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Der Stimmungsmacher

Seit 2014 hat er alles mitgemacht und mitverantwortet: zwei Abstiege, zwei Aufstiege, die Ausgliederung, den Datenskandal, elf Trainer, fünf Sportvorstände. Seit der Ausgliederung 2017 ist er Mitglied der schnellen Eingreiftruppe namens „Präsidialausschuss“, bestehend aus Präsident, einem Altgedienten mit Sportkompetenz (zuletzt Hermann Ohlicher, aktuell Rainer Adrion) und eben Mister Wilfried Porth himself.

Wilfried Porth ist der Vertreter des Anteilseigners Daimler im VfB AG-Aufsichtsrat, er schaut nach dem Rechten und soll dafür sorgen, dass nichts dem Erfolg im Wege steht, schließlich soll die Marke Mercedes nicht beschädigt werden, sondern im besten Fall vom Engagement beim VfB profitieren. Ob ihm das mit seinem Verhalten und seiner Politik bisher gelungen ist? Ein unanständiger Wolfgang Dietrich als Präsident, zwei Abstiege, die Mitgliederverarsche und die Schlammschlacht Anfang des Jahres zwischen Verein und AG: Genau das sollte wohl der stellvertretende Vorsitzende des Kontrollorgans Aufsichtsrat eher verhindern, oder?

Wilfried Porth ist der Förderer und Einflüsterer von Thomas Hitzlsperger. Oder um 11Freunde zu zitieren: „… (Porth) war die trei­bende Kraft hinter dem Anteils­ver­kauf an die Daimler AG und war auch maß­geb­lich daran betei­ligt, Thomas Hitzl­sperger im Oktober 2019 zum Vor­stands­vor­sit­zenden der AG zu berufen und dabei keinen Zweifel an der Agenda zu lassen, die da lautet: die aus­ge­glie­derte AG mög­lichst weit ent­fernt vom Zugriff durch den Haupt­verein zu posi­tio­nieren.“ Und damit von der sowieso begrenzten Mitbestimmung durch die Mitglieder.

Ist es so weit hergeholt, dass Porth Ende 2020 „The Hammer“ zur Präsidentschaftsbewerbung geraten hat? Denn der unverschämte Move und auch der Stil und Ton passen deutlich besser zu Porth als zu Hitzlsperger. Als vermeintlicher Kontrolleur und Ratgeber im Aufsichtsrat schwingt sich Porth immer mehr zum Akteur und Spielmacher auf. Problem nur, dass seine Spielchen meistens mit schmutzigen Tricks verbunden sind und nur der AG nutzen. Durchaus möglich auch, dass der beim Daimler bekannte „Porth-Stil“ in der VfB-Geschäftsstelle Einzug eingezogen ist, wollen doch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nun einen Betriebsrat bilden, um vermeintlicher Willkür und Ungerechtigkeit entgegen zu wirken.

Ist es gut für den VfB, einen Mann im Aufsichtsrat sitzen zu haben, der sich mit den zivilen Umgangsformen nicht auskennt? Wir könnten ja mal Guido Buchwald zu den verbalen Fouls von Porth befragen.

Ist es gut, einen Mann im Aufsichtsrat der VfB AG zu haben, der sich in die Vereinsbelange einmischt und sie aktiv beeinflussen möchte, wie in einer Rundmail an Daimler-Mitarbeiter, den überaus erfolgreichen und honorigen Präsidenten Wolfgang Dietrich 2019 nicht abzuwählen?

Ist es gut, einen Mann beim VfB an maßgeblicher Stelle zu haben, der der Meinung war, Wolfgang Dietrich „ist genau der Präsident, den wir wollten“?

Ist es gut, einen Mann beim VfB zu haben, der mindestens einen Keil zwischen Verein und AG treiben will, wenn nicht sogar den Verein mit der AG dominieren will?

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Porth eine vierjährige Amtszeit von Claus Vogt unbedingt verhindern möchte. Dazu scheint jedes Mittel recht, es ist wohl keine besonders wagemutige Vermutung, dass Porth hinter allerlei Störfeuer aus dem Boulevard stecken könnte. Porth ist dabei nicht der Vorsänger dieser Kampagnen, sondern Stimmungsmacher im Hintergrund.

„Ich weiß nicht, wie es in anderen Klubs aussieht. Aber unser wichtigstes Vermögen sind unsere Fans. Und für die gibt es keine Ablöseklausel“, meinte Ramón Rodríguez Verdejo, Sportchef des mehrmaligen Europa League-Siegers FC Sevilla, angesprochen auf die finanziellen Herausforderungen durch die Corona-Krise und den Wegfall von großen Teilen der Einnahmen. Es scheint so, als ob Porth das ignorieren würde: Ohne Fans und Mitglieder kein Verein, ohne Verein keine AG. Aber Porth geht es in erster Linie darum, den Einfluss von außen – sprich der Fans und Mitglieder – möglichst klein zu halten, um „störungsfrei“ schalten und walten zu können. Störend ist dabei wohl auch der amtierende Präsident Claus Vogt. „Meine kritische Haltung zu Herrn Vogt ist bekannt. Und es gibt keinen Grund, diese zu ändern.“, sagte er jetzt der Stuttgarter Zeitung/Nachrichten. Und er sagte auch: Sein Sitz im Aufsichtsrat der VfB AG hängt von der Wahl des Präsidenten ab. Sprich: Wird Mitbewerber Pierre-Enric Steiger gewählt, bleibt Porth an Bord. Damit betreibt Porth erneut aktive Wahlwerbung und will in Vereins-Bereiche eingreifen, die nicht in seinem AG-Einflussbereich liegen. Vielleicht sollte ihm mal jemand den Unterschied zwischen Verein und AG erklären.

Ob er mit seinem Bekenntnis dem Kandidaten Steiger einen Gefallen getan hat? Womöglich entscheiden sich einige Mitglieder nun extra für Vogt, um Porth los zu werden, der vielen Fans ein Dorn im Auge ist. Baut Porth mit seinem Statement eine Drohkulisse auf, dass sich Daimler als Anteilseigner beim VfB womöglich ohne ihn zurückzieht? Daimler ist nicht Porth und Porth ist nicht Daimler, zumal sein Vorstandsmandat beim Stern nicht verlängert wurde und er ab 2022 nicht mehr für die Premium-Marke tätig ist. Für das Verhältnis des VfB zu Daimler würde ein Aufsichtsrat ohne Porth keinen Unterschied machen. Im Gegenteil: Würde der Nachbar mit dem Stern in Zukunft eine Person entsenden, die nicht für das Unternehmen tätig ist, könnte man das auch als mangelnde Wertschätzung interpretieren.

Sinnvoller wäre es. eine andere Person in den Aufsichtsrat der VfB 1893 AG zu entsenden. Es würde dem VfB gut tun. Denn solange Wilfried Porth im VfB AG-Aufsichtsrat sitzt, wird er Stimmung machen und der VfB nicht zur Ruhe kommen. Ruhe, die dringend benötigt wird, um den VfB weiter zu entwickeln und um sportlich weiterhin erfolgreich zu sein.

Foto:
Imago

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