Tayfun Korkut hat einen guten Job beim VfB gemacht. Ach was, er hat einen sensationellen Job gemacht! Besser hätten es auch Jürgen Klopp und Pep Guardiola nicht machen können. Rückrundenzweiter, im Schnitt mehr als zwei Punkte pro Spiel und dann auch noch über die Bayern hinweg gefegt wie ein Tayfun (sorry!).
Warum also nicht mit dem Erfolgstrainer der Rückrunde verlängern?
Weil es eine alte VfB-Regel gibt: Kommt Herbst, kommt Trainerwechsel. Will heissen: Nach einer Zeit des Aufschwungs folgt immer im Herbst der Abschwung. Das Management und Überstehen dieser Krise ist die wahre Prüfung für einen VfB-Trainer. Noch besser wäre es natürlich, wenn es diese Krise gar nicht geben würde. Also, warum nicht abwarten und dann mit Tayfun Korkut verlängern? Dann sehen alle beim VfB Stuttgart klarer, ob der Erfolg der Rückrunde nachhaltig bleibt oder ob es der übliche Trainerwechsel-Effekt war. Anders als in den Jahren zuvor scheint auch der Kader sehr früh festzustehen, so dass Korkut im Gegensatz zu seinen Vorgängern von Anfang an mit dem kompletten Team arbeiten kann.
Wir wollen nicht wieder nur die Vergangenheit heranziehen, um die Zukunft zu prognostizieren. Das haben wir beim Amtsantritt gemacht und lagen wie die meisten völlig daneben. Trotzdem sei ein Blick zurück erlaubt: Bei Kaiserslautern hat es Korkut nicht geschafft, eine Mannschaft nach seinen Vorstellungen zu entwickeln – wobei auf dem Betzenberg anscheinend auch die Rahmenbedingungen überhaupt nicht passten.
Lautern als Beispiel für sein Unvermögen heranzuziehen war, ist und bleibt falsch. Zugesagte Investitionen kamen nicht, dazu viele Verletzte. er hat von Anfang an gesagt, mit dieser Truppe werden wir höchstens 15., nicht 5. Da geräuschlos zu gehen war gentlemanlike, sonst nichts
— Christian Prechtl (@ChrisPrech) 17. Mai 2018
Auch nachdem er Hannover bravourös vor dem Abstieg gerettet hatte, klappte es nicht mit langfristigem Erfolg: In der Rückrunde der folgenden Saison blieb er 13 Spiele sieglos und musste gehen. Das bedeutet: Rettung kann er, Entwicklung nicht. Jedenfalls bisher nicht.
Aber nach den Eindrücken der Rückrunde könnte man fast meinen, der VfB-Korkut sei ein anderer als der Kaiserslautern-Hannover-Leverkusen-Korkut. Es scheint nichts zu geben, was Korkut nicht kann, dennoch: Es gibt keine Not und keinen Druck, jetzt frühzeitig zu verlängern. Oder steht Ralf Rangnick vor der Tür und will unseren Captain Kork nach auf das Red Bull Schiff lotsen? “Finger weg, Ralle!“, ich kann mir vorstellen, dass das Mischael Reschke ganz gut brüllen kann!
Natürlich gibt es auch gute Gründe für eine frühzeitige Vertragsverlängerung: Sie kann ein gutes Signal an die Spieler sein, dass der VfB langfristig mit diesem Trainer zusammen arbeiten will. Nur: Das hat die Spieler noch nie interessiert. Wenn die VfB-Spieler mit einem Trainer nicht mehr wollen, dann zeigen sie das auch – unabhängig von der Vertragslaufzeit des Übungsleiters. Eine frühzeitige Vertragsverlängerung kann aber auch ein Zeichen der Wertschätzung sein, das zeigt, dass der Club die herausragenden Leistungen von Korkut im wahrsten Sinne honoriert – zusätzlich zur Nichtabstiegsprämie.
Aber so unabhängig und souverän wie Korkut in der Öffentlichkeit wirkt, braucht er dieses Geschenk nicht, er braucht keinen Vertrauensbeweis, er braucht keine finanzielle Absicherung. Was er braucht, ist langfristiger Erfolg und den Nachweis, ein Team auf Strecke entwickeln zu können.
Präsident Wolfgang Dietrich sagte letzte Woche sinngemäß: Immer wenn es beim VfB gut lief, hätte man die größten Fehler gemacht. Da hat er Recht: Eine Vertragsverlängerung käme jetzt zum falschen Zeitpunkt. Sie ließe sich dagegen im Verlauf der Hinrunde strategisch einsetzen: Bei Erfolg als Zeichen von Kontinuität und Langfristigkeit, bei einer aufkommenden Krise als Signal an alle: “Mit diesem Trainer gehen wir durch dick und dünn”. Ein Signal, das Hannes Wolf im übrigen so nicht erhalten hat.
Der letzte Trainer, der den Stuttgartern weggekauft wurde, war übrigens Felix Magath. Das war vor 14 Jahren. Das Risiko, dass ein VfB-Trainer zu viel anstatt zu wenig Erfolg hat, scheint also überschaubar.
im Fußball ist mittlerweile viel Geld unterwegs (viel mehr als zu Magath´s zeiten), wenn morgen eine türkische oder spanische Mannschaft einen Batzen auf den Tisch legt und Korkut abwandert, könnte der VfB sehr ins straucheln kommen, dass will Reschke verhindern. Das Team steht doch super da, die Chemie scheint erstklassig zu sein, die Neuzugänge machen Hoffnung, der VfB wird sich super weiterentwickeln, wenn nicht eine schlimme Verletzungsserie wie in Gladbach aufkommt. Im Herbst will doch niemand eine Trainervertragsdiskussion, mitten in der Saison, da will keiner pokern oder sich auf anderes als den Fußball konzentrieren. Jetzt ist die richtige Zeit, in der Saison gibt es wichtigeres zu tun!