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Ein Club am Boden

Erstmals seit 2018 steht der VfB Stuttgart ganz am Ende der Tabelle. Mit zwei Punkten ist der Abstand auf das berühmte rettende Ufer zwar klein, aber noch viel kleiner ist die Hoffnung, dass sich in der aktuellen Konstellation etwas zum Guten ändert.

Weil die Maßnahmen des Trainers keine Wirkung zeigen und er nicht bereit ist, sie zu ändern.

Weil die Mannschaft nach 1,5 Jahren Abstiegskampf über keinerlei Selbstvertrauen verfügt und einige Spieler offenbar immer noch nicht begriffen haben, dass es um viel mehr geht als ihre persönliche Zukunft in Stuttgart.

Weil die öffentliche Kommunikation stellenweise das gleiche Niveau hat wie die Darbietungen auf dem Rasen.

Weil in dieser entscheidenden Phase niemand Verantwortung übernimmt und stattdessen immer nur auf andere gezeigt wird.

Die Stuttgarter Nachrichten schreiben, dass sich Bruno Labbadia neu erfinden muss. Der Labbadia, den man geholt hat, weil er Labbadia ist. Und jetzt soll er plötzlich weg von seinem uninspirierten, sicherheitsorientierten und destruktiv geprägten Fußball? Wer hofft, dass das funktionieren könnte, glaubt auch, dass Waldemar Anton ein guter rechter Verteidiger sein kann. Passend dazu stellte sich dieser Trainer hin und sagt, wenn einer Klassenerhalt kann, dann er. Weil er vier Mannschaften gerettet (zwei Mal über Relegation) mit Kadern, die mindestens für Platz 10 gereicht hätten? Aber das hören sie in der Mercedes Straße natürlich nicht gerne. Deshalb darf er bleiben, weil es auch laut StN/StZ zwischen ihm und der Mannschaft stimmen soll. Die haben sich also alle lieb und wenn sie absteigen, liegen sie sich in der Armen und danken sich für die tolle Zeit? Oder sind Spieler doch unzufrieden mit Labbadia, wie sky berichtet?

Vorstandsboss Alexander Wehrle zieht gleichzeitig die Zügel an, sagt im StN/StZ-Interview, dass „es jetzt ein paar Maßnahmen geben muss“, und sich Mannschaft und Trainer nicht noch so einen Auftritt wie gegen den VFL Wolfsburg erlauben dürfen. „In den nächsten drei Spielen kann man vieles wieder gutmachen“, meint er. Unter anderem bei Union Berlin, das saisonübergreifend seit 17 Liga-Heimspielen ungeschlagen sind.

Verantwortung für die missliche Situation will Wehrle nicht übernehmen. Auch nicht für den Trainer, den er ausgewählt hat und der keine Ergebnisse liefert. Würde Wehrle seine eigenen Maßstäbe ansetzen, wäre Labbadia bereits Geschichte. Aber was würde dann kommen? Man muss bei Wehrle, dessen Stärken in der Verwaltung, der Wirtschaft und den Finanzen liegen, mit Markus Gisdol, Friedhelm Funkel und Armin Veh rechnen.

Es ist wenig hilfreich, den Kader schlecht zu machen, den Wehrle mit 17 Transfers selbst mit gebaut hat und er die Chance gehabt hätte, im Winter stark einzugreifen. Wehrle lehnt ebenso die Verantwortung ab wie die Spieler auf dem Platz. Keiner geht voran, weder auf noch neben dem Platz. Das ist keine Führungsstärke, die jetzt unbedingt gebraucht wird, sondern der Vorgriff auf ein Storytelling, dass es bei einem Abstieg am Vorstandschef nicht gelegen hat.

Und da haben wir es wieder, wie so oft in den letzten Jahren:
Geht es darum, das eigene Standing zu stärken oder darum, was für den VfB das Beste ist? Wehrle hat einiges Gutes bewirkt in seinen zwölf Monaten beim VfB, der SportFive-Deal, infrastrukturelle Maßnahmen, aber im sportlichen Bereich sitzen seine Entscheidungen und sein Auftreten nicht. Womöglich weil die Position des Sport-Vorstands nicht zu ihm passt?

Zum Weiterlesen:
Stuttgart.International schreibt Alex Wehrle einen Brief und meint, der VfB-Chef habe den VfB nicht verstanden. “Auch verzweifelt anmutende Schuldzuweisungen und vorsorglich platzierte Ausreden taugen nicht dazu, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Eine Führungskraft muss die Verantwortung für die Arbeitsergebnisse ihrer Mitarbeiter übernehmen – und Sie sind nun einmal seit einem Jahr CEO und Sportvorstand gleichzeitig. Es gibt nur einen VfB, Herr Wehrle. Waren das nicht Ihre Worte?“

ZVW bezeichnet Wehrle als ungeliebten Rückkehrer und meint: “Wehrle betont inzwischen, dass die Hauptursache für die Krise in Mislintats Kaderzusammenstellung liegt. In diesem Vorwurf mag eine gehörige Portion Wahrheit stecken. Aber der Schwarze Peter lässt sich so leicht nicht von der Hand legen. Schließlich wurde die riskante Mislintat-Strategie vom Sportvorstand Wehrle und dem Aufsichtsrat unter dem Vorsitz von Präsident Claus Vogt mitgetragen.”

“Was nun, Herr Wehrle?“ bei StN/StZ (plus-Content)

Die Süddeutsche Zeitung schreibt (Plus-Content): “Anders als der VfL Bochum oder Schalke 04 unterhalten sie (in Stuttgart) einen Kader, der eigentlich nur spielen will und nicht für die Härtefälle des Abstiegskampfes gebaut ist – recht verblüffend angesichts der Tatsache, dass der Klub seit Jahren nichts anderes tut, als fast oder ganz abzusteigen.“

Bild: imago Images

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15 Kommentare

  1. drhuey sagt

    Soso, seine Stärken liegen also in Verwaltung, Finanzen und Wirtschaft. Da würden ein paar in Köln wahrscheinlich widersprechen, aber sei’s drum. Ihr habt natürlich vermeiden wollen zu sagen, dass sein Fussball-Sachverstand unterdurchschnittlich ausgeprägt ist. Und weil er sich vor allem mit fremden Finanzen auskennt, kaschiert er das mittles Beraterverträgen. Ich hatte es schon einmal geschrieben: Ein Blick in sein Gesicht genügt, um seine Unaufrichtigkeit sehen zu können. Bilder mit VfB-Trikot produzieren, wenn es um LGBTQ geht, aber wo trägt er den VfB sonst? Für mich ein aufgeblasener, überforderter ewiger Assistent. Frei nach Jack Nicholson in “Besser geht’s nicht”: Ich finde Leute, die Verantwortung von sich schieben, können mir den Schritt shampoonieren.

    • @buzze sagt

      Von Äußerlichkeiten auf Kompetenz und Qualifikation zu schließen: schwierig. Durch die Kombi Sportvorstand/Vorstandsvorsitzender ist ein Mangel an sportlicher Kompetenz quasi systemimmanent. Das war bei Hitzlsperger nicht anders. Der hat Mislintat einfach machen lassen.

      • drhuey sagt

        Ich gebe Dir grundsätzlich recht. Aussagen einzuordnen ist auch schweirig, wenn man sich nur per Aliase kennt. Der Eindruck, der mein Blick in sein Gesicht und sein Habitus bei mir hinterlässt, ist hoch individuell und basiert wahrscheinlich auf Erfahrung. Er kann falsch sein, aber ich darf ihn mir leisten ohne der Oberflächlichkeit verdächtig zu sein.

      • Thomaso sagt

        Deine Schlussvolgerung ist mir nicht klar. Wenn es so war, dass Hitzlsperger Mislintat einfach hat machen lassen, dann hat das nichts damit zu tun, dass er beide Ämter unisono hatte. Im Umkehrschluss müsste man sonst einfach noch mehr Ämter kreieren um die Sportkompetenz immer weiter zu erhöhen. Ich bin der Meinung, dass wenn der Vorsitzende/Sportvorstand (für diese Kombi müsste man einen Namen erfinden) ein Fußballexperte ist und der Sportdirektor und womöglich noch der Aufsichtsratsvorsitzende auch, dass das reicht. Wenn aber alle 3 keine Fußballexperten im Sinne von langjährige Profierfahrung sind, ist das fatal und gefühlt ein Alleinstellungsmerkmal im deutschen Profifußball. Für diese VfB-Konstellation ist der Aufsichtsrat verantwortlich.

      • Schwabenpfeil sagt

        Das stimmt doch auch nicht ganz, dass Hitz Sven hat alle machen lassen. Wie Ihr wissen solltet hatte Sven ein Budget und alles darüberhinaus wurde entweder von Th. Hitzlsperger entweder abgezeichnet oder es wurde durch Aufsichtsrat kontrolliert und auch mit abgezeichnet. Was aber Th. Hitzlsperger und der jetzige CEO um Längen voraus hat und A. Wehrle nicht kennt: er hätte in die fachliche Qualität und Expertise von Sven Mislintat ein immenses Vertrauen gehabt! Sven hatte die Ideen und Visionen und Thomas hatte schlicht und einfach Vertrauen.
        Anmerkend zum Kommentar sei erwähnt, dass der Deal mit Sportfive nicht auf Alex Wehrle Mist gewachsen ist, sondern vom Rouven Kasper. Dann hätte ich gerne gewusst m, was er in “infrastrukturellen” Bereich etwas verändert oder angeschoben hat? Mir ist da nichts bekannt.
        Und von seiner fehlenden sportlichen Expertise will ich erst gar nicht anfangen, dann würde dieses Schreiben hier endlos werden.

    • soundzecke sagt

      Auch wenn eine äußere Beurteilung richtigerweise schwierig ist trifft deine Feststellung nach meinen Eindrücken völlig zu.
      Dem Wehrle ist seine Falschheit ins Gesicht geschrieben, genau so wie dem Wohlgemuth die berlinerische Trulla.
      Das ist mein subjektiver Eindruck und meiner Lebenserfahrung und Menschenkenntniss geschuldet.
      Im Grunde genommen haben wir keine Chance mehr weil bei uns voll das Peter Prinzip wirkt.

  2. Der Groundhopper sagt

    Vielleicht könnten wir es ja mal mit einer Ausgliederung versuchen? Hab mal gehört, sowas soll alle finanziellen und sportlichen Probleme lösen! Muss irgendwann im Frühjahr 2017 gewesen sein, wenn mich meine Erinnerung da nicht täuscht.
    Damit auch genug Mitglieder dieser extrem wichtigen Weichenstellung in Richtung einer goldenen Zukunft zustimmen, sollte man einen einprägsamen Slogan ausrufen. Ich persönlich könnte mir „Ja zum Erfolg!“ richtig gut vorstellen… (Dieser Kommentar kann Spuren von Sarkasmus enthalten)

  3. Konrad sagt

    Bevor mein gleich kommender Kommentar in den falschen Hals gerät, möchte ich ganz klar ausdrücken, dass ich absolut dafür bin, dass Diversität, Behinderung, anders Sein maximalen Respekt erhalten muss und geschlechtlich frei jeder so sein soll, wie es von jedem einzelnen gefühlt und gewünscht wird.
    ~

    Mir geht es bei diesen Themen im VfB allerdings schon seit Hitz etwas “quer”. Hitz blühte bei dieser Thematik besonders auf und sein Nachfolger aufgrund seiner Geschichte ebenfalls.

    Mich würden aber sportliche Themen mehr interessieren. Aufgefallen und im Gedächtnis geblieben sind mir Hitz und Wehrle hauptsächlich mit viel Energie in diesem Bereich.

    Wäre es letzte Woche nicht angebrachter gewesen, ein klares sportliches Ausrufezeichen auf dem Platz zu setzen und da die komplette Energie reinzuhängen? Hat das “Zeichen” gegen Wolfsburg was gebracht, wenn alle komplett enttäuscht heimgehen? Hat es beim DFB was gebracht? Da -und das finde ich tatsächlich richtig – besinnt man sich wieder auf die Basics. Ganz einfach die Farben des Landes. Weniger ist manchmal durchaus mehr!

    Ich hätte für den Moment einfach gerne “nur” sportliche Ausrufezeichen auf dem Platz, das andere kann dann wieder her, wenn es sportlich passt und dann einen ganz anderen Ausdruck bekommt. Oder nimmt uns in den wirklich wunderschönen Trikots nach der Leistung jemand in der Liga noch ernst?

    Wehrle kann ich noch immer nicht einschätzen. Fatal finde ich, dass er und sein Beraterteam nicht sieht, dass der aktuelle Trainer Energie nimmt statt freisetzt. Und das das nix mehr wird. Auch dass der “neuen” Führungsetage noch nie gelungen ist, die Fans mitzunehmen. Es fühlt sich irgendwie ständig wie “Ihr blödes schwieriges Umfeld” an.

    Wohlgemuth gab zu Protokoll, dass man sich (ohne die Empörung der Öffentlichkeit zu tief in sich einzulassen) in aller Ruhe bespricht, wie es weitergeht. Lieber Herr Wohlgemuth, so graben sie immer eine tiefere Furche zwischen Verein und Fans.
    Die aktuelle Empörung findet klar zurecht statt.

    Außerdem wehre ich mich gegen dieses Thema “schwieriges Umfeld”. Die Mannschaft spielt komisch, der Trainer stellt falsch auf, dem Vorstandsvorsitzenden fehlt die fachlich-sportliche Expertise, die Berater moderieren bei DAZN oder entwickeln die WM, der Präsident lächelt nur in die Kamera bei angenehmen Events, fällt dagegen medial öfter mit internem Mobbing auf und der Tabellenplatz leuchtet auf der knallroten 18. Zeitgleich wird uns einer geflötet, dass ein Abstieg einer finanziellen Bankrotterklärung gleichkommt.

    In dieser besonderen Konstellation mag die Frage erlaubt sein, wer oder was genau gerade besonders schwierig ist? Fanonix!

  4. Bernd sagt

    Nico Willig hat ein Angebot von Freiburg II, da wäre es eine naheliegende und kostengünstige Lösung, ihm eine Beförderung zum Trainer unserer ersten Elf anzubieten.

  5. Samir sagt

    Das war jetzt der richtige Zeitpunkt den Trainer nochmal zu wechseln, aber wie ich unsere obere Etage kenne, wird das wahrscheinlich erst am 33 Spieltag passieren.
    Und am 1 Spieltag der 2 Bundesliga kommt dann wieder ein neuer.
    Jatzt meldet sich auch noch Hansi Müller mit den Worten;
    Mislintats Kader war nichts.
    Wahrscheinlich meldet sich bald auch Olaf Scholz und meckert an Mislintats Kaderplanung🙈🙈🙈

    Soviel zu der Fachkompetenz von Herr Wehrle, Herr Vogt und wie sie alle heißen.
    Ich hatte Jahrelang eine Dauerkarte, aber den Drecksfussball kann ich mir nicht mal mehr vor dem TV anschauen.
    Und als Mitglied überlege ich auch schon den Beutel zu schmeissen.
    Never give up #VFB

  6. Motzbackenbruddler sagt

    Ich denke, wenn wir alle in Zukunft VfB statt VFB schreiben, klappt es mit dem Klassenerhalt.

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