr bossig auf, blieb auch gegen den schnellen Benedict Hollerbach immer Herr der Lage und war in beiden Strafräumen der kopfballstärkste Spieler. Dazu mit einigen gelungenen progressiven Pässen.
Chris Führich
Kämpft seit einiger Zeit mit einer veritablen Formkrise. Gegen Mainz war er weniger hektisch als zuletzt und ein absoluter Aktivposten. Die Krönung natürlich: Sein Traumtreffer kurz vor dem Pausenpfiff. Auch ermöglicht durch einen guten Laufweg von Nikolas Nartey, der Führich dadurch den Raum öffnet.
Deniz Undav
Kann man es jemand mehr gönnen als ihm, den entscheidenden Treffer zu erzielen? Er hatte verletzungsbedingt harte Wochen und aufgrund rassistischer Beleidigungen harte Tage zu überstehen. Auf dem Platz sah man seinen Ehrgeiz, das Spiel schnell und vertikal zu machen, auch wenn ihm nicht alles gelang. Sein 2:1: eiskalt, souverän vollendet. Einen Vollstrecker wie ihn kann der VfB in den nächsten Wochen gut gebrauchen.
Ameen Al-Dakhil
Auch er mit vielen Verletzungsproblemen seit er beim VfB ist. Jetzt endlich gesund, blieb er doch meist außen vor. Zeigte aber gegen Mainz, dass er ein guter Innenverteidiger mit solidem Aufbauspiel sein kann.
Pascal Stenzel
Für ihn war in der Saison oft kein Platz im Spieltagskader. Gegen Mainz als Schienenspieler aufgeboten, der seine Rolle intelligent interpretierte. Sein fehlendes Tempo war überhaupt kein Faktor. Fehlerlos in Defensive und Aufbau, sogar mit zwei auffälligen Offensivaktionen.
Glücklich konnten auch die Mainzer sein, dass der Notarzt-Einsatz im Gästeblock wohl gut ausging. Die Fankurven schwiegen minutenlang aus Respekt. Elfmeter-Torschütze Nadim Amiri fiel danach nichts Besseres ein, als provokant vor der Cannstatter Kurve zu jubeln. Auch wenn es nicht das erste Mal war: Schieben wir es auf das Adrenalin nach seinem Treffer. Er hat sich mittlerweile auch entschuldigt.
Nach der Heavy Rotation hat Hoeneß am Mittwoch beim Pokalspiel alle Möglichkeiten, was es auch für seinen Gegenüber Bo Henriksen nicht einfach macht: Wer spielt? In welchem System? Wir sind selbst gespannt.
Zum Weiterlesen:
Sebastian ordnet seine Auswärtsreise nach Istanbul ein: „Nicht nur Frust am Bosporus”
Zum Weiterschauen:
Die 3-teilige SWR-Serie „Rise & Fall“ über den VfB ist in der ARD Mediathek verfügbar. Neben den üblichen VfB-Legenden kommen auch Margit Mayer-Vorfelder und Reporterlegenden wie Jürgen Löhle, Oskar Beck und Oliver Trust zu Wort. Die konventionell gemachte, aber kurzweilige Serie bietet kaum Neues. Es geht einem jedoch ans Herz, die ganzen Highlights (und Lowlights) der letzten 50 Jahre zu sehen – vor allem, wenn man viele davon selbst live erlebt hat und sich seine persönlichen Erlebnisse und Eindrücke in Erinnerung ruft.
Sehr sympathisches Sportstudio-Porträt (Mediathek) von Maxi Mittelstädt, dessen Einsatz in Mainz fraglich ist.
Bild: VfB


Gratulation an Sebastian Hoeneß. Er sagt oft, dass ALLE wichtig sind. Doch sagen und machen sind zwei paar Stiefel. Er ist für mich der große Gewinner, damit ist ihm ein echter Coup gelungen. Das Team und sein Binnenklima war ihm wichtiger als die drei Punkte. Doch Karma bescherte ihm sogar diese, wovon man vor Anpfiff nicht ausgehen konnte.
Der VfB dreht das Spiel gegen den Karnevalsverein, muss aber bis zum Ende zittern weil der Tabellen 16. ordentlich Druck macht. Der sehenswerte Treffer von Führich gleicht den Elfmeter von Amiri zum richtigen Zeitpunkt schnell wieder aus. Der Siegtreffer von Undav kommt zu Stande weil 3 Mainzer im Tiefschlaf sind, uns kann es nur recht sein. Platz 3 verteidigt, 18 Punkte auf der Uhr, da kann es doch gar nichts zu Meckern geben. Wir haben natürlich jetzt eine Ergebnis orientierte Beurteilung, was wäre gewesen wenn die Ausstellung nicht funktioniert hätte, seis drum, der Sieger ist immer im Recht. Mir persönlich gefallen solche extreme Rotierungen nicht, weil so weniger Spielfluss und keine Automatisierung zu Stande kommt. Allerdings soll es neue medizinische Kenntnisse aus Spanien geben die so eine Belastungssteuerung rechtfertigen. Freue mich jetzt schon auf den Pokal, wird sicherlich ein heißer Tanz.
Wie geschrieben, auch ich dachte, der Hoeneß übertreibt jetzt aber. Ich mag diese Großrotationen auch nicht, Hoeneß interessiert die öffentl. Meinung diesbezügl. aber mal gar nicht. Ist ja auch richtig, denn er muß ja den Kopf auch hinhalten, wenn es schief geht.
Was los gewesen ( auch hier )wäre, wenn das schief gegangen wäre, ich möchte mir das gar nicht vorstellen. So aber bekommt er erstmal Lob von überall her.
Was mich wahnsinnig gefreut hat war das Comeback von Daxo. Hoffentlich bleibt er mal längere Zeit von Verletzungen verschont.
Auch C. Führich und D. Undav konnten Selbstvertrauen sammeln. So wird der Wettbewerb in der Truppe enger und das Team sollte dadurch besser werden.
Gegen die Truppen, gegen die man letzte Saison Punkte gelassen hat, hat man nun Punkte gewonnen, das sieht doch echt gut aus.
Auch mir ging es so, als ich die Aufstellung vor dem Spiel zur Kenntnis genommen hatte war mein erster Gedanke hat SH einen an der Waffel, da bin ich ganz ehrlich. Nun ja, der Erfolg – zum Glück – gibt ihm recht.
Dennoch halte ich von diesen permanenten Rotationen nicht sehr viel. Warum ?
1. Wie soll sich eine Mannschaft einspielen, wie sollen die Automatismen funktionieren, wenn ständig eine andere Formation auf dem Spielfeld steht ?
2. Welche andere Mannschaften praktizieren diese extreme und permanente Rotation ?
3. Muss diese sog. Belastungssteuerung überhaupt sein ? Aus einer Generation von Buchwald, Klinsmann etc. kommend stelle ich schon mal die Frage, wo war denn zu deren aktiven Zeit die Belastungssteuerung ? Diese Spieler standen eine ganze Saison (wenn nicht verletzt oder gesperrt) in JEDEM Spiel auf dem Platz.
4. Muss bereits zum Anfang einer Saison bei Vollprofis eine Belastungssteuerung vorgenommen werden ?
Gestern dachte ich wirklich, das geht ins Auge und wie auch im Beitrag erwähnt, die 1. HZ war zäh und bis auf das Tor von Chris Führich wenig etragreich. Meiner Meinung nach haben wir auch mit etwas Glück den Druck der Mainzer gegen Ende des Spiels schadlos überstanden denn da waren schon ein paar knifflige Situationen dabei.
Natürlich freue ich mich jetzt erstmal über die 3 Punkte, den 3. Tabellenplatz (auch da bin ich ehrlich, den hatte ich zu diesem Zeitpunkt nicht erwartet), mal schauen was am Mittwoch in Mainz möglich ist. Ich bin gespannt und drücke die Daumen.
Sorry, Daxo habe ich wegen Rotation und Belastungssteuerung völlig vergessen. Zagadou ist am Ball und in der Übersicht der beste Innenverteidiger den wir haben, aber als er nach 70 Minuten auf dem Boden lag mit Wadenkrämpfen habe ich mir natürlich sofort Sorgen gemacht ob wieder eine größere Verletzung passiert ist. Mal sehen ob die ärztliche Abteilung diesbezüglich bald etwas zu verkünden hat.
@Hobbycamper
Die 80er und 90er Jahre kannst Du in Sachen Athletik mit heute nicht vergleichen. Gegenbeispiel ist derzeit natürlich Bayern – mit ihrem dünnen Kader ist kaum Rotation möglich.
@Ronny
Hoeneß sagte auf der PK, dass Daxo nicht verletzt sei.
Danke für die Info in Sachen Zagadou. Es ist korrekt das die Spieler in den 80er/90er Jahren mehr Erholung für den Körper hatten weil es nicht so viele Spiele gab. In der heutigen Zeit sind die Spieler am Anschlag und gerade das finde ich gefährlich, weil die Spätfolgen noch gar nicht absehbar sind. Wie die Bayern das mit ihrem dünnen Kader und der hohen Laufleistung machen ist mir auch ein Rätsel, vielleicht brechen sie im Dezember ein, wer weiß. Habe in Erfahrung gebracht, daß beim FC Barcelona die Belastungssteuerung bei jedem einzelnen Spieler individuell angepasst wird, körperlich und kognitiv, anders geht es wohl auch bald nicht mehr falls noch weitere Wettbewerbe erfunden werden. Eines ist aber jetzt schon klar, die Leidtragenden werden die Spieler sein und die Qualität des Fussballs selbst, und nicht die Funktionäre.
@abiszet
Standfussball wurde aber in den 80er und 90ern auch nicht gespielt. Mir ist schon klar, dass heutzutage mehr Athletik notwendig ist. Für mich ist nur (noch) nicht ganz nachvollziehbar, dass man gleich am Anfang der Saison von Belastungssteuerung reden muss. Wenn das mal im Winter bzw. zum Jahreswechsel ein Thema wäre, kann ich da eher damit umgehen.
@Ronny
Warum hatten Buchwald und Co. zu ihrer Zeit weniger Spiele ? Der VfB hat 34 Ligaspiele, DFB-Pokal (je nachdem wie weit er gekommen ist) und last but not least auch UEFA-Cup-Spiele. Also für meine Begriffe waren das nicht signifikant weniger Spiele.
Kannst mich aber gerne eines Besseren belehren wenn ich etwas übersehen haben sollte, kein Problem.
Klar, die mussten in den 80ern und 90ern auch laufen, aber schau Dir mal Spiele aus der Zeit an.
Thema Belastungssteuerung ist genau Dein Punkt:
Das ist ein langfristiges Denken, es geht nicht um den Herbst oder Winter. Es geht darum, auch im neuen Jahr und im Frühling fit zu sein. Gerade bei Spielern von englischen Vereinen sieht man das: Die spielen quasi rund um die Uhr, um dann bei den Saisonfinals nicht in Topform zu sein (sprich: bei den Finals oder den Turnieren ausgelaugt und platt zu sein)
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Rotation
Ich denke, dass ist der Spielweise SH geschuldet: Ständiges Gegenpressing und danach Überzahlsituationen schaffen durch Bewegung.
Da Karlheinz Förster seit jeher mein absoluter Liebling war / ist – schaue oder höre ich ihm immer sehr gerne zu, wenn er etwas sagt.
An eines erinnere ich mich noch, nämlich dass er sagte, dass er zu oft verletzt gespielt und heute erhebliche gesundheitliche Probleme / Spätschäden deswegen hat und dies heute so nicht mehr machen würde.
Man kann den Trainer doch nur dafür loben, dass er die Gesundheit seiner Spieler im Auge hat. Im Grunde konnte nicht so ganz schlimm viel tabellarisch passieren und das Spiel übermorgen ist von der Prio höher.
Mal sehn wie es übermorgen läuft 🤔