Mini-Feature, Querpass
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Meine Traumreise mit Jürgen Klinsmann

Der VfB ist in der zweiten Liga, was bleibt einem da als VfB-Fan noch? Nostalgie, klar, der Blick auf Meisterjahre und sonstige emotionale Momente der Vergangenheit. Und es die Zeit zum Träumen. In letzter Zeit, schätze seit rund zwei Monaten, wiederholt sich bei mir immer wieder ein Traum. Also kein Tagtraum, sondern ein Traum, Ihr wisst schon, so richtig beim Schlafen. Und der Traum geht so:

Es muss ein schöner Sommertag sein, jedenfalls trage ich mein kurzärmeliges VfB-Traditionstrikot, meine tief ins Gesicht gezogene Schildmütze mit der Aufschrift „Faith“ und eine Sonnenbrille. Ich bin auf dem Weg ins Stadion und ich bin guter Laune. Offensichtlich befindet sich der VfB in meinem Traum nicht im Abstiegskampf. Es sind sogar alle gut drauf. In der S-Bahn wird viel gelacht, mir fällt auf, dass mich einige verstohlen mustern, ein paar nicken mir zu. Ich nicke zurück, bin ja ein freundlicher Mensch. Meistens.

VfB_Kappe

Wie immer bin ich so zeitig dran, um beim PSV eine Rote zu essen und mir ein Bier schmecken zu lassen. Beim Anstehen auf die erste Halbe haut mir einer auf die Schulter und fragt „Was machst Du denn hier?“ Ich bin überfordert und schaue ihn verständnislos an. Ja, was mache ich hier wohl: Platten auflegen, oder was? Jetzt spüre ich deutlich die Blicke anderer Fans. Wieso starren die mich so an? Die Wurst schmeckt nicht mehr und das Bier trinke ich auf Ex. Dann gehe ich eben schon auf meinen Platz und lese ein bisschen „Stadion aktuell“. Ziemliche Schlange an der Einlaßkontrolle. Wieder spricht mich einer an: „Solltest Du nicht schon längst drin sein?“ Ein Ordner wird auf mich aufmerksam, winkt mir zu und ruft „Laßt ihn durch! Auf gehts Leute, macht ne Gasse!“ Ich drehe mich, der Ordner meint wirklich mich.

Er begrüßt mich mit Handschlag und einer angedeuteten Verbeugung. „Ich bring’ Dich glei nei, Du bisch spät dran!“ Er packt mich am Arm und zieht mich in Richtung Stadion. Widerstand zwecklos, durch das schnelle Gehen kommt mir das Bier hoch. Wir landen durch einen Seiteneingang im Innern des Stadions, schön, mal so ein Blick behind the scenes. In endlosen Gängen begegnen uns immer wieder Menschen, die mich freundlich anlächeln. Ich weiss nicht, wie es in den Katakomben riecht. Ich kann in Träumen nicht riechen. Plötzlich stehen wir vor einem Kabineneingang. Der Ordner schubst mich rein mit den Worten „Viel Erfolg, heute 3 Punkte!“. Bin ich bei versteckte Kamera?

Drinnen schaue ich als erstes in die Augen von Kevin Großkreutz, der ist mal sauer!
„Mann Bruda, wo warst Du?“
Ich bin sprachlos.

Da baut sich Jürgen Klinsmann vor mir auf. „Also, … also, so geht das nicht!“ Seine Stimme überrschlägt sich. „Wir warten hier auf Dich, Du warst nicht am Treffpunkt, wir müssen uns auf Dich verlassen“. Ich kann mir Klinsmann in meinem Traum nur so erklären, dass mein Unterbewusstsein sich wünscht, dass Klinsi den gesamten Laden beim VfB auseinander nimmt (siehe hier)

Klinsmann, der offensichtlich in meinem Traum der VfB-Trainer ist, wird noch lauter: „Du sitzt auf der Bank!“, brüllt er mit hoher Stimme. Ja klar, wenn ich schonmal hier bin, kann ich mich auch auf die Bank setzen. Danke schön. „Mach keine Witze und zieh’ Dich um!“

Großkreutz zieht mich weg, Christian Gentner sagt zu mir: „Wir brauchen Dich!“. Serey Dié kommt auf mich zu und gibt mir Fünf, Serdar Tasci (was macht der denn hier?) raunt mir zu „Mach’ nisch so’n Scheiß!“.

Ok, ok, die haben es nicht anders gewollt. Als ich zum Aufwärmen den Rasen betrete, kommt Applaus von den Rängen. Ich werde mutiger und winke den Zuschauern zu. Das erste harte Zuspiel springt mir drei Meter vom Fuß, der Rückpass landet nicht bei Gentner, sondern im Tor von Mitch Langerak. Die Zuschauer johlen.

Von der Ansprache Klinsmanns bekomme ich so gut wie nichts mit, alles ist irgendwie in Watte gepackt, ich höre nur „Die hauen wir durch die Wand!“ und dann gehts schon wieder raus. Auf der Bank sitze ich neben Thomas Hitzlsperger (im schicken Anzug) und einem süffisant lächelnden Jens Lehman, der offensichtlich Klinsmanns Assistent ist.

Die Sicht von der Bank aus ist beschissen, jetzt wünsche ich mir meinen Tribünenplatz. Warum bin ich nochmal hier? Vom Spiel bekomme ich sowieso nichts mit, in meinem Traum ist alles ist unscharf, ich sehe nur schemenhaft Spieler, auch den Gegner kann ich nicht erkennen, rote Trikots hat er. Klinsmann sagt irgendwann „Mach’ Dich fertig!“ und plötzlich stehe ich auf dem Spielfeld.

Mir gelingt nichts, ich kann keinen Ball verarbeiten, stehe zwei Mal im Abseits, laufe ganz aufgeregt herum, bin schon nach wenigen Minuten völlig am Ende. Hätte ich Klinsmann gleich sagen können. Nur Standards sind ok. Das sind berechenbare Situationen und ein bisschen rempeln und ziehen, das kann ich. Spielszenen mit mir selbst sind verschwommen, damit legt mein Traum-Ich wohl den Mantel der Barmherzigkeit über meine Spielweise. Völlig überraschend sehe ich dann einen Ball scharf, wie er auf mein Knie prallt und von dort ins Netz geht. Ich bekomme keine Luft mehr, denn es liegen so viele auf mir drauf. Laut ist es auch.

In der Kabine macht Großkreutz mit mir ein Selfie, ich bin extrem geflasht, Serey Dié tanzt mit Giovane Elber (huch!), Timo Gebhart (Hilfe!) öffnet mit dem Feuerzeug Bierflaschen. Ich schaue in den Spiegel, um meine Haare zu richten. Und wer schaut mich in diesem Spiegel an? Es ist Daniel Ginczek!

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