Noch gut vier Wochen bis zum Saisonauftakt und viele Fragezeichen rund um den VfB Stuttgart. Eins ist jedoch jetzt schon sicher: Auch die kommende Saison wird keine normale. Ob und wie viele Fans in die Stadien dürfen, ist genauso offen wie die Frage, ob die Fans auf diesen “Fußball” überhaupt Bock haben. Wir wagen trotzdem mal einen vorsichtigen Blick nach vorn auf den ersten Spieltag der Saison 20/21:
Spätestens durch den überraschenden Wechsel von Nicolas Gonzalez zu RB Leipzig (Ablöse 12,5 Millionen) hat der VfB Stuttgart zu Saisonbeginn ein massives Problem in der Offensive. Vor allem, weil sich zu allem Überfluss auch noch Hamadi Al-Ghaddioui im letzten Training verletzte. Zum Glück lässt sich Fußball-Rentner Mario Gomez breitschlagen und unterschreibt einen stark leistungsbezogenen Halbjahresvertrag. Schließlich ist er ohnehin oft in Stuttgart, um den Baufortschritt seines neuen Hauses zu kontrollieren. Doch aufgrund seines Trainingsrückstands reicht die Luft zu Beginn nur für 13 Minuten. “Mario ist immer für ein Abseitstor gut” scherzt Matarazzo, wählt dann aber einen konventionellen Ansatz und stellt Marcin Kaminski als Mittelstürmer auf. “Wir haben einen guten Job auf dem Transfermarkt gemacht” äußert sich Sportdirektor Mislintat vor dem Spiel. Mit Mario und Marcin haben wir quasi zwei Neuzugänge im Sturm, die Nicos Abgang easy kompensieren können.”
Nachdem für Holger Badstuber als gefühlt neunter Innenverteidiger kein Platz mehr im Team war, der VfB aber noch ein Jahr sein üppiges Gehalt stemmen muss, wurde der Abwehrchef a.D. im Trainingslager umgeschult. Er ist in der neuen Saison Teil des Trainerstabes, denn auf einen Co-Trainer mehr oder weniger kommt es schließlich auch nicht mehr an. Seine Funktion: Demotivationstrainer. Mit einem herzhaft reingebrüllten “Was war das für eine Scheiße?” oder einem kalkulierten “Ist das dein Ernst?” sorgt Badstuber verlässlich dafür, dass gerade die jungen Spieler nicht die Bodenhaftung verlieren. Ebenfalls nicht im Kader zu Saisonauftakt: Roberto Massimo. Nachdem ihm in der zweiten Einheit des Trainingslagers in Kitzbühel ein Stockfehler unterlaufen war, hat man ihn nicht mehr gesehen.
Auf Basis des ausgeklügelten Hygienekonzepts der DFL dürfen am ersten Spieltag 5.000 Zuschauer in das Neckarstadion. So können immer neun Sitze zwischen den Fans frei bleiben. Gästefans sind nicht zugelassen. Aber das stellt kein Problem dar, denn der Gegner zum Auftakt heißt TSG Hoffenheim. Um einen Andrang bei der Anreise und am Einlass zu verhindern, gibt es fünf verschiedene Zeitslots für je 1.000 Zuschauer: 14:30, 13:30, 12:30, 11:30, 10:30. Wer welchen Slot bekommt, wird gelost. Wer früh kommt, kann das “attraktive Rahmenprogramm” in seiner ganzen Pracht genießen: Auf der Leinwand laufen die Highlights der vergangenen Saison (90 Sekunden), Grußbotschaften von Ina und Dennis Aogo, Markus Weinzierl und Michael Reschke werden ebenfalls eingespielt und Holger Laser bringt die Arena mit Klatschspielen zum brodeln – und dann ist die erste halbe Stunde auch schon rum!
Highlight des Vorprogramms ist allerdings das Elfmeterschießen gegen Jens Grahl um 13:30. Zunächst sind die Zuschauer verwundert, dass nur männliche Fans zwischen 18 und 30 teilnehmen dürfen. Die Auflösung erfolgt bald: Der Gewinner erhält einen Profivertrag für ein Jahr und sitzt dank Sondergenehmigung zwei Stunden bereits neben Mario Gomez auf der Bank.
Eine Stunde vor Anpfiff steht die Partie jedoch auf der Kippe. 80 % der Zuschauer befinden sich auf einmal auf der Haupttribüne. Der Grund: Das allgemeine Alkoholverbot gilt nicht für die Business-Seats und die Logen. Die logische Folge: Der Schwarzmarkt mit Bier und anderen alkoholischen Getränken sowie kalten Häppchen floriert. Der Sicherheitsdienst muss einschreiten.
Um 15:30 ertönt dann endlich die Einlaufmusik und der neue Kapitän Philipp Förster führt den VfB Stuttgart auf das Feld. Förster hat von Matarazzo nicht nur die Kapitänsbinde, sondern auch eine Einsatzgarantie erhalten. “Förster oder nix” wurde der Cheftrainer zitiert.
Nach 90 Minuten steht es 0:0. Die VfB-Fans ärgern sich. Sie bezweifeln, dass der eingewechselte Mario Gomez bei seinem aberkannten Treffer in der 87. Minute wirklich im Abseits stand. Aber nicht alle schimpfen über den VAR. Schließlich kassierte der Videoschiedsrichter die rote Karte gegen Neuzugang Mavropanos wegen absichtlichen Anhustens seines Gegners. Die Kamera “Hintertor hoch” belegte eindeutig, dass sich Mavropanos verschluckt hatte und zudem sauber in die Armbeuge hustete, ohne dabei die Körperfläche zu vergrößern.
Zufrieden zeigt sich auch Neu-Kapitän Förster mit seiner und der Teamleistung: “Ein toller Auftakt. Die Fans konnten ein fantastisches Rahmenprogramm genießen und gegen Hoffenheim muss man auch nicht gewinnen.”
Als die letzten VfB-Fans um 19:30 das Stadion verlassen dürfen, sind sie sich ganz sicher: Es wird eine ganz besondere Saison werden – mal wieder.
Bild: imago Images
Großartig!!!
Sehr fein – danke!
Die legendäre Kamera „Hintertor hoch“, klasse! Da war nicht zufällig ein Robert im Spiel…? ;-)