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Der Nächste, bitte!

Der Nächste bitte

Da steht Bernd Wahler ganz alleine auf dieser riesigen Bühne in der Porsche Arena. Er wirkt verloren. Aber damit kennt er sich ja aus, seine Spieler verloren sechs von acht Partien, sein Trainer verliert regelmäßig die Contenance. Die größten Verlierer der Mitgliederversammlung sind hingegen die Aufsichtsräte Joachim Schmidt und Eduardo Garcia, die ihren Rücktritt bekannt geben, leider ohne darauf zu verzichten, sich larmoyant zu beklagen. Tenor: Es war uns „immer eine Herzensangelegenheit“ und irgendwie sind alle undankbar.

Am längsten im Amt – zwei Jahre – ist Wahler, der einen Rücktritt ausschließt. Um ihn rum sind alle neu, vom Personal her hat der VfB alles auf links gedreht. Im März haben wir „Bösewichter“ ausgemacht (siehe hier) – fast alle sind sie nun weg, sichtbar geändert hat sich nicht wirklich etwas.

Wozu braucht der VfB eigentlich einen Aufsichtsrat, was macht der so, wenn er den Verein nicht gerade aus seiner Privatschatulle sponsert? Trifft er sich zu Sondierungsgesprächen mit potentiellen Trainern? Oder ist sein Einfluss gering, weshalb auch Karl Allgöwer eine Mitarbeit in diesem Gremium ablehnte? Gibt er die wahnwitzige Vertragsverlängerung zu besseren Konditionen eines Vedad Ibisevic frei? Oder debattiert er bei Wurst-Weckle und Kaffee über heiße Mitgliederwerbe-Aktionen in Hot Pants?

Nach Ulrich Ruf, Gerd Mäuser, Erwin Staudt, Dieter Hundt, Hansi Müller und Fredi Bobic jetzt also Schmidt und Garcia. Meine spontane Reaktion: Na und? Bringt doch alles nichts, denn verändern wird sich nichts. Denn eigentlich ist doch der Busfahrer schuld. Wie bitte? Trägt er etwa die Schuld, dass Martin Harnik aus wenigen Metern das Tor nicht trifft, dass Pommes Tyton Fehler um Fehler macht, dass Daniel Ginczek bis zur Rückrunde verletzt ist? Nein, natürlich nicht, aber der Busfahrer ist die einzige Konstante beim VfB in den letzten Jahren. Neben Christian Gentner. Oder ist der VfB immer noch ein kleinkarierter Klepperlesverein, wie ihn Hans Blickensdörfer einmal in den 80er Jahren nach einer Reise zum Auswärtsspiel nach Moskau nannte? So kleinkariert wie die Trachten-Hemden der Wasen-Besucher? Der VfB ist nicht in den 80ern stecken geblieben, sondern eher in 2010. Denn der Umsatz stagnierte in den letzten fünf Jahren, was im wachsenden Fußballmarkt und einer prosperierenden Region schon eine respektable Leistung ist. Das mit der fehlenden Qualifikation zur Champions League zu beantworten, wäre zu kurz gesprungen. Dem Verein fehlt ein Plan. Und was ihm vor allem fehlt, ist eine realistische Selbsteinschätzung. Eigenbild und Fremdbild, beim VfB war das selten identisch. Zu lange blieb der Anspruch gewohnheitsmäßig hoch, internationale Plätze und so. Die Voraussetzungen – sportlich wie finanziell – wurden dabei nicht geschaffen. Das führt zwangsläufig dazu, dass Tyton kommt statt Roman Bürki, dass Toni Sunjic kommt statt Hector Moreno – und wenn man der Verschwörungstheorie glauben darf – Alexander Zorniger statt Thomas Tuchel. Das ist eine Budgetfrage, es sei denn man ist clever und smart. Ein bisschen schneller als die anderen, ein bisschen klüger als die anderen, ein bisschen einfallsreicher als die anderen. Offen ist dabei, ob der VfB mit Bürki, Moreno und Tuchel heute auf einem anderen Tabellenplatz stünde. Hilft also nichts, den verpassten Gelegenheiten hinterher zu trauern.

Wird es ohne Schmidt und Garcia besser oder haben Fans und Medien für den Moment nur ein Feindbild weniger? Schmidt und Garcia sind die Gesichter dieses Gremiums, sie stehen auch für die angebliche Vermischung von Eigen- mit Vereins-Interessen.

Gibt es sowas wie einen Lerneffekt beim VfB? Das Produkt Fußball ist ein komplett anderes als ein Auto oder ein Reinigungsgerät, dementsprechend muss bei der Führung eines Fussballvereins nicht zwingend dasselbe funktionieren wie beim Vertrieb von gehobenen PKWs oder Reinigungstechnik. Dasselbe gilt auch anders herum: Nur weil einer mal im Tor der Nationalmannschaft und beim VfB gestanden hat, befähigt ihn das nicht, den Vorstand zu führen, zu beraten und zu kontrollieren. Aber keine Angst: Obwohl Stefan Effenberg den SC Paderborn trainiert, ist der Weg nach Stuttgart für Jens Lehmann, Lothar Matthäus oder auch Berti Vogts noch extrem weit.

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