Allgöwer, Buchwald, Klinsmann, Ohlicher, Khedira, Gomez, alles Legenden. Aber der Größte in der Geschichte des VfB wird immer Robert Schlienz sein. Der einmalige Stuttgarter Journalist und Romancier Hans Blickensdörfer schrieb über ihn: “Wir werden nie mehr einen wie Robert Schlienz erleben. Aber wir können alle von ihm lernen.“
Natürlich ist Schlienz der Einmalige, aber auch der Einarmige, dem nach einem Autounfall der linke Unterarm amputiert werden musste. Sein Comeback gab er keine vier Monate nach dem Unglück und alle schauten im Neckarstadion ungläubig, weil keiner es glauben konnte, wie ein Einarmiger im Fußball mit seinen vielen Zweikämpfen bestehen könnte. Wie soll er fallen, wie soll er das Gleichgewicht halten? Mit eiserner Disziplin und ungebrochenem Willen kämpfte er sich zurück. Das waren sowieso seine Stärken. Er war kein Feinfuß, er war ein unerschrockener Arbeiter, ein unermüdlicher Antreiber, im „Doppelpass“ würde man wahrscheinlich von einem „Mentalitätsspieler“ sprechen.
Angefangen hatte er als Mittelstürmer und schoss in der Saison 1945/1946 in 30 Spielen sagenhafte 45 Tore. Als Schlienz von seiner rot-weißen Wolke auf Robert Lewandowski schaute, konnte er nur müde lächeln. „Wenn er aus fünf Chancen drei Tore machte, hatte er einen schlechten Tag. Er war im Strafraum eine größere Gefahr als Gerd Müller oder Uwe Seeler“, so beschrieb ihn Blickensdörfer. Nach seinem Unfall schulte ihn sein Trainer Georg Wurzer zu einem Mittelfedspieler um und von dort hatte er großen Einfluss auf das Spiel: Er verteidigte eisern, wenn es notwendig war. Er dirigierte im Mittelfeld und vollstreckte selbst im Sturm. Sein Ehrgeiz riesengroß und ein guter Verlierer war er wirklich nicht. Das bekamen auch seine Mitspieler zu spüren, denen er in den Hintern trat, wenn er den Eindruck hatte, sie würden es zu locker angehen.
Alle sind sich einig: Ohne Schlienz wäre der VfB in den 50er Jahren nie Deutscher Meister geworden. Und man kann noch weiter gehen: Ohne Schlienz gäbe es den VfB in seiner heutigen Form nicht. Robert Schlienz war der Unterschiedspieler und der Kapitän der Mannschaft, die die erfolgreichste Ära des Vereins prägte und die Grundlage für den VfB als späterer Bundesligist legte. 1950 und 1952 Deutscher Meister, dazu gewann der VfB 1954 und 1958 den Pokal.
1959 beendete Schlienz unter nie geklärten Umständen seine Karriere. “Nie hat der VfB einen Kapitän mit dieser Ausstrahlungskraft gehabt“, ist sich Blickensdörfer sicher und meint, er hätte Fritz Walter und Puskas spielen sehen, Pelé, Di Stefano, Garrincha, Bobby Charlton, Uwe Seeler, Gerd Müller und Franz Beckenbauer. Aber keiner sei so wie Schlienz gewesen und das nicht, weil er die VfB-Legende so oft spielen sah.
“Sondern weil er ganz einfach ein fußballerischer Riese gewesen ist.“
Heute wäre Robert Schlienz 100 Jahre geworden.
Der VfB denkt gerne in Merchandising. Wie wäre es mit einem Sondertrikot für Schlienz?
Philip Maisel meint in der StZ/StN: “Jüngeren Generationen ist Schlienz kaum ein Begriff. Wohl auch, weil seitens des Clubs lange wenig getan wurde, um das zu ändern. (…). Immerhin gibt es zum jetzigen Anlass einen Beitrag auf der Homepage und eine kleine Merchandising-Kollektion. Dennoch wäre es an der Zeit, noch mehr zu tun.“
Zum Weiterlesen:
Ein Interview in 11Freunde (2007) mit dem kürzlich verstorbenen Lothar Weise, der mit Schlienz zusammen spielte.
Baumgarts Blog mit einem Porträt des “größten Spielers, den der VfB Stuttgart jemals hervorgebracht hat”.
Bilder: vfb.de
[…] Weiterlesen: Der Vertikalpass würdigt Robert […]
Gerne hätte ich Robert Schlienz spielen gesehen im Neckarstadion!
Hi Jörg, ich auch. Es ist ein Jammer. Es gibt so gut wie kein Bewegtbild von Schlienz und Texte beziehen sich (wie auch ich) auf Artikel von Hans Blickensdörfer mit immer denselben Inhalten (natürlich darf das di Stefano-Zitat nie fehlen, habe ich mit Absicht weggelassen, in unserem Buch ist es drin). Wenn der VfB weiter so gut wie nichts macht und keine Schätze aus seinem Archiv hebt, wird Schlienz in Vergessenheit geraten.