Autor: @abiszet

Bester 10er des VfB? Das Inselbübchen!

Asgeir Sigurvinsson sagte unlängst dem Bayern-Magazin „51“ zu seinem Wechsel von Standard Lüttich 1981 nach München: „Fast wäre ich beim 1. FC Köln gelandet. Aber dann hat Uli Hoeneß angerufen und ich musste nicht lange überlegen“. Ich musste ebenfalls nicht lange überlegen: Sigurvinsson war der größte Zehner des VfB, sorry Hansi Müller, sorry Krassimir Balakov. Bereits 1980 erschien ein Buch über ihn mit dem Titel „Knattspyrnuaevintyri Eyjapeyjans“, auf Deutsch: „Das Fußballmärchen des Inselbübchens“, es steht wohl in jedem Bücherregal eines sportlich interessierten isländischen Haushalts – und in Island interessiert sich jeder für Sport. Geboren auf Vestmannaeyjar, auch Schauplatz eines Europapokalspiels des VfB 1997 (Endstand 1:3, 2x Fredi Bobic, Jonathan Akpoborie), pfiffen Sigurvinsson ständig heftige Stürme um die Ohren, als Schulkind bekam er manchmal sogar windfrei. Wahrscheinlich hat er sich dadurch in seiner Jugend eine gewisse Stoik zugelegt, denn Sigurvinsson hatte mit Egon Coordes, Arie Haan, Helmut Benthaus, Otto Baric und Willi Entenmann fünf Trainer erlebt, die unterschiedlicher nicht sein konnten. „Siggi“ blieb jedoch immer derselbe: Voller Eleganz, frei von Eitelkeit und Exzentrik, wenn man von …

Tech-Nick sorgt für gute Laune

Das Spiel gegen Sankt Pauli lief wie zuletzt: Der VfB mit deutlich mehr Spielanteilen, er vergibt etliche Chancen, verschießt sogar einen Elfmeter, der Schiri auch nicht mit der besten Leistung – und kurz vor Spielende fällt das entscheidende Tor. Nur dieses Mal für den VfB. Der Sieg absolut verdient, nur das heißt ja nichts, das wäre auch schon letzte Woche gegen Heidenheim so gewesen. Es ist so gekommen, wie es Sebastian Hoeneß seit vielen Wochen sagt: Einfach weiter machen, dann kommt der Erfolg von selbst. Er trennte Leistung und Ergebnis auf der Anzeigetafel, betonte stets das Positive und war sich sicher, dass sich Erfolgserlebnisse einstellen, weil Qualität und Haltung im Kader stimmen. „Bei sich bleiben“ nennt man das im Fußball-Sprech. Hoeneß machte nichts Verrücktes, änderte weder Ansprache noch Taktik noch Personalauswahl. Nur mit Pascal Stenzel als Rechtsverteidiger überraschte er in Hamburg. Selbst in einem zunehmend immer hektischeren Spiel behielt der VfB die Nerven. Gerade wenn es hitzig wird, stellt sich der VfB sonst nicht besonders clever an. Nicht besonders clever jedoch der Elfmeter, der geht …

Underperformer oder Qualitätsfrage?

Es gibt nicht den einen Grund für die desaströse Rückrunde des VfB. Zu viele Faktoren spielen in die Ergebniskrise hinein, die weit über Glück, Pech und unglückliche Spielverläufe hinaus gehen: eine gewisse mentale Müdigkeit nach dem Champions League-Aus, gravierende strukturelle Probleme in allen Mannschaftsteilen, enorme individuelle Unzulänglichkeiten. Nach zwölf Punkten in 14 Spielen und dem Sturz von Platz 4 auf Rang 12 entstehen einerseits Fragen zum taktischen System andererseits zur Leistungsfähigkeit des Kaders. Aus dem Hoeneß-System ist teilweise ein starres, behäbiges, manchmal uninspiriertes und unpräzises Spielsystem geworden. Anpassungen hat der Trainer im Verlauf der Saison durchaus vorgenommen. Weil sich Gegner darauf eingestellt haben und der Spielaufbau über die Innenverteidigung gegenüber dem letzten Jahr aufgrund des neuen Personals deutlich verschlechtert hat, lässt er immer wieder mit langen Bällen spielen, die letzte Saison noch verpönt waren. Bei tief stehenden Gegnern, wie Heidenheim oder auch dem Pokalgegner Bielefeld, funktioniert das eher nicht. Gegen Heidenheim überraschte Sebastian Hoeneß nach der Einwechslung von Nick Woltemade mit einem Dreier-Sturm und sorgte damit für ein Momentum, das seine Mannschaft leider nicht nutzte. …

Breaking Bad Cannstatt

Noch vor wenigen Monaten war die Welt in Bad Cannstatt in Ordnung. Der VfB Stuttgart feierte Highlights in der Champions League, spielte eine mehr als ordentliche Hinrunde und lag am 18. Spieltag auf Platz vier. Die Spielweise nicht ganz so begeisternd wie in der Vizemeister-Saison, aber doch weiterhin fluide, mutig und dominant. Es schien so, als ob der VfB seine herausragenden Leistungen bestätigen könne. Doch nach dem Ausscheiden aus der Champions League gegen Paris St. Germain ging es bergab. Die Rückrunde liest sich wie ein Kapitel, das man am liebsten überspringen möchte: 12 Punkte aus 14 Spielen, sechs Heimniederlagen in Folge – Vereinsnegativrekord. Aus einer Mannschaft, die erneut auf dem Weg nach Europa schien, ist ein Team geworden, das ohne Führerschein oder zumindest mit angezogener Handbremse in die wichtigsten Wochen der Saison fährt. „Breaking Bad Cannstatt“ – das trifft es sehr gut. Es ist etwas verrutscht, der VfB ist vom rechten Weg abgekommen. Vor allem das, was ihn so stark gemacht hat: Die Spielfreude, das Finden von Freiräumen, ein gewisses Tempo, das vertikale Passspiel, das …

Es lässt sich nicht mehr mit Glück und Pech erklären

Die sechste Heimniederlage in Folge, eine unterirdische Rückrunde: Würde der Trainer Markus Weinzierl, Tayfun Korkut, Jürgen Kramny oder Bruno Labbadia heißen, gäbe es eine veritable Trainerdiskussion. Das ist zu Recht nicht so. Warum? Weil Sebastian Hoeneß besondere Qualitäten hat, die er bereits nachgewiesen hat. Und weil der VfB im Pokalfinale steht und das euphorisierend wirkt. Weil der Gedanke an Berlin vieles überstrahlt, was aktuell im Tagesgeschäft Bundesliga falsch läuft. Weil das Vertrauen in Hoeneß groß ist. Und weil die vergangene Saison so erfolgreich war, dass sie noch heute nachwirkt. Doch genau das kann zum Problem werden. Denn der Blick auf die Vizemeisterschaft verhindert womöglich, die vielen offensichtlichen Probleme anzugehen. Muster wiederholen sich – und keiner unterbricht sie. Die Spielverläufe ähneln sich. Die Mannschaft wirkt gegen Ende vieler Spiele ausgebrannt, körperlich und mental. In der Abwehr fehlen Abstimmung und Führung, vorne die letzte Konsequenz, dazwischen oft die Struktur. Spieler, die noch vor wenigen Monaten aufblühten, wirken gehemmt, verunsichert, teilweise regelrecht blockiert. Die beispiellose Negativserie des VfB ist keine Verkettung unglücklicher Umstände mehr – sondern ein Muster: …

Lecko Millot: irrer Kick in Köpenick

Sebastian Hoeneß sagte nach dem Spiel, er könne seiner Mannschaft “keinen Vorwurf machen, ich muss sie loben!“ Sport-Vorstand Fabian Wohlgemuth fand gar, es gibt „wenig Grund zu nörgeln“. Hatte der VfB bei Union Berlin gewonnen? Hatte der VfB ein gutes Spiel in Köpenick gemacht? Nicht wirklich. Ok, es war ein aufregendes 4:4. Und es war ein Spektakel, das sich als Erklärung gut eignet. So wie sich seit Ende Januar verwegene Spielverläufe gut als Erklärung für fehlende Punkte eigneten, ungerechtfertigte Platzverweise, Unreife, eine an sich gute Spielanlage, kuriose Abwehrfehler. Jetzt kommt eine Rekordhalbzeit dazu. Erklärungen hat der VfB immer schnell und davon viele. Lösungen leider keine, auf Platz 14 steht der VfB in der Rückrunde, in der Gesamttabelle auf einem enttäuschenden Platz 11. Und das wird für viel zu gut befunden und „gute Phasen“ oder eine „gute Entwicklung“ gesehen. Dabei ist die einzige Entwicklung die, die nach unten geht. Eigentlich ist es die Saison, die wir immer wollten. Insgesamt sorgenfrei, mit absoluten Highlights in der Champions League und einzelnen Bundesligaspielen (Dortmund, Leipzig, Freiburg). Dazu kann der …

Kicken, Kunst und Kinder

Kunst und Kicken, wie passt das in Stuttgart zusammen? Nicht nur rund um den Eckensee wird Theater gespielt, auch auf dem Feld gibt es regelmäßig bühnenreife Auftritte. Wobei es da eher um die goldene Himbeere geht, wenn sich Fußballer als Laienschauspieler aufführen. Konnte man am Sonntag eindrucksvoll bei Mitchell Weiser bewundern. Die VfB Stiftung “Brustring der Herzen“ und die Württembergischen Staatstheater spielen jetzt für Kinder einen Doppelpass zwischen Kunst & Kicken! Es ist von beiden erst einmal ein Experiment, soll aber keine Eintagsfliege sein und idealerweise einmal jährlich organisiert werden. Um was geht’s? Zusammenhalt, Identifikation, Leidenschaft und Teamspirit sind überall wichtig: Sowohl auf der Bühne wie auch dahinter als auch auf dem Spielfeld. Das wollen die VfB Stiftung und die Württembergischen Staatstheater Kindern in einem Projekt verdeutlichen. Staatstheater x VfB In einem gemeinsam organisierten “Fußball- und Kultur-Camp“ in den Osterferien vom 14. bis 17. April kicken, malen, spielen und zündeln (ja, Pyro!) 40 Kinder. Sie werfen auch einen Blick hinter die Kulissen und lernen, wie viele Menschen im Hintergrund dafür sorgen, dass am Ende alles …

Der DFB präsentiert: Das große Schlagerfest

Ein Gutes hatte die indiskutable Leistung von Daniel Schlager beim 1:2 des VfB gegen Werder Bremen: Nach Abpfiff hatte der Schiri hatte Florian Silbereisen auf seiner Mailbox. Er will Schlager zum nächsten Schlagerfest als Stargast einladen. Geplant ist, einen Einspieler mit Schlagers größten Fehlentscheidungen zu zeigen und mit seinen treuen Entschuldigungen zu untermalen. Drübersingen im Vollplayback soll Andy Borg ein Medley der größten Schlager-Hits von „Adios Nick“ über „Verdammt, ich verpfeif’ Dich“ bis zu „Ein bisschen Platzverweis muss sein“. Was Daniel Schlager am Sonntag im Neckarstadion abgeliefert hat, war jedenfalls keine Schiedsrichterleistung, sondern eine Bühnenshow. In der Hauptrolle: er selbst. In der Nebenrolle: Nick Woltemade, der mit Gelb-Rot runter muss – für ein „Foul”, das selbst in einer Samstagabend-Show namens „ZDF Witzparade“ keine Lacher bekommen hätte. Die schauspielerische Leistung von Mitchell Weiser allerdings durchaus beeindruckend, wenn auch so glaubwürdig und authentisch wie die Songtexte der Flippers. Es war also das erwartete Schlagerspiel zwischen dem VfB und Werder Bremen: Nachdem der Schiedsrichter aus Rastatt den VfB schon gegen Frankfurt (Pokal-Halbfinale 2023), Leverkusen (Pokal-Viertelfinale 2024), Kaiserslautern (Pokal, …

Es gibt keine Gerechtigkeit im Fußball

“Glück und Pech, das gleicht sich aus über die Saison gesehen“, ist eine der vielen Fußballweisheiten. Schiri-Entscheidungen, Eigentor, Latte, Pfosten, VAR, Slapstick-Fehler: Irgendwann verteilt sich das gerecht auf alle Teams. Nur im Fan-Dasein trifft das nicht zu. Natürlich haben nur die Bayern Dusel, es wird stets so lange gespielt, bis Leverkusen sein Tor schießt. Der Glubb ist immer dr’ Depp, der HSV steigt nie auf und als VfB-Fan hat man es sowieso am schwersten. Erst ständig gegen den Abstieg spielen und jetzt völlig überfordert sein, weil der VfB nicht nur in der Champions League gespielt hat, sondern auch noch im Pokalfinale steht, aber trotzdem so viele Heimspiele in Folge verloren hat wie einst unter Jürgen Kramny.  Unangenehme Nebenerscheinung des Erfolgs ist, dass alle daran Teil haben wollen. Alle wollen Champions League sehen, alle wollen ins Finale nach Berlin. Niemand lässt sich absprechen, dass er schon immer ein Herz für den VfB gehabt hat. Wo waren die denn 2016 in der zweiten Liga auswärts an einem kalten Sonntag Nachmittag in Aue oder im Dezember 2012 beim …

Völlig losgelöst!

Wer befürchtet hatte, dass dem VfB nach der magischen Pokalnacht gegen Leipzig im Liga-Alltag Energie und Motivation fehlen würden, wurde eines Besseren belehrt. Ja, auch ich gehörte zu den Bedenkenträgern, schließlich kenne ich meinen VfB, der nach einem Highlight gerne gegen einen vermeintlich schlechteren Gegner einen Gang runter schaltet. Der VfB dagegen mit einem eindrucksvollen Auftritt in Bochum. Erneut standen Spieler im Rampenlicht, denen viele in der Vergangenheit die Qualität abgesprochen hatten: Ermedin Demirovic erstmals mit drei Treffern in einem Pflichtspiel, Atakan Karazor feierte mit zwei Assists ebenfalls eine Premiere in seiner Profi-Karriere. Aber es waren nicht nur die beiden, die auf sich aufmerksam machten. Es zeigte sich die Qualität der Kaderbreite beim 4:0 in Bochum: Hoeneß tauschte seine halbe Anfangsformation aus im Vergleich zur unglaublichen Partie gegen die Leipziger: einerseits aufgrund von Sperren (Angelo Stiller, Maximilian Mittelstädt, Ameen Al-Dakhil), andererseits, um Frische ins Team zu bringen und Spielern aus der zweiten Reihe Spielpraxis zu geben. Oder um ihnen zu zeigen, dass er ihre Trainingsleistungen sehr wohl sieht. Luca Jaquez kam zu seinem Startelf-Debüt in …