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Den Brustring im Herzen

Über 30 Jahre war Gerhard Wörn Physio beim VfB. Und Zuhörer. Und Tröster. Und Ratgeber. Und Motivator. Und Arschtreter. Er trägt den Brustring im Herzen. Nach der Saison geht er in den wohlverdienten Ruhestand. Gerhard Wörn wird dem VfB fehlen.

Sein Start beim VfB konnte nicht besser sein: Mit der B-Jugend wurde er gleich deutscher Meister, schlug Schalke 04 im Endspiel mit … ja, 4:0. 1975 nach der deutschen Jugendmeisterschaft unter anderem mit Hansi Müller, Harald Beck und Bernd Klotz kam er zu den Profis, galt als vielversprechendes Mittelfeld-Talent. In seiner Premieren-Saison, der VfB war gerade erstmals abgestiegen, absolvierte er 22 Spiele in der zweiten Liga, mehr als Müller und Erwin Hadewicz. In der Aufstiegssaison waren es dann nur noch sechs, ein Tor erzielte er. Wörn war einfach nicht der Spieler von Jürgen Sundermann. Der setzte im Mittelfeld mehr auf Hadewicz, Hermann Ohlicher, Bernd Schmider und anfangs noch auf Bernd Martin, der erst im Verlauf der Saison zum Stamm-Rechtsverteidiger wurde.

Wörn ging einen Schritt zurück zu den „Amas“.
Das Team von Trainer Willi Entenmann gewann 1980 im Finale gegen den FC Augsburg die Deutsche Amateurmeisterschaft. Wörn spielte zusammen mit Werner Gass, Ilyas Tüfekci, Etepe Kakoko, Gunnar Weiß, Rainer Adrion und Frank Elser. Verletzungen warfen ihn immer wieder zurück. Nach Stationen beim SV Neckargerach und dem Göppinger SV beendete er seine Karriere und kam 1990 zum VfB zurück als Masseur und Physiotherapeut.

Er erlebte einen Pokalsieg (1997), zwei Meisterschaften (1992, 2007), drei Aufstiege (1977, 2017, 2020), zwei Abstiege (2016, 2019) und viele unterschiedliche Trainer. Über 30 waren es schließlich: u.a. Willi Entenmann, mit dem er noch zusammen spielte, Christoph Daum, Jogi Löw, Felix Magath, Matthias Sammer, Giovanni Trappatoni, Alexander Zorniger, Hannes Wolf, Markus Weinzierl, Pelle Matarazzo und zuletzt Sebastian Hoeneß. Die Geschichte des VfB ist auch die von Gerhard Wörn.

Gemeinsschaftssinn, aus dem sich eine Kraft entwickeln könnte, so dass eine Mannschaft mehr sein könnte als eine Ansammlung talentierter Spieler, daran glaubte Wörn. Er erkannte Probleme, weil er sich als ehemaliger Aktiver in die Spieler hinein versetzen konnte, obwohl sie einer ganz anderen Generation entstammen. Er wusste genau, wann ein Spieler eine emotionale Ansprache brauchte oder eine klare Ansage oder wann es besser ist, zu schweigen. Und schweigen konnte er. Viele Spieler kamen als Jungspunde und gingen als Persönlichkeit, wie Serdar Tasci oder Mario Gomez, mit dem Wörn ein intensives Verhältnis hatte. Gleichzeitig begegnete „Gerry” Führungsspielern wie Frank Verlaat, Zvoni Soldo oder Marcelo Bordon auf Augenhöhe.

Wörn war immer stolz darauf, dem VfB dienen zu dürfen und diesen Stolz hat er in den Verein weiter gegeben, idealerweise haben sich die Spieler, die er behandelt hatte, so mit dem Verein identifiziert. Er war einer der Aushängeschilder der VfB-Familie, er hat den VfB gelebt und er hat allen vorgelebt, wie es ist, sich voll und ganz dem Verein mit dem Brustring zu verschreiben. Menschen wie Wörn und auch Peter Reichert und Günther Schäfer prägten und prägen den VfB. Sie wirken im Hintergrund und sind doch das Herz des VfB.

Im September 2022 erkrankte Wörn – und kam wieder zurück zu seinem VfB. Dass der VfB so eine ausgewöhnliche Saison spielte, wirkt wie ein Abschiedsgeschenk. Ein Geschenk, das keiner mehr verdient hat als er.

Bild: Matthias Hangst/Getty Images

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1 Kommentare

  1. Hobbycamper sagt

    Vielen Dank für alles, Gerhard und für die Zukunft alles Gute und Gesundheit.

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