In der Welt des Fußballs gibt es Momente, die wie Zauberei wirken, wenn mehrere Spieler ihre Fähigkeiten plötzlich zu einem beeindruckenden Ganzen verschmelzen. In der Saison 1996/97 prägte das “magische Dreieck” des VfB Stuttgart den deutschen Fußball. Eine Zeit lang wirkte das bezaubernde Zusammenspiel von Fredi Bobic, Giovane Elber und Krassimir Balakow geradezu unwirklich. Die Verbindung zwischen den Spielern war dabei ein für alle sichtbares Band der Spielfreude, ihr Spielverständnis basierte auf Telepathie.

Ist jetzt die Zeit gekommen für die Nachfolger des magischen Dreiecks?

Sebastian Hoeneß sprach unmittelbar nach dem Sieg in Frankfurt davon, dass er eine Lösung finden muss, wie er Serhou Guirassy und Deniz Undav in die Startformation seines Teams bringen kann. Zu gut sind beide, als dass er einen auf die Bank setzen könnte. Aber wer Guirassy und Undav sagt, der muss auch Enzo Millot sagen. Ein Trio, das nicht nur die Herzen der Fans erobert hat, sondern auch die Gegner mit ihrer undurchschaubaren Spielweise herausfordert. Wenn diese drei Spieler ihre Kräfte vereinen, kann auf dem Spielfeld eine bisher ungekannte Geometrie des Erfolgs entstehen.

Wie könnte die Formel eines neuen magischen Dreiecks aussehen?

Kein Hokuspokus ist die kraftvolle Präsenz und unheimliche Torgefahr von Serhou Guirassy. Seine Trefferquote vor seiner Verletzung: nicht von dieser Welt. Nur von Vorteil für ihn, wenn ein zweiter torgefährlicher Angreifer neben ihm spielt. Im Strafraum ist Deniz Undav besonders gefährlich. Um mit Guirassy zusammen zu spielen, müsste er allerdings leicht versetzt hinter ihm agieren. Aber auch hier kann er seine Fähigkeiten als Illusionist ausspielen. Denn manchmal wirkt der 27-jährige nicht anwesend, um Sekunden später in einer gefährlichen Situation involviert zu sein. Mit seinen Taschenspielertricks und seiner Bolzplatzattitüde wäre Undav die perfekte Ergänzung zu Guirassy. Seine Zaubersprüche haben ihn sowieso unentbehrlich im Team gemacht.

Enzo Millot, der junge Zauberlehrling des Trios, bringt Frische und Leichtigkeit in das magische Dreieck 2.0. Sein Spielverständnis und seine Kreativität auf dem Spielfeld gleichen einem Zauberbuch, aus dem der junge Franzose während des Spiels immer wieder vorliest. Millot ist der Schlüssel für die Magie. Seine Pässe, die einmal wie mit dem Lineal gezogen wirken, eine anderes Mal wie mit der Präzision eines Zirkels gespielt sind, bilden die magischen Formeln, um Angreifer in optimale Positionen zu bringen.

Wenn diese drei Spieler ihre Kräfte vereinen, entsteht auf dem Spielfeld ein außergewöhnliches Dreieck. Guirassy bildet die Spitze, während Undav und Millot die beiden Eckpunkte besetzen. Aber wer meint, das wäre eine geordnete Struktur, wird von den Dreien immer wieder überrascht. Guirassys kraftvolle Physis, Undavs Unbekümmertheit und Millots jugendlicher Elan könnten schon gegen Werder Bremen erstmals zu einem erfolgreichen Zaubertrank werden. Jetzt muss Trainer Hoeneß eine taktische Formation für sie finden und auch Chris Führich einbinden, der zum vierten Element werden kann.

Das Besondere der aktuellen Mannschaft ist, dass auch in der Abwehr ein magisches Dreieck spielt mit Alex Nübel im Tor und den Verteidigern Waldemar Anton und Dan-Axel Zagadou. Sie strahlen eine Aura der Stabilität aus, wie man sie in Stuttgart lange nicht gesehen hat: Nübel vermittelt seinen Vorderleuten Sicherheit, Zagadou beeindruckt mit seiner unglaublichen Präsenz und Anton überzeugt mit seiner Führungsstärke. Alle drei vereint der absolute Wille, das eigene Tor zu verteidigen. Kein Wunder, dass in Frankfurt “Eine Abwehr aus Granit, so wie einst Real Madrid” Gesänge im VfB-Block zu hören waren.

Guirassy, Undav und Millot könnten das Erbe des magischen Dreiecks von 1996/97 antreten, um eine neue Ära des Zauberfußballs einzuläuten. Aber wir müssen bedenken: Elber, Bobic und Balakov führten ihre Tricks nur eine Saison lang gemeinsam auf. Das wäre beim magischen Dreieck 2.0 auch zu befürchten. Aber erst einmal lassen wir uns weiter von ihnen verzaubern.

Bild: Thomas Kienzle/AFP via Getty Images