Ein Flutlichtspiel am 6. Dezember: Eigentlich hätte man erahnen können, dass es ein bemerkenswerter Fußballabend werden würde – auch wenn es etwas dauerte.
Im Gegensatz zum Pokalspiel rotierte Sebastian Hoeneß sein Team zurück: Nübel startete für Bredlow im Tor. Mittelstädt ersetzte Hendriks und Stergiou begann für Stenzel. Außerdem startete Karazor statt Keitel, Vagnoman bekam auf dem rechten Flügel den Vorzug vor Rieder und Demirovic startete für Woltemade im Sturm.
Die erste Halbzeit war allerding wenig inspirierend: Dem VfB fehlten Tempo und Kreativität gegen Unions Terrorfußball. Der einzige, der hin und wieder mal für etwas Magie im Mittelfeld sorgte, war der Zauberlehrling aus Frankreich. Doch auch die seltenen magischen Momente von Enzo Millot blieben ohne nennenswerte Konsequenzen.
Union Berlin hatte vor dem Spiel ein Torverhältnis von 10:11. Sie schossen pro Partie weniger als ein Tor, aber kassierten eben im Schnitt auch weniger als einen Treffer. Bedeutet auch: Man sollte gegen sie nicht in Rückstand geraten. Und was tat der VfB in der 37. Minute?
Diesmal war es immerhin keine Ecke, die den VfB in Verlegenheit brachte. Es war ein Einwurf. Dann konnte der völlig freistehende Schäfer zur Grundlinie gehen und auf den völlig freistehenden Doekhi flanken, dessen Kopfball maximal ungefährlich war. Aber was machte Alex Nübel?
Der VfB war danach sichtbar angezählt und konnte von Glück reden, dass man mit dem 0:1 in die Kabine ging, denn Union witterte die Chance auf den zweiten Treffer. Apropos Chancen: Der VfB ging mit einem xG-Wert von 0,02 in die Kabine.
In der Pause gab es vom Trainer vermutlich eine entsprechende Ansage, denn auch er war alles andere als zufrieden mit dem ineffizienten Auftritt seines Teams. Ändern sollte das Nick Woltemade, der für Leo Stergiou kam. Aber alle guten Vorsätze schienen schon nach wenigen Minuten vergessen. Nach einer Ecke (was sonst?) kam der Ball zu Skov, der völlig unbedrängt flanken konnte und den völlig freien Khedira fand. Ob der mit den Haarspitzen noch am Ball war oder nicht, ist zweitrangig, denn der VfB lag mit 0:2 zurück. Und wie konsequent verteidigten Woltemade und Führich die Flanke?
Es schien einfach nicht der Abend des VfB zu sein. Denn wie will man zwei Tore gegen eine Mannschaft schießen, die wenig bis gar nichts zulässt. Zumal, wenn man überhaupt keine Chancen hat?
Doch das Wunder kam und es kam schnell: Ein wunderbar öffnender Pass von Rouault auf Millot, der mindestens genauso gut auf Demirovic spielte, der wundervoll auf Woltemade durchsteckte. Und Big Nick zeigte mal wieder, was für eine brutale Technik er hat. Anschlusstreffer!
Die Hoffnung war wieder da. Das Stadion war wieder da. Der VfB war wieder da! Doch bevor die Nick-Show weiterging, hatte Union Berlin die große Chance auf das 3:1 – natürlich nach einer Ecke. Ganz oben auf dem Wunschzettel vieler VfB-Fans: Eine seriöse Verteidigung gegnerischer Standards.
Doch in der 59. Minute war es dann soweit: Ata Karazor spielte einen millot-esken Pass auf Woltemade, der den Ball perfekt mitnahm, sich von den zahlreichen Unionern um ihn herum aber so gar nicht aus der Ruhe bringen ließ und eiskalt zum Ausgleich einspitzelte. Sollte es doch noch ein Weihnachtswunder in Bad Cannstatt geben?
In der 66. Minute hatte Woltemade die Chance auf den Hattrick, doch scheiterte ausnahmsweise aus spitzem Winkel. Aber drei Minuten später passierte etwas Ungeheuerliches: Atakan Karazor erzielte im 118. Bundesligaspiel seinen ersten Treffer, weil Millot Rönnow konsequent anlief und der Union-Keeper frühzeitig Weihnachtsgeschenke verteilte und direkt zu Karazor passte. Der schob überlegt zum 3:2 ein. Da war es tatsächlich: das Karator!
Aus 0:2 mach 3:2 – und das in gerade mal 18 Minuten! Union Berlin war sichtlich frustriert und in der letzten halben Stunde passierte auch nicht mehr so viel. Ein Highlight in der Nachspielzeit gab es allerdings noch. Rudel-Gelb für Union Berlin. Aber vielleicht hatte der Schiedsrichter auch erst spät seine Karten gefunden und wollte alles nachholen, was er vorher verpasst hatte.
Fast genau so groß wie die Freude über den Heimsieg, der den VfB Stuttgart auf Platz 6 spült, war verständlicherweise der Frust der Unioner. Hier ein Bild von Trainer Bo Svensson beim Interview nach dem Spiel.
Schluss mit lustig: In der Endphase es Spiel wurde der Support auf beiden Seiten eingestellt, weil ein Fan im Auswärtsblock reanimiert werden musste und anschließend ins Krankenhaus gebracht wurde. Wir hoffen das Beste und wünschen gute Besserung!
Zum Weiterlesen:
“Die Wende kam mit dem Tech-Nick” – unseren Text zum Spiel lest ihr hier.
Wir freuen uns immer über eure Unterstützung: