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Der Supercup – (k)ein reiner Kirmescup

Der VfB kann den Fluch gegen Leverkusen nicht besiegen: Im vierten Spiel innerhalb eines Jahres hat der Vizemeister den Meister am Rand einer Niederlage – und muss doch wieder mit leeren Händen nach Stuttgart fahren. Gegen zehn Leverkusener schafften sie es nicht, ein 2:1 über die Zeit zu bringen, um letztlich im Elfmeterschießen zu verlieren.

„Das fuckt mich richtig ab“, Deniz Undav hatte nach dem Spiel voll schlechte Laune. Er bezog sich auf das späte 2:2, bei dem er auch ein wenig die Füße im Spiel hatte. Seine Aussage, aber auch der Auftritt beider Mannschaften zeigten, dass niemand das Spiel als Duell um einen Kirmescup wahrnahm. Beide wollten unbedingt den ersten Titel der Saison gewinnen, auch wenn aus Gründen der Belastungssteuerung bei Leverkusen Florian Wirtz, Jeremie Frimpong, Alejandro Grimaldo und Patrick Schick erst später kamen. Beim VfB blieben in Frans Krätzig, Justin Diehl und Silas die vermeintlichen Gewinner der Vorbereitung zunächst auf der Bank.

Spätestens nach der völlig berechtigten roten Karte gegen Alex Terrier, nachdem der Ermedin Demirovic das Bein durchtreten wollte, war Gift und Galle auf dem Platz. Granit Xhaka zettelte regelmäßig Rudelbildungen an, um den Stuttgarter Spielfluss zu stören. Leverkusen insgesamt mit vielen unlauteren Mitteln und unappetitlichem Verhalten und Gesten, die zum Club und dessen Protagonisten passen. Weiter südlich von Stuttgart nennt man sowas unsachlich und respektlos. Der VfB und auch Schiri Tobias Stieler jedenfalls ließen sich von der Hektik aus dem Konzept bringen.

Leverkusen war 1:0 in Führung gegangen, was der VfB mit einem wunderbaren Spielzug über Chris Führich und Maxi Mittelstädt und einem 1:1 durch Enzo Millot beantwortete. Der Vizemeister in der ersten Hälfte mit dem reiferen Spiel, das Pressing passte, das Spiel nach vorne flüssig mit dem Ergebnis von drei Aluminium-Treffern durch Demirovic, Millot und Pascal Stenzel. Deutlich wurde, dass die Neuzugänge Demirovic und Jeff Chabot wesentlich mehr Körperlichkeit ins Spiel bringen – dem gegenüber fehlten im Vergleich zur Vorsaison die Technik und die spielerische Klasse von Serhou Guirassy und Hiroki Ito.

Bedingt durch die Überzahl hatte der VfB das Spiel in der zweiten Halbzeit weitgehend im Griff: Leverkusen zog sich im 5-3-1 tief zurück, der VfB mit viel Ballbesitz, aber wenig Torchancen. Das änderte sich nach einem Dreifachwechsel von Sebastian Hoeneß: Krätzig, Silas und Undav kamen. Der VfB-Rekordeinkauf schob eine Herangabe von Krätzig 43 Sekunden nachdem sie den Platz betreten hatten zum 2:1 ins Tor. Der VfB verpasste es danach, das Spiel zu entscheiden: An Chabots Fernschuss bekam Lukas Hradecky gerade noch so seine Hände (65.) und bevor Undav zum 3:1 einschieben konnte, wurden er und der Ball von Piero Hincapie abgeräumt (75.).

In den letzten zehn Minuten verlor der VfB völlig die Kontrolle.
Es wirkte so, als ob Leverkusen einen Mann mehr wäre. Wahrscheinlich weil Angelo Stiller zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf dem Platz war. Natürlich wechselte der am Spielfeldrand ungewohnt aggressive Xabi Alonso jede Menge Qualität ein, aber beim VfB war keiner in der Lage, Ruhe ins Spiel zu bringen: Keiner zog ein taktisches Foul, niemand hielt die Ballbesitzzeiten hoch. So kam es wie es kommen musste: Undav stellte sich in einem Zweikampf tolpatschig an und Grimaldo schickte Schick chic in die Gasse, aus der er eiskalt vollendete. Zuvor hatte Yannik Keitel geschlafen und ließ Schick ziehen. Wahrscheinlich meinte Undav das, als er nach dem Spiel von „kleinen Scheißfehlern“ sprach.

Beim Elfmeterschießen verwandelten Millot, Undav und Demirovic mehr oder weniger sicher. Silas jagte seinen Elfer übers Tor bis nach Köln, was sehr an seinen Fehlschuss gegen Heidenheim erinnerte. Und Krätzig verlor das Nervenduell gegen Hradecky. Es passt zur Leihgabe aus München, dass er direkt Verantwortung übernehmen will. Aber vielleicht muss man ihn da vor sich selbst schützen.

Es wurde im Vorfeld viel über den „Kirmescup“ gesprochen:
Die Vergabe des Spielorts, die zeitliche Spielansetzung, die künstliche Überhöhung dieser Partie. Aber wahrscheinlich brachte dieses Spiel mehr und bessere Erkenntnisse als eine Pokalpartie für Trainer Hoeneß, der zuvor noch sagte, dass er nach der Vorbereitung nicht genau wisse, wo die Mannschaft steht.

Jetzt weiss er es: auf Augenhöhe mit Leverkusen. Es muss ihm aber auch sehr deutlich geworden sein, woran der VfB noch zu arbeiten hat. Und dass noch eine Verstärkung in der Abwehr notwendig ist, um in Spielen auf diesem Niveau bestehen zu können. Aber der Kirmescup hat auch gezeigt, dass der VfB gut gerüstet zu sein scheint für die neue Saison. Es sieht danach aus, als ob wir uns auf die neue Spielzeit freuen könnten.

Zum Weiterlesen:
Unser vertikalGIF bezeichnet das Duell VfB gegen Leverkusen als neuen Clasico.

Beim Elfmeterschießen fiel die Seitenwahl aus, weil die Torlinienkamera nur auf einer Seite zu funktionieren schien. Unwürdig für ein Spiel, das in 200 Länder übertragen wird. Also doch ein Kirmescup.

Bild:
Sascha Schuermann/AFP via Getty Images

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11 Kommentare

  1. Divina33 sagt

    Dem VfB wurde ab der 73‘ von Leverkusen vorgeführt.

    Die Gründe?

    Schick, Frimpong, Wirz, Grimaldo – Spieler im Wert von ca. 250 Mio – spielten den VfB schwindlig.

    Wir freuen uns über einen Rekordtransfer von 27 Mio – dchaut man aber die Kaderwerte an haben die Pillen insgesamt mehr individuelle Klasse: 650 Mio vs 250 Mio.

    Jetzt versteh ich warum SH dringend noch einen Innenverteidiger sucht, wenngleich ich die Wechsel am Ende des Spiels nicht verstanden habe. Ich denke 15‘ vor Schluss wäre es wichtig gewesen, erfahrene Spieler auf dem Platz zu haben, die den Ball halten können.

    Das was aber am Samstag ablief geht gar nicht. Stiehler ließ Xhaka mehr oder weniger gewähren. Demirovic wurde von Tapsoba am Hals gewürgt! Ist das denn nicht zwangsläufig eine Rote? Wo sind wir denn hingekommen. Sport als Vorbild?

    Insgesamt wurde Leverkusen bevorteilt: Erst das Heimspiel und dann noch die Elfmeter vor ihrer Kulisse. Warum wird nicht in Berlin gespielt? Torlinientechnik? Für was hat man zwei Linienrichter.

  2. Michael sagt

    @abiszet wieder auf dem Punkt gebracht.
    Und täglich grüßt das Murmeltier!!
    Alles beim Alten?! Nein und ja, der VfB macht da weiter wo er aufgehört hat. Druck Pressing, den Gegner sofort attackieren, umschaltspiel alles wie gehabt. Mit ein paar kleinen Veränderungen auch in der Qualität.
    Und Leverkusen auch da leider alles wie gehabt, plus die Qualität und das Selbstverständnis,, wir gewinnen einfach alles”
    Also wenn alles so ist, wie es letztes Jahr schon wahr, dann nehme ich das sehr gerne😉 Dieses Spiel plus Emotionen machen mir sehr viel Freude auf mehr! Glück auf VFB!

  3. Konrad sagt

    Mir geht es ähnlich, es ist nicht einfach das Spiel emotionslos halbwegs realistisch – einzuordnen.

    Anfangs spielten wir mit unserer A Elf gegen deren B Elf.

    Die von Alonso sicher eingeforderte Andrich / Tapsoba / Boniface / Adli am laufenden Band Giftpfeil schießend provokante Art Fußball zu spielen, ging mir letzte Saison schon maximal auf den Zeiger. Gestern war es einem Meister unwürdig und sehr unsportlich.

    Muß Boniface einen Stinkefinger zeigen und die ganze 💊Mannschaft im Sieg und zuvor im Spiel jede Form der Manieren verlieren?

    Und nein, ich bin kein schlechter Verlierer! Am Ende seh ich es halt „nur“ als eine Antwort auf: „wo stehen wir gerade….“

    Silas und Krätzig Elfer schießen zu lassen ist natürlich von unserer Seite völlig falsch. Auch wenn beide sich es zutrauen, müsste man beide davor schützen. Silas ist nicht für Nervenstärke bekannt und Krätzig einfach zu jung für so eine Bühne.
    Da hätt ich jetzt eher Chabot / Nübel genommen. Egal…

    Zusammengefasst wird es für alle Vereine gegen 💊A-Elf kompliziert, fairerweise muss man sagen, daß da mehr und richtig viel Qualität da ist.
    Und weil die Qualität da ist, möchte man Leverkusen schon fast bitten, künftig auf die völlig unnötigen Unsportlichkeiten und Provokationen zu verzichten.

    Bei uns gibt‘s noch einiges zu tun…

  4. drhuey sagt

    Dem ist nichts hinzuzufügen, ausser die Freude darüber, dass wir vom Doublesieger mittlerweile sehr, sehr ernst genommen werden, dass sie nicht umhin kommen, unfaire Mittel einzusetzen. Und hat jemand Alonso schon mal so an der Seitenlinie herumturnen gesehen? Wo waren wir vor 18 Monaten? Und jetzt versucht sogar schon der DfB zu verhindern, was einfach nicht sein darf? Der VfB kann stolz sein, diese Truppe mit einem fast dreifachen Marktwert am Rande einer Niederlage gehabt zu haben.

  5. Jochen sagt

    Wir haben 3x Aluminium getroffen und 2 Hundertprozentige nicht gemacht. Das ist dann überwiegend Pech. Weitermachen.

    • Divina33 sagt

      Ich finde auch, bis 15‘ vor Schluss machte der VfB ein unglaubliches Spiel.

      Jetzt noch einen erfahrenen starken Innenverteidiger …

  6. Achim Herzblutfan sagt

    Hallo Michael,
    Stimme dir voll und ganz zu.
    Wir haben eine tolle Mannschaft und aus Fehlern kann der VfB nur lernen.
    So unsportlich und ekelhaft habe ich die Leverkusener erlebt, dass ich mir wünsche beim Heimspiel evtl. mit Schiri Aytekin viele rote Karten fuer die Pillen und viele Tore fuer den VfB sehen zu dürfen. Starker VfB !!!!!

  7. Marcus Fichter sagt

    So , und jetzt noch mein Senf…

    Ich finde, da sind wir wohl alle einer Meinung, der VfB hat ein geiles Spiel ( allerdings gg. 10 Mann ) gemacht. Diese Leistung gilt es zu stabilisieren !

    Erstmal zum Kommentar von Konrad bezügl. Elfmeter von Krätzig und Silas…die werden ja vor den Elfmetern gefragt, beide haben wohl bejaht. S.H. beurteilt deren Leistung im Spiel, die hatten beide Selbstvertrauen, also warum sollen die nicht schiessen bzw. warum soll man die schützen ? Zumal Silas ja auch schon ein paar Elfer sicher versenkt hat ! Und “zu jung” gibts nicht…nur gut oder schlecht ! Insgesamt geschenkt !

    Klar hat der Kader von den Pillen mehr Qualität, die haben aber auch nur einen Spieler ( Havertz ) vor über 2 Jahren für über 100 Mio. verkauft, der VfB diesen Sommer 3 Spieler für ca. 65 Mio. Alonso hatte einfach mal 2 Jahre mehr Zeit sich mit soviel Geld ne geile Truppe zusammen zu stellen. Also auch hier…Abwarten was S.H. und F.W. auf die Beine stellen.

    Zu den Provokationen: Ich glaube eben auch, das der VfB ein bisschen zu brav ist in manchen Situationen…ein Xhaka hat da auch mehr Erfahrung und Andrich ist von Haus aus so aggro. Das fehlt uns ein bisschen bzw. da kann evtl. Demirovic ein bisschen die Lücke schliessen. Das es von den Pillen zuviel war, klare Sache. Aber weil das auch tlw. letzte Saison so war und jetzt wohl weitergeht, das ist auch bei den Schiris nicht unbeobachtet vorbei gegangen. Ich denke, da wird sich was tun im Laufe der Saison.

    Alles in allem kann man sich als VfB-Fan wieder auf die Saison freuen. Die 3 Abgänge ( Anton Guirassy, Ito ) scheinen aufgefangen zu werden, wie letztes Jahr auch ( Endo, Grieche, Sosa ).

    Bitte sagt das auch den vielen Träumern, der VfB hat wohl das Potenzial für die Plätze oberhalb des Mittelfeldes, aber träumt bzw. erwartet nicht wieder Vizemeistermeisterschaft oder CL-Quali. Wenn es kommt, sehr gut. Aber wenn es eben Platz 7 oder 10 wird, auch gut !!!

  8. Roland K. sagt

    Insgesamt ein gutes Spiel vom VfB,wenn auch am Schluss die ständigen Provokationen der Leverkusener leider gewirkt haben. Da haben wir unseren Faden verloren.
    Ansonsten haben wir überraschend gut gespielt. Demirovic ist ein Gewinn durch seine giftige Art. Habe den VfB so gar nicht schwächer gesehen als vergangenes Jahr. In der Abwehr noch etwas mehr Souveränität. Kommt noch.

  9. Ronny sagt

    Als Tobias Stieler die Autorität über das Spiel verloren hatte wurde Leverkusen immer stärker.
    Der VfB hat sich am Schluss leider den Schneid abkaufen lassen und die Kontrolle völlig abgegeben. Was wurde im Vorfeld auf den Start der Saison alles geschrieben, nur der Kapitän darf mit dem Schiedsrichter sprechen um Rudelbildung zu verhindern, nichts davon habe ich gesehen, und somit macht diese neue Regelung auch überhaupt keinen Sinn wenn man das nicht konsequent umsetzen möchte.

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