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Die vierte Dimension

Christian Günther und seine Freiburger dachten, dass sie mit dem Wechsel der Hälften zu Spielbeginn besonders clever wären. Um so zu verhindern, dass der VfB zur zweiten Halbzeit auf die Cannstatter Kurve zuspielen kann und damit die Wucht entwickelt, die es eventuell bei einem Rückstand braucht. Dann schießen wir eben gleich in der ersten Halbzeit die Tore vor unserer Kurve, dachte sich der VfB und entschied die Begegnung mit den Breisgauern frühzeitig. Freiburg hat es nicht anders gewollt.

Wenn der VfB seinem Spiel eine vierte Dimension hinzufügt, dann gibt es offensichtlich keine Limits mehr. Drei Tore nach Ecken in einem Spiel, in einer Halbzeit. Alle Ecken von der gleichen Seite, alle von ein und demselben Spieler geschlagen. Gibt’s eine Statistik, die sowas festhält? Dann bitte mal nachschauen. Schätze, das war beim VfB zuletzt bei Krassimir Balakov der Fall. Also grob Jahrtausendwende.

Der Balakov der Neuzeit heisst beim VfB Angelo Stiller, der die drei Ecken trat. Ein anderer Spielertyp als der legendäre Bulgare, seinen Stempel drückt er dem Spiel ebenso auf. Ihm tat es spürbar gut, dass mit Ameen Al-Dakhil ein spielstarker Innenverteidiger auflief, der die Spieleröffnung übernahm und sich Stiller nicht zwischen die Kette fallen lassen musste. Die Offensivaktionen gelangen dem VfB dadurch flüssiger weil sie einen Mann mehr im Mittelfeld hatten. Und natürlich bekam er im dritten Spiel hintereinander ordentlich auf die Socken.

Was fiel neben der neu entdeckten Stärke bei Ecken auf?

– Alex Nübel musste keinen einzigen Ball halten. Der SC im wahrsten Sinne des Wortes: chancenlos. Die Abwehr stand gegen Freiburg sicher in einer Mischung aus Wucht und Anmut. Auffällig wieder Ramon Hendriks, wenn er sich in Schüsse warf und mit Tacklings aufräumte. Dazu seine Einwürfe fast Flanken.

– Die Eleganz am Ball von Ameen Al-Dakhil: Er ließ sich im Spielaufbau nie aus der Ruhe bringen und organisierte bereits lautstark und gestenreich seine Kollegen.

– Das Loch. Das Loch auf der rechten Seite, wenn Enzo Millot mehr und mehr in die Mitte rückt und Josha Vagnoman seine Position hält. Er ist rechts alleine und ihm fehlt ein Mitspieler.

– Die Widerstandsfähigkeit von Nick Woltemade. Wobei das kaum noch erwähnenswert scheint, sondern mittlerweile als gegeben hingenommen wird. Er macht jeden Ball fest, er gewinnt Kopfballduelle, er ist unheimlich wichtig für den Übergang ins letzte Spieldrittel. Und er tut das mit einer technischen Feinheit, die für Jubel im Stadion sorgt. Während eines Spielzugs.

– Jamie is back: Leweling spielfreudig, durchsetzungsstark, beispielhaft das vermeintliche 3:0 vom starken Ermedin Demirovic, dem er den Ball bis 20 Zentimeter vor der Torlinie servierte.

– Die Rotation funktioniert: Chabot, Führich, Undav, Mittelstädt konnten Kräfte sammeln, ohne dass es sich negativ aufs Spiel auswirkte. Die Kaderbreite scheint im Moment das große Plus zu sein. Wobei auffällt, dass die Schweizer Fabian Rieder und Leonidas Stergiou derzeit überhaupt keine Spielminuten bekommen.

Einsatz- und spielfreudig: Jamie Leweling mit einem energetischen Auftritt

Drei Spiele, drei Siege im neuen Jahr. Das hatten viele der Mannschaft nach dem verhagelten Jahresende mit der Niederlage gegen Sankt Pauli nicht zugetraut. Vor allem die Souveränität des Sieges gegen Freiburg – die wirklich einen schwachen Tag erwischten – überraschte. Das Team von Julian Schuster 90 Minuten überfordert vom VfB, der sich sogar schonen konnte. Sebastian Hoeneß fand an dem Spiel „nichts zu kritisieren“ und sieht vom Feeling her “ein gutes Gefühl in der Mannschaft.“

Einen vierten Sieg benötigt der VfB am Dienstag in Bratislava, um in der Champions League noch unter die ersten 24 Mannschaften zu kommen. Nicht dabei sein kann dabei Unterschiedspieler Woltemade, der nicht für die Königsklasse gemeldet ist. Aber Sebastian Hoeneß wird eine Lösung finden, ganz sicher.

Zum Weiterlesen:
Rund um den Brustring meint, “der Vorteil an den englischen Wochen ist jetzt, dass die Mannschaft sich nicht lange auf Erfolgen ausruhen kann, das letzte Erfolgserlebnis aber trotzdem ins nächste Spiel mitnehmen kann.“

Für Stuttgart.International sind Hendriks und Al-Dakhil die großen Gewinner der letzten beiden Partien und lobt die Kraft der Cannstatter Kurve.

Die Süddeutsche Zeitung stellt fest: “Die Stuttgarter konnten sich nach Herzenslust durchkombinieren, ohne dass es dabei zu lästigen Störversuchen gekommen wäre“.

“Deniz Undav schießt Stuttgart zum Pokalsieg”: Ein Interview mit dem “König von Cannstatt.

Bilder:
Christian Kaspar-Bartke/Getty Images

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8 Kommentare

  1. Konny sagt

    Das war doch echt ziemlich cool gestern. Macht richtig Spaß zuzusehen und ist unfassbar, was das Trainerteam auf die Beine stellt. Ich bitte wegen meiner Schadenfreude ob dem BVB mit A&G um Entschuldigung. Aber es tut irgendwie schon extrem gut, daß wir plötzlich wieder um die Titel spielen, weswegen jene gewechselt sind. Hoffentlich nehmen sie jetzt nicht unseren Trainer weg.

    • Clemens sagt

      Hoeneß ist zu clever, als dass er sich dieses Umfeld antun würde. Wir sollten daher die Daumen drücken, dass in München kein Trainer Stuhl frei wird. Den FCB sehe ich eher als Nachfolge Projekt für Sebastian Hoeneß, als einen Wechsel zum BVB.

  2. Clemens sagt

    Der Sieg gegen Leipzig mit den beiden späten gelb-roten Karten hat auch an diesem Spieltag noch einmal Früchte getragen. Ich denke, mit Openda und Sesko wäre Leipzig in Bochum vermutlich als Sieger vom Platz gegangen.

    Und beim VfB scheint es relativ egal zu sein, wer derzeit auf dem Platz steht. Die Rotation im Sinne einer Belastungssteuerung hat zumindest augenscheinlich keine Auswirkungen auf das Spiel Niveau des VfB. Langsam scheint auch die Transferstrategie von Wohlgemuth aufzugehen. Al Dhakil mit ersten erfolgreichen Minuten, Woltemade DER Shooting Star beim VfB, Hendriks eigentlich nur als Backup vorgesehen, entpuppt sich mehr und mehr als echte Alternative für IV und LV. Ich freue mich, wenn auch Diehl endlich wieder fit ist. Und selbst Keitel kommt mittlerweile auf Einsatzminuten. Bei Touré will man anscheinend probieren, die Leihe zu verlängern – absolut vernünftige Entscheidung. Demirovic scheint ein sensibles Gemüt zu besitzen. Der dürfte von dem guten Teamspirit besonders profitieren und wird den Torerfolg hoffentlich als Rückenwind mit in die kommenden Wochen nehmen. Und wer auch immer bislang bezweifelt hat, dass die hohe Ablöse von Undav gut investiert worden ist, sollte spätestens jetzt akzeptieren, dass dieser Junge ein echter Unterschiedspieler ist und die Ablöse spätestens mit einem erneuten Einzug in die Champions League refinanziert ist.

  3. bacardihardy sagt

    Perfekter Start ins neue Jahr
    Was will man mehr
    Weiter so, auf dieser Welle
    Hendricks begeistert mich
    wenn er spielt, spielen wir auch zu Null
    sieht manchmal etwas ungelenk aus
    aber er lässt nichts zu auf Links
    die Abwehr ist stabiler geworden

  4. Roland K. sagt

    Sehr wichtig, dass der VfB die Pleite vom Vorspiel ausgewetzt hat. Sehr souverän übrigens. Unser Kader ist, so zeigt es sich immer deutlicher, wirklich gut und vor allem breit aufgestellt.

    Auch die anfänglichen Schwächen der Abwehr sind geringer geworden. Es sieht insgesamt vielversprechend aus.

    Wir werden trotzdem noch die eine oder andere Niederlage erdulden müssen. Nur: Von 18 Spielen (Bundesliga) nur 4, in Worten ,VIER zu verlieren, das ist für altgediente Fans doch fast schon paradiesisch.
    Damit kann ich sehr gut leben.

  5. Marcus Fichter sagt

    Immer wieder in den letzten paar Monaten habe ich zwischendurch betont, der Hauptgrund für diese Entwicklung ist unser Trainer. Sebastian Hoeneß macht Spieler besser, er hält sie bei Laune und wenn sie reinkommen, performen fast alle.
    Könnt ihr Euch noch erinnern wie Führich jeden Ball verdribbelt hat, Mittelstädt als Mitläufer einer Zweitligamannschaft nach Stuttgart kam ? Wie man Leweling sagen musste, das bei den weißen Linien das Spielfeld aufhört ? Wie Stiller mit kaum Spielpraxis aus Hoffenheim kam ?

    Aus allen wurden Nationalspieler !!!

    Entweder hat S. Hoeneß einfach nen unheimlichen Lauf ( dann soll der niemals aufhören ) oder es ist echt so, welchen Spieler er in seine Fittiche bekommt, er macht ihn besser !

    Ich bin begeistert !

  6. drhuey sagt

    Ich war als bekennender Fanboy von Svennie am Anfang skeptisch als sie FW aus Paderborn holten. Hat er das X-Auge und das Netzwerk wie holy Svennie? Ich wollte zur Beurteilung zwei Transferperioden Zeit geben, damit man eine Idee im Kader erkennen kann. Und heute muss ich meinen Hut ziehen wie FW den Kader zusammen mit SH umgebaut hat. Er hat zum Slogan “jung&wild” und zur Spielidee des Trainers Akteure gefunden, die zusammenzupassen scheinen. Hendricks ist ein Defensivmonster während Al Dhakil bereits andeuten konnte wie wichtig er auch für die Spieleröffnung werden und Anton komplett vergessen machen kann. Das waren sehr mutige Entscheidungen. Und Wolte? Was soll man dazu sagen: er wird wohl neuer Fanliebling. Um nur ein paar herauszugreifen.
    Hoeness gelingt so viel, dass ich denke, er wird der nächste hochdotierte Trainerexport in die PL. Weiss man, ob er Englischunterricht nimmt 😀? ABER: Ich hoffe er erkennt, dass er seine Erfolgsstory auch in Stuttgart fortsetzen kann und mit weiteren CL-Qualifikationen auch die Budgets höher ausfallen, wenngleich weit entfernt vom Niveau eines PL-Abstiegskandidaten.
    Hoeness und BVB? Halte ich für unrealistisch, da der Kader unausgewogen zusammengestellt ist.
    Schön auch zu sehen wie die Mannschaft einen Geist entwickelt hat. Diese Power hatten wir in den gruseligen Jahren auch nie.
    Das alles ist schon ein bisschen “Wolke7-Feeling” (soweit das einem Schwaben gegeben ist 😀).

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