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Vom Unterschied zwischen abschenken und aufgeben

Bei Bekanntgabe der Aufstellung hat’s schon jeder gewusst: Das kann nix werden, Sebastian Hoeneß schenkt das Spiel gegen Bayern München einfach ab.

Dabei ist die Idee durchaus nachvollziehbar, auf schnelle Spieler wie Ramon Hendriks und Ameen al-Dakhil in der Innenverteidigung zu setzen, einem ballsicheren Akteur wie Nicolas Nartey zu vertrauen und den vorwärts denkenden Chema Andrès zu bringen.

Der Münchener rigorosen Mannorientierung selbst mit einer Manndeckung zu begegnen, ist ambitioniert. Vor allem nachdem es der Rekordmeister darin zu einer gewissen Exzellenz gebracht hat. Ist das mutig? Unbedingt. Ist das risikoreich? Aber ja. Wie viele jedoch bei Aufstellung und Spielsystem von „abschenken“ sprechen können, ist schwer nachzuvollziehen.

Die Mannschaft schlug sich nach anfänglichen Schwierigkeiten und dem 0:1-Rückstand achtbar. Es war aber auch eine gegnerische Elf, die zunächst nicht in Bestbesetzung antrat. Ob Vincent Kompany vor dem Spiel vorgeworfen wurde, er würde das Spiel nicht ernst nehmen oder gar abschenken wollen?

Der VfB war beim 0:5 hinsichtlich seiner Spielweise nie ein ernsthafter Gegner. München hat Probleme mit Intensität, mit Körperlichkeit, mit Kampf, mit Gegenwehr, mit Chaos, wenn sie überhaupt mal Probleme haben. Aber das passt nicht zum VfB, egal ob der Trainer Bruno Labbadia, Armin Veh, Pellegrino Matarazzo oder Sebastian Hoeneß heisst. Der VfB will immer spielen, er will mitspielen, ist selten unbequem. Er sucht fast nie die Konfrontation, sondern immer die spielerische Lösung. Gegen den VfB zu spielen tut Bayern nicht weh und ist für den Rekordmeister ein Leichtes (bis auf eine Ausnahme).

Das eine ist die Spielweise, das andere die Arbeitsweise.
Harry Kane ärgert sich furchtbar, nicht seinen vierten Treffer erzielt zu haben. Sieben Spieler laufen bei 5:0-Führung der Bayern zurück, um einen Gegentreffer zu verhindern. So etwas hätte ich gerne vom VfB gesehen. Anstatt dessen kann Kane beim 0:2 sekundenlang aufs Tor zulaufen, Hendriks und al-Dakhil traben nebeneinander her. Sie greifen nicht an, schließen keine Lücke und lassen den Engländer schießen, als ob er derzeit nicht Europas bester Stürmer wäre. War das noch fehlende individuelle bzw. mannschafts-taktische Klasse, so ist es nach dem 0:2 eine Frage der Haltung: Die Mannschaft hat aufgegeben.

Womit wir beim Unterschied zwischen abschenken und aufgeben sind:
Abgeschenkt wird von vorne herein, man entwickelt keine Idee und unternimmt schon gar keine Anstrengung, um ein Spiel erfolgreich zu bestreiten. Aufgegeben wird, wenn man keine Chance mehr sieht, erfolgreich zu sein und es einem egal ist, wie das Spiel letztlich ausgeht.

Beides ist nicht gut.

Aber abgeschenkt haben weder Trainer noch Mannschaft. Dass sich die Mannschaft dagegen aufgegeben hat, kritisieren Deniz Undav und Angelo Stiller deutlich. Dass man gegen Bayern München verlieren kann, geschenkt. Aber nicht so. Dass es am Ende wie ein lockeres Trainingsspielchen aussah, war unwürdig.

Die Qualitätsunterschiede zwischen München und Stuttgart sind jedoch zu groß, um sich lange darüber zu ärgern.

Zum Weiterlesen:
Rund um den Brustring meint: „So geht es nicht“

Die Süddeutsche Zeitung sah einen Südgipfel – aber nur in der zweiten Hälfte der ersten Halbzeit.

Bild:
Alex Grimm/Getty Images

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