Womöglich mache ich mich jetzt nicht beliebt, aber ich sage: Bruno Labbadia hat Recht. Er hat schon immer Recht gehabt. Er hat viele Missstände beim VfB angesprochen und das wurde stets als Ausrede verstanden. Das wollte ja auch keiner hören, oder? Labbadia war immer so anstregend, nie war das Leben leicht mit ihm, Spaß, nein Fussball war bei Labbadia nie Spaß, sondern immer Arbeit. Stimmt schon, oft waren seine Aussagen larmoyant, es waren immer gute Erklärungen, warum Ergebnisse nicht stimmen, an denen er zu allerletzt Schuld war. Aber am Sonntag hatte er wieder Recht, als er zum 0:1 des VfB gegen Augsburg auf Sky befragt wurde. Die gelb-rote Karte für Daniel Schwaab sei viel zu hart gewesen und zeuge von wenig Fingerspitzgefühl des Schiris. Und der Elfmeter sei ein Witz gewesen, wo soll denn Adam Hlousek hin mit seinen Armen – hinter den Körper? “Das kann ich nicht leiden”, ereiferte sich Labbadia. Und er hat Recht, verdammt Recht. Denn es war trotz der frühen Unterzahl des VfB ein klassisches Null-zu-Null-Spiel. Der VfB verteidigt solide, Augsburg ist offensiv viel zu bieder. Aber Armin Veh war das wohl zu wenig. Entnervt wirft er den Beddel hin. Jetzt ist der Verein völlig konfus, keine sportliche Kompetenz, kein sportliches Management, nachdem Wahler wieder Luftschlösser (Thomas Tuchel) baut, hilft eigentlich nur noch, auf jemand zurück zu greifen, der den Verein kennt: Huub Stevens wäre so einer und … hatte ich Bruno Labbadia schon erwähnt? ;-)
Vor dem Spiel
Armin Veh ist das genaue Gegenteil von Labbadia, der jede Woche gleich spielen ließ, der nie etwas änderte, der nur fürs Publikum wechselte und dann zu spät. Veh ist unberechenbar. Oder verzweifelt. Das kann jeder für sich selbst entscheiden. Vier Änderungen im Vergleich zur Niederlage in Bremen, den verletzungsbedingten Wechsel im Tor nicht mitgerechnet.
Diese Aufstellung – ein schmaler Grat zwischen Genialität und absolutem Vollwahnsinn #Veh #VfB
— me:BO (@me_BO) November 23, 2014
So richtig beurteilen läßt sich das Wechselspiel nicht. Daniel Ginczek ist im Sturm bemüht, mehr nicht. Hlousek unauffällig, Moritz Leitner wie immer mit vielen Haken und Schlenkern, wenn sein Spiel einfacher wäre, dann hätten wir alle es einfacher. Dass Florian Klein aus der Mannschaft gefallen ist, ist für Außenstehende schwer nachvollziehbar, aber eigentlich klar: Er hat das 1:0 in Bremen verschuldet und Veh ist da gnadenlos. Und da ist noch die Greenhorn-Innenverteidigung.
Was macht Hoffnung?
Timo Baumgartl. 18 Jahre alt soll der Junge sein, aber sein Spiel wirkt schon abgeklärt. Er antizipiert gut, kommt ohne Fouls aus, ist kopfballstark, mit rechts und links passsicher und hat sogar die erste Torchance. Haben wir da einen neuen Tasci gesehen? Jedenfalls wirkt neben ihm auch Antonio Rüdiger ganz ruhig, bleibt bei eigenen Eckbällen an der Mittellinie stehen, konzentriert sich aufs Wesentliche. Jetzt ist Augsburg kein Maßstab, aber Baumgartl und Rüdiger harmonierten gut. So würde ich es auch am Freitag in Freiburg versuchen. Wenn allerdings Bruno zurückkommt, ist die Zeit der jungen Wilden vorbei: Rüdiger, Baumgartl, Leitner landen sicher auf der Bank, Karim Haggui, Georg Niedermeier, Guido Buchwald und Günther Schäfer “Fussballgott” werden dann die Verteidigung bilden.
Was macht Sorgen?
Schon länger fällt mir die mangelnde Geschwindigkeit von Oriol Romeu auf. Dazu ist er so beweglich wie ein Umzugskarton, bei seinen Drehungen und Richtungsänderungen denke ich manchmal, ich würde eine Zeitlupe sehen. Ich hätte gerne Carlos Gruezo mal wieder auf der Sechs gesehen. Am Freitag wird es soweit sein, da sich Romeu die fünfte gelbe Karte eingehandelt hat.
Beste Nachricht des Spieles bisher: Gruezo gegen SCF in der Startelf. #VfB — Golwar (@Golwar) November 23, 2014
Hat der VfB ein Torwartproblem?
Sven Ulreich rückt nach der Gehirnerschütterung von Thorsten Kirschbaum wieder ins Tor. Kirschbaum, der vom VfB-Ehrenrat Guido Buchmannwald übrigens Kirschstein genannt wird. Ulreich jedenfalls wird von der Kurve gefeiert, schießt nach wie vor recht willenlos die Bälle nach vorne und ist auf der Linie einmal mehr herausragend.
Vielleicht steht da beim #VfB gar nicht Sven Ulreich im Tor, sondern Manuel Neuer #vfbfca #govfb
— Tobias Dorfer (@tobiasdorfer) November 23, 2014
Aber das ist kein Grund, um in Euphorie zu verfallen. Er ist nach wie vor ein solider Keeper, nicht mehr und nicht weniger. Remember Lissabon 2011? Labbadia setzte das Eigengewächs auf die Bank und brachte Ziegler. Der verletzte sich und Ulle hielt danach beständig gut. Wenn jetzt Bruno übernehmen sollte, trifft er wieder auf einen Ulreich in einer starken Phase. Ulreich anzustacheln hat Veh für ihn übernommen.
Wie gehts weiter?
Hinfallen, Brustring richten, weiter kämpfen! #VfB #VFBFCA — Forza Amateure (@jungwildvomVfB) November 23, 2014
Ein Freiburger Freund sagt mir immer, dass der SC gerne den Aufbaugegner spielt. Das wäre mir sehr Recht und ich möchte noch einmal an Labbadia erinnern, er sagt “Freiburg wird dem VfB alles abverlangen. Aber der VfB wird Räume bekommen und wenn die schnell und intelligent genutzt werden, hat Freiburg Probleme”. Ich hoffe, Labbadia wird Recht behalten. Wenn ich ihn so reden höre, dann finde ich ihn deutlich sympathischer als zu seiner Zeit als VfB-Trainer. Wie kommt das? Und warum ist Labbadia so freundlich? Will er wieder zurück nach Stuttgart? Stefan Effenberg, zugegeben jemand, dessen Aussagen man nicht ernst nehmen muss, kann sich das vorstellen. “Veh als Sportdirektor und Labbadia als Trainer”. Ich muss zugeben, Bernd Wahler traue ich so etwas zu.
Aber das hat sich bereits erledigt. Wobei Effenberg und Lothar Matthäus durchaus ins Beuteschema von Wahler passen würden. Ansonsten wendet er sich an freie Trainer, die wir alle kennen (und nicht wollen): Jens Keller, Mirko Slomka, Robin Dutt. Schafft es der VfB, bis Freitag einen neuen Trainer zu verpflichten? Oder übernimmt U23-Trainer Jürgen Kramny? Die StZ fordert einen Erneuerer statt des Gute-Laune-Onkels Veh. Und sie fordert einen Umbruch in der Mannschaft – so wie ich.
Was sagt Sebastian Bootz vom Stuttgarter Tatort zur Situation des VfB?
Leider nichts. Er schaut nur sehr traurig.
Der Alkoholkonsum des Stuttgarter Ermittlers resultiert übrigens nicht aus Familienproblemen. Sondern aus der Tabellensituation. #Tatort
— Maximilian Schmidt (@Schmmmiddelinho) November 23, 2014
Titelbild: Fingerhut / Shutterstock.com
kein Trainer, kein Manager, 18. Platz-und nun?
Ui, hallo Herr Friedrich! Ja, das ist die Frage, die sich Bernd Wahler auch gerade stellt und ich möchte nicht in seiner Haut stecken. Er steht vor dem Scherbenhaufen seiner 15-monatigen Amtszeit, muss den Spagat schaffen, kurzfristig eine sportliche Leitung finden zu müssen und langfristig die Weichen zu stellen. Laut PK sucht er einen Mann mit Erfahrung. Das sind dann die üblichen Verdächtigen … Huub Stevens, Mirko Slomka, Robin Dutt und … Bruno Labbadia. Dass er eine Überraschung aus dem Hut zaubert, halte ich für unrealistisch, woher soll er den Kandidaten kennen. Es ist ein Teufelskreis. Ich bin gespannt, ob sich die Mannschaft am Riemen reisst. Aber ein Schnitt scheint unumgänglich, er muss zügig und konsequent in der Winterpause vollzogen werden.