Autor: @abiszet

Die Meister, Die Besten, Les grandes équipes, The champions

Mitgliederverarsche, Union-Trauma, Aufstieg, Corona, Legendo in der letzten Minute, Relegation: Nach all’ der Scheiße gehts jetzt wirklich auf die Reise. Nach Borussia Dortmunds 1:0 gegen PSG reicht auch der fünfte Platz, von dem der VfB nicht mehr zu verdrängen ist. Bedeutet: Champions League, Hymne, große Bühne. Der VfB schaffte dies im Gegensatz zu den letzten überraschenden deutschen Champions League-Teilnehmern nicht mit Kratzbürstigkeit, Spielglück und Konterfußball, sondern mit Kreativität. Mit Schönheit, mit einer Spielidee, die weit über Stuttgarts Grenzen hinaus begeistert. Der Höhenflug begann für den Club und die Mannschaft genau zu dem Zeitpunkt, als Sebastian Hoeneß im April 2023 das Traineramt übernahm und eine Spielweise fand, die zum Kader passt. Er hat ein Kunstwerk geschaffen, das gemacht ist dafür, international ausgestellt zu werden. Die Süddeutsche Zeitung nennt es eine “inzwischen stabil abrufbare Kunstform, sich mit kontrollierten und dann plötzlich scharfen Pässen durch Räume zu kombinieren“. Trotz Magischem Dreieck, trotz Junge Wilde, trotz Meisterschaft 2007, es könnte der feinste Fußball in der Stuttgarter Vereinsgeschichte sein. Wer erinnert sich noch an das letzte internationale Spiel? Rijeka 2013, …

Alles völlig regelkonform

Der Deutsche Fußball-Bund hat die Kritik an den Vorgängen beim 4:0 Heimsieg des VfB Stuttgart gegen Bayern München energisch zurückgewiesen. „Ich kann zwar nachempfinden, dass sich die Münchner ärgern“, sagte DFB-Schiedsrichter-Chef Lutz Michael Fröhlich in einer Mitteilung des Verbands, „aber das Ergebnis geht voll in Ordnung, deshalb ist es nicht fair, uns hier zu kritisieren.“ Aus der Sicht des FCB hatte der VfB über 30 Minuten mit 13 Mann gespielt, ohne dass es Schiedsrichter Felix Zwayer bemerkt hätte. Genau in dieser halben Stunde schoss der VfB nach Toren von Serhou Guirassy (2), Deniz Undav und Waldemar Anton den Kantersieg heraus nachdem Sebastian Hoeneß in der 60. Minute Silas und Yeong einwechselte, ohne dafür einen Spieler vom Feld zu nehmen. Der vierte Offizielle beantwortete zu diesem Zeitpunkt gerade die Frage von Holger Laser: „Spätzle oder Maultaschen?” „Für mich muss der Schiedsrichter die Überzahl erst bemerken und dann sofort ahnden“, sagte FCB-Trainer Thomas Tuchel bei Sky. „Das kann ich einfach nicht nachvollziehen. Es geht um so viel, es ist der 32. Spieltag. Dann so mit der Situation …

Das zwayte Tor fällt doch noch

Das Spitzenspiel Leverkusen gegen den VfB hat alle Erwartungen erfüllt: Der VfB bringt den Meister erneut an den Rand der ersten Niederlage, Leverkusen schießt in der Nachnachnachspielzeit den Ausgleich und Schiedsrichter Felix Zwayer greift entscheidend in das Spiel ein. Ich hätte auch Jude Bellingham fragen können: “Man gibt einem Schiedsrichter, der schon mal Spiele verschoben hat, das größte Spiel in Deutschland. Was erwartest du?“ Damit nimmt Zwayer innerhalb von einer Woche zum zwayten Mal spielentscheidenden Einfluss auf ein VfB-Spiel. Es könnten drei Punkte mehr sein aus den Spielen gegen Bremen und Leverkusen. Dabei geht es nicht darum, dass Zwayer eine Mannschaft bevorteilen wollte, er kann es einfach nicht besser. Sein Drang, stets selbst im Mittelpunkt des Spiels zu stehen, ist zudem kaum zu ertragen. Es beklagt sich immer die Mannschaft bzw. der Club, der gerne mehr Punkte hätte und sie durch vermeintliche Fehlentscheidungen des Schiris verpasst. Dem entgegnen viele, dass sie doch das Spiel selbst hätten entscheiden können. Im Spitzenspiel am Samstag Abend verweisen sie auf vier Riesenchancen von Serhou Guirassy, von denen er normalerweise …

Wir sind nicht die Geilsten

Ich hatte mir immer eine gewisse Skepsis gegenüber der Wahnsinnsaison des VfB erhalten. Spätestens nach dem Hoffenheim-Spiel warf ich sie über Bord. Jetzt ist der VfB so aufgetreten gegen Werder Bremen, wie ich es mir in meiner skeptischen Phase immer vorgestellt hatte: Meist ordentlich, aber oft auch schlampig. Nicht schlecht, aber nicht wirklich gut. Mit jeder Menge Pech, aber auch mit viel Unvermögen. Typisch VfB eben, so wie ich ihn in den letzten Jahren erlebte. Typisch auch das Ergebnis: nichts Zählbares und ein ambivalentes Gefühl, woran es liegt. Scheinbar ist die Mannschaft in Bremen mal wieder an dem Punkt angekommen, an dem sie dachte: „Wir sind die Geilsten“. Gut zu sehen an Enzo Millot, der sich darin gefiel, den Ball sauber am Fuß zu führen, tendenziell zu lang, mit zu vielen Kontakten und der es offensichtlich als unwürdig empfang, auf Widerstand zu treffen und der es für eine Unverschämtheit hielt, dass ihm der Hinterkopf getätschelt wurde. Obwohl, wenn das Leo Bittoncourt bei mir gemacht hätte, wäre ich auch sauer gewesen. Insgesamt der VfB in der …

Der VfB voll im Tunnel

Lange Zeit verfuhr der VfB nach dem Motto “Schlechte Zeiten sind wie ein Tunnel. Ganz gleich, wie lang und dunkel dieser Tunnel ist, am Ende ist immer das Licht.“ Jetzt, wo es sportlich so gut läuft wie seit über zehn Jahren nicht mehr, hat der VfB seinen Tunnelclub beim ungefährdeten 3:0 im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt eröffnet. Es soll Menschen geben, denen wird es in Tunneln mulmig, einige quält sogar eine Angststörung. Das wird ihnen im Tunnelclub nur passieren, wenn sie an die Vereinspolitik denken. Denn der neue VIP-Bereich ist das Prestigeobjekt des für rund 150 Millionen Euro umgebauten Neckarstadions. Die Käufer der über 1.000 Euro teuren Tickets haben nämlich alles im Blick: die Ankunft der Mannschaften, deren Gang aufs und vom Spielfeld, die Interviews nach Spielende, Diskussionen mit dem Schiedsrichter, Späße und Streits untereinander, das Ganze hinter einer riesigen Glaswand. Die VIPs selbst bleiben anonym, denn die Spieler haben durch eine einseitige Verglasung keinen Einblick in den exklusiven Bereich. Der erste Tunnelclub in Deutschland musste natürlich in Stuttgart entstehen. Schließlich gibt es in Baden-Württemberg …

Hoeneß wie einst Guardiola

Zehn Spiele ungeschlagen, fünf Auswärtssiege in Serie, der dritte Sieg gegen Borussia Dortmund in dieser Saison – und das in dem Stadion, das seinen 50. Geburtstag feierte mit einer durchaus beeindruckenden Choreo. Beeindruckend war Auftritt des VfB im Westfalenstadion. Im Vorfeld wurde viel darüber nachgedacht und spekuliert, wie Trainer Sebastian Hoeneß den Ausfall von Kapitän Waldemar Anton auffangen würde. Ata Karazor in die Innenverteidigung ziehen? Leonidas Stergiou reinwerfen? Gar mit Nachwuchsmann Enrie Chase überraschen? Es war dann ein Move wie einst von Pep Guardiola, der in einer angespannten Personalsituation bei Bayern München plötzlich Joshua Kimmich in die Innenverteidigung stellte: Beim VfB lief Angelo Stiller als Innenverteidiger auf, und das in einer anspruchsvolleren Situation als damals Kimmich. Stiller machte es wie er in dieser Saison alles macht: überragend. Körperliche Nachteile fing er mit Stellungsspiel auf, er war erster Initiator von VfB-Angriffen, er strahlte eine unglaubliche Ruhe und Klarheit aus. Sein Auftritt in Dortmund wasserfest wie ein Tattoo und das trotz einer frühen gelben Karte. Für Sebastian Hoeneß nichts Unerwartetes, er hatte Stiller diese Position bereits einmal …

From zero to hero

Alles angefangen hat es mit dem Viertelfinale beim 1. FC Nürnberg. Obwohl: Eigentlich mit dem 0:3 bei Union, in dessen Folge Bruno Labbadia gehen musste. Beim 1:0-Sieg beim Club stand Sebastian Hoeneß beim VfB Stuttgart zum ersten Mal an der Seitenlinie, es folgten bis heute 42 Pflichtspiele – 2,05 Punkte erzielte er bis heute pro Partie. Übernommen hatte Hoeneß das Team auf dem letzten Tabellenplatz. Von Labbadia zwar fit gemacht, aber emotional ausgelaugt, taktisch herunter gewirtschaftet, spielerisch zugrunde gerichtet. Hoeneß begann bei Null: ohne wirkliche Hierarchie, ohne feste Spielabläufe, die Mannschaft hatte keinen Mut und verzweifelte an sich selbst. Nach einem Jahr Hoeneß steht der VfB in der sogenannten Hoeneß-Tabelle auf Platz 5 und begeistert weit über Stuttgart hinaus mit seinem schönen und erfolgreichen Spiel. Dabei war Hoeneß bei seinem Amtsantritt nicht nur Begeisterung entgegen geschlagen. Kann er wirklich VfB? Nach zwei nicht immer erfolgreichen Jahren in Hoffenheim, mit farblosen Auftritten auf und neben dem Platz? Nach dem Pokal-Viertelfinale, einem 3:2-Sieg in Bochum und dem emotionalen 3:3 gegen Dortmund stieg die Zuversicht. Vor allem hatte …

Undurchschaubar

Ich blick’s net: Der VfB hatte das Spiel im Griff, nach den Treffern von Serhou Guirassy und Angelo Stiller ging es eigentlich nur noch um die Höhe des Heimsiegs – und doch musste Deniz Undav in der 90. + 8. Minute den 3:3-Ausgleich erzielen. Der VfB zeigte wieder sein Spiel, der Ball lief flüssig und die Tore von Guirassy und Stiller wurden sehr sehenswert herauskombiniert. Dazu Chancen ohne Ende, bei den expected goals standen 3,09 zu 1,63 auf dem Zettel. Alle im Stadion dachten, dass die Partie gelaufen sei, inklusive der elf Spieler mit dem roten Brustring, die sich schon sehr gut darin gefielen, wie sie sich das Bällchen zuschoben. Nur die Heidenheimer, die lauerten. Sie wussten: Gibt man ihnen eine kleine Chance, sind sie wieder zurück. Aber wie konnte das passieren, dass der Aufsteiger, dessen Comeback-Qualitäten nicht unbekannt sein sollten, beinahe drei Punkte im 1.000 Bundesliga-Spiel im Neckarstadion mitnahm? Klare Sache. Das geschenkte Tor von Alex Nübel brachte die Heidenheimer zurück ins Spiel. Der VfB-Keeper war schon in Gedanken beim Spielbau, als ihm der …

Hier sind die Vier wieder!

“Wir saßen vor vier Monaten in Wien und waren schockiert. Was hat sich in der Zeit bis zum 2:0 Sieg gegen Frankreich geändert?”, fragte Moderator Jochen Breier im ZDF den Experten Per Mertesacker. Als der Weltmeister von 2014 noch Luft holte, rief ich Breier zu: „Vier VfB-Spieler sind dabei!“ Ich habe mich dazu entschieden, nicht mehr länger über die deutsche Nationalmannschaft zu bruddeln. Auch wenn mich der naseweise Bundestrainer Julian Nagelsmann nervt: Wer vier VfB-Spieler nominiert, kann kein schlechter Kerl sein. Was ich sehe: Drei Debütanten mit Maximilian Mittelstädt, Deniz Undav und Waldemar Anton sowie 20 Minuten Chris Führich. Was mich besonders freut: Die strahlenden Gesichter nach dem Spiel. Alle vier lachen, fühlen sich fantastisch. Sie hingen zusammen, klopften sich auf die Schulter und ich hatte den Eindruck, sie konnten es selbst nicht glauben, dass sie das Dress des DFB trugen und gerade mitgeholfen hatten, den Weltmeister von 2018 in beeindruckender Art und Weise zu schlagen. Mittelstädt wird sogar vom großen Toni Kroos geadelt: „Wenn ich sehe, wie abgeklärt Maximilian Mittelstädt das gemacht hat in …

Hergespielt und aus dem Stadion geschossen

Vor dem Spiel hatte ich befürchtet, dass der TSG Hoffenheim eine Überraschung gegen den VfB gelingen könnte: Schließlich ist der Club aus dem Kraichgau in dieser Saison auswärts stärker als zu Hause. Letztlich war meine Sorge unbegründet: So wie die Fans das Stadion dominiert haben, beherrschte das Team das Spielfeld. Das 3:0 spiegelt die Machtverhältnisse nicht wirklich wider, ein 5:0 oder 6:0 wäre angemessener gewesen. Es war ein Klassenunterschied zu sehen gegen überforderte Hoffenheimer, die vor allem in der Abwehr dem VfB nie gewachsen waren. Der VfB kontrollierte das Spiel nach Belieben, der Gegner wurde regelrecht auseinander gespielt, wenn es nicht die Hoffenheimer gewesen wären, sie hätten einem leid tun können. Führich, Millot, Guirassy, Undav, Millot: Die Passfolge zum 1:0 war mindestens großes Kino, eher poetisch wie ein Gedicht, komponiert wie eine Sinfonie, ein Kunstwerk, gemacht dafür, international ausgestellt zu werden. Auf alle Fälle war es die pure Spielfreude, eine aufsehenerregende Kombination. Auch die Torvorlage von Deniz Undav auf Serhou Guirassy vor dem 2:0, mit durchgedrücktem Kreuz locker aus dem Fußgelenk gespielt, sah so leicht …