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Von Botnang zum Huntington Beach

Er spielte bei den Kickers und beim VfB, in Mailand und Monaco, in Tottenham und in Genua. Er trainierte Deutschland zum Sommermärchen, den FC Bayern, Hertha BSC und die Nationalteams der USA und Südkorea. Heute wird Jürgen Klinsmann 60 Jahre jung.

“Machen Sie sich keine Sorgen: ‘Die wo’ und ‘der wo’ sind tief in mir verankert“ antwortete Klinsmann einst auf die Frage, ob er in Amerika seinen schwäbischen Dialekt verlieren würde. Die Fußballsprache hat ihm viele schöne Zitate zu verdanken: Von den Gefühlen, die wo schwer zu beschreiben sind, bis zu den Gefühlen, die mit Klinsmann Gassi gingen. Vom Resultat her hätte er gerne gewonnen, er wollte, dass seine Spieler die Polen durch die Wand knallen und er rief, dass jetzt Schluss sein solle mit dem Halligalli bei jeder Gesichtsbewegung. Er forderte als Teamchef der deutschen Nationalmannschaft mehr Vertikalpässe und gab damit unserem Blog vor zehn Jahren seinen Namen.

Er produzierte aber auch ikonische Bilder: Das Fallrückzieher-Tor gegen den FC Bayern, sein Torjubel nach dem 1:0 gegen Holland bei der WM 1990. Der Tritt in die Werbetonne, nachdem ihn Giovanni Trapattoni ausgewechselt hatte für einen gewissen Carsten Lakies. Seine Diver nach erzielten Toren in der Premier League.

Flipper wurde er am Anfang genannt, weil ihm mal der Ball vom Fuß sprang. Galopper des Jahres wegen seines Laufstils. Er wird es verschmerzen können. Torschützenkönig in der Bundesliga wurde er 1988 beim VfB, im gleichen Jahr auch Fußballer des Jahres. Weltmeister 1990, Europameister 1996, UEFA-Cup-Sieger mit Inter Mailand und Bayern München, schließlich auch deutscher Meister.

186 Spiele und 94 Tore für den VfB stehen bei ihm auf dem Zettel. Dann wurden ihm Botnang und der VfB zu klein, er wurde Cosmopolit, suchte immer neue Eindrücke und Herausforderungen. Seine letzte Station als Spieler war der US-amerikanische Viertligist Orange County Blue Star, für den er unter dem Pseudonym Jay Göppingen 2003 noch acht Mal auflief und dabei drei Treffer erzielte.

Als Trainer wollte er beim DFB „den ganzen Laden auseinander nehmen“. Kontroversen löste er aus, weil er in Kalifornien wohnen blieb und die Nationalmannschaft „mit Powerpoint“ coachte (Uli Hoeneß-Voice). Kopfschütteln erntete er, weil er sich von anderen Sportarten inspirieren ließ, weil er Fitnesstrainer und Psychologen engagierte und ungewöhnliche Trainingsmethoden einführte.

Innovation und Eigensinn zeichneten Klinsmann in seiner Trainerkarriere aus. Einen ganz eigenen Kopf hatte er auf allen seinen Stationen, auch am Anfang beim VfB. Seinen Kopf durchsetzen wollte er dabei immer. Das kam nicht immer gut an, aber Klinsmann verbog sich nie und blieb sich immer treu.

Herzlichen Glückwunsch zum 60. Geburtstag, Jürgen Klinsmann!

Bild: Imago

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3 Kommentare

  1. s'Äffle sagt

    Ja, ich gebe es zu. Klinsmann war mit ein Grund, warum ich VfB-Fan geworden bin. Angefangen hat es bei mir mit der Zeitung. Ende der 80er/Anfang der 90er war diese noch aus Papier und darin enthaltene Bilder waren fast ausschließlich in schwarz-weiß. Nur hin und wieder tauchte ein Farbbild auf. Und oftmals jubelte darin ein junger „Sunnyboy“. Wie der Stürmer mit wehenden, blonden Haaren und ausgebreiteten Armen zum Jubel ansetzte, dazu noch in diesem ikonischen Adidas-Südmilch-Trikot, das hatte schon was! So wollte ich auch werden. Jürgen Klinsmann war mein Auslöser. Er war mein Idol in Kindheitstagen, auf dem Bolzplatz war ich er. Und ich verliebte mich in das weiße Trikot mit seinem roten Brustring. Und in sein Wappen, das man links über dem Herzen trug und das man auch bei noch so vielen Versuchen in öden Schulstunden doch nicht ordentlich gezeichnet bekam. Auch die WM in Italien vergesse ich nie. In meinen Erinnerungen hat „Klinsi“ seinen Sturmpartner Völler gerächt und zusammen mit seinem Kumpel Guido die Holländer im Alleingang besiegt. Später, als Klinsmann zu den Bayern ging oder noch später, als er Nationaltrainer oder irgendetwas bei Hertha BSC mit komischen Listen machte, war meine Liebe längst erkaltet und ich fand mein einstiges Idol zunehmend peinlich. Es bleibt bei mir das Gefühl der ersten Freundin. Im Nachhinein vielleicht etwas peinlich, aber ein Leben lang unvergessen.

    • @abiszet sagt

      Schön, dass Du Deine Erinnerungen mit uns teilst :-)

      “Es bleibt bei mir das Gefühl der ersten Freundin. Im Nachhinein vielleicht etwas peinlich, aber ein Leben lang unvergessen.”

      Überhaupt nicht peinlich. Ist ja bei nicht wenigen Heldinnen und Helden der Jugend so, dass sie sich im Laufe der Jahre nicht zum besseren entwickeln.

  2. Divina33 sagt

    Bei Klinsi beindruckt mich, dass er seine Schnelligkeit verbesserte indem er offenbar bei den Leichtathleten mittrainierte.

    Ja, da kommt die Sehnsucht mal wieder eigenen Nachwuchs zu sehen.

    Samuele Di Benedetto, Luca Raimund u.a. haben ja mächtig aufgedreht gegen Kyoto.

    Wenn ich an Musiala, Yamal denke würde ich mir wünschen, dass die Jungs öfters eine Chance bekommen…

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