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Denk’ an Dich!

Robert Schlienz schaut zufrieden von oben herunter: Der VfB hat in einem komplizierten Spiel gegen Freiburg die Widerstandskraft an den Tag gelegt, die den Größten in der Geschichte des VfB so ausgezeichnet hatte. 2:0-Führung nach sieben Minuten: Was soll da schief gehen? 72 Minuten in Überzahl und der Sieg nur noch eine Frage der Höhe? So einfach war es in Freiburg nicht, der VfB konnte nur bestehen, weil er deutlich reifer auftritt und sich vor allem in der zweiten Hälfte von der Hektik des Gegners nicht anstecken ließ.

Der erste Sieg in Freiburg seit 2018 stand unter dem Motto “Denk’ an Dich”: An die VfB-Legende Schlienz, der am Samstag 100 Jahre geworden wäre und an Dan-Axel Zagadou, der sich unter der Woche eine schwere Bänderverletzung im Knie zugezogen hatte. Die Mannschaft machte sich in Trikots mit Name und Rückennummer des Innenverteidigers warm und widmete ihm den 3:1 Erfolg im Breisgau.

Der Start ins Spiel konnte nicht besser sein:
Waldemar Anton spürte den Benjamin Pavard in sich und spielte den Vertikalpass seines Lebens auf Deniz Undav. Es war nicht nur der Weltklasse-Pass über den halben Platz von Anton, es ist der erste überragende Kontakt von Undav. Er legt sich den Ball in den freien Raum, verschafft sich dadurch einen Vorsprung gegenüber drei Gegenspielern und katapultiert den Ball chirurgisch genau ins untere linke Eck. Undav trifft instinktiv einfach die richtigen Entscheidungen auf dem Platz – wie auch vor dem 0:2, als er butterweich Chris Führich bediente, der ebenfalls das linke Eck anvisierte.

FREIBURG IM BREISGAU, GERMANY – FEBRUARY 03: Deniz Undav of VfB Stuttgart celebrates after scoring his team’s first goal during the Bundesliga match between Sport-Club Freiburg and VfB Stuttgart at Europa-Park Stadion on February 03, 2024 in Freiburg im Breisgau, Germany. (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Freiburg fühlte sich durch die beiden frühen Gegentore und den folgenden berechtigten Platzverweis für Merlin Röhl (18.) ungerecht behandelt. Es wird diskutiert, gerangelt und gerudelt und eine einfache Taktik angewendet: Immer einen Stuttgarter vom Platz treten, um Gleichzahl herzustellen. Trotz der Anspannung auf dem Platz geht dem VfB die Spannung verloren. Man könnte sagen: Der eigene Ballbesitz schläferte die Mannschaft ein bisschen ein. Trotzdem muss das dritte und vierte Tor fallen durch Enzo Millot, nach einer Ecke und dann noch einmal aus fünf Metern. Beide Male schießt er übers Freiburger Tor.

Es ist natürlich ein Standard, der in der 11. Minute der Nachspielzeit der ersten Halbzeit den Anschluss bringt. Alex Nübel dachte sich, dass seine Vorderleute sowieso traditionell einen Standard schlecht verteidigen – siehe letzte Woche das 2:1 von Benjamin Sesko – und verließ übermotiviert die Linie. Er war zu spät dran, so dass Lukas Kübler den Anschluss köpfen konnte.

Allen war klar: Der Beginn der zweiten Halbzeit wird die Begegnung entscheiden.
Es ist zwar nicht unbedingt zu erkennen, dass Freiburg einen Mann weniger hat, aber der VfB besaß die Spielkontrolle, blieb ruhig und ließ den Gegner laufen – was den immer mehr frustrierte und nur noch wütender machte. Die feinen Freiburger, die sich gerne so klein machen, präsentierten sich als Meister im Meckern und Foulen, sie wollten nicht akzeptieren, dass dieser VfB einfach besser war. Individuell, wie auch in der Spielauffassung. Maxi Mittelstädt, der immer mehr zum Maxistädt wird, entschied dann die Partie mit einem eleganten Lupfer, den ihm wohl vor der Saison die wenigsten zugetraut hatten. Anthony Rouault musste zwar noch einmal auf der Linie retten (90. + 2) und Nübel musste sich mächtig strecken bei einem Fernschuss von Maxi Eggestein (90. + 5), aber der Dreier kam nicht mehr in Gefahr gegen entnervte Freiburger.

Leonidas Stergiou feierte gegen Freiburg sein Startelfdebüt und fiel nach anfänglicher Nervosität nicht negativ auf, was ausdrücklich positiv gemeint ist. Rouault spielte in der Dreierkette auf der ungewohnten linken Position einmal mehr solide. Aber es war trotzdem zu sehen, dass dem VfB in der Rückrunde Zagadou fehlen wird: Seine körperliche Präsenz und seine Kopfballstärke gibt es so im VfB-Kader nicht mehr und seine Wichtigkeit in der Kabine wird von allen betont. Gut, dass Hiroki Ito von den Asienspielen zurückkehrt, wie auch Serhou Guirassy, der im Afrika Cup ausgeschieden ist, ohne groß zu spielen nach seiner Oberschenkelverletzung. Beide werden am Dienstag gegen Leverkusen im Pokal-Viertelfinale keine Startelfkandidaten sein, aber Sebastian Hoeneß wird beiden womöglich vor dem Spiel „Ich denk’ an Dich“ zurufen.

Denkt eigentlich noch jemand zurück an die Relegation? Sie scheint ewig zurück zu liegen. Dem VfB ist bis zum 20. Spieltag schon Großes gelungen (40 Punkte) und er wächst mit und in fast jedem Spiel. Wo es endet, entscheiden auch die nächsten Wochen.

Zum Weiterlesen:
Unser vertikalGIF nimmt sich der Geschichte des letzten Sieges in Freiburg an, schaut auf die Kosten des neuen Freiburger Stadions, nennt die umformierte Abwehr „Kinderriegel” und bezeichnet den Gegner als „Breisgauner“. Ganz groß!

Stuttgart.International sieht einen Pass von Anton, der “die Freiburger Defensive zerteilt wie einst Moses das Rote Meer” und stellt fest, dass aus den Breisgau-Brasilianern mittlerweile Breisgau-Uruguayos geworden sind.

“Robert Schlienz ist unser Held, war der beste Mann der Welt!”
Unsere Würdigung des Größten in der VfB-Geschichte.

Fotos:
Thomas Kienzle / AFP (Aufmacher), und Christian Kaspar-Bartke/Getty Images (Artikelbild)

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8 Comments

  1. Marcus Fichter says

    Nach dem Gala-Auftritt gg. die Dosen war das bis auf wenige Momente wieder sehr stabil. Die Freiburger waren ob der teilweisen Vorführungen ziemlich angefressen. Das sah manchmal aus wie beim 5 gegen 2 im Training. Sowas frustriert mächtig.

    Nicht nur ihr vom Vertikalpass, ich glaube fast jeder VfB-Fan dachte bei dem Pass von Anton an den Pass von Pavard. Endlich war die Mannschaft mal effektiv am Anfang.

    Gerade im Doppelpass hat F. Magath nen positiven emotionalen Anfall wegen der Spielweise des VfB und D.Undav bekommen.

    Guirassy und Ito kommen zurück, stehen evtl. gegen Leverkusen schon wieder im Kader. Sieht nicht so schlecht aus. Auch wenn die schon bockstark sind, chancenlos ist der VfB sicher nicht.

    Mittelstädt ist der Hammer. Als Torhüter wäre ihm wahrscheinlich hinterher gerannt und ihn gefragt, ob er noch ganz sauber ist, mich so zu verarschen…;-)

    Sorgen macht mir ein bisschen unsere Standard-Verteidigung. Zwei baugleiche Ecken in zwei Spielen …hmmm, das kann man besser machen.

    Wir hören bzw. lesen wieder nach dem Pokalspiel voneinander. Schönen Sonntag noch !

  2. Konrad says

    Überragend 🎉⚽️⚽️⚽️🙃 wahnsinn, toll … ich freu mich 🎉

    Weiß nicht wie es Euch geht, aber Christian Streich mit seinen Ausrastern empfinde ich immer noch grenzwertiger…. einerseits aller höchste Moral predigen, andererseits unsportlich ausrasten…

    Was Hoeneß aus der Truppe macht ist überragend, für mich das perfect match ❤️🥰

  3. drhuey says

    Ein wunderbarer Tag! Jahrelang hat das badische “Gutmenschen”-Projekt grosse Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Streich selbst ist schon lange enttarnt: er mag moralisch hochstehende Vorstellungen, die über den Fussball hinausgehen, haben, aber sein Verhalten ist schon länger grob unsportlich! Seit gestern ist auch seine Mannschaft als fiese Tretertruppe bekannt. Aber Enzo und der VfB sind ruhig geblieben. So ein Spiel ist enorm wichtig für den Reifeprozess. 40 Punkte sind ein Traum; so ist Dienstag als Tabellendritter auch kein Bonusspiel mehr.

  4. Bernd says

    Auswärts beim Tabellensiebten war das eine bemerkenswert souveräne Leistung. Zeigt einmal mehr, dass wir zurecht da stehen, wo wir stehen. Und die Talsohle bei der Kadertiefe ist hoffentlich auch jetzt durchschritten.

    Für Dienstag erwarte ich nichts, aber danach muss man gegen die vermeintlich Kleinen unbedingt die Konzentration hochhalten.

      • Clemens says

        Mittlerweile müssen wir über eine komplette Achse mit Anton – Stiller – Führich – Undav sprechen.

  5. Clemens says

    Das war ein überfallartiger Beginn des VfB, der dem SCF schnell den Zahn gezogen hat, auch wenn die Freiburger sich anschließend wieder zurück ins Spiel treten wollten. Dank geht raus an Daniel Siebert, der diesem Blutrausch schnell durch rigides Kartenziehen Einhalt geboten hat. Die VfB Spieler mussten dennoch einiges aushalten, wie gestern zu lesen war (Nasenbeinbruch Rouault), haben sich aber nicht provozieren lassen. Auch das spricht für eine reife Leistung und gewachsene Mannschaft, die den Ausfall von Zagadou überraschend gut kompensiert hat.

    Jetzt warten wir mal ab, wie der VfB am Dienstag in Leverkusen auftritt. Vielleicht mit Guirassy als kleine Überraschung. Sozusagen mit “Kai aus der Kiste”.

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