Nicht erst das Engagement von Huub Stevens in Gelsenkirchen oder die Verpflichtung von Armin Veh bei Eintracht Frankfurt zeigen: Nur allzu gerne greifen die Verantwortlichen der Bundesliga auf bewährte Lösungen zurück. Das klappt mal hervorragend wie zum Beispiel Jupp Heynckes zweite Amtszeit bei den Bayern, mal mittelmäßig wie Christoph Daums Comeback in Köln oder die von Nuri Sahin und Shinji Kagawa in Dortmund, und manchmal auch gar nicht wie Teil Zwei der Liaison zwischen dem HSV und Rafael van der Vaart eindrucksvoll zeigte.
In Stuttgart sitzen ebenfalls Spezialisten für so genannte Retrolösungen: Mit Veh und Stevens waren in der vergangenen Saison gleich zwei ehemalige Trainer für die verheerende Saison mit glimpflichen Ende verantwortlich. Und auch in der Vergangenheit verließ man sich gerne auf Bewährtes. Meist leider mit mäßigem Erfolg. Nur ungern erinnern wir uns Alexander Hleb, der in seiner zweiten VfB-Zeit nur noch ein Schatten seiner selbst war.
Und dann gibt es da noch die Retrotransfers zweiter Klasse: Spieler, die in der Bundesliga funktionierten, dann durch einen Wechsel ins Ausland vom Radar verschwanden und anschließend von einem anderen Bundesligaverein geholt wurden. Beim VfB klappte das mit Jens Lehmann hervorragend; mit dem Brasilianer Ewerthon hingegen überhaupt nicht.
Wir vom Vertikalpass sind jedenfalls bekennende Freunde von Retrotransfers. Egal, ob Kuranyi oder Khedira: Wir haben alles versucht. Selbst für Mario Gomez wären wir uns nicht zu schade.
Ein Name, der jedoch in den aktuellen Transferdiskussionen viel zu kurz kommt, ist der von Serdar Tasci.
Ihr erinnert Euch: Tasci, geboren in Esslingen, 14 Jahre beim VfB, Innenverteidiger mit starkem Spielaufbau und dem Anspruch, auch die brenzligsten Situation spielerisch zu lösen, “junger Wilder”, Meister 2007, Kapitän seit 2012, 14 Länderspiele, WM-Dritter 2010. Tasci wechselte im August 2013 ein Jahr vor Vertragsende zu Spartak Moskau, der VfB freute sich über die Ablösesumme in Höhe von vier Millionen Euro.
Tasci sagte damals:
„Es ist keine Entscheidung gegen den VfB, sondern für die neue Aufgabe. Ich habe immer betont, dass ich ein VfBler bin und das werde ich auch bleiben. Nach so vielen Jahren beim VfB möchte ich aber eine neue Herausforderung annehmen.“
Dass er neben den neuen Herausforderungen auch ein paar Euros (oder Rubel oder Dollar) annahm, darf man durchaus vermuten. Aber vielleicht ahnte Serdar Tasci auch einfach, welchen Weg der VfB in den kommenden Jahren einschlagen würde.
Kurz nach seinem Wechsel verletzte er sich am Meniskus und kam daher in der ersten Saison nur auf eine Handvoll Einsätze. In der vergangenen Spielzeit lief es deutlich besser: 22 Einsätze und ein Treffer sind im Leistungsnachweis des Innenverteidigers hinterlegt.
Tasci hat zwei Dinge stets betont: Dass er nach wie vor Ambitionen hegt, in die Nationalmannschaft zurückzukehren und dass er sich gut vorstellen kann, wieder in der Bundesliga zu spielen. Sein Vertrag in Moskau läuft noch bis 2017. Den üblichen Transfermarktgesetzen zufolge wäre ein Wechsel in dieser Sommerpause daher nicht abwegig.
Neben Vereinen aus der Türkei, deren Staatsbürgerschaft Tasci ebenfalls besitzt, dürften sich auch einige Bundesligisten für die den deutschen Meister von 2007 interessieren. Mit mittlerweile 27 Jahren darf man Tasci getrost als sehr erfahren bezeichnen, dennoch sollte er noch mindestens drei bis vier Jahre vor sich haben, in denen er auf Top-Niveau spielen kann. Abgesehen von den Meniskusbeschwerden im Jahr 2013 kann Serdar Tasci auf eine Karriere ohne größere Verletzungspausen zurückblicken.
Natürlich drängt sich die Frage auf, ob nicht der VfB Stuttgart bei Tasci anklopfen sollte. Der zukünftigen schwäbischen Innenverteidigung mit Baumgartl und Rüdiger fehlt es an Erfahrung und an Qualität im Spielaufbau. Tasci könnte gleich beide Probleme lösen. Und nach einer Verpflichtung des verlorenen Sohnes könnte man auch Antonio Rüdiger guten Gewissens ziehen lassen. Nach Möglichkeit Richtung Chelsea und für viel Geld. Eine Innenverteidigung namens Tasci/Baumgartl dürfte nicht nur uns, sondern auch viele andere VfB-Anhänger glücklich machen. Und viel wichtiger: Sie dürfte Alexander Zorniger glücklich machen und für weniger als 60 Gegentore sorgen.
Robin Dutt hat mit seinen bisherigen Transferaktivitäten gezeigt, dass er auch gerne mal “out-of-the-box” denkt. Und wer weiß: Vielleicht schickt er ja auch ein paar schwäbische Liebesgrüße nach Moskau … oder nach New York?
Gestern waren Scouts des #VfB‘s beim Spiel New York City FC-New York Red Bulls.Objekt der Begierde war wohl Verteidiger Matt Miazga.
— RoterBrustring (@Roter_Brustring) June 29, 2015
Besagter Miazga ist übrigens 19 Jahre als und spielt bei RB NY. Ein weiteres Indiz, dass Dutt eher kreative, aber unspektakuläre Transfers tätigt? Oder brachte Zorniger den Geheimtipp aus Leipzig mit? Angeblich steht auch Mexikos Hector Moreno von Espanyol Barcelona wieder auf dem Zettel der VfB-Verantwortlichen und der Name Jonathan Mensah (derzeit Evian) wurde auch schon mal in Cannstatt geflüstert.
Oder tätigt Dutt gar keinen Transfer mehr? Bleiben die viel diskutierten Rüdiger, Maxim und Didavi? Das wäre überraschend, aber auch nicht undenkbar. Lassen wir uns überraschen. Das scheint der neue Sportdirektor gut zu können.
[…] Wenn diese ganzen Transfers so vonstatten gehen, habe ich große Hoffnung, dass Robin Dutt die VfB-Abwehr so umbauen kann, dass sie sicherer im Sattel sitzt als im vergangenen Jahr. Suboptimal wäre, wenn man erst nach dem Verkauf der oben genannten Spieler auf die Suche ginge und erst zu Saisonbeginn damit fertig wäre. Der Vertikalpass stellt sich sehr fantasievoll vor, wie das ablaufen könnte, auf dem Transfermarkt und bringt gleich noch einen gar nicht so schlechten Vorschlag, wer die VfB-Abwehr entscheidend verstärken könnte: Serdar Tasci. […]