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Das war nicht wirklich magisch

Die Erwartungen waren groß im ersten Champions League-Heimspiel nach 14 Jahren und auf den Tag genau 23 Jahre nach dem 2:1 gegen Manchester United. Es wurde keine magische Nacht, weil sich die Gäste aus Prag als unangenehmer Gegner herausstellten und „die Schärfe“ fehlte, wie Sebastian Hoeneß monierte.

In engen Spielen auf Champions League-Niveau kommt es auf Kleinigkeiten an, sogar auf Zentimeter und Millimeter. Wie beim 1:1 durch Kaan Kairinen, der die Flugbahn seines Freistosses bei der Platzbegehung mit Geodreieck und Zirkel exakt so berechnet hatte, dass Alexander Nübel keine Chance hatte, den Einschlag zu verhindern.

Oder wie in der 48. Minute als nach einem Fehler des Sparta-Keepers Peter Vindahl plötzlich Enzo Millot an den Ball kam und sich entschied, selbst abzuschließen anstatt auf den völlig freien Deniz Undav abzuspielen. Der hätte nur noch einschieben müssen. Da war zu viel Übermut im Spiel beim hochgelobten Franzosen oder er wollte auf der großen Bühne beweisen, was in ihm steckt. Womöglich muss ihn Atakan Karazor wieder ein bisschen einfangen: „Wir müssen in der Kabine manchmal aufpassen, dass unser kleiner Franzose nicht zu sehr fliegt“.

Das war die beste Phase für den VfB, der mit viel Energie aus der Pause gekommen war. Zum Start der zweiten Halbzeit riss die Mannschaft das Spiel an sich, ohne jedoch zu hochkarätigen Torchancen gekommen zu sein. Der VfB war spielüberlegen, er hatte den Ball, aber es fehlte mal die Präzision, dann das Tempo oder es wurde die falsche Entscheidung getroffen. Kleinigkeiten eben, die aber letztlich dazu führten, dass der VfB gegen einen tief stehenden, aber auch cleveren Gegner den ersten Dreier der Champions League-Saison verpasste.

Die Cannstatter Kurve feiert die Rückkehr in die Champions League.

So wurde es keine magische Nacht. Aber wer sind wir, dass wir uns über fehlende Magie beklagen? Dass wir die Champions League-Hymne im Neckarstadion erleben und nicht nur vor dem Fernseher hätte vor einem Jahr niemand für möglich gehalten. Trotzdem sind Mannschaft, Trainer und Fans enttäuscht. Hoeneß vermisste sogar die nötige Haltung und Kreativität. Das kultivierte Herausspielen aus der Abwehr gelang so gut wie nie, lange Bälle auf Ermedin Demirovic verlor der Bosnier ausnahmlos und gegen eine Sechser-Kette fand der VfB keinen Raum und keine spielerischen Lösungen.

Das Spiel des VfB wirkte übermotiviert. Vielleicht wollte die Mannschaft zu viel, vielleicht wollte sie es zu gut machen. Vielleicht wollte jeder Einzelne zeigen, dass er völlig zu Recht in der Königsklasse auf dem Feld steht.

So gab es wenige strukturierte Spielzüge. Einer davon führte nach Zusammenspiel von Jamie Leweling und Maxi Mittelstädt zur frühen Führung durch Millot (4.). Ein weiter Ball auf Undav, von Millot locker-luftig geschlagen, verdaddelte der sonst so sichere Torschütze. Gegen Dortmund hatte er solche Dinger noch gemacht, überdies wäre ein Pass auf Demirovic womöglich besser gewesen (27.). Trotz 71 Prozent Ballbesitz kam der VfB im gesamten Spiel so gut wie nie an dem Bus vorbei, den die Prager vor dem Strafraum geparkt hatten. Das sah teilweise so aus wie am Wochenende in Wolfsburg.

So verpasste der VfB seinen ersten Champions League-Heimsieg seit 14 Jahren gegen Sparta Prag, die neben dem Freistosstor immerhin zwei Mal Aluminium trafen. Die Chance auf die nächsten magischen Nächte bieten sich in Turin (22.10.) und gegen Bergamo (6.11.). Aber zuvor gibt es vielleicht ein magisches Flutlichtspiel gegen Hoffenheim am Sonntag Abend um 19.30 Uhr. Eins ist sicher: Die TSG kann nicht so kompakt verteidigen wie Sparta.

Bild:
Alex Grimm/Getty Images

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8 Kommentare

  1. Ronny sagt

    Also ich bin überhaupt nicht enttäuscht, nachdem die Tschechen RB Salzburg regelrecht auseinander genommen hatten war eigentlich klar, dass es ein schwerer Gegner für die Unsrigen sein wird. Ohne das Glück bei Pfosten und Latte hätten wir wahrscheinlich sogar verloren. Dieser Punkt kann also noch wichtig werden wenn wir gegen Bern, Belgrad und Bratislava 7 Punkte holen, und gegen die Großen nicht völlig abgeschossen werden, dürfte das für die Zwischenrunde reichen. Diesen Martin Vitik von Sparta würde ich übrigens im Auge behalten, für einen 21 jährigen Innenverteidiger war das absolut Top.

  2. Achim Herzblutfan sagt

    Ja, das 1:1 ist angesichts der Stärke des Gegners ok. Aber: Das komplette Angriffsspiel des VfB lief über links.
    Das ist zu einfach fuer den Gegner, weil zu durchschaubar. Rechts war nix. Stenzel nicht CL-tauglich und auch zu langsam.
    Warum sind Schuesse aus der zweiten Reihe aus der Mode gekommen?
    Da bringt auch ein Bus vor dem Tor nix.
    Ich sage bloss : Hitz, the Hammer.
    Kann man auch mal üben.
    Forza VfB. Das wird!!!!

  3. Clemens sagt

    Das war gestern das erste Mal in dieser Saison, dass ich Guirassy wirklich vermisst habe. Dessen Ruhe vor dem Tor, seinen Blick für den besser positionierten Mitspieler, die ballsichere Anspielstation im gegnerischen 16er. Demirovic hat gestern Abend erstmals enttäuschend gespielt. Auch die Abstimmung mit Undav (sehr eigensinnig) und Millot fehlte.

    Die individuelle Qualität eines Leweling ist beschränkt, kann aber in Kombination mit seinen Mitspielern in einem perfekt gespielten System eine echte Waffe sein. Gestern lag Jamie aber zumeist auf dem Hosenboden und war am lamentieren, weil ihm der SR wieder einmal keinen Freistoß schenken wollte. Schlechte Zweikampfquote, Flanken ins Nirvana und ineffektiv geführte Dribblings, puh. Vielleicht bekommt Leweling mal eine Pause?

    Aber das größte Manko lag gestern in der Abwehr. Bei hohen Bällen sind Rouault und Chabot viel zu häufig zweiter Sieger gewesen. Und ggf. hätte auch Nübel den einen oder anderen hohen Ball anfangen können? Die beiden Aluminium Treffer und die Großchance vor der Rettungstat von Nübel in der 2. HZ hätten auch eine Niederlage verursachen können, weshalb ich das Unentschieden am Ende sogar als recht glücklich empfinde.

    Andreas hat es (wie immer) gut auf den Punkt gebracht. Man wollte es vermutlich zu gut machen und leider wollte dieses Mal jeder einzelne glänzen, weshalb am Ende das Kollektiv gelitten hat. Und dennoch abschließend ein versöhnliches Zitat des SPIEGEL “Die Fans sind auf jeden Fall in der obersten Kategorie aller Champions-League-Teams einzusortieren. Jetzt müssen noch die Spieler nachziehen.”

  4. drhuey sagt

    Bei aller Demut war das schon ein bisschen ernüchternd. Vor allem, dass im letzten Drittel kein Durchkommen mehr war, sobald der Gegner sehr diszipliniert verteidigt. Das Zusammenspiel von Demirovic und Undav gefällt mir auch noch nicht. Wenn in der Konstellation Demirovic eher in der Box sein soll, dann muss Undav präziser (oder überhaupt) bedienen und seine leichten Ballverluste vermeiden. Ich denke Demirovic hat Laufwege angeboten, aber erreicht hat ihn fast nichts. Für ein vertikales Zuspiel haben etwas die Eier gefehlt. Bergamo wird ein ganz ähnliches Spiel, wobei die offensiv noch viel mehr entfachen können. Bleiben Bratislava, YB und Roter Stern und Paris als Punktelieferanten.
    Auch, wenn Paris individuell von einem anderen Stern ist, sie finden sich noch und bieten Räume an.
    Ich bin alles andere als enttäuscht, denn dass die Mannschaft diese knallharten Lernschritte auf dem Niveau vollziehen darf, ist ein Privileg.

  5. Marcus Fichter sagt

    Ich bin weit davon weg enttäuscht zu sein. Die Hymne zu in unserem Stadion wieder hören zu dürfen, es gab Zeiten, da hab ich nicht daran geglaubt, die je wieder zu hören.

    Ich denke, gestern hat man gesehen, wie sehr der Truppe ein Vagnoman fehlt. Alles ging über links, Millot zog zu oft Richtung Mitte, damit war Stenzel auf der rechten Seite auf sich allein gestellt. Ihm deshalb gleich die CL-Qualität abzusprechen, halte ich für überzogen. Und Leweling in der zweiten Halbzeit war auf rechts auch nicht wirklich gut. Aber auch hier, er macht mal ein schwächeres Spiel, dann muß man doch nicht gleich über eine Pause für ihn nachdenken.

    Sparta Prag hat das sehr gut verteidigt, ich fand deren re. Verteidiger bärenstark. Es hat dem VfB vielleicht diesmal so ein Brecher vorne drin gefehlt, ein Kopfballungeheuer ( nein, nicht Millot ).

    Noch ist alles drin, vielleicht gelingt ja auch mal ne Überraschung z.B. bei Juve.

    Jetzt freu ich mich auf Sonntag Abend, da gewinnen und es sieht vor der Länderspielpause schon wieder ganz gut aus !

  6. Konny sagt

    Die Real Euphorie wich gestern schon ein bisschen der harten Realität.
    War kein besonders Gutes oder gar magisches Spiel. Fairerweise muss man vielleicht auch zugestehen, daß nach dem Match VW Burg in Unterzahl der Akku zwei Tage später noch leer war. Warum Fabian Rieder (immer) so spät rein kommt erschließt sich mir nicht. Der macht Dampf und bringt Gefahr für ruhende Bälle.

  7. Roland K. sagt

    Sparta Prag ist eine wirklich gute Mannschaft. Deren Konter sind allererste Sahne,auch auf dem Niveau der CL.
    Beim Freistosstor gabs leider wirklich nichts zu halten,war sehr gut geschossen.

    Unsere Außen konnten sich nicht gut durchsetzen und den rechten Teil unserer Angriffsseite haben wir besonders in Hz.2 leider im Übereifer vergessen.

    Trotzdem haben wir in Hz.2 sehr druckvoll gespielt und den Gegner eingeschnürt. Nicht jede Abwehr wird dann so wenig Fehler machen wie die Prager.

    Mit dem Punkt können (und müssen) wir zufrieden sein. Es hätte schlimmer kommen können.

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