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Bissle Aufbruchstimmung

Spiele gegen den 1. FC Nürnberg sind immer etwas Besonderes. Nicht nur, weil sie oft von großer Bedeutung sind oder der VfB meist beim Club gewinnt, sondern weil dort die enorme Kraft der Fans sicht- und spürbar wird (wer im Max-Morlock-Stadion war, wird das bestätigen).

Wer die VfB-Fans beim Pokalviertelfinale in Nürnberg erlebt hat, der versteht wie sie ticken. Trotz der sportlichen Situation ist die Südkurve voll und das am frühen Abend mitten in der Woche. Der (manchmal flammende) Support ist beeindruckend, er ist laut, er ist stark, er gibt Rückhalt. Aber gleichzeitig sind die Fans kritisch (ok, manchmal auch schwierig), aber das ist auch gut so bei den aktuellen Entwicklungen auf Vereins- und AG-Ebene. Und gleich nach dem Apfiff das vorbereitete Banner „Am Sonntag Bochum schlagen“ zu präsentieren, zeigt die Sensibilität der Supporter: Jetzt nicht nachlassen, wie es die Mannschaft gerne einmal macht. Nachdem die Fans zuletzt ihrem Unmut zum Ausdruck brachten wegen der Leistungen gegen Wolfsburg und Union, wurde gemeinsam mit der Mannschaft der Einzug ins Pokal-Halbfinale gefeiert. Wohlwissend: Nur gemeinsam geht’s. Womöglich wird der Zusammenhalt noch zu einem entscheidenden Faktor im Abstiegskampf.

Nach der eher bescheidenen Leistung in Nürnberg gibt es überhaupt kein Grund zum Nachlassen. Das Team wurde von Sebastian Hoeneß mit Dreierkette aufs Feld geschickt und man hat gesehen, dass sich Dinos Mavropanos, Hiroki Ito und vor allem Waldemar Anton darin deutlich wohler fühlen als im 4-3-3 unter Bruno Labbadia. Die beiden Außen Josh Vagnoman und Borna Sosa blieben allerdings blass, ebenso wie Genki Haraguchi. Im Sturm Chris Führich fahrig, Ata Karazor meist ziemlich von der Rolle, wie auch Luca Pfeiffer in der Sturmmitte, der einem wirklich leid tun muss. Er scheint im Moment nichts richtig machen zu können. Geliefert hat wie immer der Kapitän Wataru Endo, aber das ist mittlerweile selbstverständlich.

In der ersten Halbzeit konnte man kaum einen Unterschied wahrnehmen zwischen dem Letzten der ersten Liga und dem 13. der zweiten Liga. Der VfB wirkte noch so gehemmt und uninspiriert wie unter Labbadia – trotz geänderter Grundordnung. Nürnberg in erster Linie leidenschaftlich und auf der Jagd nach zweiten Bällen. Und hätte Florian Hübner einen Fernschuss nicht im VfB-Strafraum mit dem Kopf stoppen wollen, wäre der VfB womöglich bereits in der sechsten Minute in Rückstand geraten. Offensiv ging beim VfB im ersten Durchgang fast nichts, lediglich Flanken in den Strafraum wurden gefährlich, aber nur weil Nürnbergs Keeper Peter Vindahl unter ihnen durchflog, sie unbeholfen faustete und insgesamt einen unsicheren und tapsigen Eindruck machte.

Anton mit einem Kopfball nach einer Ecke, Pfeiffer aus wenigen Metern kläglich sowie der eingewechselte Serhou Girasy mit zwei hochkarätigen Chancen (jetzt war Vindahl voll auf der Höhe): In der zweiten Halbzeit dominierte der VfB das Spiel, ohne zu glänzen, nur das Tor wollte eben nicht fallen. Den Treffer des Tages erzielte Enzo Milliot, der nach einem punktgenauen Pass von Ito im Stile eines routinierten Stürmers die Nerven behielt. Ito überhaupt mit einer sehr guten Leistung, defensiv stabil und fehlerlos, nutzte er zudem mutig den Raum, der sich das eine oder andere Mal vor ihm öffnete. So auch beim Tor, als er energisch den Ball durchs Mittelfeld trieb und im Augenwinkel den freien Millot entdeckte.

Ergebnis vor Erlebnis:
Es ging in Nürnberg weniger darum, ein Feuerwerk abzubrennen (sic!), sondern darum, weiter zu kommen und mit einem Erfolgserlebnis nach Bochum zu fahren. Und darum, sowohl die bleierne Schwere aus der Zeit von Labbadia aus den Köpfen zu bekommen als auch darum, die Zuschauer mitzunehmen. Die Fans sind da, wie immer, womöglich aber auch noch die Unsicherheit der letzten Wochen. Aber zumindest das Ergebnis vermittelt ein wenig Aufbruchstimmung. Gefallen hat Hoeneß, wie die Bank geschlossen zu Millot sprintete nach seinem Siegtreffer, um den Torschützen abzufeiern. “Es geht nur so, dass wir geschlossen als Gruppe die nächsten Wochen bestreiten. Das muss der Weg sein.“ Wohin der führen wird, werden wir am Sonntag in Bochum sehen. Drei Punkte sind Pflicht, die Serie von 23 sieglosen Auswärtsspielen muss beendet werden.

Zum Weiterlesen:
Rund um den Brustring hat sich mit Sebastian Hoeneß beschäftigt und befürchtet, der VfB hat eine jüngere Version von Matarazzo verpflichtet. Die Forderung nach dem Pokalspiel lautet in einem zweiten Text: „Die Mannschaft muss im Kopf stabiler werden und gleichzeitig einen Weg und eine Formation finden, in der sie endlich diese offensive Harmlosigkeit ablegt.“

Stuttgart.International hält fest, dass die “Stauparty auf der A6 wahrscheinlich einen höheren Unterhaltungswert gehabt hat, als das Pokalspiel im Max-Morlock-Stadion“ und beschäftigt sich mit den Umständen des Trainerwechsels.

Die Süddeutsche Zeitung meint: „Stuttgart glänzte nicht, legte aber jene Seriosität an den Tag, der es bedarf, um ein solches Pokalspiel gegen einen unterklassigen Gegner zu gewinnen. Der Auftritt hatte etwas von professioneller Kühle.“

Bild: Alexander Hassenstein/Getty Images

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13 Kommentare

  1. cleansheet sagt

    Enzo Millot….ich freue mich! Wenn man ehrlich ist, war es in der 1. Halbzeit kein Bundesliga-Niveau was der Vfb angeboten hat. Aber ist es verwunderlich, dass die Angst Fehler zu machen in den Kleidern eines Tabellenletzten steckt? Denke nicht, dass Bochum ähnlich harmlos auftreten wird und dann kannst Du mit dem langsamen Ballgeschiebe und Führichschen Pseudoaktionen nicht bestehen. Es ist immer wieder dasselbe: Schneller, konsequenter und vor allem präziser Tiefe suchen. Gestern haben vor allem die Erfahreneren indiskutable Leistungen gezeigt. Mit Führich, Karazor (doch, man kann bei Ballverlust vehement und explosiv nachsetzen) und Pfeiffer (ja, man kann Bälle im Strafraum festmachen, direkt weiterleiten oder, ganz verrückt, aus der Drehung AUFS Tor schiessen), waren also keineswegs die jüngsten im Kader Schwachpunkte. Hoeness wird für die Startelf am Sonntag hoffentlich die richtigen Konsequenzen ziehen. Es ist keine Zeit mehr für Brunosche Sturheit.

  2. Clemens sagt

    Zyniker würden konstatieren, dass man die Generalprobe für die anstehende 2. Liga Saison erfolgreich bestanden hat. Und irgendwie scheint der DFB Pokal eben aus genau diesem Grund unserer Wettbewerb zu sein. Bielefeld, Paderborn, Nürnberg (und dazu noch das Testspiel gegen Heidenheim), alles potentielle Gegner in der kommenden Saison. 

    Und bei aller Freude über das Weiterkommen wünsche ich Hoeneß vor allem, dass er eine deutliche steilere Lernkurve hinlegt, als sein Vorgänger. Dieses Mittelfeld der Narkolepsie mit Endo, Haraguchi und Karazor ist ein Killer für jede Form der Kreativität und sollte in dieser Konstellation nie wieder auflaufen. Und Pfeiffer, wie auch Führich und Karazor haben gestern erneut bewiesen, dass ihnen die Klasse für professionelles Fußball spielen auf dem gewünschten Niveau komplett abgeht. In der von Hoeneß angekündigten Saisonabschlussanalyse sollte man sich bei Klassenerhalt im Resultat von diesen Spielern bitte trennen. Bei Abstieg wäre man allerdings auf solche Spieler angewiesen.

    Dass ausgerechnet Millot (übrigens ein französisch sprachiges Talent, dass den VfB natürlich nur als Durchgangsstation sieht und aus der SM-Ära stammt) den Siegtreffer erzielt hat, sagt eigentlich eine Menge über das aus, was in den letzten 4 Monaten schief gelaufen ist. 

  3. Konny sagt

    Was fangen wir mit dem 1:0 an?

    Hab ich mir gestern überlegt. Recht gemischte Gefühle dabei. Einerseits total auch für Millot gefreut, nachdem Bruno ihn öffentlich immer wieder zurecht gestutzt hat. (fand ich unnötig, dass er immer wieder ihn zum Sündenbock auserkoren hat) Andererseits Bedenken. Der nächste Gegner in der Liga (Bochum) und im Pokal wird deutlich schwieriger zu bespielen sein.

    Anton fand ich stark, man spürte förmlich die Erlösung endlich wieder da spielen zu dürfen, wo es ihm auch Spaß macht.

    Haraguchi, Karazor, Pfeiffer, Führich kann man tatsächlich kaum zuschauen. Pfeiffer tut mir leid, er war bei Wimmer nicht schlecht. Führich macht mich wahnsinnig mit seinen irgendwie immer falschen Entscheidungen. Steht rechts einer blank, aber er muss durch drei Abwehrspieler und bleibt (wen wunderts außer ihm) da zigfach hängen.

    Silas durfte gar nicht? Geschont für Bochum oder schlechte Trainingsleistungen?
    Über Sosa sagt Ihr nix, ich fand ihn gestern leider ziemlich schlecht, was Ito für den gerannt ist, ist Wahnsinn. Vagnoman?

    Hoeness finde ich sympathisch, seine Klarheit gefällt mir, hoffe er bringt Schwung in die Bude…

    • Audiotec sagt

      @Konny

      Vagnoman?

      Vagnoman!

      Gut das du ihn (neben den ganzen anderen mäßig performenden Kandidaten) noch erwähnst, denn ich finde er betrieb Werbung für einen Anton auf seiner Position (Ja, richtig gelesen!), denn egal wie schlecht Waldi „seine Position“ als RV die letzten Wochen auch erfüllte, es war/ist um Längen besser als das was uns dieser „Nationalspieler“ hier anbietet (und das nicht nur in diesem Spiel!).

      Intensität, Technik, Laufbereitschaft, Durchsetzungsvermögen, Flanken, Defensivverhalten usw. mit einem Wort: unterirdisch.

      Die Wahrscheinlichkeit das ich von Fußball keine Ahnung habe, liegt natürlich naturgemäß relativ hoch, aber WER, WAS, WANN auch immer jemals in diesem Spieler etwas gesehen haben mag, das ihn für einen RV (oder auch andere Positionen im „Profifußball“) qualifiziert, muss ich jegliche Kompetenz absprechen (ganz zu Schweigen von Herrn Flick, aber ihn „entschuldigt“ vermutlich, das er kein Spiel/Training vom ihm verfolgt haben wird, bzw. die Verzweiflung der Vakanz auf dieser Position ihn dazu getrieben haben muss).

      Seine „Behäbigkeit“ (die oben erwähnte Defizite noch „abrundet“) steht für mich symbolisch für so viele(s) (hast ja einige seiner Kollegen schon aufgezählt-hervorzuheben wäre noch Haraguchi, der sich ebenfalls in Rekordzeit dem Niveau seiner Nebenmänner angepasst hat) was uns vermutlich (und vollkommen zurecht) bald öfters wieder ins Max Morlock Stadion führen wird.

      • Konrad sagt

        Danke! Mir ging es in Sachen JV ähnlich. Da war mir beim Transfer schon nicht klar, weshalb man so viel Geld in die Hand nimmt. Gut, ihm fehlt Spielpraxis… eine klare Empfehlung wars trotzdem leider nicht. Ich würde tatsächlich gerne auch mal wieder Stenzel sehen. Seine Standards waren in letzter Zeit (als er mal spielen durfte) definitiv eine Bereicherung.

        Schade um Haraguchi, war es das Eigentor bei seinem Ex Arbeitgeber? Er hat in einem Interview gesagt, dass sein größter Traum CL spielen wäre. Warum er dann von Union, die ja international spielen, zum VfB gewechselt ist, auch nicht ganz nachvollziehbar.

        Nun haben sich ja mal wieder Ex Legenden zu Wort gemeldet. Meinem “toptoptop Lieblingsspieler samt Influenzer Gattin” Aaogo ist Höneß für den Abstiegskampf zu riskant. Kuryani findet alles sch… – und Förster kann die Trennung von Labbadia nachvollziehen. Natürlich ist nicht Labbadia schuld. Klaro.

        Nachdem sich mit der Online Petition viele an SM abgearbeitet haben, gibt es nun die Nächste gegen CV plus Kollegen.

        Die SZ betitelt den VfB als VEREIN für BAUSTELLEN ! Mit so vielen Baustellen wäre es tatsächlich dem Osterwunder gleichzusetzen, wenn wir nochmals “auferstehen”. Sonntag wissen wir mehr.

    • Hobbycamper sagt

      @Konny
      Sosa ist für mich das Paradebeispiel dafür wie man zeigt dass man auf den VfB keinen Bock mehr hat. Entweder verletzt (muskuläre Probleme😆) oder Alibifussball. Mit dieser Einstellung braucht man ihn nicht aufstellen.

  4. Benny sagt

    Es ist uns allen klar dass das für Bochum nicht reichen wird. Trotzdem werden wir dort stärker sein als Mittwoch, denn ein gutes Stück Verunsicherung ist gegen ein bissle Aufbruchstimmung gewichen.

    Die 3 Mille können zudem, im für uns unerwünschten Falle, zudem zwei neue Spieler für Liga 2 bedeuten. Auch daher war der Sieg Gold wert!

    Frohe Ostern euch allen

  5. Michael Baitinger sagt

    Sehr schön geschrieben.

    Die Chance von Pfeiffer fand ich nicht kläglich vergeben. Er hat sehr gut reagiert und hat aus spitzem Winkeln voll drauf gehalten. Er hätte es so verdient, dass der Knoten platzt.

    Die Aufstellung war in der ersten Halbzeit nicht gut gewählt. Von Offensivsystem war nichts zu spüren. Immerhin, die Wechsel…

    Der Augenwinkel von Ito war eigentlich nicht gefordert. Enzo hat mit den Armen gerudert wie ein Schiffslotse. Wie er den Ball versenkt hat: grandios.

    Dass alles Spieler in geherzt haben zeigt, wie schlecht er vom zum Trainer aufgeblasenen Rino und dem armen Bruno behandlet wurde.

    Hoeness: Ich hoffe, es ist die Aufregung. Aber seine Interviews sind gruselig. Einmal zitiert er 1:1, was er bei Tuchel gehört hat, dann will er “unvorbereitet” ins Spiel gehen, meint hoffentlich “unvoreingenommen” usw. usw.

    • @abiszet sagt

      Danke!

      Zur Aufstellung: Ist wie unter Bruno – die Wechsel machen einen Unterschied, warum nicht von Anfang an so?

      Zu Millot: Es waren genug französisch-sprechende Spieler auf der Bank, die zu ihm stürmen konnten ;-) aber er hat es sich verdient, nachdem er bei vielen Einwechslungen bereits kurz vor einem Treffer war.

      Zu Hoeneß: Ich bin bei der Vorstellungs-PK überrascht gewesen, wie zupackend und energisch er wirkte (eine Wohltat nach Labbadia), ich hatte ihn aus Hoffenheim hadernd und zurückhaltender in Erinnerung.

  6. Ronny sagt

    Zu Vagnoman:

    Er wurde als RA eingesetzt, sicherlich nicht die optimale Position. Mavropanos machte den RV für Anton. Warum Vagnoman überhaupt verpflichtet wurde war die Frage. Weil jemand vorausschauend gehandelt hat und wusste, dass im Sommer beide Außenverteidiger Positionen eine Vakanz darstellen werden.

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