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Zuberfußball im El Kabakico

Am 12.12.2016 verlor der VfB Stuttgart in der zweiten Liga sein Heimspiel gegen Hannover 96 mit 1:2. Schuld war unter anderem der legendäre Slapstickpatzer von Mitch Langerak. Wir schrieben damals: „Der VfB hat dumm und unnötig gegen Hannover 96 verloren. Erst schlechter als Hannover, dann dämlicher. Und zu allem Überfluss traf auch noch Martin Harnik. Das nervt.” Vor ziemlich genau drei Jahren verlor der VfB sein Heimspiel ebenfalls 2:1. Ein Spiel, bei dem Timo Werner das Führungstor auf geradezu groteske Weise verstolperte. Es war der Anfang vom Ende, der VfB stieg wehrlos ab, nachdem er vor dem Hannover-Spiel acht Mal ungeschlagen blieb. Vor der Partie Ende Februar 2016 sagte Kollege Sebastian, es wäre mal wieder Zeit für einen Kantersieg, auf „so ein gepflegtes 5:0!“ würde er sich einstellen.

So eine ähnliche Stimmung, nicht ganz so euphorisch, hatten wir 2019 auch wieder. Markus Weinzierl schien seine Formation endlich gefunden zu haben, die letzten beiden Spiele gegen Leipzig und Bremen machten Hoffnung und dem neuen Sportvorstand Thomas Hitzlsperger ist irgendwie alles zuzutrauen. Also im positiven Sinne, nicht wie bei Michael Reschke im negativen. Andererseits kennen wir doch unseren VfB. Womöglich denken die Spieler, nach zwei ordentlichen Auftritten, man könne gegen den Tabellenvorletzten mal so locker gewinnen. Ihr wisst schon, bei den VfB-Spielern wird die DNA namens Selbstgefälligkeit und verfrühte Zufriedenheit scheinbar dominant über Generationen weitergegeben.

Aber es kommt alles anders: Es wird zwar kein 5:0 aber immerhin ein 5:1, ein Ergebnis, das der VfB zuletzt in der Abstiegssaison gegen Hoffenheim erzielte (über die Folgen möchte ich nicht sprechen). Dass es letztlich eine klare Sache für den VfB war, liegt am hervorragenden Start: Erst eine große Chance nach 45 Sekunden durch Mario Gomez und dann das 1:0 eben durch den Mittelstürmer, weil er 16 Meter vor dem Tor der Hannoveraner so viel Platz hatte wie montags um 15.30 Uhr jeder Besucher im Einkaufszentrum Gerber. Dazu hat Ozan Kabak wieder seine Lucio-Momente, räumt hinten resolut auf, läuft dynamisch durchs Mittelfeld und köpft vorne einen Doppel-(Ka)Pack nach hervorragend geschlagenen Eckbällen von Gonzalo Castro. Kabak macht dieses Spiel zu seinem ganz persönlichen ElKabakico, es ist erstaunlich wie abgeklärt und stabil dieser 18-jährige beim VfB auftritt, nachdem er erst vor wenigen Wochen in einer recht chaotischen Situation zum VfB stieß. Ein Transfer von Perlentaucher Michael Reschke, von dem man zu diesem Zeitpunkt eher eine Verpflichtung eines Stürmers erwartete. Kabak ist zwar Innenverteidiger, schießt aber auch Tore, wozu also einen Stürmer verplichten, dachte sich Reschke wohl bei dem Transfer. Jetzt blicken wir es auch. Sorry Mischa!

Dass Takuma Asano (ausgerechnet) ein Tor schießt? Eine absolut unbegründete Befürchtung. Dass der nicht gerade als Tüftler bekannte Thomas Doll mal einen taktischen Zufallstreffer landet? Absolut lächerlich und unrealistisch. Dass Hannover nach der Halbzeit etwa 25 Minuten gefällig auftritt? Liegt einzig und allein an der Überheblichkeit des VfB. Die Stuttgarter spielen – zumindest in Relation zur bisherigen Saison – gegen Hannover 96 Zuberfußball, weil das Spiel des VfB ein Abbild der Spielweise von Steven Zuber ist. Der schießt zwar zwei Tore (jetzt schon vier in den letzten drei Spielen), ist sehr bemüht und lauffreudig, aber manchmal zu hektisch am Ball, hat Probleme mit dem ersten Kontakt und die eine oder andere vielversprechende Szene verpufft, weil Zuber zu fehlerhaft ist. Dazu kann es sein, dass er für 15 Minuten völlig unsichtbar im VfB-Spiel bleibt. Aber er schießt die Tore zum richtigen Zeitpunkt, #manmussauchmalwasgutfinden. Es ist jedoch bei weitem nicht alles gut, denn so wie Hannover aufgetreten ist, muss der VfB gegen diese hilf- und leblos auftretende Truppe gewinnen. Und auch genau so, fünf Stück musst Du denen einschenken.

Was bringt dieser Kantersieg? Ruhe. Ruhe für Markus Weinzierl in der nächsten Woche, ebenso für Vorstand Hitzlsperger, ein kleines bisschen Druck ist für ein paar Tage weg. Aber seien wir ehrlich: Der Sieg war ein absoluter Pflichtsieg und jetzt muss eben auch mal in den sogenannten „Bonusspielen“ gepunktet werden. Dortmund, Hoffenheim und Frankfurt heißen die Gegner. Wenn der VfB wieder mit Null Punkten und elf Gegentoren rausgeht wie in der Hinrunde, dann hat der Sieg gegen Hannover wenig gebracht. Wie man gegen die scheinbar Großen auftritt, haben Nürnberg und Augsburg vorgemacht. So etwas würde ich mir jetzt auch von VfB wünschen.

Hier gehts lang zu unserem vertikalGIF des Hannover-Spiels.

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8 Kommentare

  1. Ich bin da voll und ganz bei euch.

    Ich hab mich gestern mega über den Sieg gefreut. Heute morgen auch noch, zu lange haben wir auf einen Sieg gewartet.

    Aber wir dürfen den Sieg auch nicht zu hoch bewerten. Hannover war richtig schwach, richtig richtig schwach. Die erste Hälfte sind die 1 mal in unseren 16er gekommen.

    Hätte der VfB nicht 2 Gänge zurück und Hannover 3 Gänge hochgeschaltet, wäre da in der zweiten Halbzeit auch nichts passiert.

    Als was passierte, hat der VfB agiert und reagiert. Wir haben uns das nötige Selbstvertrauen geholt obgleich nächste Woche das Spiel in Dortmund ansteht.

    Die werden wohl nicht 2 mal in der Liga hintereinander gegen ein Kellerkind verlieren, wünschenswert wäre es aber. Sollten wir aus den nächsten 3 Spielen 4 Punkte holen, wäre ich fürs erste zufrieden. Dann muss man daheim gegen Nürnberg gewinnen und 2 Wochen später eben in Augsburg.

    Hoffnung ist da, dass wir kicken können, haben wir gezeigt!!

  2. Jörn sagt

    Man soll ja nicht immer Vergleiche ziehen. In der Abstiegssaison war auch ne Euphorie entstanden, nachdem man 5:1 gegen Hoppenheim gewonnen hat. (Angeblich ist man auf dem Weg nach Europa). Beim Torjubel zum 5:1 ist mein damals 3 jähriger Sohn in eine riesengroße Glasvase gefallen und lag mitten im Scherbenhaufen. Ihm ist nix passiert, dafür lag kurze Zeit später der VfB im selbigen. Ich denke es war ein Zeichen. Und am Sonntag ist ihm nix passiert. Ich finde das die Mannschaft endlich ein gutes Gesicht zeigt und den Kampf angenommen hat. Wenn man 3-4 Punkte aus den 3 nächsten Spielen holt, wird man es noch schaffen die Klasse direkt zu halten. Am Samstag steh ich in der gelben Wand als Feind. Das letzte mal wo ich dort stand ging es 4:4 aus. Das wäre doch mal was.
    Also Daumen drücken …die Jungs rocken das⚪️🔴

    • @buzze sagt

      Der große Unterschied zu 2016: Diesmal weiß jeder, dass der Sieg lebensnotwendig war. Und nachdem der VfB in der Hinrunde aus den jetzt anstehenden drei Partien mit null Punkten und 0:11 Toren rausging, wird niemand anfangen, zu träumen, nur weil man zum ersten Mal seit 2,5 Monaten mal wieder ein Spiel gewonnen hat.

    • @abiszet sagt

      Hi Jörn, ich halte 3 bis 4 Punkte gegen BVB, TSG und SGE für unrealistisch. Aber wer weiss, nachdem Du Orakel und Glücksbringer (4:4 in Dortmund war der Hammer, habe nur im Ticker verfolgt und bin fast gestorben) bist, gibts ja vielleicht unerwartete Punkte. Viel Spaß und Erfolg in Dortmund!

      • Jörn sagt

        Vielen Dank! Ich geb euch Recht. Vom Papier her sind 3 Punkte unrealistisch. 4 erst recht. Aber die Tendenz (auch wenn’s Hannover war), die Leidenschaft stimmt seit Leipzig wieder. Dortmund ist nicht so souverän und in der Abwehr anfällig. Hoffenheim spielt mit der halben zweiten Mannschaft und Zuber will es bestimmt zeigen, dass man ihn braucht. Und gegen Frankfurt brauchst du halt auch Spielglück. Und wenn der VfB die Klasse halten will, reichen nicht 3 Punkte gegen Nürnberg. Da muss noch was kommen!!!

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