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Ange-kommen im Nationalteam

Der eine spielte im Mittelfeld so wie in Stuttgart: ballsicher, souverän, cool. Der andere brachte seine enorme Energie auf den Platz und schoss das goldene Tor. Man kann sagen, Angelo Stiller und Jamie Leweling sind bei ihrem (Startelf-)Debüt in der deutschen Nationalelf direkt ange-kommen.

Julian Nagelsmann hatte nach der EM endlich ange-rufen und Angelo Stiller für die Nationalelf nominiert. Nach seinen ersten Minuten gegen Ungarn folgte gegen die Niederlande in München sein Startelf-Debüt. Stiller, den Freunde und Mitspieler „Ange“ rufen, besetzte mit seinem Nebenmann Alexandar Pavlovic die Mittelfeldzentrale und es gibt nicht wenige, die in den beiden das Duo der Zukunft in der Nationalelf sehen.

Nach dem Abgang von Wataru Endo war es für Fabian Wohlgemuth keine komplizierte Ange-legenheit, einen Nachfolger zu verpflichten. Sebastian Hoeneß wollte seinen Lieblingsschüler Angelo Stiller haben, mit dem er bereits bei Bayern München und in Hoffenheim zusammen arbeitete. Ange-lockt vom guten Verhältnis der beiden, war der Wechsel letztlich nur Formsache.

Aber nicht alle waren uneingeschränkt überzeugt von Stiller, zunächst musste er mit Vorbehalten leben – kein Wunder: Niemand konnte sich vorstellen, wie Stiller den unerreichbaren Legendo ersetzen sollte. Die Zweifel blieben nur kurz – Stiller lenkte und ordnete das VfB-Spiel von Anfang an mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit.

Stiller ist mit den Beinen nicht der Allerschnellste – im Kopf jedoch so fix wie Usain Bolt. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte er: „Gündogan, Rodri, Thiago, Xabi Alsonso, keiner von denen ist ein Top-Sprinter. Aber sie sind halt im Kopf fünf Sekunden schneller“. Stiller überzeugt mit schneller Auffassungsgabe und Spielintelligenz und manche fühlen sich erinnert an Toni Kroos. Da sind sie wieder, die großen Fußstapfen, aber wem die Nachfolge von Legendo keine Probleme bereitet, den lässt auch ein Vergleich mit Kroos kalt. Ach ja, und Sebastian Hoeneß „hat zu mir noch nie gesagt: Du bist zu langsam“, sagte der 23-jährige.

Der Ex-Hoffenheimer meint, er „war noch nie ein Hype-Spieler, von dem alle schwärmen“. Im begeisterungsfähigen Stuttgart ist das anders: Hier ist sein Stellenwert riesig und er gilt zusammen mit dem Kapitän der französischen U21, Enzo Millot, als der heiße Scheiß beim VfB. Während Millot gerne die Highlights selbst setzt, versucht Stiller, seine Mitspieler in Szene zu setzen und gut aussehen zu lassen. Dabei hilft ihm seine Antizipation: Er weiß schon vorher, wo er der Ball hinkommen wird und er weiß ebenso früh, wohin er den Ball spielen wird. So gesehen macht der langsame Stiller das Spiel schnell. Zudem weiß er, wo er sich positionieren muss, um möglichst großen Einfluss auf das Spiel zu haben. Das war auch gegen die Niederlande nicht zu übersehen.

Stillers Zahlen stimmen, er hat gute Laufwerte und seine Passquoten liegen weit über 90 Prozent. Aber Statistiken hält er für völlig überschätzt: „Ich bin ein großer Freund davon, sich einfach ein Spiel anzuschauen und dann sehe ich auch ohne Preassist-Quote, wer kicken kann“.

Wie gut Jamie Leweling kicken kann, davon konnte sich Stiller direkt ein Bild machen. Kurzfristig für den angeschlagenen Deniz Undav ins Team gerückt, erzielte Leweling bereits nach zwei Minuten den Führungstreffer. Seine große Freude wurde ihm jedoch genommen, weil der VAR zuvor eine vermeintliche Abseitsstellung von Serge Gnabry entdeckt hatte. Runter ziehen ließ er sich davon nicht.

Nagelsmann gab ihm mit, dass er die Energie sehen will, die Leweling beim VfB in jedem Spiel auf den Platz bringt. Der linke Außenspieler an der Seite von Maximilian Mittelstädt präsentierte sich extrem engagiert, machte viele Meter, warf sich überall rein, bestritt die meisten Zweikämpfe im DFB-Team, wir kennen das mittlerweile von ihm. In der 28. Minute war er erneut nah dran am Führungstreffer, aber “er traf den irrenden Stefan Vrij auf der Linie, bei dem man in diesem Moment nicht sicher war, ob er den Schuss blocken wollte oder ob er auf der Flucht war.”

Vor einem Jahr wurde Lewelings Transfer noch kritisch gesehen. Heute jubelt er nach seinem goldenen Tor gegen die Niederlande mit Antonio Rüdiger!

Auch in der zweiten Hälfte mit guten Aktionen und Läufen, ohne jedoch die große Durchschlagskraft zu entwickeln. Nach gut einer Stunde dann das Happy End für Leweling. Im Anschluss an eine Ecke jagte er den Ball in den Winkel. Obwohl er stets zurückhaltend und fast schüchtern auftritt, hat man hier sein Selbstbewusstsein gesehen, das er sich in den letzten Monaten erspielt hatte.

Jamie Leweling als Matchwinner und Man of the Match bei einem Länderspiel – wer hätte das vor einem Jahr gedacht?


Zwei Länderspiele der deutschen Nationalmannschaft, alle sechs VfB-Spieler für Deutschland im Einsatz, der VfB sogar mit dem größten Vereinsblock aller europäischen Ligen. Alle drei Treffer gegen Bosnien und die Niederlande gelangen VfB-Spielern, sogar vier der letzten fünf DFB-Treffer gehen auf das Konto des VfB. Also, wir feiern den VfB Deutschland. Und zwar mit einer Tasse. Wer mitfeiern will, hier entlang.

Bilder: Adam Pretty/Getty Images

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7 Kommentare

  1. Achim Herzblutfan sagt

    Lieber abiszet
    guter Kommentar. Mit dem ” heisser Scheiss beim VfB” bin ich nicht einverstanden. Fuer mich gibt es sprachliche Grenzen !!!!
    Wenn unsere Nationalspieler beim VfB weiterhin ebenso überzeugend performen : Dann ist der VfB künftig im Stile eines ” mir San mir” Angstgegner fuer die 1.Liga. Freue mich schon unbaendig auf die nächsten Wochen bzw. nächsten Samstag. Im Sinne von Highlander sage ich für den VfB: ” Es kann nur einen geben!”

  2. Konny sagt

    VfB Familie ist megastolz auf unseren VfB Deutschland 😍 Glückwunsch 🤍❤️🍀🙏❣️ das wir das mal erleben dürfen …. 🥹

  3. Jochen sagt

    Ich erinnere zart an die Kommentare auch auf dieser Plattform zu Jamie Leweling vor so einem Jahr! War irgendwie nicht sehr positiv. Er macht das super, auch als es nicht so lief. Bleiben wir demütig wie unser Trainer. Es kommen ganz dicke Bretter und Rückschläge . Feiern wir die Situation und bleiben auf dem Boden. Nach Rückschlägen wird sich zeigen, wie stark dieser VfB ist. Ich glaube und hoffe sehr stark.

    • @abiszet sagt

      Danke, für die zarteste Erinnerung seit es Fußball gibt, Jochen. Du hast völlig Recht. Vor einem Jahr fand ich Mittelstädt und Leweling eher mittel. Und heute sind sie Nationalspieler. Respekt an Wohlgemuth, der sie geholt hat. Und Hoeneß, der sie besser gemacht hat.

      Dicke Bretter kommen – auch die Rückschläge? Wären Niederlagen gegen Bayern und Juve Rückschläge? Wir werden es sehen, auch wenn ich nicht das beste Gefühl habe (habe ich gegen Bayern nie).

  4. Konny sagt

    Ich bin traditionell auch vorsichtig optimistisch… so schön das nationale Gefühl ist, so blöd ist halt, dass der Trainer nicht oder nur wenig mit den Leuten trainieren kann. Jetzt alles auf schnell… Bayern, Juve, Leverkusen, Atalanta, dazwischen Pokal und Kiel ist schon ein richtiges Brett 😬 gegen Bayern in Bayern rechne ich eher auch mit nix bis wenig…

  5. Marcus Fichter sagt

    Ach, da ist sie wieder, die Angst vor den Bayern. Wenn der VfB damit auf den Platz geht, dann braucht er gar nicht anzutreten.

    Wie wäre es denn mal andersrum? Die Bayern haben bei allem eigenen Selbstvertrauen einen Heidenrespekt vor dem VfB. Die wissen sehr genau, daß sie das Spiel auch verlieren könnten. Konnte man alles in den Kommentaren in den letzten Tagen rauslesen.

    Zu Stiller und Leweling…oder soll ich Mittelstädt, Führuch, Millot und all die anderen auch nennen, sie alle profitieren m.E. von einem Trainer, der sie 1. auf den richtigen Positionen einsetzt und 2. Ein Spielsystem ( oder mehrere ) spielen lässt, indem sie sich wohl fühlen und 3. Sie auch Fehler machen lässt. Das sind allesamt junge Kicker die von ihrem Trainer besser gemacht werden. Talent haben viele Spieler, zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Trainer dazu zu haben ist nicht von der Hand zu weisen.

    Denkt mal dran, was Labbadia von Millot gehalten hat bzw. wie er mit ihm umgegangen ist. Klar ist Millot jetzt 1,5 Jahre älter und reifer, trotzdem brauch er das Vertrauen und die Freiheiten und sich entfalten zu können. Der eine Trainer sieht das, der andere eben nicht.

    Für mich ist bei allem Talent der Spieler und der richtigen Nase von F. Wohlgemuth S. Hoeneß der entscheidende Mann. Hoffen wir das er es weiter so hinkriegt und ganz lange beim VfB bleiben wird.

  6. drhuey sagt

    So schön und etwas unwirklich der Kader der N11 aktuell anmutet, so gross ist auch die Angst, dass die Säulen des Erfolgs auch bald mehr wollen, nämlich um Titel zu spielen. Hoeness wird nicht ewig Lust haben jede Saison Filetstücke durch Talente zu ersetzen. dafür ist er zu ehrgeizig (bitte schon mal bei Sandro Wagner anklopfen). Enzo ist für ein Nasenwasser zu haben (wenn es stimmt) und an Stiller wird auch schon gebaggert. Flick wird wohl keine Probleme haben ihm Barca zu verkaufen und bei allen Unterschieden in Statur und Stil: etwas Busquets-Vibes würde Stiller mitbringen. In puncto Pressingresistenz kann er sich bestimmt auf Busquets’ Niveau entwickeln.
    Das entbehrt alles nicht einer gewissen Tragik, aber ich finde diese Entwicklung atemberaubend und jetzt sind Leute am Werk, denen zuzutrauen ist, dass es, wenn auch in Wellen, in die richtige Richtung gehen kann. Mich erdet immer ein Blick auf die Tabelle der 2. Liga…so hätte es sich auch entwickeln können.
    Zumindest morgen scheinen die Dinge klar zu sein: Bayern ist wieder zu fürchten und ich gehe davon aus, dass sie diese Saison die Liga dominieren werden. Sie bieten mit dem hohen Pressing gerade für das VfB-Spiel Gelegenheiten, aber andererseits genügen kleine Fehler im Aufbau, die sie effizient bestrafen. Das geht dann einfach zu schnell für unsere IV.

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