Philipp Lahm ist in allem so perfekt und das macht ihn so langweilig. Ein offener Brief an den Weltmeister und Ex-Nationalspieler.
Lieber Philipp Lahm,
Dein Rücktritt von der Nationalmannschaft hat mich nicht überrascht. Denn bei Dir war immer alles perfekt, so auch der Zeitpunkt für Deinen Rücktritt. In Deinem Karriereplan stand sicher “Auf dem Höhepunkt abtreten”. So ist der Plan, so wird’s gemacht, gell? Aber das ist auch das Problem: Perfektionisten respektiert man, man liebt sie aber nicht. Bei Dir hat man immer den Eindruck, alles sei so schrecklich gut vorgeplant.
Auf dem Spielfeld hast Du Spielzüge vorausgeahnt, hast mit Deinem unglaublichen Raumgefühl Passwege zugestellt, Pässe gespielt, die Räume öffnen, bist weitgehend ohne Fouls ausgekommen, warst pressing-resistent, konntest Dich aus jeder Situation befreien, weil Du immer die richtige Entscheidung getroffen hast.
Außerhalb des Spielfelds hast Du ohne Ausnahme gedrechselte und unangreifbare Field-Interviews gegeben, zum richtigen Zeitpunkt Deinen Arbeitgeber Bayern München kritisiert und ruhig aber bestimmt die Kapitänsbinde der Nationalmannschaft an Dich gerissen. Das wirkte manchmal kindisch, manchmal bemüht. So bemüht wie Dein Versuch, Dir einen Bart wachsen zu lassen.
Du bist wie Teflon, Philipp, (spielerische) Probleme prallen an Dir ab, an Dir bleibt nie eine Kritik kleben, weil es Dir auch ein bisschen an Persönlichkeit, an Ecken und Kanten fehlt. Bei der WM 2014 wurde plötzlich über Dich diskutiert, welche Position die beste für Dich und die Mannschaft sei. Zwei oder drei Fehler von Dir wurden überdramatisiert, das gab es vorher noch nie: Also, das Drama wie auch die Fehler. Und das hat Dich genervt, oder? Ist deshalb Deine Entscheidung gefallen, von der Nationalmannschaft zurück zu treten?
Du hast eine tolle Karriere hingelegt. Das war für mich nicht absehbar, als ich Dich beim Liga-Pokal 2003 das erste Mal sah. Ich dachte: Warum verpflichtet der VfB ein 19-jähriges “Hemedle” von den Bayern-Amateuren und keinen richtigen Verteidiger? Aus dem “Hemedle” wurde elf Jahre später der Kapitän der Weltmeistermannschaft! Ich wünsche Dir noch viel Erfolg in der Bundesliga und sage schon jetzt: Wir werden Dich garantiert einmal als Manager bei Bayern München sehen – der alles richtig macht.
PS:
“He can play left, he can play right, he can play No. 6”: Hermann “Tiger” Gerland hats schon immer gewusst und auch Alex Fergueson wusste es, nachdem er mit Manchester United 1:2 in Stuttgart verlor, steht zumindest hier.
PPS:
Das hat ein bisschen was von SWRs “Wir sind die wo gwinne wellet”, aber ich finds … na ja, ich habe gelächelt über diesen “geheimen Mitschnitt” zu Lahms Rücktritt..
Und zum Schluss gehts hier zu Lahms Tor beim Eröffnungsspiel 2006.