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Das Win-Win-Finale

Die wenigsten wissen vermutlich, dass das erste Konzept dieses kleinen Blogs vorsah, über den VfB Stuttgart und Arminia Bielefeld zu schreiben. Sogar eine eigene Kategorie für die Kicker aus Ostwestfalen gibt es, aber leider nur einen einzigen Beitrag von 2015. Aber warum eigentlich? Vermutlich vor allem deshalb, weil der Autor dieser Zeilen 20 Kilometer Luftlinie entfernt von der Alm das Licht der Welt erblickte und die Arminia seitdem – meist aus der Ferne – von der Oberliga Westfalen bis in die Bundesliga und zurück in die dritte Liga begleitet hat.

Dabei muss man nicht mal Ostwestfale sein, um mit den Bielefeldern zu sympathisieren. Deren Stadion steht mitten in einem Wohngebiet und ist definitiv noch weniger Arena als das Neckarstadion und heißt schlichtweg “Alm”. Das Maskottchen? Lohmann, eine bodenständige westfälische Kuh ohne jegliche Star-Allüren. Auch dieses Gefühl, dass Stuttgart-Anhänger gerne mit #VfBsein beschreiben, kennt man in Bielefeld nur zu gut. Auch die Arminia ist ein Club, der seine Fans genauso schnell in Ekstase versetzen wie in tiefe Depressionen stürzen kann. Exemplarisch hierfür stehen natürlich die Relegationsspiele gegen Darmstadt im Jahr 2015. Nach dem 3:1 im Hinspiel sah es so aus, als würde Bielefeld sich locker in der zweiten Liga halten können. Der Rest ist Fußballgeschichte. Auch die Arminen-Fans haben ein Relegationstrauma.

Außerdem hatte die Arminia schon immer richtig coole Spielertypen: Lange bevor Fabi Klos seine Kickstiefel an den Nagel hängte, spielten in Bielefeld u.a. natürlich Fritz Walter, Günther Schäfer, Silvio Meißner, Heiko Gerber, Marc Ziegler, Sven Schipplock, Rüdiger Kauf und Pascal Stenzel, aber auch Bruno Labbadia, Patrick Owomoyela, Stefan Kuntz, Thomas Helmer, Thomas von Heesen, Uli Stein, Thomas Stratos, Ewald Lienen, Ansgar Brinkamnn und “König” Artur Wichniarek. Und natürlich auch andere Namen, die sich in das Fußballgedächtnis eingeprägt haben: Chris Katongo, Sibusiso Zuma und natürlich Jonas Kamper, der sich 2006 mit seinem Tor gegen Oliver Kahn unsterblich machte.

Schon an der Aufzählung merkt man, dass viele Spieler sowohl in Bielefeld wie auch in Bad Cannstatt sehr beliebt waren und sind. Doch die Gemeinsamkeiten der Clubs gehen weit darüber hinaus. 44 Mal trafen die Vereine aufeinander, zuletzt 2022 beim 6:0 Pokalsieg des VfB gegen den damaligen Tabellenletzten der zweiten Liga. Viele der Partien waren besondere Spiele, z.B. der letzte Spieltag der Saison 1999/2000: Heiko Gerber war zuvor von Bielefeld nach Cannstatt gewechselt und brachte den VfB bereits in der 15. Minute mit 2:0 in Führung bevor Viorel Ganea in der 38. Minute auf 3:0 stellte. Noch vor der Pause erzielte Silvio Meißner, dessen Wechsel zum VfB bereits bekannt war, den Anschlusstreffer für Bielefeld. Durch Tore von Labbadia und Weissenberger stand es am Ende 3:3 und die 23.000(!) Zuschauer im Neckarstadion mussten dabei zugucken, wie der VfB fahrlässig die direkte Qualifikation zum UEFA-Cup verdaddelte den Umweg über den UI-Cup gehen musste. Bitter für alle VfB-Fans, vor allem aber für Silvio Meißner, der mit seinem Tor quasi seinem Zukunfts-Ich ein Bein gestellt hatte. Für Bielefeld ging es übrigens um nichts mehr: Der Aufsteiger mit Trainer Ernst Middendorp stieg mit acht Punkten Rückstand auf Platz 15 wieder ab – eine Relegation gab es damals nicht.

Fast forward in den April 2017: Der VfB war erstmals seit 40 Jahren in die zweite Liga abgestiegen und kämpfte unter Trainer Hannes Wolf um den Aufstieg. Doch der war nach 28 Spieltagen noch lange nicht in trockenen Tüchern, denn die Konkurrenz ließ nicht locker:

Zum Glück wartete nach dem souveränen 2:0 im Derby (Doppelpack Asano!) eine machbare Aufgabe: Am Montagabend ging es auf die Bielefelder Alm, wo der 16. der Tabelle wartete. Das Problem: Nach 15 Minuten ging Bielefeld durch Christoph Hemlein (ausgerechnet!) in Führung und der VfB war nach 45 Minuten durchaus in Not. Aber immer wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Maxim her:

Nur drei Minuten später drehte Simon Terodde das Spiel für den VfB, doch die Bielefelder blieben in der Partie und Reinhold Yabo erzielte in der 73. Minute das 2:2. Anschließend war es eine wilde Partie mit Großchancen auf beiden Seiten. Doch der VfB spielte in dieser Saison mit einem Cheatcode namens Simon Terodde. Und der erzielte wie so oft kurz vor Schluss den Siegtreffer.

Doch auch in der jüngeren Vergangenheit gab es Spiele der beiden Mannschaften, die vermutlich nur wenige Fans in weiß-rot oder blau-schwarz vergessen. Da wäre z.B. das Aufeinandertreffen beider Teams in der zweiten Liga am 9. März 2020. Die Bielefelder waren souveräner Tabellenführer, der VfB erster Verfolger mit dem HSV im Nacken. Am Ende endete das Spiel relativ unspektakulär mit einem 1:1 und dennoch war es eine besondere Partie: Das letzte Spiel vor vollen Rängen vor den corona-bedingten Geisterspielen.

Genug von der zweiten Liga? Dann springen wir ins Jahr 2022 und reisen zum 29. Spieltag der Saison 2021/2022 und dem Abstiegskrimi auf der Alm. Die Arminia auf Platz 17 und den VfB auf Platz 14 trennten tatsächlich nur ein Punkt und ein Tor. Dass wir uns an das 1:1 nachhaltig erinnern, liegt sich nicht daran, dass der VfB genug Chancen für vier Tore hatte, denn das sind wir schließlich gewöhnt. Im Gedächtnis geblieben ist eher die vierte Minute der Nachspielzeit: Fabian Klos und Alessandro Schöpf rasselten übelst mit den Köpfen zusammen und die Arminia-Legende blieb mit einer schweren Kopfverletzung auf dem Rasen liegen. Weil die Sanitäter (zu) lange brauchten, nahm Torschütze Sasa Kalajdzic die Angelegenheit selbst in die Hand und sprintete mit der Trage zum verletzten Klos – unvergessen.

Dies war nur ein kurzer Abriss der denkwürdigen Begegnungen der beiden Mannschaften, für die mein Fußballherz schlägt. Ob Spieler, Spiele, Funktionäre, Dramen und Erfolge: Den VfB Stuttgart und Arminia Bielefeld verbindet weit mehr als meine persönliche Beziehung zu en Teams. Immer wieder haben sich die Wege der Vereine gekreuzt und oft wurde dabei Fußballgeschichte geschrieben.

Das nächste Kapitel wird am 24. Mai 2025 im Berliner Olympiastdion begonnen und es ist ein bsoluter Traum, das erleben zu dürfen.

Beide Teams wären würdige Pokalsieger. Möge die bessere Mannschaft gewinnen. Also der VfB Stuttgart.

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2 Kommentare

  1. Ronny sagt

    Sehr schöner Artikel, und voller Nostalgie.
    Wenn ich an Arminia denke kommen hauptsächlich Kindheits und Jugenderinnerungen hoch. Dieser Verein wurde einst durch Spendengelder der Fans gerettet nach dem Bundesligaskandal, später haben mir dann Spieler wie Wolfgang Kneib, Frank Pagelsdorf, der ehemalige Torschützenkönig Christian Sackewitz und der quicklebendige Mittelstürmer Gregor Grillemeier besonders gut gefallen. Im Laufe der Jahre hatte Bielefeld immer wieder mit vielen Abstiegen oder drohenden Insolvenzen zu kämpfen, aber jetzt scheinen sie wieder auf einem guten Weg zu sein. Liebe Arminen, ich wünsche mir ein gutes und faires Spiel am Samstag, aber der Pokal liegt in der Nacht zum Sonntag bei unserem Kapitän Karazor im Bett. Wegen mir könnte das Spiel jetzt gleich losgehen, es fängt langsam an zu Kribbeln.

  2. Nachspielzeit sagt

    Eine Erinnerung, die mir bis heute im Kopf geblieben ist, ist der letzte Spieltag der Saison 07/08 – die erste nach der Meisterschaft – zu Hause gegen Arminia Bielefeld.
    Mit einem Sieg hätten wir noch in den UEFA Cup einziehen können, vorausgesetzt, ein direkter Konkurrent patzt. Bielefeld spielte gleichzeitig um den Klassenerhalt.

    Nach früher Führung der Arminia drehen wir das Spiel in der 85. Minute durch den damaligen Hoffnungsträger Manuel Fischer, bevor Eigler kurz vor Schluss doch noch zum Ausgleich trifft.
    Am Ende reicht es für uns zu Platz 6 und UI-Cup (!), während Bielefeld die Klasse hält.

    Das Spiel war ein Spiegelbild der gesamten Saison – und in gewisser Weise erinnert vieles auch in diesem Jahr daran. Damals beenden wir die Saison mit 52 Punkten.

    Am Samstag wird’s besser.
    Sportliche Grüße

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