Mini-Feature
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Warnung: Der Inhalt könnte verstörend wirken!

Pleiten? Gab’s in der Saison genug, sogar Unentschieden zählen dazu.
Pech? Mo Sankoh, Silas, Chris Führich, Sasa Kalajdzic, Corona.
Pannen? In fast jedem Spiel.

Nach 23 Spieltagen wissen wir: Pleiten, Pech & Pannen ist eine vom VfB Stuttgart konzipierte und und von Sven Mislintat moderierte Serie in der ersten Fußball Bundesliga. Nach dem Vorbild der von Max Schautzer entwickelten Sendereihe aus den 80er Jahren behandelt sie Missgeschicke, die auf und außerhalb des Fußballfelds entstehen. Früher waren talentierte Slapstick-Manager und -Trainer federführend, zu den größten Stars gehörten Robin Dutt, Michael Reschke, Markus Weinzierl und Jürgen Kramny. Heute sind es andere – durchaus kompetentere – Spieler und Führungskräfte, die sich an der Rolle des Mr. Bean versuchen. Und das mit zunehmendem Erfolg. Vereinsintern wurde deshalb diskutiert, ob nicht eine Umbenennung in “Dumm und dümmer“ erfolgen soll. Zudem wurde für die Rückrunde der Saison 2021/2022 Fritzle auf die Tribüne verbannt und ein neues Maskottchen entwickelt: Es heißt “Verletzungspech” und sieht aus wie ein Shit-Emoji. Das Lexikon des deutschen Films kritisierte allerdings: „Die Aneinanderreihung von unzähligen Unglücken überschreitet die Grenzen des guten Geschmacks und erscheint unrealistisch“. Die waren wohl noch nie bei einem VfB-Spiel.

Ich weiß nicht, wie es Euch geht: “Was wäre, wenn …?“, diese Frage beschäftigt mich immer wieder. Gerade im Zusammenhang mit dem VfB kann ich in wahre Tagträume verfallen. Ändert nichts am Status Quo, macht aber hin und wieder Spaß. Was wäre, wenn sich Mo Sankoh nicht gleich am ersten Spieltag schwer verletzt hätte? Was wäre, wenn der VfB in Augsburg nicht auseinander gebrochen wäre? Was wäre, wenn in Dortmund nicht auf Sieg gespielt worden wäre? Was wäre, wenn gegen Korkuts Hertha kein 2-Tore-Vorsprung hergeschenkt worden wäre? Was wäre, wenn Dinos Mavropanos den Ball in der 94. Minute gegen Bochum einfach ins Seitenaus geschlagen hätte?

Alles Pleiten, Pech und Pannen. In ihrer Häufigkeit in der Tat eigentlich unrealistisch. Aber deshalb kann es nur besser werden, es muss einfach besser werden, denn der VfB ist mit allem durch: vom VAR zurückgenommene Elfmeter, unhaltbar abgefälschte Schüsse als Gegentore, Gegentreffer in der Nachspielzeit, Verletzungen von Schlüsselspielern, Corona-Erkrankungen zum schlechtesten Zeitpunkt, Fehleinschätzungen des Managements. Die gute Nachricht ist: Auch wenn es oft die Ungerechtigkeit und Erbarmungslosigkeit des Schicksals sind, die verhindern, dass es ein Happy-End gibt: Ab Spieltag 24 hat der VfB nur noch Glück. Bayern-Dusel auf Schwäbisch!

Los geht’s in Hoffenheim, das mehr als 2.000 VfB-Fans zu einem Heimspiel machen: Dort holt der VfB in allerallerletzter Minute einen Punkt, nachdem er schon 2:0 zurück gelegen hatte (Tore natürlich von Sebastian Rudy, ausgerechnet!). Erst köpft Kalajdzic eine Flanke von Borna Sosa (natürlich) ein, dann fälscht Orel Mangala einen Fernschuss von Führich unhaltbar zum 2:2 in der 99. Minute ab. Komplett-Eskalation. Die PArtie gegen Gladbach eine Woche später wird durch einen zweifelhaften Elfmeter (Kalajdzic) entschieden, Union Berlin danach gar mit 3:1 aus dem eigenen Stadion geschossen. Dabei kann der VfB sein Glück kaum fassen: vier Pfosten- und Lattentreffer der Köpenicker blieben ohne Folgen, Pascal Stenzel feiert dies mit einer veganen Wurst im Sky-Interview nach dem Spiel.

Gegen Augsburg spielt der VfB nur Remis, was angesichts einer roten Karte für Naouirou Ahamada und einem Eigentor von Mavropanos ein durchaus gewonnener Punkt ist. Gegen Bielefeld verliert der VfB, wie immer, zum Kotzen, aber wenigstens verletzt sich keiner. Die Niederlage ist kein Beinbruch (sorry), zumal der VfB mit Dortmund endlich mal wieder einen großen Gegner schlägt. Tiago Tomás und seine Dribblings sorgen für ein Schleudertrauma bei Mats Hummels, dem daraufhin ein Eigentor unterläuft. Während Mavropanos im Büffel-Duell gegen Erling Haaland als Sieger hervorgeht, steht am Ende ein solides 2:0, das Mangala mit einem Silas-Trikot im Sky-Interview nach dem Spiel feiert.

Einen kleinen Rückschlag gibt es gegen die Mainzer, die den VfB niederrennen. Schon wird wieder über Mentalität, Führungsspielern und sonstige unterkomplexe Dinge aus den 90er Jahren diskutiert, doch nach einem dreckigen 1:0 bei Hertha BSC verstummen die meisten Kritiker. Pellegrino Matarazzo spiegelt mit einem 4-4-2 das Korkut-System und wechselt mit Alexis Tibidi den Schützen des goldenen Tores ein. Und das von zu Hause, denn er musste sich nach einer Corona-Infektion in Quarantäne begeben.

Mit seinem Home-Coaching versucht es der abergläubische Matarazzo auch im Heimspiel gegen Wolfsburg. Aber darauf ist der 2:1 Sieg nicht zurückzuführen. Vielmehr muss Max Kruse nach 20 Minuten beim Stand von 0:1 ausgewechselt werden weil ihm das am Vortag gegessene Nutella-Glas aus den Ohren herraus kommt. Kein schöner Anblick, aber wir haben schon schlimmeres gesehen.

Gegen München gibt es natürlich nichts zu holen. Im Gegenteil, es setzt eine deftige 6:0 Niederlage (denkt denn keiner ans Torverhältnis?), die darauf zurück zu führen ist, dass Matarazzo viele Spieler für das Finale gegen Köln schont. Unter anderem stellt er sich selbst in die Viererkette. Naja.

Die letzte Partie gegen Köln wird vor über 50.000 Zuschauern ein wahres Freak-Spiel, das nichts für schwache Nerven ist. Es geht rauf und runter, hin und her. Natürlich köpft Anthony Modeste drei Tore, dem VfB wird ein Elfmeter verwehrt, Sven Mislintat bekommt die rote Karte. Tiago Tomás antwortet mit einem Doppelpack und den 3:3 Endstand schießt mit Führich ein Spieler, der sich in die Saison gekämpft hat wie so mancher VfB-Spieler. Am Ende steht der VfB vor Augsburg und vor Berlin, das mit dem mittlerweile vierten Trainer der Saison in die Relegation geht.

Nach dem Bochum-Spiel habe ich Zeit gebraucht. Zu down war ich, mir ging’s mindestens wie Borna Sosa, tagelang nur auf dem Boulevard Of Broken Dreams unterwegs. Aber jetzt kommt der Optimismus zurück. Bin ich zu weit gegangen?

Zum Weiterlesen:
„Die Geschichte von Silas ist die Geschichte des VfB und umgekehrt. Gemeinsam haben sie in der Vorsaison die kältesten Herzen erwärmt, sie haben einen Fußball gespielt, der direkt vom Abenteuerspielplatz kam“, schreibt die Süddeutsche Zeitung.

Zum Weiterschauen:
Ex Präsident Erwin Stadt sagt in seinem Garten, dass er auf der Trainerposition einen Akzent setzen würde.

Interview mit Nate Weiss, Individual Coach beim VfB.

Darf gerne geteilt werden:

16 Comments

  1. Bacardihardy says

    Hitzlsperger: “Wir sind mit jedem Abstieg weiter abgehängt worden”

    Warum tut er dann nichts dagegen seit Wochen?

    Looser

    • @abiszet says

      Was soll er tun? Die Spieler fitter machen? Selbst auflaufen? Oder welchen Winner-Move meinst Du? Du bist im “Team Trainerwechsel”, oder?

  2. Bacardihardy says

    Ja geb ich zu, ich bin schon seit einem halben Jahr im Team Trainerwechsel aufgrund Fitness, Verletzungen und Taktik.

  3. Martina says

    Ich finde es im Moment ziemlich schwierig eine Meinung zu finden.

    Kuranyi sagte in einem Interview, dass er ältere Spieler um sich herum gebraucht hat, die ihm Richtung geben und ihm sagen, was zu tun ist. Runtergebrochen auf meinen Job ist es auch so, dass Erfahrung Sicherheit und Ruhe in sehr komplexeren Fällen gibt und jene Erfahrung an die Neueinsteiger weitergegeben wird. Bei ausschließlich Jung ist das Pleiten, Pech, Pannen Potenzial aus der Natur der Sache heraus höher, weil Erfahrungen erst gemacht und Sicherheiten im Job erst erlernt werden müssen.

    Wahrscheinlich wiederhole ich mich schon wieder ;-( – weil ich der Meinung bin, dass der von MatHitzlintat eingeschlagene Weg mit nur Talent und Entwicklung überdacht werden sollte.

    Ich hab mir neulich gedacht, der Bürki sitzt gelangweilt in Dortmund rum. Es hätte vielleicht den Weg gegeben einen Kobel-Bürki Deal zu erreichen. Ihr kriegt Kobel, wenn ihr uns ein Jahr Bürki leiht oder so ähnlich. Weiß ich nicht, ob Bürki Bock draufgehabt hätte und es irgendwie finanziell deal mäßig darstellbar gewesen wäre. Es hätte uns aber mehr als gut getan, einen sehr erfahrenen Torwart zu haben und nebenbei hätte man ja unseren Jungen ausbilden können. (dies ist nur eine fiktive Idee, die sagen soll, man könnte andere Wege in Erwägung ziehen…)

    Man kann die Route neu berechnen, wenn man merkt, dass das Ziel pannenfrei anders besser erreichbar wäre. Ich hoffe, dass Wehrle ein gutes Auge für die Route hat und gegebenenfalls den “neu berechnen Knopf” drückt.

    • Bernd says

      Bürki soll rund 6 Millionen Euro im Jahr verdienen. Wie hätte das für uns auch nur annähernd finanzierbar sein sollen, selbst wenn Dortmund uns ihn für lau verliehen hätten? Das ist die gleiche Geschichte wie bei Kruse: Wir haben nicht mehr 2009, wo der VfB noch in der Champions League gespielt hat. Und was es mit dem Mannschaftsgefüge macht, wenn man einen so teuren Spieler nur wegen Erfahrung und nicht wegen Leistung holt, kannst du dir selbst ausmalen.

      Die Erfahrenen um Kuranyi herum (Soldo, Meißner, Bordon) waren alle schon viele Jahre im Verein und mussten nicht teuer zugekauft werden. Das ist mit der heutigen Situation überhaupt nicht vergleichbar.

  4. Icemann says

    Wir beim VfB machen seit 2007 nur alles falsch, aber richtig falsch, leider. Unser VfB möchte immer mit den großen Hunden Seuchen, kann aber leider nie den Fuß lupfen….. u das seit Jahren.

  5. Der Groundhopper says

    Die Story war total klasse, aber aus aktuellem Anlass sollte sie noch nach hinten raus ergänzt werden. Irgendwas mit „Sieg gegen Tim Walters HSV in der Relegation , obwohl dieser 85% Ballbesitz hatte“ könnte doch passen…

  6. Stephan says

    Eine hoch veranlagte Schülermannschaft, viele spielen bald bei den Top Klubs, vielversprechende Nachwuchskräfte im Management (SM, TH, CV) bekommen jeden Spieltag eine Lektion – alle entwickeln sich, lernen, nur einer nicht, bleibt auf der Strecke – wer außer Martina weiß wen ich meine?

  7. Motzbackenbruddler says

    “Aber jetzt kommt der Optimismus zurück. Bin ich zu weit gegangen?”

    Ja, Dicker…

  8. Martina says

    Pleiten, Pech und Pannen once more

    – Interview von S.M. vor dem Spiel (Zitat)
    => “ich kann über Expertenmeinungen nur lächeln, wir haben ein top Trainerteam,
    sind heute top vorbereitet, sind von unserem Weg maximal überzeugt und haben
    uneingeschränkten Support von unseren Fans”
    (hmmm geht so, alle ab Minute 80 k.o. mit traditioneller Pannenhilfe)

    – Mangala verletzt
    => Pech oder hat Bacardihardy recht?

    – Wechsel(panne)
    => wir bleiben im Flow

    Wieder den Big Point verpannpechpleitet…

    • @abiszet says

      Die Mannschaft war top vorbereitet auf das Spiel, das sollten selbst die größten Kritiker zugeben. Wer oder was ist an der Kontaktverletztung von Mangala schuld außer Baumgartner (oder war es Geiger?)? Und durch welchen Wechsel hat PM nochmal die Niederlage eingeleitet?

  9. Martina says

    Du hast doch selbst geschrieben, dass ab Minute 75 keine Körner mehr da waren.
    Top Vorbereitung heißt doch, dass ich das auch volle 90 Minuten plus Nachspielzeit durchhalte.

    • @abiszet says

      Top-Vorbereitung habe ich so interpretiert: top auf den Gegner vorbereitet. Und ich denke, so war s von SM gemeint.

      Top-Vorbereitung auf den Fitnesszustand zu beziehen (der durch Verletzungen, Corona und zu frühem Einstieg wegen großer Not entstand) ist böswillig.

  10. Martina says

    Böswilligkeit lasse ich mir sehr ungern unterstellen… es ist nüchtern betrachtet ein Fakt, das eine noch so gute Einstellung nicht hilft, wenn man sie nicht über die volle Distanz hochhalten kann. Du hast es selbst persönlich geschrieben, heute, so steigen wir 🆎
    Wenn zwei das gleiche sagen, scheint es nicht dasselbe zu sein 🤔

    • @abiszet says

      Böswilligkeit hatte ich auf auf die Vorbereitung auf das Spiel bezogen, die (taktische) Vorbereitung war top. Die Fitness, die wegen der beschriebenen Faktoren schlecht ist, in die Vorbereitung mit einzubeziehen (Fitness lässt sich nicht auf ein Spiel vorbereiten, vor allem nicht vom Cheftrainer), ist böswillig, damit es in Deine eigene Argumentation passt.

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