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Mister Zuverlässig

Er spielte sich nie groß in den Vordergrund, er stand einfach hinten drin und alle wussten, man kann sich auf ihn verlassen: Helmut Roleder, Meistertorhüter der Saison 1983/1984, absolvierte 410 Pflichtspiele für den VfB, heute wird er 70 Jahre jung.

Sein Torwartspiel: seriös, unspektakulär, zuverlässig. Roleder war kein Flieger, kein Showman, keiner, der seine Vorderleute anbrüllte. Effektheischend war sein Stil nicht, eher still und unauffällig verrichtete er seine Arbeit. Die Schlagzeilen beherrschte er ganz kurz: Als er als erster Torhüter der Bundesliga für eine Notbremse die Rote Karte bekam. Er hatte 1983 den Bochumer Christian Schreier außerhalb des Strafraums zu Fall gebracht. Er wird gerne auf diese Szene reduziert, so wie sein Mannschaftskamerad Bernd Martin auf seinen Minuten-Einsatz bei der Nationalmannschaft. Für den VfB war Roleder allerdings über Jahre ein wichtiger Fixpunkt in der VfB-Abwehr. Kein reiner Linientorwart, er war mutig im 1:1, bei Flanken holte er sich die, die er pflücken musste.

Er suchte schonmal im Strafraum seine Kontaktlinse, er zog sich zwei Nierenrisse zu und musste am Anfang seiner Karriere einen Schienbeinbruch verkraften. Die sollte dann endlich los gehen, als der bisherige Stammkeeper Gerhard Heinze den VfB nach dem Abstieg 1975 verließ. Der Weg schien endlich frei für Roleder. Aber es wurde ihm zunächst René Deck vorgesetzt, der von PAOK Saloniki kam. Der 1,91 Meter lange Schweizer kam jedoch nur sporadisch zum Einsatz, es unterliefen ihm in seinen fünf Spielen für den VfB (keines wurde gewonnen) so viele Pannen, bei denen sogar Przemyslaw „Pommes” Tyton rot werden würde. Roleder war bis 1985 Stammtorhüter des VfB, wurde lediglich bei Verletzungen von Klaus Funk, Uwe Greiner oder Armin Jäger vertreten.

In seiner aktiven Zeit, die er ausschließlich beim VfB verbrachte, wurde mehr über seine Mitspieler gesprochen: Asgeir Sigurvinsson, Didier Six, die Förster-Brüder, Hermann Ohlicher, Karl Allgöwer. Sie waren für die Schlagzeilen zuständig, Roleder hielt dagegen wenig Unhaltbare, agierte aber so gut wie fehlerlos. Leistungsschwankungen kannte er nicht, sein sachliches Torwartspiel sorgte für keine Aufreger, sondern für Sicherheit.

Helmut Roleder war Teil der legendären Aufstiegs-Mannschaft 1976/1977, die in den folgenden vier Jahren in der Bundesliga als “Junge Wilde“ mit den Tabellenplätzen 4, 2, 3 und 3 für Furore sorgte. 1984 trug Roleder eine Halbzeit lang das einzige Mal das Trikot der A-Nationalmannschaft beim 2:1 Sieg gegen die damalige Sowjetuntion (Tore: Völler, Brehme) und stand im Kader der EM 1984. 1986 musste er wegen einer Hüftarthrose zwei Jahre vor seinem Vertragsende seine Laufbahn beenden. Roleder schrieb danach jahrzehntelang eine wöchentliche Sport-Kolumne, war als Kommunikationstrainer tätig und wollte 2011 Präsident des VfB werden. Heute ist er Botschafter des Clubs.

Alles Gute zum 70.!

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Bilder:
Imago Images (Aufmacher), Bongarts/Getty Images (Artikelbild)

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9 Kommentare

  1. soundzecke sagt

    Auch von mir alles Gute an Helmut. Das war so meine Einstiegszeit als VfB Fan.
    Ich durfte ihn sogar bei meinem ersten Stadionbesuch 1977/1978 brim 1:0 Sieg gegen die Hertha bewundern, so was bleibt hängen.

  2. Bernd sagt

    Roleder war vor meiner Zeit. Aber wurde die Notbremse nicht erst zur WM 1990 eingeführt? Erstes Opfer damals ein Kameruner im Eröffnungsspiel. Wie konnte Roleder dann schon einige Jahre vorher vom Platz fliegen?

    • @abiszet sagt

      Du kannst es selbst beantworten, wenn Du den Link im Text bei der entsprechenden Passage klickst:
      “… am 9. April 1983. In der 85. Spielminute der Bundesliga-Partie des VfB Stuttgart beim VfL Bochum (2:2) wurde Roleder, 1984 auch ein Mal im Dress der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, der erste Spieler, der in im „Oberhaus“ die Rote Karte nach einer „Notbremse“ sah.”

        • @abiszet sagt

          Da steht, dass Roleder der erste Spieler war, der nach einer Notbremse die rote Karte in der Bundesliga erhalten hat. Regel: Als letzter Mann mit einem Foul am Gegenspieler eine klare Torchance verhindern.

          • Bernd sagt

            Ich bin mir wie gesagt ziemlich sicher, dass die Notbremse erst später in die Fußballregeln aufgenommen wurde. Offenbar gab es aber in einigen Verbänden auch vorher schon die Regelauslegung, dass Notbremsen stets als “serious foul play” und damit als feldverweiswürdig anzusehen sind. Unter https://web.archive.org/web/20030730173611/http://www.readingrefs.org.uk/ftmpages/FTM76.html ist das für den englischen Fußball erklärt, vermutlich gab es in Deutschland eine ähnliche Auslegung.

          • @abiszet sagt

            Du meinst, dass Roleder 1983 vom Platz geflogen ist, ohne dass es dafür eine Regel gegeben hätte? Abenteuerlich. MV war damals fuchsteufelswild und Roleder war sich seines Vergehens nicht bewusst, aber es gab in DE 1983 nun mal die Notbremse. Wo sie 1990 eingeführt wurde, ist für das Rot von Roleder unwichtig.

          • Hibee sagt

            Ich erinnere mich dunkel daran. Das war auch die Zeit von Uli Stein beim HSV. Es gab in der Saison einige Szenen, in denen Torhüter vor dem Strafraum recht radikal Stürmer stoppten. Es gab damals eine Diskussion, dass es eigentlich nicht ok wäre, dass es da nur gelb gab und ein Elfer auch nicht möglich war, da vor dem Strafraum.
            Roleder war dann der erste, der dafür vom Platz flog. Letztlich konnte man wohl schon damals das als grobe Unsportlichkeit werten und den Keeper vom Platz stellen, ob das jetzt im Regelwerk explizit als Notbremse stand glaube ich auch eher nicht, zumal das mitten in der Saison das erste Mal umgesetzt wurde. Hatte mich damals geärgert, weil es bei einem VfB Spiel kurze Zeit zuvor keinen Platzverweis für den gegnerischen Keeper gab, für Roleder kurz danach dann das erste Mal.

  3. Konrad sagt

    Von mir ebenso 🤗
    Von ihm hab ich sogar ein Autogramm. Mit meinem Namen 😇
    Damals noch Kind (und natürlich VfB Fan) war ich mit meinen Eltern in Stuttgart in einem Kaufhaus (meine im Breuninger?). Er gab dort Autogramme, mein Vater hat sich ganz normal und gefühlt ewig mit Helmut Roleder unterhalten, während ich mit strahlenden Augen und voller Ehrfurcht daneben stand und kaum meinen eigenen Namen rausbrachte. Er fragte, für wen das Autogramm sei..? Ich fühl es noch heute, ein echt netter Mensch 🤍❤️ alles, alles, alles Gute und zig zig Jahre später danke für die schöne Begegnung 🍀

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