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Nach dem Remis ist vor dem Lerneffekt

Ein Glückstor, ein unbeholfener Fehler, eine falsche Schiedsrichterentscheidung (wofür Patrick Ittrich immer gut ist), eine überragende Einzelaktion. Dann kann so ein enges Spiel auch zu einem Sieg werden. Ein Glückstor, ein unbeholfener Fehler, eine falsche Schiedsrichterentscheidung (wofür Patrick Ittrich wirklich immer gut ist), eine überragende Einzelaktion. Und dann kann man schnell auch einmal mit leeren Händen da stehen. Aber nichts davon trat ein, so blieb es beim 1:1 gegen die abstiegsbedrohten Kölner mit ihren beschränkten Mitteln.

Im Abstiegskampf der letzten beiden Jahre wären wir mit dem Remis nicht zufrieden gewesen. “Warum fehlt gerade gegen so einen Gegner die Genauigkeit, die letzte Gier, die Leidenschaft?”, hätten wir uns gefragt. Sebastian Hoeneß meinte dagegen, den Punkt müsse man einfach mal akzeptieren, Sport-Direktor Fabian Wohlgemuth war mit der Punkteteiling gar zufrieden, ganz im Gegensatz zu Waldemar Anton und Angelo Stiller. “Nach der Führung haben wir zu arrogant gespielt“, sagte der eine und „nach der Führung haben wir nachgelassen, wir hätten sie killen müssen. Solche Spiele müssen wir auf unsere Seite kriegen“, der andere. Es spricht für das Team des VfB, dass es einen Punkt gegen Köln mittlerweile als enttäuschend empfindet. Aber nach der Selbsterkenntnis muss dann im nächsten Schritt auf der Lerneffekt kommen.

Torchancen für drei Punkte gab es genug. Enzo Millot musste nach seinem 1:0 das Siegtor schießen, auch wenn Marvin Schwäbe sehr gut hält (68.). Serhou Guirassy, bei weitem nicht so spritzig, entschlossen und wach wie in der Hinrunde, köpfte knapp am Lattenkreuz vorbei (17.). Jeong Woo-yeong wie immer fleißig, engagiert, lauffreudig, aber ein Torjäger wird er auch nach 100 Bundesligaspielen nicht mehr, zu tolpatschig seine Abschlussaktionen (13. und 14.). Aber auch nicht verschwiegen werden darf, dass Faride Alidou das 1:2 auf dem Fuß hatte, nachdem Hiroki Ito im Spielaufbau ausgerutscht war (85.). Es war also durchaus auf beiden Seiten das Potential da für ein Glückstor, einen unbeholfener Fehler oder eine überragende Einzelaktion.

STUTTGART, GERMANY – FEBRUARY 24: Woo-Yeong Jeong of VfB Stuttgart takes a shot whilst under pressure from Max Finkgraefe of 1.FC Koeln during the Bundesliga match between VfB Stuttgart and 1. FC Köln at MHPArena on February 24, 2024 in Stuttgart, Germany. (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Kurzfristig zog der VfB immer wieder sein schönes Kurzpassspiel auf, ließ die Kölner laufen, aber der entschlossene Zug zum Tor fehlte. Womöglich auch, weil Deniz Undav verletzt fehlte. Real-Trainer Carlo Ancelotti meinte mal über Toni Kroos: “Toni ist unersetzlich, selbst wenn er nicht spielt.“ Vielleicht ist es beim VfB mit der Leihgabe aus Brighton ähnlich, der eine besondere Attitüde auf den Platz bringt. Er hat in seiner Karriere schon einiges verpasst und will alles mitnehmen. Wahrscheinlich auch drei Punkte gegen die Domstädter. Seinen Kollegen fehlte die Entschiedenheit auf den Sieg zu gehen, es wirkte ganz so, als ob die Mannschaft nicht an ihre Leistungsgrenze gegangen ist. Weil sie glaubte, es reicht gegen Köln auch mit weniger als 100 Prozent? Oder weil es ermüdet, jetzt schon im dritten Spiel hintereinander gegen einen tief stehenden Gegner spielen zu müssen?

Nachdenklich muss Trainer Hoeneß machen, dass es erneut ein Standard war, der das Gegentor brachte. Wieder ist es ein freistehender Spieler am zweiten Pfosten. Anthony Rouault verlor die Orientierung und Josh Vagnoman erinnerte an Borna Sosa, der gerne einen Gegenspieler in seinem Rücken vergaß.

Deutlich mehr Ballbesitz und schön spielen reicht alleine nicht. Vor allem im letzten Spieldrittel fehlte es an Konsequenz und Ernsthaftigkeit, da wurde (aus Arroganz?) oft zu verspielt und dadurch umständlich agiert, hier noch mal abgelegt, dort noch mal quer gespielt. Ganz so, als ob sich der VfB an sich selbst erfreut. Aber was ist passiert? Der VfB hat seinen Vorsprung auf den Tabellenfünften sogar noch um einen Punkt ausgebaut. Jetzt sind es sieben Zähler auf den ersten Nicht-Champions League-Platz.

Die Königsklasse hat die Mannschaft klar im Blick. Wenn sie die Enttäuschung in Motivation umwandelt und aus Spielen wie gegen Köln lernt, wird sie solche Spiele in Zukunft gewinnen. Und kann in dieser Saison wirklich etwas ganz Großes schaffen.

Zum Weiterlesen:
Unser VertikalGIF fühlt sich an das Camp Nou erinnert und bezeichnet die VfB-Kurzpassmaschine als “Tiki-Taka’le“, macht aber eine abnehmende Konsequenz aus, je näher der VfB dem Kölner Tor kam.

Stuttgart.International bemängelt fehlende Genauigkeit und Entschlossenheit im Stuttgarter Spiel, sieht im Remis aber keinen Grund zur Enttäuschung.

Rund um den Brustring betont die “komfortable Situation (…), sich über ein Unentschieden nach vier Siegen in Folge ärgern zu können.“

Die Süddeutsche Zeitung fragt: “Arrogant oder doch nur unkonzentriert?”

Bilder: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images

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11 Kommentare

  1. Motzbackenbruddler sagt

    Man muss aber fairerweise anerkennen, dass der effzeh einfach gut verteidigt und trotz spielerischer Defizite durch gutes Stellungsspiel die Laufwege für den VfB sehr eng gemacht hat. Also genau das Spiel, was Du als 16. gegen den 3. haben willst. Ist uns letzte Saison so nicht gelungen…

  2. Konny sagt

    Ich glaube, dass trotz aller Warnungen irgendwo ganz im Hinterkopf bei den Spielern, auch der Gedanke: die hauen wir locker weg… war.

    Andererseits spielte Vagnoman gestern wirklich richtig, richtig, richtig schlecht. Leider war Stenzel gesperrt.
    Goalrassy sucht nach seiner Form, Jeong ist nicht Undav und bei Silas bin ich langsam aber sicher bei der Idee es wie Tuchel und die Bayern zu machen. Wird nix mehr, leider!

    Da kam schon auch das Formtief einiger Spieler und möglicherweise eine gewisse Lustlosigkeit gegen Gegner dieser Art dazu.

    Nächste Woche Topspiel, da sollte man wieder mehr „bereiter“ sein.
    Immerhin ein Punkt…

    • “Ich glaube, dass trotz aller Warnungen irgendwo ganz im Hinterkopf bei den Spielern, auch der Gedanke: die hauen wir locker weg… war.”
      Du sprichst mir aus dem Herzen

  3. Clemens sagt

    Je nach Ambition kann man diesen Punkt als Erfolg oder misserfolg werden. Für mich gehen die zwei verlorenen Punkte auf das Konto “unnötig”. Aber wenn man schon gegen Kellerkinder Punkte herschenken möchte, dann wenigstens gegen den 1. FC Köln, der mir grundsätzlich nicht unsympathisch ist. Auch Alexander Wehrle wird vermutlich am ehesten gegen Kölle den Punkt Verlust verkraften.

    Bei Jeong habe ich bereits im Sommer daran gezweifelt, dass der Südkoreaner ausgerechnet in Stuttgart den Knoten platzen lässt. Eine Verpflichtung des Düsseldorfers Tanaka wäre mir im Sommer deutlich lieber gewesen und finanziell wäre das nach offiziell bekannten Angaben in einer ähnlichen finanziellen Dimension abgelaufen. Weder bei Jeong (trotz gestriger fleißiger Laufarbeit) noch Leweling habe ich große Hoffnung, dass die beiden irgendwann mal Goalgetter werden. So wenig Torgefahr kannst du dir als Bundesligist eigentlich nicht erlauben.

    Auch bei Vagnoman lief gestern leider wenig zusammen. Er ließ einfache Bälle verspringen und ins Seitenaus laufen, nutzte die Räume auf seiner Seite fast überhaupt nicht und sah beim Gegentreffer ebenfalls nicht gut aus. Zu seiner Ehrenrettung sei aber angemerkt, dass er mit 2 Gegenspielern konfrontiert war, Rouault und Anton bereits aufgerückt waren und auch Bredlow nicht mehr rausgekommen ist. Zudem war die Fehlerkette deutlich länger (vorheriger Ballverlust, Flanke nicht verhindert). Dennoch machte Vagnoman gestern auf mich den Eindruck, als wäre er mit dem Kopf woanders. Ärgerlich für den VfB, aber menschlich. Sein Potential ist offensiv wie defensiv zweifelsfrei vorhanden, er muss es nur irgendwann mal regelmäßig abrufen.

    Wer mir bei Köln positiv auffiel war Diehl. Mit 19 Jahren gerade noch im Talent-Alter, aber mit guten Anlagen, die einem Leweling in nichts nachstehen. Nur würde man sich bei einem Ablöse freien Wechsel von Diehl die ca. 5 Mio Euro Ablöse nach Köpenick für Leweling sparen.

  4. Konrad sagt

    Jetzt ist der eine Punkt nicht mehr soooo schlimm, der BVB verliert. Rino thank you ⚽️⚽️⚽️🙏

  5. shoeshine sagt

    Am Samstag Abend war ich sauer, weil wir 2 Punkte auf Bayern haben liegen lassen. Schon der Wahnsinn, wie sich das Anspruchsdenken verändert hat. Am Sonntag Abend war ich glücklich, weil wir einen Punkt auf Leipzig und den BVB gutgemacht haben. So muss es sein…

  6. Jochen sagt

    Führich brauchte zwei Jahre um ein torgefährlicher Bundesligaspieler zuwerden. Bei Leweling braucht man Geduld und der Koreaner ist eine Perle. Immer dran denken: der VfB hat wenig Geld und muss immer den Abgang von Topspielern fürchten. Deshalb in der Breite talentierte Spieler entwickeln und als Umfeld geduldig bleiben. Aber es geht schon wieder los: VfB ist Champions league! Echt? Klar es gibt die Chance auf 20 Mio. Startgeld. Die sollte man ehrgeizig verfolgen aber nicht als einziges Ziel im Auge haben! Dann geht es wieder schief. Es ist guter Fußball bei dem man gerne zuschaut. Viel mehr, als wir erwarten konnten. Und übrigens: unsere Heimbilanz gegen Kölle ist schaurig. Da ist ein Punkt doch ganz passabel.

  7. Audiotec sagt

    Wenn die letzten 2 Heimauftritte gg Cologne (und das ganze euphorische zuvor) nicht gewesen wären=Business as Usual gg die Domstädter. (lieber auswärts!)

    Gepaart mit den Ergebnissen der Konkurrenz und den zuletzt schon schwachen Spielen gg 2 Kellerkinder kann man getrost attestieren: selbst in dieser “Verfassung” holen wir aus 3 Spielen noch 7 Punkte und setzen uns tabellarisch (spielerisch sowieso) weiter ab-so what!?

    Das man(che) sich mittlerweile selbst am eigenen Erfolg/Können “berauschen”, (#Arroganz) liegt wohl in der Natur der Sache, insofern dann aber wieder gg “höherklassiges” (wie z.Bsp. nächsten Samstag in WOB oder in Sinsheim) das Optimum abgerufen wird/werden kann, sei es Ihnen verziehen.

    Nicht wegzudiskutieren/zu berücksichtigen ist natürlich ebenfalls die lange Liste an Ausfällen mit Stammkeeper (#Spielaufbau), Stamm-IV, Stenzel, Stamm LV Mittelstaedt (in diesem Spiel), Top-Stürmer Undav und die langzeitabwesenden Ito, Jeong, Silas, Guirassy, welche erst wieder ihren Rhytmus/Flow finden müssen.

    Mit dieser Spielanlage und oben erwähnten Rekonvaleszenten (insofern nichts weiteres passiert…) werden wir dann eher Platz 2 noch in Angriff nehmen, als das der Totalabsturz aus den CL Rängen droht (auch weil der BVB und Leipzig alles andere als konstant sind/wirken).

    This Season=Payback Time!

  8. drhuey sagt

    Spontan war es wieder eine Enttäuschung, aber nach 7 Punkten aus drei kritischen Spielen, die der VfB noch vor einem Jahr nicht so souverän bestreiten hätte können, muss man zufrieden sein. Und, wenn man den BVB gestern gesehen hat, muss man konstatieren, dass wir zurecht vor ihnen stehen. Wer hätte das vor ein paar Monaten gedacht? Es ist klar, dass die Anspruchshaltung wächst, denn es ist nicht völlig unmöglich mit dem aktuellen Fussball auch eine CL-Vorrunde zu bestehen. Was Jeong angeht, sehe ich es so wie Jochen und bin nach wie vor überzeugt, dass sich der Junge weiter positiv entwickelt. Leider habe ich bei Silas nicht den Eindruck, dass er selbst noch weiss was er macht, was auch tragisch für den Verein ist. An der Stelle sollte im Sommer gehandelt werden (Leihe). Vagnomans (N11?) Auftritte geben auch Rätsel auf, so volatil wie er sie gestaltet. Sein Einfluss aufs Spiel steht nicht in Relation zu seiner bisherigen Karriere (alle nationalen U-Mannschaften durchlaufen) und der Wichtigkeit der Position. Dahoud würde ich mal gerne als Starter sehen. Er kann dem Spiel sehr viel Struktur geben, wenngleich auch noch nicht jeder Pass ankommt und sein Geschwindigkeitsdefizit evident ist. Ich mag seine Ideen.

  9. Konrad sagt

    Cool finde ich Deine “Fremdwörter” – musste erstmal bei Google nachfragen :-)
    Wieder die Perspektive erweitert…

    Jeong kann schon sein, dass er nach allen Themen wie Cup´s , gesetzliche Dienstpflicht ect. jetzt sich völlig auf den VfB konzentrieren kann und sich langsam steigert. Wäre ja super.

    Ich glaube für Silas wäre ein Ortswechsel sinnvoll. Er war früher hier bei uns Platzhirsch, was ihm meiner Einschätzung immer noch fehlt. Vielleicht ist es auch der SH Ball, der ihm nicht liegt…? Auf jeden Fall passt es schon länger nicht mehr.

    Mein Lieblingsthema und Fass: “Geldunmengen im Profifußball” hat der liebe Serhou ja mal wieder aufgemacht. 10 Mio im Jahr. Ich find´s einfach zu viel. Mittelstädt mit super maximal sympathischen Beitrag in Sky meine Geschichte – super unsympathisch finde ich die 10 Millionen von Serhou. Er hat Qualität und für uns viel beigetragen, keine Frage, aber sympathisch ist er mir leider damit nicht mehr. Er muss meiner Meinung aufpassen, dass er nicht den Borna oder Sasa Move macht. Selbstüberschätzung kann auch mal in die andere Richtung gehen… wenn ihn ein Chapot aus Köln komplett abmeldet, möchte ich nicht wissen wie es gegen einen van Dijk läuft… ist aber “nur” meine Meinung.

    • @abiszet sagt

      Jeong hat zwei Turniere gespielt, verkürzten Wehrdienst aber noch nicht abgeleistet :-)

      Du beziehst Dich bei Serhou auf den Boulevard, oder? Schaue ich nicht mal mit dem Hintern an. Und wenn er so viel verdienen will, dann ist es Zeit für Serhou zu gehen. Sympathisch oder unsympathisch, maximal unwichtig im Fuballbusiness. Der maximal sympathische Undav wird übrigen auch nicht für kleines Geld bleiben.

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