Allgemein, Mini-Feature
Kommentare 6

Smells like Team Spirit

Es ist nicht alles gut. Wenn ein Nürnberger Spieler knapp 70 Meter übers Feld sprinten darf, ohne ernsthaft angegriffen zu werden, dann ist das alles andere als erstligareif. Wenn nach einem vermeintlichen Foul alle Beteiligten mit dem Schiedsrichter diskutieren und erst merken, dass das Spiel weiter läuft, wenn der Ball im Tor ist – dann ist das unprofessionell, dann ist das AH-Fußball mit Restalkohol vom Vortag.

Aber sollen wir uns jetzt über die hundertprozentigen Torchancen des mediokren Clubs aufregen und auf den Fehlern rumreiten? Oder uns vielmehr an dem unfassbaren Fan-Support erfreuen, an einer Cannstatter Kurve, die nach Nürnberg transferiert wurde? Hätte es nicht vor dem Stadion Tucher-Bier und drei-im-Weckla mit Sauerkraut gegeben, man hätte meinen können, man sei im Neckarstadion. Sollen wir nicht eher die zwei Tore in drei Minuten und Florian Klein hart abfeiern, der uns in der Nachspielzeit diesen Glücksmoment bescherte und für eine Erschütterung sorgte, die zu einem Ausschlag auf der Richterskala für Erdbeben sorgte? Nachts konnte ich nicht schlafen, denn ich habe davon geträumt.

Erinnert Ihr Euch an 2007? Die Saison wurde über die Jahre verklärt und dabei gabs ähnlich rumpelige Spiele, genauso wacklige Siege gegen vermeintlich schwächere Gegner. Remember Hannover mit dem lächerlichen Slapsticktor von Marco Streller? Das knappe 1:0 in Gladbach, der biedere 2:0-Sieg gegen Mainz? Ist dieses 3:2 in Nürnberg wie das 3:2 gegen Bochum? Es sind jedenfalls dieselben Gefühle, die wo man schwer beschreiben kann.

Es heißt jetzt, die restlichen drei Spiele die Arschbacken zusammen zu kneifen. No Bruddelei, no Besserwisserei, mir doch egal, wie die Siege zustande kommen. Lasst uns den Moment genießen, die Erinnerung an den Ausbruch reiner Freude, des puren Glücks, diese Ausgelassenheit, die einen alles vergessen läßt.

Nicht vergessen habe ich den Zusammenhalt des Teams in Nürnberg. Schade, dass es dazu einen 0:2-Rückstand brauchte. Es sind die kleinen Zeichen, wie sich die Spieler gegenseitig anfeuern und aufmuntern. Es sind die großen Zeichen, wenn Simon Terodde zwischenzeitlich den Sechser mit Mittelfeld gibt oder Alexandru Maxim hinten links verteidigt, weil Emiliano Insua sich noch vorne rumtreibt. Und es sind die ganz großem Zeichen, wenn die Ersatzspieler aufs Feld stürmen, wenn mittendrin der Trainer Hannes Wolf beinahe erdrückt wird. Heartbreaking der Gruß der Kabine an Carlos Mané. Das ist der Spirit, der den VfB auch die letzten Spiele gegen Bielefeld und Dresden drehen ließ. Und das ist der Spirit, den er VfB die letzten drei Spiele braucht.

Darf gerne geteilt werden:

6 Kommentare

  1. Jonny sagt

    Eines vorweg: Der FCN ist bei weitem nicht so schlecht wie es der Tabellenplatz vermuten lässt. Der Abgang von Burgstaller nach Schalke hatte sie, denke ich, doch sehr schwer getroffen. Was ich nur immer noch nicht verstehe ist, dass man in Cannstatt immer noch nicht verstanden hat wie Zweitligafussball funktioniert. Aber geschenkt solange die Offensive mehr Tore schießt als die Defensive zulässt. *jaja 2€ ins Phrasenschwein. Bruddel bruddel*.
    Aber was mir persönlich Hoffnung über einen Aufstieg hinaus macht ist, dass wir keine Einzelgänger mehr auf dem Platz stehen haben, sondern, so “catchy” wie ihr es im Titel gesagt habt, eine Mannschaft die diesen Namen verdient. Natürlich funktioniert nicht alles perfekt. Natürlich patzt hier und da mal einer aber das Team schafft es dies aufzufangen und weiter zu machen.

  2. @abiszet sagt

    Hi Jonny, ja, das sieht ganz gut aus. Wobei man immer auch sagen muss: Im Erfolg ist es leichter ein Team zu sein und Einzelinteressen nach hinten zu stellen. Bei Rückschlägen zeigt sichs. Was mich echt verwundert und da kneife ich jetzt nicht die Arschbacken zusammen: Dass es der VfB nicht schafft, gegen tiefstehende Mannschaften offensiv Lösungen zu finden. Da stehen die Vorderen (Terodde, Ginczek, Maxim, Brekalo) auf ihren Positionen und Gentner, Ofori/Zimmermann sowie die IV wissen nicht, wohin mit dem Ball. Zu wenig Bewegung, nur der Ballführende läuft.
    Der Glubb ist schon ein typisches Durchschnittsteam der Liga und die Nürnberger Fans haben gesagt, dass das Spiel gegen den VfB eines der besseren gewesen wäre. Aber sie befürchten, dass so einer wie Cedric Teuchert nicht mehr lange bei den Franken spielen würde …

  3. 1893-im-Weckla sagt

    Mir ging’s genauso wie dir. Als Nürnberger Schwabe hat mich das nicht nur glücklich sondern auch stolz gemacht. Der Support war unglaublich und das haben auch viele Clubberer anerkennend registriert. In Sachen Leidenschaft ist der VfB ganz vorne dabei! Bye the way ist es einfach wunderbar, in der Gartenkolonie neben dem Nürnberger Stadion danach noch friedlich ein Bier und 3 im Weckla zu genießen. Das ist Fussballkultur. Nicht die ganzen Betonschachteln an Autobahnen und Ausfallstraßen

  4. Pessimist sagt

    Ich geb zu – es bleibt nicht mehr viel Platz für Pessimismus.
    Aber: Jetzt ist ein Dreier elementar wichtig; wäre übel nach Hannover fahren zu müssen und keinen 3-Punkte-Vorsprung zu haben .. .jeder kann sich den Rest ausmalen
    Es ist leider wie verhext – von den anderen lässt auch keiner Federn.
    Und Leute: Bei aller Fußball-Romantik und zugegeben aktuell geilster Fußball-Atmosphäre die es in Deutschland im Moment gibt; vergesst die erste Halbzeit nicht. Da sah man die Grenzen dieser Mannschaft.

  5. drausvomLande sagt

    Solche Spiele sind reines Adrenalin, der Grund, warum wir Fussball-Fans sind, warum uns dieser Sport nie so richtig loslässt, warum wir Mannschaften ohne Schweissgeruch nicht lieben
    das ist erkämpftes erspieltes verdientes pures reines unschlagbares Glück, und hoffentlich legen wir in Hannover noch eine Schippe drauf, denn:

    Das Glück ist eine leichte Dirne,
    Und weilt nicht gern am selben Ort;
    Sie streicht das Haar dir von der Stirne
    Und küßt dich rasch und flattert fort.

    Frau Unglück hat im Gegentheile
    Dich liebefest an’s Herz gedrückt;
    Sie sagt, sie habe keine Eile,
    Setzt sich zu dir an’s Bett und strickt.

    Hatte Heinrich Heine auch schon einen Brustring?

    • @abiszet sagt

      Poesie aufm Blog, sehr fein! Ist aber auch meine Befürchtung: Irgendwann muss das Last-Minute-Glück aufgebraucht sein … womit wir wieder beim @Pessimist wären ;-)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.