Sebastian Hoeneß sagte nach dem Spiel, er könne seiner Mannschaft “keinen Vorwurf machen, ich muss sie loben!“ Sport-Vorstand Fabian Wohlgemuth fand gar, es gibt „wenig Grund zu nörgeln“. Hatte der VfB bei Union Berlin gewonnen? Hatte der VfB ein gutes Spiel in Köpenick gemacht? Nicht wirklich. Ok, es war ein aufregendes 4:4. Und es war ein Spektakel, das sich als Erklärung gut eignet.
So wie sich seit Ende Januar verwegene Spielverläufe gut als Erklärung für fehlende Punkte eigneten, ungerechtfertigte Platzverweise, Unreife, eine an sich gute Spielanlage, kuriose Abwehrfehler. Jetzt kommt eine Rekordhalbzeit dazu. Erklärungen hat der VfB immer schnell und davon viele. Lösungen leider keine, auf Platz 14 steht der VfB in der Rückrunde, in der Gesamttabelle auf einem enttäuschenden Platz 11. Und das wird für viel zu gut befunden und „gute Phasen“ oder eine „gute Entwicklung“ gesehen. Dabei ist die einzige Entwicklung die, die nach unten geht.
Eigentlich ist es die Saison, die wir immer wollten. Insgesamt sorgenfrei, mit absoluten Highlights in der Champions League und einzelnen Bundesligaspielen (Dortmund, Leipzig, Freiburg). Dazu kann der erste Titel seit 18 Jahren errungen werden. Aber dass man die Saison kritisch sehen muss, sieht man an der Formulierung von Deniz Undav nach dem Spiel: „Wir wissen, dass wir durch den Pokalsieg vieles retten können.“
Das Maßlose und das Fehlerhafte gehen beim VfB Hand in Hand: schon seit einigen Monaten und sogar innerhalb eines Spiels. Beeindruckend, wie die Mannschaft wieder ins ins Spiel fand. Enttäuschend, wie das Team die Tore zuließ. Als ob man nicht wisse, dass gerade in Standards die einzige Stärke der Unioner liegt. Die können ja an sich überhaupt nicht Fußball spielen, deshalb setzen sie ja auf die ruhenden Bälle. Verteidigen können sie, hatten bis dato wohl die formstärkste Innenverteidigung der Liga, die köpfen Dir auch Medizinbälle oder Balkonkästen aus dem Strafraum. Gegen den VfB hatten sie ihre Stärken dagegen eher im gegnerischen Strafraum.
Schön, dass sich Spieler, denen die Qualität abgesprochen wurde, in Berlin zeigten: Undav mit einem trockenen Abschluss zum wichtigen 1:2, plus Vorlage auf Chris Führich zum 3:4. In der Beurteilung seiner Person waren bisher andere Themen als das Sportliche wichtiger: sein Fuhrpark, seine Essensgewohnheiten, sein Laufstil. Oberflächlich und unsachlich das Ganze. Ähnlich bei Enzo Millot, den die meisten gut und sogar persönlich zu kennen schienen, weil sie ihm Arroganz, Überheblichkeit und Divenhaftigkeit attestierten. Lecko Millot war das ein schönes Tor zum 2:2. Der Kapitän der französischen U21-Nationalmannschaft überhaupt mit einem guten Spiel, obwohl eine Partie in der schmuddeligen Alten Försterei angeblich unter seiner Würde sei.
Zu viel Geld für zu wenig Punkte
Das Spektakel verdeckt den Blick auf die Probleme, die der VfB in der Bundesliga seit der Niederlage in Mainz am 19. Spieltag hat. Trainer Hoeneß gelingt es nicht, die Dauerbaustellen und anhaltenden Probleme zu lösen. Das ist an sich kein Drama, siehe sorgenlose Saison. Aber angesichts des Potentials der Mannschaft und der Investitionen in das Team ist das Abschneiden zu wenig.
Die große Gefahr: das Pokalfinale.
Weil es euphorisierend wirkt, der Gedanke an Berlin vieles überstrahlt, was aktuell im Tagesgeschäft Bundesliga falsch läuft. Dieser Erfolg wirkt wie ein Schutzschild. Ein Triumph in Berlin könnte die Saison krönen – sportlich wie emotional, ohne dass jedoch die anhaltenden Probleme in der Rückrunde angegangen werden.
Die Hoffnung ist, dass die Mannschaft in den verbleibenden vier Spielen genug Spannung hat, um die Saison ordentlich zu Ende zu spielen. Schließlich entscheidet auch die Platzierung in der Endtabelle über die Ausschüttung von Fernsehgeldern. Zu hoffen ist weiterhin, dass sich jeder Spieler in der Mannschaft in den restlichen Spielen zeigen will, um im Finale auf dem Platz zu stehen. Und dass es dann Dinge gibt am 24. Mai, die man wirklich loben kann.
Zum Weiterlesen:
Unser vertikalGIF sieht „Football, bloody hell!“ und meint, „vier Tore auswärts sollten immer reichen, um drei Punkte mitzunehmen.“
Die Süddeutsche Zeitung schreibt, dass “aufgrund der besseren Spielanlage der Stuttgarter und angesichts eines Ballbesitzes von 74 Prozent zugunsten des VfB (man) hätte alles Mögliche vermuten können”. Nicht aber das, was auf der Anzeigetafel stand.
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Bilder:
Maja Hitij/Getty Images)
Lobhudelei ist unschwäbisch Herren Wohlgemuth und Hoeness.
78% Ballbesitz, 0.94 xG, 5 Ecken heisst: wir haben uns in torfernen Räumen den Ball hin- und her geschaukelt und null Gefahr für den Gegner ausgestrahlt.
Aber die internationalen Plätze sind sowieso nur über den Pokalsieg möglich. Wenn Du so verteidigst kann auch die Arminia treffen. Also, insgesamt eine sehr enttäuschende Saison. Einkaufspolitik und Trainer sind auch nicht frei von Fehlern. Es ist der fünfthöchste Etat und damit musst Du einfach weiter vorne stehen. Schon witzig, dass die günstigsten Spieler wie Woltemade und Jeltsch die besten Neuzugänge sind während die teuren Einkäufe komplett enttäuschen.
Na ja, Jentsch hat wohl um die 8 Mio (plus Boni?) gekostet, mehr als Chabot …
Sorry, völlig korrekt. Da habe ich wohl die Fakten verdreht. Wenn wir Profierfahrung auf Erstliganiveau als Parameter hinzunehmen, wird eher ein Schuh draus.
Ich sehe es schon kommen. Wir retten uns im Finale nach früher Ampelkarte durch einen späten Ausgleich in die Verlängerung und verlieren anschließend das Elfmeterschießen.
Und Trainer und Sportdirektor: Können der Mannschaft keinen Vorwurf machen – Alles gegeben.
Frohe Ostern
Guter Kommentar. Uns fehlt die Selbstkritik und Herr Hoeneß braucht ein Korrektiv. Ballbesitz wozu? Die 2 Konter von Union waren in der 2. Halbzeit gefährlicher als unser Möchtegerntikitaka. Wir gewinnen vorne und hinten keine Kopfballduelle außer Chabot. Die notwendige Robustheit fehlt dem Team komplett. Wer 4 auswärts Tore schließt und nicht gewinnt und von 9 Ligaspielen nur eines gewinnt ist sicherlich nicht auf dem richtigen Weg. Herr Hoeneß muss umdenken. Sonst endet es wie bei Zorniger. Und das wäre sehr schade.
Tja 😳 was soll man sagen? Ich war weniger euphorisiert von diesem „Dobbspiel“ als Loddar und Wolff. Ehrlicherweise bin ich froh, wenn die Saison rumm ist. Dann muss man nachjustieren, eine klare Abwehrkette gestalten und etwas unberechenbarer, aber auch schneller werden. Irgendwie fehlt uns Geschwindigkeit / Präzision für einen Konter. Das Positive ist, dass wir wenigstens nicht verloren haben. „Dolle Dore“ – Danke – nächste Ausfahrt Heidenheim. Auch das wird nicht einfach. Bei denen gehts noch um alles, bei uns leider um nix ausser dem TV Geldplatz. Immerhin keine Relegation.
P.S. ich finde by the way nach wie vor, daß ein Spitzensportler sich bewusst und ganzheitlich ernähren „muß“ – nicht umsonst haben einige Köche und Ernährungsberater.
Für manche Zuschauer war das ein geiles Spiel, bei mir hat dieses Ergebnis einen faden Beigeschmack hinterlassen, wenn nahezu jeder Standard im eigenen Netz zappelt läuft etwas gewaltig schief. Aber beim VfB hat man sich so lieb wie schon lange nicht mehr, die Verträge werden wechselseitig langfristig verlängert, teilweise sogar bis 2030, und alles wird schöngeredet weil ja dieses Pokalfinale noch kommt. Meiner Meinung nach fährt man mit dieser Strategie auf ganz dünnem Eis Schlittschuh !
Für mich war das Spiel nach dem 2:0 für Union praktisch gelaufen, wollte schon den TV ausschalten. Nach den 90 Min. geht’s mir wie SH, soll ich mich freuen oder ärgern ?
Nein, ich kann mich nicht freuen, bin lediglich froh dass es wenigstens zu einem Punkt gereicht hat. So wie Union die Tore gegen uns erzielt hat, geht gar nicht. Da gibt es genügend zu nörgeln (FW) und wenig Grund zu loben (SH).
Mir ist das alle zu schön heile Welt, zu viel Selbstzufriedenheit, man bekommt das Gefühl der Pokalsieg ist nur eine Formsache, wir werden sehen.
Für die restlichen 4 Liga-Spiele erwartet ich nicht mehr viel, um so gespannter bin ich dann auf den Auftritt der Mannschaft am 24. Mai in Berlin.
Sollte das in die Hose gehen – was ich nicht hoffe – dann gibt es in Stuttgart eine unruhige Zeit.
Dieses Spiel hat deutlich die Schwächen und Stärken aufgezeigt. Hinten besteht keine Lufthoheit, weder beim Torwart noch in der Abwehr. Als VfB würde ich 2 grosse Defensivspieler (über 1,90) für die kommende Runde verpflichten und einen Torwart der auch Flanken pflückt. Vorne würde ich einen Kopfballstarken ebenfalls grossen Spieler verpflichten. Ansonsten den Kader mit jungen Eigengewächsen auffüllen.
Wir brauchen auch keinen Maza, wir haben Ulrich und Pena. Hoeness lass die jungen vorne ran, wenn die Alten eine Pause brauchen.
@Konny/@Bacardi
Ich wusste es: Mit der richtigen Ernährung und großen Verteidigern über 1,90 stünden wir mindestens auf Platz 4.
Also ich sehe leider auch das alle Verantwortlichen alles viel zu gut reden. Wie acheisse es eigentlich aussieht sieht man a den ausbleibenden InTeam Folgen. Wäre auch man schön zu sehen das die Manschaft plus Trainerteam auch mal reflektieren und sehen das aus Abstiegsfussball in der Rückrunde gespielt haben bisher. Wie kann man da behaupten wir wären auf einem guten Weg.