Der VfB hatte sich in den elf Begegnungen zuvor meist geweigert gegen die Sachsen mitzuspielen, hatte den Gegner regelrecht ignoriert, weil es das Spiel nicht geben dürfte. Im zwölften Spiel machte der VfB ernst oder wie die Süddeutsche Zeitung schrieb: “Die Heimmannschaft zeigte den Enthusiasmus eines Traditionsklubs; die Auswärtsmannschaft zeigte die Blutarmut eines künstlich hergestellten Konstrukts.“
Zwei unnötige Niederlagen zum Start in das Jahr, neben dem Fehlen der Afrika Cup- und Asienspielen-Teilnehmer auch noch die fünfte gelbe Karte für Atakan Karazor. Dazu ein Gegner, der dem VfB offensichtlich nicht liegt. Komplizierte Voraussetzungen, aber Trainer Sebastian Hoeneß war nach dem Spiel stolz, dass sein Team mit “dieser anspruchsvollen Situation überragend umgegangen ist“. Der VfB hatte mehr Überzeugung im Spiel nach vorne, mehr Präzision im Passspiel, mehr Power im Pressing und Gegenpressing wie vor dem 2:0, erfreute sich an sich selbst (5 Kilometer mehr gelaufen als der Gegner) und nutzte seine Torchancen. Wobei: 11:1 Torschüsse waren es in der ersten Halbzeit und auf der Anzeigetafel stand lediglich ein 2:1.
Enzo Millot übernahm dabei merklich Verantwortung. Einerseits das Spiel in einer etwas defensiveren Rolle auf seinen doch schmalern Schultern zu tragen und dabei „Zweikämpfe wie ein Innenverteidiger“ (Fabian Wohlgemuth) zu führen. Andererseits sich in einer entscheidenden Situation hinzustellen und zu sagen: „Ich übernehme das für uns!“ wie beim Elfmeter in der 25. Minute, den er lässig verwandelte, weil alles an dem jungen Franzosen so lässig aussieht. Und so leicht, als würde es ihm keine Mühe bereiten.
Stuttgart’s French midfielder #08 Enzo Millot scores the 1-0 from a penalty kick during the German first division Bundesliga football match between VfB Stuttgart and RB Leipzig in Stuttgart, southwestern Germany on January 27, 2024. (Photo by Thomas KIENZLE / AFP) / DFL REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS AS IMAGE SEQUENCES AND/OR QUASI-VIDEO (Photo by THOMAS KIENZLE/AFP via Getty Images)
Das kann man von Jamie Leweling nicht sagen. Sein Spiel ist nicht gerade von Grazie gepägt. Er kommt über die Körperlichkeit, über Wucht und Willen. Was ihn besonders auszeichnet: Er gibt nie auf. Er lässt sich nicht runter ziehen von seinen eigenen misslungenen Szenen und Fehlschüssen. Er macht immer weiter. Beim 3:1 direkt nach der Pause hat Leweling sich endlich belohnt und es fiel eine Last von ihm ab. Noch schöner: Nicht nur das gesamte Stadion, auch alle in der Mannschaft freuten sich für ihn.
Sein Treffer in der 48. Minute zog den Gegner sofort runter. Das 4:2 durch Deniz Undav nach gefühlvoller Flanke von Führich killte die Sachsen, es fiel direkt nach dem 3:2 durch einen sensationell schönen Schuss von Lois Openda (übrigens der zweite Torschuss des Gegners). Undavhaltsame drei Tore schoss die Leihgabe aus Brighton. Er zeigte allen Kritikern, die nach zwei torlosen Spielen an seinem Torinstinkt und seiner Treffsicherheit zweifelten, dass sie ihn underschätzten. „Nach dem ganzen Gerede“, wie es Undav nennt, und man merkt: Das hat ihn schon genervt. Aber er ist es in seiner ganzen Karriere gewohnt, Widerstände zu überwinden. Zudem tat es ihm sichtlich gut, dass mit Leweling ein zweiter Spieler in der Sturmmitte Präsenz zeigte. So konnte er mehr am Spiel teilnehmen und stand deshalb goldrichtig an der Strafraumkante vor dem 2:0 und versenkte den Ball wundavbar in einer Mischung aus Gefühl und List im linken Eck.
Ich liebe Dan-Axel Zagadou!
Der Innenverteidiger hatte in diesem Spiel wenig zu tun, er hätte sich nur beim 2:1 mit Nebenmann Waldemar Anton abstimmen müssen. So war es ein bisschen „nimm’ Du ihn, ich hab’ ihn sicher“ und Benjamin Sesko konnte unbedrängt hochsteigen und einköpfen. Aber der bullige Franzose strahlt Ruhe und Souveränität aus, es ist sein hohes Spielverständnis, dass er viele gefährliche Situationen antizipiert und in einen Zweikampf mit ihm will keiner geraten: Wer ihn berührt, prallt an ihm ab. Zudem ist er wichtig als Führungsfigur in der Mannschaft: Er bremst Millot ein, nicht übermütig zu werden, er richtet Leweling auf, er gibt Angelo Stiller Sicherheit, er imitiert Undav mit seiner Muskel-zeigen-Geste, er leitet Debütant Samuele di Benedetto an. Das alles ist für ihn ganz selbstverständlich und er macht es gleichmütig, ausgleichend, in sich ruhend.
Der VfB hat bewiesen, dass er ohne Serhou Guirassy gewinnen kann. Er hat erneut bewiesen, dass er schwierige Situationen meistern und dass er aus Fehlern lernen kann. Wie auch Hoeneß gezeigt hat, dass er taktisch mit der Umstellung auf eine Dreierkette mit Anthony Rouault, Zagadou und Anton genau die richtige Lösung für Gegner und eigenes Personal gefunden hat.
“Wir haben Spaß untereinander“, sagte Alexander Nübel strahlend nach dem Spiel. Das ist auf dem Feld nicht zu übersehen. Und das überträgt sich auf die Ränge, in die Wohnzimmer und Kneipen: Der VfB hat nicht zum ersten Mal in dieser Saison gezeigt, dass er uns begeistern kann.
Zum Weiterlesen:
Fast so lange wie der VfB auf den ersten Sieg gegen die Sachsen in der Bundesliga warten musste, dauert die Suche nach einem Sport-Vorstand.
Stuttgart.International feiert nicht nur den 5:2-Sieg, sondern auch das Bundesliga-Debüt von di Benedetto: “Unerschrocken und giftig geht das Eigengewächs gegen gestandene Profis wie Kampl oder Poulsen zu Werke“.
Und weiter geht’s mit den Wortspielen: 11Freunde mit dem Rückblick auf den Spieltag „Undav er das?“
The Guardian meint “The 5-2 scoreline did not in any way flatter Sebastian Hoeness’s side“ und weiter: “Undav’s composure is more than just confidence, marking him out as someone who could be key for Germany in Euro 2024. There is a growing belief that he is the most natural German-qualified finisher in the league right now.”
Bilder:
Christian Kaspar-Bartke/Getty Images (Aufmacher), Thomas Kienzle/AFP (Artikelbild)
Lieber Dennis Undav, wenn Dich unser Gerede so genervt hat, dass Du gleich 3 Tore schiesst, haben auch wir alles richtig gemacht 😉
Sebastian Hoeneß hat ja dahingehend schon recht, dass „wir“ zu schnell schwarz sehen, es kommt halt natürlich nicht von ungefähr….
Hätt ich nie gedacht, dass wir so gewinnen, wahnsinn, toll, spitze… überragend !
Jetzt sollten wir halt irgendwie Nübel, Nübel, Nübel und Undav behalten.
Schönste Szene des Tages fand ich wie sehr sich alle mit Jamie Leweling gefreut haben. Ich natürlich auch.
So lieber Herr Streich, jetzt streichen wir dann Ihre nächsten drei Punkte !!!
@abiszet, so gut und klar wieder gegeben, undavbar, da bekomme ich wieder lust auf mehr🫠 ganz ehrlich mein Tip wäre es gestern nicht gewesen.
Doch als ich gestern nach langer Zeit wieder mal eine andere Playlist hörte und dann plötzlich Paradise City ertönte, da sagte ich zu meiner Frau, heute hauen wir die 🥫 weg.
Unfassbar der Wille und die Leidenschaft, gestern wurden so viele gute kleine Geschichten geschrieben. Wiederhole mich gerne, genießen genießen.
Was mir auffällt, die Manschaft lässt sich anstacheln, sie gibt sich nicht zufrieden mit dem was ist sondern sie ist gierig nach mehr lernfähig und willig. Die Fans mit einem Support, was mit das beste in unserem Land ist. Es ist so G…
Bin gespannt wie es weitergeht und denke unser VFB wird uns weiter positiv überraschen, …. schon lange nicht mehr in Leverkusen gewonnen!!!
Forza VFB
Natürlich freue ich mich über das tolle Spiel und die vielen Tore – aber man sollte bei aller Begeisterung nicht übersehen, dass auch gestern wieder die Chancenverwertung katastrophal war. Das macht nach wie vor grosse Sorgen.
Ist das wirklich so, wenn man 5 Treffer bei einem xG-Wert von 2,5 erzielt?
Finde ich ehrlich gesagt schon, zumal xG auch nur eine begrenzte Aussagekraft haben. Eine Mannschaft kann zehn “unmögliche” Tore schiessen, gleichzeitig aber zehn “100 prozentige” verpassen. Damit hat sie ihr xG Ziel erfüllt, hat aber trotzdem ein grosses Problem mit der Chancenverwertung.
Ich weiss schon, dass das ein schwieriges Thema ist, wenn die Mannschaft gerade 5 Tore geschossen hat, aber sie hat schon Punkte deswegen liegen gelassen, und man verbessert sich nur, wenn man auch im Erfolg Schwächen anspricht und angeht.
Aber in dem Spiel hat doch nur Leweling eine Großchance liegen lassen, oder täuscht mich mein Gedächtnis?
Ich habe generell so gar keine Lust auf Spiele gegen das RB Kunstprodukt. So habe ich auch gestern zwar eingeschaltet, nebenbei aber aufgeräumt, bin immer wieder aus dem Zimmer gegangen, bis irgendwann das 1:0 fiel und ich anfing, konzentriert(er) zuzuschauen.
Und ja, Undav hat einen super Job gemacht. Aber vielmehr hat mich das Kollektiv begeistert. Es gab keinen einzigen Ausfall, die Abstimmung beim Pressen, das Verschieben bei RB-Ballbesitz, alles griff perfekt ineinander. Die Reaktion der Mannschaft auf die Kritik von außen war somit unverhofft, aber großartig! Überhaupt wirft die Stuttgarter Festung seit der Relegation eine herausragende Bilanz ab. Beihnahe wäre Leverkusen hier vom VfB überfahren worden, der BVB durfte mit zwei Niederlagen nach Dortmund zurückfahren und jetzt auch noch der souveräne Erfolg gegen Leipzig. Ich freue mich bereits auf das Heimspiel gegen die Bayern.
Was mir am meisten gefällt ist, da die Mannschaft bewiesen hat, daß sie auch ohne Guirassy gewinnen kann. Und dann noch gegen die Dosen. Zum wiederholten Male hat man einen Gegner nahezu an die Wand gespielt.
Leweling hat sein erstes richtig gutes Spiel für den VfB gemacht. Bei ihm hoffe ich auf ne ähnliche Entwicklung wie bei Führich, der auch lange viele Bälle verstolpert hatte.
Die Abwehr einfach klasse und Millot hat bewiesen, daß er die 6 herausragend spielen kann. Zusammen mit Stiller haben die gezockt, das war schon fast zirkusreif.
Und dann noch die Tempodribblings von Führich, die immer wieder Lücken gerissen haben. Und Undav als Vollstrecker.
Es hat sich gezeigt, zu was für Leistungen die Truppe ( ohne 5 Stammspieler ) in der Lage ist. Hoeneß entwickelt die Jungs weiter, das es eine Freude ist. Und auch Rückschläge ( wie Gladbach und Bochum ) gehören dazu.
Nübel + Führich halten, Undav kaufen. Dann bleibt Guirassy von allein und wir haben diese Truppe für die Zukunft zusammen. Das wäre ein Traum.
Es macht alles richtig Spaß grad, bitte mehr davon.
Und genau deshalb hat es unsere Mannschaft verdient, auch nach 2 Niederlagen nicht sofort wieder angezweifelt zu werden…
Dem, was da diese Saison bisher geleistet wird uns sich entwickelt hat, gebührt einfach nur absoluter Respekt und Anerkennung.
Wir alle hatten uns endlich “nur” nach einer ordentlichen Saison ohne Abstiegssorgen gesehnt – dieses Ziel ist nach 19 Spieltagen bereits erreicht.
Das nun Träume in den Himmel wachsen, wir uns in Bereichen mit Mannschaften wie Dortmund und Leipzig befinden und plötzlich die Champions League ein Thema ist, unterstreicht die bisherige Ausnahmeleistung.
Allerdings dürfen wir auch nie vergessen, woher wir kommen und das wir verdammt viele “jonge Kerle” auf dem Platz stehen haben (wenn ich das richtig sehe, stellen wir nach 19 Spieltagen bisher die jüngste Mannschaft).
So, wie die Mannschaft sich nach 2(!) Niederlagen und den ersten Abgesängen in Presse und manchem Fanlager gestern wieder einmal präsentiert hat, überzeugt mich endgültig und macht mich sicher, dass wir diese Saison noch für die ein oder andere Überraschung gut sind!
Für was das dann unterm Strich gut ist, werden wir sehen…
Okay ich habe hier geschrieben, dass Undav keine 12 Mio. Wert ist. Offensichtlich habe ich keine Ahnung 😂
Es ist einfach nur großartig! Gestern auf dem Weg zum Stadion habe ich zu meinem Bruder gesagt, dass ich auch mit einem dreckigen 1:0 zufrieden wäre. Nach dem 2:0 schreibt er mir: “Von wegen 1:0”. In der Halbzeit schreib’ ich ihm zurück: “Ok, 5:2”.
Für Samstag sehe ich ein 0:3 🤍❤
Startet gut in die neue Woche, ihr VfBler
Nehm’ ich, Melanie!
[…] Weiterlesen: Der Vertikalpass stellt fest: “Der VfB hat nicht zum ersten Mal in dieser Saison gezeigt, dass er uns […]
Letzte Woche habe ich die Mannschaft harsch kritisiert, diese Woche muss ich die loben. Vor dem Spiel wäre für mich ein Punkt realistisch und erwartungserfüllend gewesen, aber der VfB hat mich gottseidank eines Besseren belehrt.
Eines der wirklich guten Spiele ohne personelle Probleme durch unterdurchschnittliche Leistungen.
Will niemand herausheben,weil eher ungerecht, aber der Undav’sche Torinstinkt ist eine besondere Erwähnung wert. Freut mich sehr für diesen Spieler,der ungemein sympathisch rüberkommt.
Eine internationale Spitzentruppe wurde schlicht “abgefertigt”, unglaublich!
Ergab einen ausgesprochen erfreulichen Samstagabend!
Warum feiert Ihr die Ultras für ihre Proteste, kritisiert aber mit keinem Wort, dass ausgerechnet der VfB die Bundesliga nach Saudi-Arabien verschachert hat?
Das kam ziemlich unerwartet: Bis auf die ersten 15 Minuten, als Leipzig sein hohes Pressing gut durchziehen konnte, hatte der VfB das Zepter fest in der Hand. Leipzig kann derzeit nicht mehr die Wucht wie gewohnt entwickeln. Der VfB konnte sich zunehmend, anders als gegen die Manndeckung über den gesamten Platz spielenden beiden Gegner zuvor, befreien und sein Spiel aufziehen. Enzo hat mir ausgesprochen gut in der 6er-Rolle gefallen. Ich weiss, dass ich eine dicke Enzo-Brille aufhabe, aber er kann einen sehr guten Weg vor sich haben, wenngleich die Konkurrenz in Frankreichs Nationalmannschaften extrem hoch ist. Bis es dann ein Regal nach oben geht, erfreue ich mich an jeder seiner geschmeidigen Bewegungen und seiner Schlitzohrigkeit; es gibt nicht viele von ihnen. A propos vorherige Gegner: Bochum hat es gestern gegen den BVB auch mit denselben Mitteln wie gegen den VfB versucht, nur konnte der BVB die zwangsweise entstehenden Räume viel besser nutzen. Insofern war das “Gerede” ja auch nur ein Hinweis auf Verbesserungspotential. Leipzig ist es zum Glück anders angegangen und sie kamen nicht in ihrer besten Phase ins Neckarstadion, und schon hat das Stuttgarter Spiel wieder funktioniert.
Bei Bochum konnte man sehen, dass die es mit ihrer Spielweise dem Gegner schon sehr schwer machen können. Und auch die Gladbacher haben gegen Leverkusen gezeigt, dass es nicht so einfach ist, gegen sie zu gewinnen.
Geil (wie fast die gesamte Saison!) und ein absoluter Statement Sieg nach dem schwachen Start und dem ganzen “undavschen Gerede” in 24.
Wenn wir ein ähnliches Statement jetzt auch mal (wieder) gg einen “nicht mitspielenden” (hoch pressende/anlaufende Truppe, die es “unserem Spiel” schon enorm erleichtert) Gegner setzen könnten, wie z.Bsp. kommenden Samstag gg Freiburg (die sich genüsslich hinten reinstellen werden und gnadenlos auf Kontern aus sein werden), würde jede “qualitative Diskussion” zukünftig im Keim erstickt werden.
Es bleibt dabei: “spielerisch” kann uns diese Saison nur einer das Wasser reichen (das alleine ist angesichts der letzten Jahre schon Statement genug), hoffentlich belohnen wir uns trotz der personellen Übermacht/Dominanz von Bayern, Red Bull und dem BVB trotzdem mit einem Platz unter den Top 4 (oder 5, wenn dies auch zur Quali für die CL ausreicht), denn alles andere wäre (jetzt schon) hochgradig unverdient.
Auf geht’s Jungs-ernten was man sät!
Leipzig ist in die Falle getappt – Bochum und Gladbach nicht.
Es wird eines der Aufgaben sein, vor allem bei Auswärtsspielen, ein 0:0 zu halten und eben nicht immer das Spiel machen zu wollen.
Lewelling ist kein Stammspieler, das sieht man in 80 von 90 Minuten.
Nübel könnte mal wieder einen unhaltbaren halten – ich fand ihn bei beiden Gegentoren nur durchschnittlich, aber soll er sich‘s aufheben für enge Spiele.
Ansonsten passt das super; wird interessant ob Ito wieder nen Platz findet.