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Souverän wie selten

Arminia Bielefeld, 2020 noch souveräner Aufsteiger vor dem VfB, heute Tabellenletzter in der zweiten Liga. Und so spielten die Ostwestfalen auch und der VfB tankt Selbstvertrauen. Zwei Siege mit zehn Toren unter Michael Wimmer können sich sehen lassen

Riesige Löcher in allen Mannschaftsteilen, ein nicht existierendes Pressing, die Verweigerung von Zweikämpfen, lächerliche Verteidigung von Standards, absolute Harmlosigkeit in der Offensive: Fabi Bredlow ist ausser bei einem Schuss von Teto Klimowicz (5.) so langweilig, dass er die Ersatzspieler, die sich bei ihm warm machen, nach Kreuzworträtseln fragt.

Natürlich sind Siege gegen das Bundesliga-Schlusslicht Bochum und den Zweitliga-Letzten Pflicht, es gab jedoch auch schon einen VfB, der diese Gelegenheiten mal locker ausließ oder sich zumindest sehr schwer tat. Dieses Mal ist er souverän wie selten und das Auftreten und die Spielweise machen Hoffnung für den weiteren Saisonverlauf. Besonders spielfreudig auf der linken Seite Chris Führich und Borna Sosa, die fünf von sechs Toren vorbereiten. Sie nutzen den Raum, den ihnen Bielefeld gibt und präsentieren sich als feine Oberkellner, in dem sie ihre Kollegen butterweiche Vorlagen servieren. Luca Pfeiffer, der bisher nicht angekommen schien, darf zwei einfache Treffer erzielen. Silas, der sich dieses Mal bei den meisten seiner Tricks verhedderte, mit einem herrlichen Tor. Sein Lachen: einfach unwiderstehlich. Und Pascal Stenzel zeigt, dass er ein Kunstschütze ist. Dass Wataru Endo im Stehen einen Eckball einköpft, das hätten wir auch nicht gedacht. Obwohl wir spätestens seit Köln wissen, was für ein Riese der Japaner ist.

Tiago Tomas hätte auch ein Tor gut getan. Er steckt seit Wochen in einer Formkrise, wirkt gehemmt, oft sogar verzweifelt. “Bemüht, aber glücklos“ könnte nach dem Bielefeld-Spiel in seinem Zeugnis stehen. Und bei dem Spielstand: Warum nicht mal Thomas Kastanaras einwechseln? Nicht nur Rainer Adrion würde das gefallen.

Die Spiele gegen Bochum und Bielefeld müssen abgehakt werden, die zehn Tore müssen raus aus den Köpfen der Spieler. Denn so leicht wird es dem VfB kein Gegner mehr machen. Es wird spannend sein, ob es Interimstrainer Michael Wimmer gelingt, der Mannschaft die schon fast traditionelle Selbstzufriedenheit auszutreiben. Euphorie und Selbstvertrauen sind gut, vor allem nach einer langen trostlosen Phase, aber jeder beim VfB muss wissen, dass man auch etwas dafür tun muss. Vor allem gegen Teams, die ein anderes Kaliber sind. Wobei Wimmer die Spieler in der Erkenntnis „Wir können’s noch!” bestärken sollte, aber eben ohne nachlässig zu werden.

Zur Trainerfrage: Entweder lässt sich die Trainerfindungskommission Zeit und geht gründlich vor. Oder sie wissen nicht, für welchen Kandidaten sie sich entscheiden sollen Oder die Verhandlungen mit dem Favoriten sind zäh. Letztlich egal: so lange der VfB mit Wimmer gewinnt. Vier Tore gegen Bochum, sechs gegen Bielefeld, wieviele werden es gegen Dortmund? Ich habe jedenfalls mein Konfetti griffbereit.

Und: Nicht alles war gut in der zweiten Pokalrunde gegen Bielefeld. Den Einlass muss der VfB besser organisieren. Das war nicht nur nervig, sondern auch gefährlich.

Zum Weiterlesen:
Kurze Recap unserer Lesung in „The Corner“ auf vfb.de

11Freunde schreibt über die Trainersuche des VfB, der Artikel enthält einige interessante Zitate von Sebastian ;-)

Bild:
Adam Pretty/Getty Images

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9 Comments

  1. Sehr zutreffend, das alles. Das hat endlich mal wieder richtig, richtig Laune gemacht im Stadion (gut, das Bochum-Spiel natürlich auch schon), und trotz nur halbvoller Hütte war auch eine sehr ordentliche Stimmung (gut, daran dürfte der Spielverlauf seinen Anteil gehabt haben).

    Ich fand es fast schon erschreckend, wie unglaublich schlecht Bielefeld war – kaum wiederzuerkennen, diese Mannschaft, die mitgereisten Fans konnten einem nur leid tun.

    Aber meine Fresse, hat das gutgetan, den VfB mal wieder so in Spiellaune und fast bis zuletzt auf dem Gaspedal zu erleben. Und vor allem, endlich mal wieder ohne Gegentor zu bleiben. Führich, Sosa, Stenzel, Endo, Millot, Silas – bei einigen hat gestern gefühlt alles geklappt oder jedenfalls eine Menge, wofür in den vergangenen Wochen noch das Glück gefehlt hatte (oder die Gegner nicht schwach genug waren, schwer zu sagen).

    Nicht überbewerten, aber den Schwung und das Selbstvertrauen mitnehmen, um sich in Dortmund richtig gut zu verkaufen, im besten Falle was mitzunehmen und ab Montag mit einem neuen Trainer geschlossen und guter Dinge die letzten vier Spiele bis zur Winterpause positiv zu gestalten – das wäre mein Wunschzettel.

  2. Fritz says

    Vielleicht sollte man sich ja auch gaaanz viel Zeit mir der Trainerfindung lassen. Nach dem Spiel gegen Dortmund stellt sich eventuell die Frage, ob es überhaupt einen neuen braucht…

    • Elmar says

      In dem Zusammenhang gerade mit meinen niederländischen Geschäftspartnern gesprochen. Totale Ajax Fans mit Dauerkarten. Die haben zum einen das AS Gerücht bestätigt, zum anderen würden die ihn besser heute als morgen in Stuttgart sehen. Man ist wohl mit dessen Arbeit dort sehr unzufrieden….stellt sich eventuell die Frage, ob es den brauchen würde. Vielleicht bleibt es ja auch bei wilden Spekulationen.

    • Bernd says

      Das hat man sich bei Kramny auch gefragt und entsprechend beantwortet. Auch bei dem Wechsel von Wolf auf Korkut war es so, dass der Neue mit einem Fokus auf die Basics einen kurzfristigen Erfolg erzeugt hat und dann bei der langfristigen Entwicklung um so krachender gescheitert ist. Nicht jeder Co-Trainer ist der nächste Jogi Löw.

  3. Konny says

    Es war eeeeendlich wieder mal ein sehr, sehr, sehr, sehr gutes Gefühl unserem VfB zuzusehen. Vor allem hat es mich für Pascal Stenzel und Luca Pfeiffer gefreut.

    Wimmer hat den Spaß und die Freude zurück gebracht und das ist klasse! Hab mir dreißigmal die Zusammenfassung angesehen. Einfach schön.

    AS war mir schon bei Hoffenheim total unsympathisch. Wenn die Zahl 1,5 Mio Ablöse für ihn stimmt, würde ich das nie, nie, nie machen. Läuft doch mit Wimmer, einfach mal laufen lassen. Es werden bestimmt im Laufe der Saison noch Trainer frei, die vielleicht deutschsprachig sind, besser passen und weniger kosten. Hab ich ja schon gesagt, bei “unserer” finanziellen angespannten Situation Ablöse zahlen finde ich doof. Ist dann auch schlecht erklärbar, wenn Wimmer so abliefert.

  4. Motzbackenbruddler says

    Schade, dass die Arminia nicht mehr in BuLi 2 kickt; das wäre die 2. Mannschaft nach Bochum, die schlechter als unsere ist… Am Samstag gegen den BVB kann die Mannschaft gerne zeigen, dass ich mich irre. Kann aber dennoch die Euphorie nicht nachvollziehen nach den letzten beiden Spielen; ist ein bisschen so, wie wenn ein Hund völlig überdreht mit dem Schwanz wackelt, nachdem er nach mehreren Wochen Zwinger sein Herrchen sieht und vor Freude ausflippt. So gierig wie der Hund nach ein bisschen Aufmerksamkeit, sind wir Fans nach ein bisschen Erfolg – irgendwie traurig.

  5. Konrad says

    Es ist doch schön, wenn man sich einfach mal nach der langen Durststrecke über ein Spiel freuen kann. Eines, das spielerisch schön anzusehen und sicher über die Zeit gebracht wird. Mich freut es für die Spieler, die bei Rino eher durchs Radar fielen.

    Kein VfB Fan wird den Boden der Tatsachen verlassen, trotzdem tut es allen Beteiligten mal gut.

    Morgen bin ich mal gespannt, was wir in Dortmund machen. Drücke die Daumen und fände so ein 5:1 von damals durchaus cool.

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