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Meine WM-Lieblingsspieler, Folge 4: Jorge Burruchaga (1986)

 

Vom Azteken-Stadion in Mexiko-City nach Delmenhorst: Wie der Argentinier Burruchaga bei uns die Wohnzimmer-Lampe von der Decke schoß.  

In den Sommerferien besuchte ich mit meinen Eltern stets Oma und Opa im Norden und so sah ich die drei WM-Endspiele 78, 82 und 86 in Delmenhorst. Alle hatten wir uns im Sommer 1986 wieder versammelt in der guten Stube vor dem Fernseher, jeder ausgerüstet für ein langes Finale: Oma (Schokolade), Opa (Bier & Korn), Vater (halbe Flasche Bier, halbe Flasche Sprudel), Mutter (Kaffee) und ich (Mezzo-Mix). Wir hatten feste Plätze, mein Platz war auf dem Boden, im tiefen Flokati-Teppich.

Doch es kam nicht so recht Stimmung auf: Argentinien führte zur Halbzeit 1:0, meine Oma schlief ein und Fussball-Lyriker Valdano machte noch das 2:0. Wir waren am Boden, hoffnungslos, ich goß Bier in mein Mezzo-Mix. Plötzlich drehte sich das Spiel: Rummenigge und Völler glichen aus, jeweils nach einer Ecke von Brehme. Unglaublich. Wir richteten uns auf eine Verlängerung ein, alle deutschen Spieler waren ähnlich euphorisch wie wir und rannten nach vorne. Dann: Ein Konter Argentiniens. Kommentator Rolf Kramer im Stakkato: “Maradona. Kein Abseits. Burruchaga. Toni, halt den Ball!” Laufduell zwischen Jorge Burruchaga und Hans-Peter Briegel. Meine Mutter sprang auf, fuchtelte dabei die Hängelampe über dem Couchtisch von der Decke und das Ding schlug gleichzeitig mit einem lauten Krach auf wie der Ball über die Linie des deutschen Tors rollt. Toni Schuhmacher hielt den Ball nicht, so wie er nichts hielt im Finale 1986. Ich habe vor Schreck mein Mezzo-Mix in den Flokati gekippt, es herrschte helle Aufregung in der guten Stube. Durch die Aufräumarbeiten bekamen wir den Abpfiff nicht mehr mit.

Burruchaga habe ich vor dieser entscheidenden Szene und auch später nie wirklich wahrgenommen. Er blieb fussballerisch ein Phantom für mich. Aber ich muss immer an ihn denken, wenn ich in Delmenhorst bin. Zuletzt im Mai diesen Jahres zum 101. Geburtstag meines Opas. Es gibt keine Lampe mehr über der Couch, aber der Flokati liegt noch (wirklich!) und das Bier schmeckt meinem Opa fast so gut wie 1986.

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