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Souverän. Sicher. Weiter.

Die Saison entwickelt sich für Union Berlin zu einer Horror-Serie, während die Stabilität des VfB schon fast unheimlich ist. Nach der eher unglücklichen Niederlage gegen Hoffenheim kommen die Stuttgarter im Union-Style im DFB-Pokal eine Runde weiter: mit einem dreckigen Sieg.

Solche Spiele musst du gewinnen. Und an solchen Spielen kann man sehen, wie reif die Mannschaft ist und wie gefestigt. Die Niederlage gegen Hoffenheim? Offensichtlich abgehakt. Der VfB ist in der Vergangenheit sonst immer dafür bekannt gewesen, sich von dieser Art von Rückschlägen aus dem Rhythmus bringen zu lassen. Gegen Union wirkte der VfB weder hektisch noch verzweifelt bemüht, das 2:3 unbedingt vergessen zu machen. Die Mannschaft verließ sich auf ihr Können und auf den Matchplan des Trainers. Sie weiß, was sie kann, ohne überheblich zu werden und strahlte eine beeindruckende Souveränität aus.

Es wurden jedoch auch die richtigen Lehren aus der ersten Niederlage nach sechs Siegen gezogen. Der VfB stand defensiv sicher und verteidigte leidenschaftlich sein eigenes Tor. An Dan-Axel Zagadou zerschellten fast alle offensiven Bemühungen der Berliner. Wenn es darauf ankommt, würde der Innenverteidiger wahrscheinlich auch einen heranrauschenden ICE mit einer Hand bremsen. Das sah auch Deniz Undav so, der seine Auszeichnung zum besten Spieler des Spiels an Zagadou weitergeben wollte. Auf der anderen Seite war Union aber auch gespenstisch harmlos. Bemüht zwar, aber überwiegend ideenlos. Selbst ihre Standards haben ihren Schrecken verloren.

Offensiv sah das nicht immer besonders gut aus:
Weil der VfB in der tiefstehenden Berliner Mauer kaum eine Lücke fand. Aber die Mannschaft versuchte es immer wieder, blieb ruhig, blieb dran. Auffällig jedoch, dass sich das Fehlen Enzo Millots bemerkbar machte: Seine Ballsicherheit wurde vermisst, ebenso seine Funktion als Organisator und Initiator von Angriffen. Mit diesen Rollen war sein Stellvertreter Woo-Yeong Jeong überfordert.

Zu sehen war auch, dass Deniz Undav mehr ins Spiel eingebunden sein will. Seine Schnittstellen-Pässe kamen allerdings allesamt nicht an, zudem fehlte es an der Strafraumbesetzung, wenn er sich fallen lässt. Beim 1:0 war er natürlich zur Stelle, nachdem Hiroki Ito auf der linken Seite durchgebrochen war und Jamie Leweling nicht präzise genug schoss. Ein Stürmer muss da stehen und es war ihm anzumerken, wie glücklich Undav über das goldene Tor war. Seine Fehlschüsse gegen Hoffenheim? Damit hoffentlich vergessen.

Die Köpenicker also im Angriff schaurig ideenlos, der VfB mit der deutlich besseren Spielanlage und dem Wissen, dass es nur eine Frage der Zeit ist bis das zweite Tor fällt. Leweling, bei dem erneut mehr misslungene als gelungene Aktionen auf dem Zettel standen, mit einer guten Schuss-Chance (53.) und Silas nach Fehlpass von Robin Gosens (82.) hätten das Spiel entscheiden können.

Sebastian Hoeneß sendete allerdings ab der 80. Minute das Signal, dass der VfB nicht mehr auf das zweite Tor geht: Er wechselte Undav für Leonidas Stergiou aus, der auf die rechte Seite rückte, weil der sehr solide und zuverlässige Pascal Stenzel ebenfalls den Platz verließ. Das war nicht ohne Risiko. Wenn es gefährlich wurde, dann über die rechte Abwehrseite, wo Sheraldo Becker einige Akzente setzte. Dahin den unerfahrenen Stergiou zu stellen? Zumindest mutig. Die letzten Minuten wurden dadurch unnötig aufregend, auch das Stadion merkte das und entwickelte zur Verteidigung eine ordentliche Lärmmauer. Aber es ist zu vermuten, dass die Eisernen an diesem Tag wahrscheinlich auch nicht ins leere Tor getroffen hätten.

Auch wenn mein VfB-Über-ich das immer vermutet oder zumindest befürchtet:
Der VfB spielte wieder nicht den Aufbaugegner, sondern zog sicher und unspektakulär in den nächste Runde ein. Ein Pflichtsieg gegen ein Team, das am Boden liegt. Nicht ganz so schlimm steht es um den nächsten Gegner. Aber Heidenheim verlor die letzten vier Spiele und kassierte dabei drei Treffer pro Partie. Der VfB kann am Sonntag beweisen, wie gefestigt er ist.

Zum Weiterlesen:
Rund um den Brustring meint, der VfB habe wieder alles unter Kontrolle und hätte in der nächsten Runde nichts gegen einen Trip nach Homburg oder Kaiserslautern.

Stuttgart.International beschäftigt sich mit der Kunst des 1:0 “da der VfB in der Vergangenheit einfach zu schusselig für das Minimalisten-Ergebnis war” und wirft einen Blick auf Undav und Leweling: “Auf der einen Seite Mister Effizienz, der Abstauber, der Wühler – auf der anderen Seite Mister Chancenwucher, der Tollpatschige, der schneller ist als der Ball. “

Die Süddeutsche Zeitung (Plus-Content) sieht im erfolgreichen Saisonstart des VfB vor allem die Tatsache, dass die Mannschaft jetzt auch Füße mit Köpfe hätte und fragt sich, ob der VfB Sven Mislintat entweder den Erfolg der aktuellen Saison oder den Misserfolg der vergangenen zu verdanken hat.

Bilder: Thomas Kienzle/AFP via Getty Images

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11 Kommentare

  1. soundzecke sagt

    Die Niederlage erstaunlich gut weggesteckt und ein wirklich souveränes Spiel abgeliefert, bravo.
    Ich sehe es wie ihr, dass diesmal defensiv viel konzentrierter agiert wurde. Allgemein muss man feststellen, dass man trotz dem kurzen Abstand zwischen den Spielen immer wieder kleine Fortschritte im Spiel erkennt.
    Keine Stagnation sondern Anpassung, insbesondere sind mir gestern die oft eingestreuten und hervorragenden weiten Seitenverlagerungen aufgefallen.
    Es ist schon faszinierend, dass scheinbar immer mehr Möglichkeiten der Spieleröffnung umgesetzt werden.
    Und ich finde, dass es gar kein dreckiger Sieg sondern eher überzeugender Sieg war.
    Das Selbstverständnis wie die Mannschaft auftritt ist einfach großartig.

  2. drhuey sagt

    Ich mag keine 1:0-Siege des VfB. Das lange Zittern, gerade im Pokal, und die auf jahre-/jahrzehntelange Erfahrung fusenden Zweifel, ob der VfB dieses knappe Ergebnis durchbekommt, sind zu nervenzehrend. Dabei war das gestern ein so reifer Auftritt, bei dem man den Ball im Vergleich zu den letzten Saisons, gefühlt mit doppelter Geschwindigkeit und Sicherheit in den eigenen Reihen zirkulieren lässt und geduldig die Lücke(n) sucht. Clever obendrein, den Unionern den in ihrer Situation mit 0:1-Rückstand dringend benötigten Ball, einfach zu verweigern. Das hatte phasenweise fast schon citiesque Züge in der 2. Halbzeit. An diese neue Reife und Souveränität muss ich mich erstmal gewöhnen. Auch gegnerische Trainer werden die Aufgabe zunehmend schwerer wahrnehmen. Ausser vielleicht gegen die paar Mannschaften, die in der Lage sind im letzten Drittel sehr schnell zu kombinieren, geht der VfB in Zukunft mindestens auf Augenhöhe ins Rennen. Trotz den nach wie vor bestehenden Schwachpunkten wie Leweling und Silas, Karazors teilweise haarsträubenden Ballverluste, Stenzels Geschwindigkeitsdefizite, und, Undav ist kein Guirassy, kann es für einen ruhigeren Saisonverlauf reichen. Mehr ist auch unrealistisch und muss nach dieser jahrelangen Leidenszeit auch nicht sein.

  3. shoeshine sagt

    Mich hat gefreut, dass Undav „sein“ Tor gemacht hat. Und noch mehr, dass er seinen „man of the match“ an Zagadou geben wollte. Anständiger Kerle und zeigt, dass er ein Teamplayer ist. Und ich denke auch, dass Zagadou der Beste war gestern. Der Kommentar von Wolff-Christoph Fuss von sky – übrigens auch grossartig am Mikro – brachte es auf den Punkt: „alles oberhalb der Baumgrenze heisst Zagadou“. Geiler Spruch.

  4. Konny sagt

    Weiß zufällig jemand von Euch, was da in der letzten Minute mit Daxo und Union und Fischers roter Karte genau war? Im TV Bild wurde das nicht wirklich gezeigt und Wolff “das Fleisch ist auf dem Grill” Fuss hat da auch nicht mehr viel dazu gesagt… wollten die noch Elfer? Was war das Problem?

    Am Ende des Tages komme ich immer zum gleichen Ergebnis, nämlich: ich mag Union nicht. Und bin froh, dass man denen mal eine Weile nicht mehr begegnen muss.

    Wenn man bedenkt, dass wir es nicht gewöhnt sind, 2x pro Woche zu spielen und “früher” in englischen Wochen immer untergingen, war es überragend, dass wir weitergekommen sind und die “Null” gehalten haben. Wie sagte Hoeneß, es gab Licht und Schatten. Mit Silas und Leweling hab ich grad so meine Anpassungsstörungen, aber es ist (sehr) gut, dass wir das so runtergespielt haben und Union plus RB raus ist.

    Mal sehen, was unsere zweitbesten Freunde nach Union heute gegen Dortmund so machen?

    So eine Fahrt nach Homburg wäre doch mal ganz cool :-)

    • @buzze sagt

      Nach dem Zusammenprall hatte Stegemann das Spiel unterbrochen. Zu dem Zeitpunkt war Union in Ballbesitz (meint zumindest Fischer), aber danach gab es Schiedsrichterball bei Nübel.

  5. LuckyPuncher sagt

    Was mich interessiert hätte: wie Sebastian Hoeneß im Falle eines späten Ausgleichs und entsprechender Verlängerung wieder in die Offensive gekommen wäre… Rein theoretisches Interesse – generell macht es einfach Spaß und scheint durchaus Potenzial zu einer gewissen Nachhaltigkeit zu haben.

    • @buzze sagt

      Da wurde er in der PK auch gefragt. Seine Antwort: Er hatte mit Egloff und Milosevic noch zwei Offensive auf der Bank und hätte in der Verlängerung nochmal tauschen können. Außerdem meinte er, dass Mittelstädt auch viel offensiver agieren kann.

  6. Clemens sagt

    Ich habe gerade gesehen, dass Florian Badstübner als SR für die Partie gegen Heidenheim angesetzt wurde. Die Auffälligkeiten der von ihm verteilten roten Karten gegen VfB-Spieler war mir bereits bekannt, aber das Ausmaß seiner Antipathie gegenüber dem VfB ist zumindest den Zahlen nach mehr als offensichtlich. Ich empfehle an dieser Stelle den gut recherchierten Beitrag #34 eines Users auf tm.de zur Partie am Sonntag, der die Statistik des Grauens von Badstübner bei Spielen mit VfB-Beteiligung exzellent zusammengefasst hat.

    Wir dürfen uns somit auf zahlreiche Karten sowie diverse Fehlentscheidungen gegen den VfB gefasst machen. Gegenüber einer Nominierung von Badstübner sind VfB-Spiele unter der Leitung von Schlager und Zwayer regelrechte Glückfälle. Für mich der inkompetenteste SR in Deutschland.

  7. Konny sagt

    Mag den Schiri auch nicht 😬 die rote Karte gegen Ahamada war damals maximal bescheuert 🙄. Trotzdem können wir anhand der heutigen Ergebnisse tiefenentspannt auf die nächsten beiden Spiele blicken. DO so wie heute ist machbar, gegen Heidenheim muss man eigentlich klar gewinnen, wenn nicht bleiben wir trotzdem auf der drei. Eine bessere Ausgangslage kann man eigentlich nicht haben… Serhou sollte langsam wieder einsteigen, sonst hat er kane Chance mehr auf die Kanone.

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