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Real Madrid ist eben Real Madrid

Fußball ist ein Spiel, bei dem 22 Akteure einem Ball hinterher rennen und am Ende Real Madrid gewinnt: „Wir haben couragiert gespielt. Am Ende ist es ein typisches Real Madrid-Spiel“, zeigte sich Sebstian Hoeneß stolz und zugleich enttäuscht nach dem ersten VfB-Spiel in der Champions League seit über 14 Jahren. Die Süddeutsche Zeitung meint: „Es ist wie immer: Real Madrid gewinnt, und keiner kann schlüssig erklären, warum.”

Historisch
Die VfB-Fans im Estadio Santiago Bernabeu waren sich darüber im klaren, dass sie ab sofort Teil eines der spektakulärsten Kapitel in der VfB-Geschichte sind. Das erste Pflichtspiel gegen Real Madrid, den besten, teuersten, wertvollsten, erfolgreichsten, überheblichsten Club der Welt. Der Auftritt aller beim spanischen Rekordmeister war mehr als würdig. Beeindruckend wie unbeeindruckt alle auftraten: Trainer, Spieler, Fans. Vor allem die tausenden Auswärtsfahrer nahmen erst die Stadt, dann das Bernabeu ein, nachdem die Madrilenen das Spiel mit einer Mini-Choreo starteten, die aussah, als würde sie aus farbigen Müllsäcken bestehen.

Vor allem die erste halbe Stunde hatte es in sich:
Der VfB spielte sich locker und lässig durch die Pressingversuche Reals, um gleichzeitig sogar sehr hohe Ballgewinne in Madrids Hälfte zu erzielen. Wie in der 8. Minute, als Chris Führich im Madrider Aufbau dazwischen ging, Deniz Undav weiterleitete und Enzo Millot plötzlich völlig frei vor Thibaut Courtois auftauchte.

Der belgische Schlussmann wurde nach der Partie als „MVP des Spiels“ ausgezeichnet und das sagt alles über den Auftritt des VfB: Nicht nur im 1-gegen-1 mit Millot behielt Courtois die Überhand, auch beim Schuss von Jamie Leweling (11.), beim Schlenzer von Millot (14.), ebenso als Angelo Stiller nach Traumkombination auf ihn zulief (16.). Beim abgefälschten Schuss von Undav an die Latte (28.) wäre er allerdings machtlos gewesen.

Real bis dahin träge, fehlerhaft, unambitioniert. Aber ab der 30. Minute entschieden sie sich, auch am Spiel teilzunehmen. Kylian Mbappé, Rodrygo und Vinicius Junior immer wieder mit beeindruckenden Soli, die kaum zu verteidigen waren, wenn sie alleine auf Josha Vagnoman oder Maximilian Mittelstädt zuliefen. In der 33. Minute bekam Madrid einen Elfer zugesprochen, den Schiedsrichter Halil Umut Meler nach Videostudium wieder kassierte. Machen nicht viele Schiris beim Rekord-Champions League-Sieger.

Blitzstart nach Wiederbeginn: Nach 23 Sekunden trifft Kylian Mbappé.

In der zweiten Halbzeit zeigte sich, dass sich Reals individuelle Klasse nicht immer verteidigen lässt. Wenn dann persönliche Fehler dazu kommen – Mittelstädts Positionierung kombiniert mit seinem missglückten Versuch, den Ball zu blocken – dann fallen Tore. Sogar schon 23 Sekunden nach Wiederanpfiff.

Es folgte die schwierigste Phase für den VfB, das 2:0 schien nur eine Frage der Zeit. Aber der VfB schaffte sich aus diesem Loch heraus: Startpunkt Leweling mit einer guten Chance (60.), der überhaupt ein hervorragendes Spiel machte. Entscheidend dann die Wechsel von Hoeneß, der Fabian Rieder für Führich und Anrie Chase für Vagnoman brachte. Der VfB hatte wieder die Spielkontrolle, verhinderte gleichzeitig Durchbrüche der schnellen Madrilenen. Das 1:1 durch Undav nur gerecht, auch im Anschluss sah es ganz danach aus, als ob sich der VfB mit den Königlichen die Punkte teilen würde.

Aber da kam sie wieder, Reals Erfolgsformel:
Individuelle Klasse (Luca Modric und Antonio Rüdiger) und persönliche Fehler (Alex Nübel und Atakan Karazor). “Ich bin enttäuscht, dass das Spiel über einen Standard entschieden wurde“, so Hoeneß, der aber auch zufrieden sein konnte: Seine Mannschaft zeigte Reife, blieb immer bei sich, brachte über die meiste Zeit der Partie ihr Spiel durch und ließ sich weder vom Stadion noch von der Mannschaft Reals beeindrucken. Ein Entwicklungssprung und eine Leistungsexplosion einer Mannschaft, die vor einem Jahr noch in der Relegation gegen den Hamburger SV stand.

Real ist dann eben doch Real.
Der VfB nimmt viel mit: Selbstverrtauen, viel Lob nach dem Spiel (Jude Bellingham: „Brilliant Team!“), viele Erkenntnisse, viel Erfahrung, nur leider keine(n) Punkt(e). Wenn es etwas zu kritisieren gäbe, dann die mangelnde Chancenverwertung.

Am Sonntag steht der nächste emotionale Höhepunkt an: Das Derby gegen Dortmund. Mit einer Leistung wie gegen Real wird der VfB gegen die Borussia bestehen – und in der Königsklasse die Punkte holen, die für ein Weiterkommen in die K.o.-Runde reichen könnten.

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Bilder: Angel Martinez/Getty Images (Aufmacher), Thomas COEX / AFP (Artikelbild)

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11 Kommentare

  1. Wir hätten Real in den ersten 20 Minuten abschießen können, waren aber zu hektisch im Abschluss. Am Ende machte man dann einfach zu viele Fehler, und dann sind die Spanier natürlich gnadenlos. Am Sonntag gegen Dortmund werden wir endlich sehen, wo wir wirklich stehen. Bin gespannt wie Anton und Guirassy empfangen werden.

  2. Am schlimmsten famd ich die Berichterstattung von Amazon Prime. So viel Schleim von den ganzen Experten über Real, da könnte ich nur kotzen vor Wut. Klar ist Real die Weltbeste Mannschaft, aber da kann man doch ein wenig die Leistung vom VfB huldigen.
    Was mich gleich auf die Palme brachte, als der Moderator vor dem Spiel Sebastian Hoeneß fragte; mit welchem Ergebnis wären Sie heute zufrieden🤮🤮🤮🤮

  3. Wir haben ein super, super Spiel gemacht. Die VfB Fans überragend und vor allem friedlich / fair in der Niederlage. Unser Trainer hat abermals einen top Job gemacht und uns wunderbar als Verein vertreten. Sebastian und Ricky mit Ihrem Lidl Madrid Move schon jetzt Legende.
    Es war auch ohne in Madrid zu sein ein unfassbares Erlebnis. Dafür Danke ⚽️🙏🫶🙏🫶⚽️

    Was mir weniger gefallen hat sind Führich und Mittelstädt. Hier finde ich es etwas vercoacht nicht schon in der 2. HZ Rieder zu bringen. Der ist derzeit Welten besser, vielleicht Schonung für schwazgelb? Rieder hat einen komplett anderen Impuls und viel mehr Energie. Plus super Standarts.

    Zu Rüdiger muß ich loswerden, daß ich sein Verhalten abstoßend, unsympathisch und unsportlich finde! Daß er als Vizekapitän von Deutschland erst mit einer Schwalbe Marke Schauspielschule Salzburg im Strafraum glänzt, um dann gegen seinen Ex Verein den ganz großen Torjubel auszupacken ist eines großen Sportlers unwürdig. Da muß er sich dann halt auch nicht über Anfeindungen Wundern…

    Ansonsten ganz großes Kino von der VfB Truppe 😍

    • drhuey sagt

      Zu Rüdiger gibt es tonnenweise Material seines unsportlichen Verhaltens. Provokationen und körperliche Härte mag ja noch irgendwie dazugehören, aber ein Foul im Strafraum ohne eine Berührung vorzutäuschen, ist für mich das Unwürdigste was ein Sportsmann tun kann. Das lässt tief blicken, was das für ein Bruder ist.
      Vini ist diesselbe Kategorie: Kann es gar nicht haben, wenn ihn ein Enzo aus Stuttgart auslässt…love you, Enzo!

  4. drhuey sagt

    Ich bin zutiefst beeindruckt wie mutig der VfB gegen Real angetreten ist und ihr Spiel gespielt haben. Das Zutrauen zu haben, dass man mit seiner eigenen Spielweise auch gegen eine 5mal teurere Mannschaft bestehen kann, zeugt von dem Riesenschritt, den die Mannschaft unter Sebastian Hoeness gemacht hat. Und nach dem Spiel können sie weiter Vertrauen darin haben. Ich hatte vor dem Spiel bei Vagnoman meine Fragezeichen, aber er hat einen tollen Job gemacht. Enzo fühlte sich auch auf dem Niveau pudelwohl und er, sowie die Mannschaft haben es sich bewiesen, dass sie in die CL gehören. Das ist grossartig!

  5. Hobbycamper sagt

    Was soll man nach diesem Auftritt des VfB noch sagen, es hat nur eines nicht gestimmt – das Ergebnis, leider.
    Wer konnte bzw. hat mit diesem Auftritt des VfB gerechnet, vermutlich nur die allergrößten Optimisten. Ich dachte vor dem Spiel, hoffentlich schießt uns Madrid nich ab, das Gegenteil war der Fall.
    Auch wenn der VfB letztlich mit leeren Händen zurückkehrt, mit dieser Einstellung, diesem Engagement ist mir gegen Dortmund nicht bange. Ich wünsche mir dass die Spieler aus diesem Spiel gelernt haben, dass wenn sie an ihr Leistungslimit gehen, dann können sie an manchen Tagen auch gegen große Mannschaften bestehen. Das macht Mut und Hoffnung für die kommenden Aufgaben in der BL und der CL.

  6. Marcus Fichter sagt

    Es ist wie es ist, schade. Aber ganz viel positive Werbung betrieben.

    Zur Elfersituation: Hab das nur ich gesehen, dass Rüdiger schmerzhaft im Rasen hängen geblieben ist ? Dass es kein Elfer war und keine Berührung da war, haben alle gesehen, trotzdem nehme ich Rüdiger den Schmerz durchaus ab.
    Deshalb hat der Schiri dann schlussendlich wohl auch gepfiffen. Allerdings hätte Rüdiger auch hergeben können und sagen können, das der Schmerz nicht von Mittelstädt kommt. Naja, hätten wohl viele andere so gemacht.

    Ein geiles Spiel, ein klasse Auftritt. Mein Gott, man muss eigentlich 2:0 zur Pause führen. In der Chancenverwertung ist noch ganz viel Luft nach oben, allerdings war Courtois auch sehr gut aufgelegt.

    Trotzdem glaube ich, daß man gg. die anderen Gegner genügend Punkte holen wird um in die KO-Spiele zu kommen.

  7. Roland K. sagt

    Klasse Spiel vom VfB gegen DIE Mannschaft Europas überhaupt. Hätte ich nicht für möglich gehalten. Schade die versemmelten Torchancen,wobei Courtois bewiesen hat,warum er ein solch unglaublich guter Torhüter ist.
    Was man leider in dem Spiel von unserem Torhüter nicht uneingeschränkt sagen kann. Trotz prima Reaktionen sah er bei zwei Toren doch etwas unglücklich aus. Chris Führich ist ebenso immer noch nicht in Topform. Schade. Leweling war richtig gut. Bitte weiter so. Unsere Abwehr findet sich allmählich,wobei Chabot und Chase inzwischen wirkliche Verstärkungen sind. Wie übrigens auch der Fabian Rieder,der mit seinem quirligen Spiel den Angriff bereichert.
    Undav wieder in Form-Gottseidank. Demirovic hat bereits gezeigt,dass er sein Geld wert ist.
    Hoffentlich zeigen wir dem BVB,wer wieder CL spielen will.

  8. Glucke sagt

    Wenn man bedenkt, dass sich Abwehr und Sturm noch finden müssen, war das gut.
    Gewinner des Abends war für mich Rieder, der beste Mann auf dem Platz. Stimme einem Vorredner (Schreiber :-) ) zu, er hätte mindesten schon zur Halbzeit kommen können. Er hat übrigens auch eine überragende Zweikampftechnik und kann auch als 6 kommen. Er erinnert mich an Michael Essien.

    Rouault ist ganz stark aus der Verletzung gekommen und Daxo hat die Abwehr mit seiner Einwechslung sofort technisch aufgewertet. Sehr schön. Alle Abwehrspieler hatten eine extrem schwierige Aufgabe gegen die besten Stürmer der Welt.

    Wenn solche Auftritte “normaler” werden, sind unsere Spieler dann auch abgezockt genug, die Chancen besser zu verwerten.

    Probleme:
    Stiller und Nübel ganz stark und dann wieder mit schlimmen Fehlern. Hoffe, das wächst sich aus. Trotzdem sind beide Säulen.

    Millot mit ganz starken Auflösungen in schwierigen Situationen, findet aber wenig Anspielstationen im Sturm.

    Der Sturm ist noch nicht richtig konzipiert. Undav sickert eher in den Strafraum ein, behauptet sich wie ein Nilpferd uns ist cool. Seine Abschlüsse manchmal etwas vorschnell und er ist eben nicht der Rambock, der die Bälle prallen läst.

    Demirovic ist nicht so recht ins Spiel eingebunden. Gegen Real oft auf dem Flügel. In Augsburg kam er auch aus der Tiefe, oft mit Hammerschuß. Ich hoffe, er kann bei uns zentraler spielen. Touré fehlt noch jede Bindung, bekam keinen langen Ball.

    Führich ist ein Opfer der EM und der missglückten Vorbereitung. Er wird wohl erst an Weihnachten wieder in bester Form sein. Man sollte jetzt nicht schimpfen, sondern ihn aufbauen. Er hatte auch gestern sehr gute Szenen, ist aber nicht die Säule wie letztes Jahr.

    Es gibt also viel zu tun und wir waren nahe dran. Wir sollten uns aber für die Spielkontrolle nicht zu sehr loben. Real spielt arrogant und taktisch schlecht. Sie lassen Chancen zu und geben dem Gegner etwas Raum zu spielen. Sie wissen, dass sie nur wenig Gelegenheiten brauchen um klar zu gewinnen. Das ist arrogant, aber für die ist es inzwischen auch langweilig, weil sie selten auf einen Gegner treffen, an dem sie sich beweisen können. Hatte gestern das Gefühl, dass sie den VfB sogar loben: “Ihr seid ja gar nicht so eine Grampentruppe. Vielleicht werdet ihr ja bald ein guter Gegner”.

  9. Realbackenbruddler sagt

    Nun, ich sag’ es in Gente-Voice: “Gegen Real muss man nicht gewinnen” – man hätte es aber gestern Abend durchaus können. Immer noch verrückt. Wenn mir das jemand vor 2 Jahren gesagt hätte…

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