Mario Gomez war Deutscher Meister, türkischer Meister, Pokalsieger, Champions League-Triumphator, Torschützenkönig in Deutschland und der Türkei, Fußballer des Jahres.
Aber Mario Gomez war auch: ungeliebt in der Nationalmannschaft, ausgepfiffen, nach 113 Toren in 174 Spielen. für Bayern vor Pep Guardiola geflüchtet, verpasster WM-Titel 2014, immer wieder Chancentod und schließlich Abstieg mit dem VfB Stuttgart.
Geliebt und kritisiert – und das fast gleichzeitig: das war Mario Gomez. Und zwar innerhalb von wenigen Minuten. Gerade schoss er noch zwei Tore und musste sich danach Fragen gefallen lassen, warum er nicht drei geschossen hat. Sein Wert wurde immer an Toren gemessen. Traf Gomez nicht, traf ihn die Kritik.
Schon zum Anfang seiner Karriere war er ein Baum von einem Mann, kräftige Statur, schön wie eine antike Statue. Aber vor allem zum Ende der Karriere auch so beweglich. Oft war er jedoch der Adonis im Strafraum – also der echte, nicht der Grieche, der 2017 zum VfB kam – ein Gott der Tore. Ein Mann, auf den man sich verlassen konnte, einer, der veredelte, was andere für ihn vorbereiteten. Einer, der viel vom Gefühl lebte, wohin der Ball kommt, wo Freiraum entsteht. Einer, der den schnellen Abschluss sucht. One-touch-Tore.
Im Herbst seiner Laufbahn ist Gomez zum Elder Statesman geworden. Gelassenheit zeichnete ihn aus, er entwickelte eine Distanz zu den Aufgeregtheiten des Fußballgeschäfts. Er hatte eben alles schon einmal gesehen, ihm ist alles schon einmal passiert, ihn konnte nichts mehr aus der Ruhe bringen. Ein nachsichtiges Lächeln wurde zu seinem Markenzeichen. Wer ihn aber nach seinen aberkannten VAR-Toren sah oder ihn auf der Bank mitfiebern sieht, der weiß: so gelassen, um sich mit dem Verlieren abzufinden, ist er nie geworden. Zum Glück!
Mario Gomez wird beim VfB immer mit der epochalen Meisterschaft 2007 verbunden sein, mit dem Pimmel-Tor gegen Bayern München, mit seiner Feindschaft mit Maik Franz, aber auch mit dem Abstieg 2019 und mit der schleichenden Entwicklung, dass seine Bedeutung für den VfB bei seinem zweiten Engagement immer mehr sank. Mario Gomez wird in der Hall of Fame gemeinsam stehen mit VfB-Ikonen wie Karl Allgöwer, Guido Buchwald, Asgeir Sigurvinsson, Günther Schäfer und Hermann Ohlicher, allesamt auch Deutscher Meister mit dem VfB.
Als er im Winter 2017 zum VfB zurückkehrte, da sagte er: „Solange ich spiele, will ich ein entscheidender Spieler sein“. Gomez merkt, dass er dies nach der Saison 2019/2020 in keiner der großen Ligen mehr sein kann und verlässt laut Stuttgarter Zeitung den VfB, ein Engagement in den USA sei aber noch denkbar.
Bei allem Erfolg: zur Tragik des Mario Gomez gehört leider auch, dass er sich durch die Hintertür aus dem deutschen Fußball verabschieden muss. Am Ende der Saison ist Schluss für ihn, das Heimspiel gegen den SV Darmstadt wird sein letztes sein. Er geht ohne Zuschauer, ohne Standing Ovations, ohne Mario Gomez-Sprechchöre. Er hätte es verdient. Er hat viel für den VfB getan: Unter anderem 109 Tore in 227 Spielen erzielt. Und er war (und ist hoffentlich!) das sympathische Gesicht des VfB.
Neben all den guten Erinnerungen an Mario Gomez wird wahrscheinlich auch der Mario Gomez-Button bleiben. Hofentlich können wir ihn in dieser Saison noch ein paar Mal drücken. Ein Tor fehlt ihm laut fussballdaten.de noch, um mit Cacau in der ewigen Torschützenliste des VfB Stuttgart gleichzuziehen. Laut transfermarkt.de kommen allerdings beide auf 109 Treffer, laut kicker hat Cacau “nur” 107 erzielt. Ein Mysterium.
Zum Weiterlesen:
Mario Gomez, der Ungeliebte
Bei seiner Rückkehr zum VfB:
Transfercoup oder Reschkerampe?
Gomez und die Nationalmannschaft:
Mit Mario nach Moskau
Titelbilder:
(Photo by Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images)
(Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)
Wenigstens hat er gegen Bielefeld noch einmal vor Zuschauern getroffen.
Gab es nicht bei seiner Auswechslung in dem Spiel etwas Standing Ovations? Ich weiß, dass ist nicht dasselbe wie bei einem letzten Heimspiel, aber wenigstens wurde er in dem Spiel mit Applaus ausgewechselt