Puh, was für ein Auftakt in die neue Zweitliga-Saison. Ich sag es schon jetzt: 34 Partien von dieser emotionalen Intensität stehe ich vermutlich nicht durch.
Aber der Reihe nach:
Spieler und Fans hätten sicherlich noch gerne drei Wochen länger die Sommerpause genossen, aber man muss die Ligen nehmen, wie sie kommen. Stattdessen das Zweitliga-Auftaktspiel gegen Mitabsteiger Hannover am Freitag Abend. Gefühlslage: freudig erregt und unfassbar gespannt, wie der runderneuerte VfB Stuttgart unter Tim Walter auftritt, wenn es ernst wird.
Doch bevor es auf dem Rasen losging, setzte sich Karawane in Gang. 6.500 Fans in weiß und angesichts der Temperaturen auch in Schweiss. Was für ein Spektakel!
Das Team, das Walter das auf das Feld schickte, war gespickt mit Neuzugängen. Es stand nur ein einziger Spieler in der Startelf, der auch beim letzten Spiel, dem 0:0 in Berlin, von Anfang an dabei gewesen war: Santi Ascacibar. Bereits von Anfang an konnte man sehen, dass der VfB einen Plan hatte. Wann gab es das zuletzt: unter Hannes Wolf? Insua. Terodde. Tor. Repeat. Das Konzept von Walter scheint da etwas komplexer zu sein. Und umfasst auch den Verzicht auf lange Bälle. Und so reagierten die meisten Fans als Gregor Kobel das Spiel mit Doppelpässen im eigenen Strafraum eröffnete.
Bis die 52.000 im Neckarstadion zum ersten Mal jubeln konnten, dauerte es dann keine halbe Stunde: Sahneball von Borna “Boooooooooorna” Sosa auf den zweiten Pfosten, wo Mario Gomez im zarten Alter von 34 Jahren sein erstes Zweitligator erzielte. Nur sieben Minuten später stand es sogar 2:0, weil unter Tim Walter Freistöße jetzt offensichtlich auch ins Tor geschossen werden dürfen. Dafür, dass das Daniel Didavi gelang, sorgte allerdings auch unser guter alter Bekannter Ron-Robert-Zieler.
Zwei Tore Vorsprung, den Gegner im Griff. Was sollte noch schief gehen? Dafür, dass es nicht allzu langweilig wurde, sorgte Maxime Awoudja, der den verletzten Kaminski ersetzte. Sein unglücklicher Klärungsversuch in letzter Sekunde landete im eigenen Tor. Und das mit einem seiner ersten Ballkontakte. Sagen wir mal so: nicht gerade das perfekte Profidebüt. Bemerkenswert: kein Pfiffe, kein Geraune. Im Gegenteil: Awoudja wurde nicht nur von seinen Teamkollegen aufgebaut, sondern auch von den Fans. Schön.
Fast noch spektakulärer als der VfB war dann das Wetter in der Halbzeitpause: Von allen Seiten drückte es den Regen in die Schüssel. Für die meisten eine gelungene Abkühlung. Ziemlich cool blieb auch der VfB und hatte die Partie im Griff. Man konnte allen Spielern anmerken, dass sie richtig Bock hatten. Daniel Didavi rettete einen schlecht gespielten Pass an der Seitenlinie. PER SEITFALLZIEHER!
Nachdem Ostrzolek in der 64. mit Gelb-Rot vom Platz musste, war die Partie eigentlich durch. Leider verpasste der VfB es immer wieder, den Deckel drauf zu machen. Hin und wieder auf absurde Weise, wenn sich gefühlte fünf Stuttgarter im Strafraum Hannovers die Bälle zuspielten.
Spannend wurde es dann aber doch noch mal als Schiedsrichter Dr. Brych die Fortsetzung der Awoudja-Tragödie eröffnete. Er zeigte dem Neuzugang Gelb-Rot – für nichts! Auch hier erfolgte eine bemerkenswerte Reaktion der Fans: Während Awoudja mit Standing Ovations verabschiedet wurde, wurde es etwas lauter, als Kritik an der Entscheidung geäußert. Nee, Spaß: so laut hat man das Neckarstadion selten erlebt. Wahnsinn!
Erster Spieltag. Drei Tore geschossen. Drei Punkte geholt. Auch wenn das Spiel stellenweise noch sehr fehlerhaft war: Da stand ein echtes Team auf dem Platz, mit dem sich die Fans identifizieren können. So darf es gerne weitergehen. Next stop: Heidenheim.