Beliebt
Kommentare 17

So langsam wird’s unheimlich!

Der VfB hat in Köln gezeigt, dass er auch enge und umkämpfte Spiele gewinnen kann. Eine Fähigkeit, die ihn in den letzten Jahren überhaupt nicht ausgezeichnet hat. Wenn’s knapp wurde, verloren die Stuttgarter meistens. Wenn’s eklig wurde, zog der VfB zurück. Jetzt der vierte Sieg in Folge, Sebastian Hoeness jagt nun die acht Siege in Folge von Armin Veh, die er im Meisterschaftsjahr erzielt hatte.

Der VfB hat in Köln gezeigt, dass er mit personellen Veränderungen umgehen kann:
Anthony Rouault rückte in die Innenverteidigung für Dan-Axel Zagadou, dem verletzungsbedingt keine 90 Minuten zugetraut wurden. Der 22-jährige spielte sehr solide und unaufgeregt, es wirkte so als ob er schon lange in der Innenverteidigung des VfB auflaufen würde. Rouault machte keine aufregenden Sachen, agierte im Spielaufbau sicher und suchte nicht das Risiko, blieb in der Verteidigung ohne (Stellungs-)Fehler. Eine reife Leistung.

Jamie Leweling dagegen, er ersetzte Silas auf der rechten Seite, unterliefen einige Stock- und Abspielfehler. Bei ihm ist die Entscheidungsfindung das Problem, er arbeitete jedoch engagiert in der Defensive mit und lief einige Räume zu.

Der VfB hat in Köln gezeigt, dass auch andere Spieler ausser Guirassy eine Partie entscheiden können:
Man könnte fast meinen, der “VfB Guirassy” steht in der Tabelle auf Platz zwei hinter Leverkusen. Es wurde nur über die zehnmaligen Torschützen gesprochen, als ob er alleine den Erfolg des VfB ausmacht. In Köln hatte er seine Chancen, blieb aber ohne Torerfolg. Den konnte Deniz Undav gleich zwei Mal bejubeln: In der 62. Minute kam er für den angeschlagenen Atakan Karazor, sechs Minuten später netzte er eine Hereingabe von Chris Führich cool ein. Vor allem Führich zeigte vor diesem Tor seine neue Reife: er erkannte blitzschnell die Situation, ging durch zwei Gegenspieler durch – und nahm den Kopf hoch. Das hatten wir bisher von ihm vermisst.

Nachdem Köln alles auf den Platz brachte, was irgendwie Torgefahr ausstrahlen könnte, ergaben sich für den VfB einige Konterchancen, die aber durch unpräzise Zuspiele verdaddelt wurden. Bei einem Gegenzug schließlich stand Undav richtig und schob zum 2:0 ein, zuvor hatte der eingewechselte Silas an den Pfosten geschossen.

Der VfB hat in Köln gezeigt, dass vor allem in der Offensive die Päzision gefehlt hat:
Das gilt für Raumaufteilung, Zuspiele, Laufwege und den letzten Pass. Aber auch für die Torchancen. Serhou Guirassy köpfe an die Latte nach einem Eckstoß, Hiroki Ito fehlte nach einem herrlichen Spielzug über Enzo Millot, Führich und Guirassy der Druck beim Schuss von der Strafraumkante; ebenso bei Millot, der in der 57. Minute aus kurzer Distanz den Ball in die Arme von Marvin Schwäbe schob.

Was hat den VfB in Köln ausgemacht?
Der Glaube an die eigenen Fähigkeiten und das Wissen, den Gegner mit der eigenen Spielauffassung besiegen zu können – und dass dies nicht in Überheblichkeit und Sorglosigkeit umschlug. Der VfB suchte stets die spielerische Lösung und spielte unbeirrt weiter, auch wenn bei weitem nicht alles gelang.

Mal behielt der VfB die Spielkontrolle, mal entglitt sie ihm durch ungestüme Kölner Angriffe. Aber die Mannschaft behielt die Ruhe: An Abwehrchef Waldemar Anton konnten sich alle orientieren, Angelo Stiller blieb immer anspielbereit, auch in den schwierigsten Spielsituationen. Pascal Stenzel und Ito verhinderten die wesentlichen Aktionen im flügellastigen Spiel der Kölner. Auch wenn Stenzel mit dem quirligen aber uneffektiven Linton Maina einige Mühe hatte.

Herzlichen Glückwunsch!
Alex Nübel behielt an seinem Geburtstag seine weisse Weste, strahlte die Ruhe und Sicherheit aus, nach der wir uns in Stuttgart so lange gesehnt haben. Aber: Beim Spielaufbau unterliefen ihm zwei Mal dramatische Abspielfehler, die ein Glück ohne Folgen blieben. Hier suchte er meines Erachtens zu sehr das Risiko. Aber Nübel ist definitiv ein Upgrade gegenüber Florian Müller und Fabian Bredlow.

So langsam wird es unheimlich:
Die Stabilität, die Reife, die Coolness, die Widerstandsfähigkeit, die Leistungskonstanz, die individuellen Fähigkeiten, die Spielaufassung. Endlich bringt der VfB alle diese Faktoren gleichzeitig auf den Platz. Wenn dies dem VfB weiter gelingen sollte, wird er uns länger begeistern.

Zum Weiterlesen:
20 Jahre ist die magische Nacht gegen Manchester United her: Wir blicken zurück auf ein Spiel, bei dem wir im Stadion übernachten wollten.

Bild:
Christof Koepsel/Getty Images

Darf gerne geteilt werden:

17 Kommentare

  1. Fritz sagt

    Sebastian Hoeness, war vor allem gegen Ende seiner Zeit bei Hoffenheim mässig erfolgreich, beim VfB leistet er unglaublich gute Arbeit (auch wenn noch Einiges zu verbessern ist). Materazzo dagegen hat beim VfB nie funktioniert, hatte gefühlt keine Spielidee, bei Hoffenheim läuft es für ihn saisonübergreifend ebenfalls sehr gut. Offensichtlich können die beiden was, aber warum klappt es bei der einen Mannschaft und bei der anderen nicht? Das ist eine ganz andere Frage als die, warum der VfB in dieser Saison so viel besser aussieht.

    @abiszet: habt Ihr da eine fundierte Analyse oder Meinung dazu?

    • Schorsch sagt

      Keine fundierte Analyse, aber zwei kleine, jedoch wichtige Punkte:
      1) Noch sind Hoeneß und Matarazzo noch nicht wirklich lange beim neuen Club.
      2) Die Weiterentwicklung eines Trainers funktioniert in einem neuen Umfeld meist besser, weil die Spieler frühere Herangehensweisen gar nicht kennen.

    • Sasa M. sagt

      Naja Hoeness war in Hoffe heim bis zum 25. Spieltag auf Platz 4. Dann folgte, aus irgendeinem Grund, eine 8 Spiele (glaub es waren 8) Sieglosserie, woraufhin sie die Saison dann auf Platz 11 beendeten. Das war wohl Grund genug um ihn zu entlassen. (Völlig blödsinnig) so gabz erfolglos war Materazzo ja beinuns auch nicht, aber was er definitiv nicht geschafft ht, was Spieler weiter zu entwickeln.

    • Roland K. sagt

      Fritz, normalerweise verbraucht sich ein Trainer nach einem recht überschaubarem Zeitraum, der meist so um maximal 3 Jahren liegt. Danach kennen die Spieler so ziemlich alles an ihm ………..und werden eine winzige Kleinigkeit bequemer. Sie kennen die Reaktionen und machen es sich etwas bequemer. Nicht bewusst,wohlbemerkt. Es ist nur menschlich.
      Bei der Ausgeglichenheit der Liga machen wenige Prozent einen Unterschied zwischen Platz 8 und 17 aus,wenns nicht besonders gut läuft.

      Was dagegen getan werden kann? Mehrere Möglichkeiten:
      – einmal den Austausch etlicher Spieler,damit eine Art Runderneuerung
      – weniger problematisch,dafür aber deutlich teuerer ist es, für (fast) jeden Spieler einen Ersatz zu haben. Das erhöht den Druck und fördert damit (meist) die Leistung. Allerdings kommen manche Spieler mit zu viel Druck nicht gut zurecht.

      Es ist also keine einfache Angelegenheit und erfordert sehr viel Können bei einem Trainer.

    • Konny sagt

      Nagelsmann sagte auf der Bundestrainer PK, dass er sehr vieles reflektiert und aufgearbeitet, eigene Fehler erkannt hätte und nun manches anders angehen möchte. Unser Trainer hat zudem in England hospitiert und da einiges wertvolles mitgenommen. Jeder von uns hat im Beruf durch Erfahrung mehr menschliche und berufliche Reife erlangt und so ist es sicher auch bei den Trainern (ausser Labaddia wie es scheint)…. Ich hoffe nur, dass unser Trainer am Tegernsee noch kein Thema ist. Aus meiner Wahrnehmung haben derzeit Leverkusen und wir die Trainer mit der höchsten Ausstrahlung und besten Aussenwirkung. Wir werden gespannt sein dürfen wie es läuft, wenn es eine Delle gibt… hoffentlich nie, nie, nie mehr so wie derzeit auf Schalke…

  2. Marcus Fichter sagt

    Hoeneß hat m.E. auch bei der Einwechslung von Undav ne schöne Message an die Liga geschickt.
    “Wenn ihr meint Guirassy mit 2 Mann zustellen zu müssen, dann bring ich halt noch einen anderen dazu, der Euch die Dinger reinmacht”.

    Unter Labbadia wäre ein 1:1 Wechsel Undav für Guirassy erfolgt und es wäre wahrscheinlich nix passiert, weil sich weiter zwei Leute dann auf Undav konzentrieren konnten. Hoeneß hat das eben nicht gemacht, die Kölner konnten mit Undav gar nix anfangen.

    Stark weiterhin Karazor und Stiller, der Spielaufbau hintenraus zusammen mit der Defensive ist schon sehr geil.

    Wenn jetzt noch VW geschlagen wird, dann wirds langsam echt unheimlich.

    Genießen wir es weiter, schönen Sonntag Euch allen !

  3. Dubajic92 sagt

    Alle 5 Siege gegen Teams der unteren Tabellenhälfte, 4 davon gegen die letzten 4 Teams. Das muss man auch erstmal schaffen, vor allem bei Zielsetzung frühzeitiger Klassenerhalt. Wolfsburg wird nun nach Leipzig aber der zweite Gradmesser, ob es dieses Jahr mehr werden kann…

  4. Clemens sagt

    4 der 5 Siege sind gegen Mannschaften gelungen, die in der Tabelle aktuell die letzten vier Plätze belegen. Jetzt könnte man sagen, dass der VfB nur deshalb Erfolg reich gewesen ist, weil die Gegner so schlecht waren. Andere Interpretation, die Gegner stehen auch deshalb am Tabellenende, weil sie gegen den VfB spielen mussten. Das kann jeder für sich selbst bewerten.

    Egal, welche Sicht man auf diese Serie von Siegen wirft, sie ist auf jeden Fall gegen Mannschaften gelungen, die letzte Saison (bis auf Darmstadt) alle vor dem VfB gestanden haben. Der VfB nutzt sein Momentum optimal aus. Da springt ein Pfostentreffer des eigensinnigen Silas einem Undav direkt vor die Füße und von dort ins Tor. Die Mainzer trafen hingegen vor wenigen Wochen zweimal Aluminium und die Bälle gingen nicht rein.

    Unterm Strich steht dann aber auch viel Trainingsarbeit und auch Mut, denn die Einwechslung eines Stürmers für einen defensiven Mittelfeldspieler beim Stand von 0:0 muss man sich auch erst einmal trauen.

    Ab jetzt kommen die Gegner, die dem VfB aufzeigen werden, ob es weiterhin gegen den Abstieg geht oder ein sicherer Mittelfeldplatz herausspringen könnte.

  5. Roland K. sagt

    Gutes Spiel gegen einen doch recht körperbetonten und starken Gegner.
    Die Einwechslung eines weiteren Mittelstürmers für einen Defensivspieler war ungewöhnlich und sehr mutig. Wurde belohnt.
    Der neue Franzose Rouault spielte,als gehöre er schon immer dazu. Eine Verstärkung!
    Leweling hat zwar noch ein paar Schwächen,hat sich sonst aber sehr gut eingefügt. Stenzel hatte einige Probleme wie immer mit sehr schnellen Leuten,aber es gab dadurch kaum wirkliche Probleme.
    Vor allem,weil ein sehr sicherer Torwart hinten drin steht. Seinen Geburtstag kann er ohne Gegentor feiern,was mich besonders für ihn freut. Deshalb decke ich mal den Deckel des Schweigens über einige seiner Fehler beim Abschlag.

    Undav hat mich besonders gefreut. Respektlos,ballsicher,schnell und mit einem Torinstinkt ausgestattet konnte er Lücken, die Guirassys Bewachung durch die Kölner gerissen hat, prima zu unseren Gunsten nutzen. Wer sonst wäre bei Silas Alleingang noch im Vollsprint hinterher?
    Wir haben derzeit wirklich eine gute Truppe zusammen.
    Ketzerische Frage: Trotz oder wegen des Abganges von drei Stammspielern?

  6. Konrad sagt

    Nübel mag ich extrem gern, hab ihn in mein Herz geschlossen. Staubtrocken in Wort und Werk. Anton muss man auch mal loben, überragende Pässe. Stiller ebenfalls cool. Millot, was für eine Entwicklung. Undav auch prima, er lernt sicher einiges von Serhou. War sehr interessant, was Wohlgemuth heute über ihn gesagt hat… fand seinen Auftritt gut heut, nix Schlechtes (trotz mehrfachem Doppelpassversuch) über andere gesagt und ich nehm es ihm ab, dass er bodenständig bleibt.

    Wenn man Hertha, Köln und Schalke sieht kann man eigentlich nicht oft genug tief und dankbar durchatmen…

    Jetzt kommt VW und Kovac (den mag ich gar nicht…) und ja hoffen wir, dass Tiago nicht trifft.

    Und lieber Gott… wieso muss es im Pokal ausgerechnet dieses schrecklich Union sein 😱😵‍💫

  7. Gregor sagt

    War es in der Vergangenheit nicht gerade das Problem des VfB dass er gegen Gegner vom Tabellenende nicht die Punkt geholt hat? Egal ob man am Ende 40, 45, 50 oder gar mehr Punkte hat wäre es doch ausgehend von den letzten beiden Saisons eine fundamentale Weiterentwicklung wenn man es die Saison über kontinuierlich schafft gegen Teams aus dem hinteren Drittel der Tabelle zu punkten. Ein Siege nach dem anderen gegen Teams die zuletzt Stammgast im Europapokal waren kann (noch) nicht der Maßstab sein!

  8. soundzecke sagt

    Es wurde hier ja schon mehrmals angemerkt aber die mutigen Entscheidungen vom Coach sind schon außergewöhnlich und gehen auch auf, dafür ein dickes Chapeau.
    Und er nimmt halt auch das gesamte Team mit, Rouault, Leweling oder einen Egloff bei einem 1:0 zu bringen macht nicht jeder Trainer in der Bundesliga.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.