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Dinos: Immer mitreißend!

Bei der Miss-Wahl meines Lebens ist er die Nummer Eins. Er ist der Mann, der mir den Atem raubt und mir die Sprache klaut. Ich dreh’ durch wie nen Reifen im Schnee, wenn ich ihn auf dem Spielfeld seh’: Dinos Mavropanos ist einfach ein Hammertyp, der vor allem eines in seinen drei Jahren beim VfB konnte …

Er konnte mitreißen. Die Kollegen auf dem Feld, aber auch die Zuschauer im Stadion und das Publikum vor dem Fernseher. Seine Energie war auf dem Feld, der Tribüne und im Wohnzimmer stets zu spüren. Er hatte eine mitreißende Spielweise, emotional, mit spektakulären Aktionen, vorne wie hinten, wie das 50-Meter-Eigentor im Pokalspiel gegen Paderborn.

Der griechische Schrank absolvierte seit 2020 89 Pflichtspiele für den VfB und schoss acht Tore. Seine wichtigsten Treffer: Das 2:1 gegen Hertha BSC in der Nachspielzeit und das 1:0 in der Relegation gegen den Hamburger SV. Der optimale Start in die Entscheidungsspiele und wahrscheinlich der entscheidende Faktor, warum die Hanseaten in der Relegation nie eine Chance hatten.

Am Anfang war mein Vertrauen in den mächtigen Körper des kolossalen Griechen nicht besonders ausgepägt. Viele Muskelverletzungen plagten ihn, sein Rücken zwickt heute noch, wenn er zu Boden ging, musste man – zumindest am Anfang – immer mit dem Schlimmsten rechnen. Aber in seinen drei Jahren im Brustring stabilisierte er sich immer mehr, anfangs als Außenverteidiger, später als Innenverteidiger eingesetzt, wurde er zum unumstrittenen VfB-Stamm- und griechischen Nationalspieler.

Seine Kopfballstärke, seine Diagonalbälle, aber vor allem seine Lucio-artigen Ausflüge an den gegnerischen Strafraum werden dem VfB fehlen. Seine Wucht, Dynamik und Energie gibt es so im VfB-Kader derzeit nicht. Aber er war auch immer für eine dämliche Aktion gut, vergaß einen Gegenspieler in seinem Rücken oder holte sich eine blöde gelb-rote Karte wie zuletzt im Spiel gegen Borussia Dortmund.

Eine besondere Beziehung hatte er mit Sven Mislintat, der ihn erst für Arsenal verpflichtete und dann nach Stuttgart holte. “Er will 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche nur das Beste für jeden einzelnen Spieler, für das Team und für den Verein. Sein Optimismus steckt alle an.“ Sein Mentor sagte über ihn: “Er ist ein überragender Zweikämpfer und maximal aggressiv“. Dazu kommt seine Schnelligkeit und seine Spielweise, mit der er Gegenspieler zur Weißglut bringen kann.

Durch Dinos ist „Malaka“ zum geflügelten Wort in Stuttgart geworden. Es war das wütende Trashtalk-Tackling, das Mavropanos gegen den Leipziger Josko Gvardiol auspackte, nachdem dieser ihn übel weggetreten hatte. Auch mit Davie Selke, Robert Glatzel und Marko Richter tauschte er Freundlichkeiten aus, zettelte Rudelbildungen an und entwickelte sich zum „aggressive Leader“ des VfB.

Am Ende gab es Irritationen um den Medizincheck, aber Mavropanos wechselt für rund 20 Millionen (plus 5 Millionen Boni) zum Europa Conference League-Sieger West Ham United in die Premier League. Damit hat der VfB für ihn und Wataru Endo innerhalb weniger Tage circa 40 Millionen plus Boni eingenommen und zwei Unterschiedspieler verloren. Dem Vernehmen nach werden dagegen kaum Mittel für Spieler bereit gestellt, die die beiden wirklich ersetzen können. Die von allen geforderte positive sportliche Entwicklung wird so schwer zu schaffen sein.

Wie will der VfB zu einem „stabilen Bundesligisten“ (O-Ton VfB-Analyse) werden, wenn die Qualität im Kader immer weiter abnimmt? Wenn der VfB Spieler im Marktwert von bis zu 20 Millionen verkauft und nur Ersatz verpflichten kann, der nicht einmal in der Nähe dieses Marktwerts liegt, ist eine Weiterentwicklung schwer möglich.

Der im Gegenzug verpflichtete 21-jährige Schweizer Leonidas Stergiou vom FC St. Gallen soll dagegen kein 1:1-Ersatz von Dinos sein, sondern ein Entwicklungsprojekt.

Herzlichen Dank für alles, Dinos,
Du warst immer ein Ereignis, es war immer ein Erlebnis, Dich spielen zu sehen!

Viel Erfolg in der Premier League und halte Dich am besten zurück mit Fernschüssen, die Du als Rückgaben auf Deinen Torhüter tarnst.

Bild: Alex Grimm/Getty Images

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13 Kommentare

  1. soundzecke sagt

    Unser Spartiate wird fehlen, herrlich seine Durchbrüche bis an gegnerischen 16er.
    Und was die Transferpolitik soll versteht kein Mensch mehr.
    Nur Leihen mit Kaufoptionen, haben die Schiss vor ihren eigenen Entscheidungen?

    • Thomaso sagt

      Eine Leihe mit Kaufoption ist doch ideal. Du kannst für wenig Geld einen Spieler 1 Jahr testen und dann entscheiden. Mich wundert’s eher, dass so viele abgebende Vereine da mitmachen.

  2. Jochen sagt

    Ein bisschen mehr Optimismus wäre gut. Mavropanos kam als zunächst gescheiterter Spieler, der genau wie Endo (belgische Liga?) ein weitgehend unbeschriebenes Blatt war. Beide haben sich toll entwickelt. Neuen Spielern ein ähnliches Entwicklungspotenzial abzuschreiben ist zunächst nicht angebracht. Der VfB kann mit Angeboten aus der Premier League nicht mithalten. Geld drucken kann nur die EZB.

    • Fritz sagt

      Das ist sicher richtig, aber auch nur die halbe Wahrheit. In der Vergangenheit konnte man relativ sicher sein, dass von 10 Neuzugängen mindestens 3-4 sehr gut einschlagen werden. Die aktuell handelnden Personen haben noch keinen Grund geliefert, dass man ihnen ähnliches Vertrauen entgegen bringen sollte – oder glaubt jemand ernsthaft, etwa ein Mittelstädt würde sich zur Rakete entwickeln?

  3. Roland K. sagt

    Prima Artikel, dem ich mich nur anschliessen kann.
    Dafür danke!

    Weniger meine Zustimmung findet der Punkt,dass nur über ähnlich teure Spieler wie die verkauften ein Ersatz zu finden sei.
    Sowohl Endo als auch Mavropanos wurden vergleichsweise günstig eingekauft und haben sich entwickeln können. Geht das jetzt plötzlich bei anderen Spielern nicht mehr?
    Wurde nicht unser Mittelstürmer adäquat ersetzt? Niemand ist unersetzlich.

    Übrigens sehe ich den Wechsel von Mavropanos vor allem seinen Beratern geschuldet. Die machen Kasse. Ob West Ham so viel mehr zahlt,weiss ich nicht, angesichts der Gehälter in der BuLi kann das aber keine wirkliche Rolle spielen. Kein Profi,der nur halbwegs vernünftig mit seinem Geld umgeht,muss nach der Karriere am Hungertuch nagen. Es reicht idR für den Rest des Lebens. Deshalb wage ich hier auch zu zweifeln, ob die Bedingungen in London wirklich viel besser sind als in Stuttgart. Nein,das meine ich nicht kulturell.

    • @abiszet sagt

      Völlig richtig. Das entscheidende Wort ist “Entwicklung” und die braucht Zeit. Nehmen wir Chris Führich: Der wurde für ca. 3,5 Mio für Nico Gonzalez (verkauft für um die 20 Mio) geholt. So langsam kommt er ins Laufen. Bedeutet: Die Zeit für Entwicklung muss dann eben da sein und der Weg zum “stabilen Bundesligisten” dauert entsprechend länger.

  4. Konny sagt

    Ich mag Dinos wirklich gern… trotzdem zeigte er sich in den letzten Wochen recht lustlos uns spielte beim Trainer schon gar keine Rolle mehr. Ausser Endo Liverpool fehlt mir der Glaube, dass Mangala, Sasa, Dinos auf der Insel ein ähnliches Standing erreichen werden wie sie bei uns hatten. Es müssen aber höhere Weihen sein, wobei M S D schon hier sehr verletzungsanfällig waren. Ich bin da skeptisch… Trotzdem von Herzen Glück und Danke, bei uns geht es weiter, hoffentlich erfolgreich 🍀

  5. Clemens sagt

    Mavropanos war wirklich eine beeindruckende Erscheinung und hat in vielen Do-or-die Spielen nicht selten Verantwortung übernommen, wenn sich andere Mitspieler weggeduckt haben. Nicht vergessen sollte man aber auch diverse ungeschickte Tacklings im 16’er, die vor allem in seiner Anfangszeit beim VfB häufiger zu Elfmetern geführt haben. Aber er hat sich in den drei Jahren stabilisiert, ist gemeinsam mit dem VfB gewachsen und so haben am Ende beide Seiten voneinander profitiert.

    Seinen Abgang wird der VfB verkraften, die Wertsteigerung und damit verbundene Ablöse ist vor dem Hintergrund seiner nach wie vor latenten Verletzungsanfälligkeit sehr positiv zu bewerten. Mehr als bei anderen Spielern war für mich aber immer klar, dass der Grieche Stuttgart nur als Durchgangsstation sieht, weshalb sich mein Bedauern zu seinem Abgang in Grenzen hält. Trotzdem Danke für 100%igen Einsatz und viel Erfolg in der PL. Wie’s ausschaut wird man seinen Abgang mit den vorhandenen personellen Kapazitäten zu kompensieren versuchen. Je nach Spielsystem und ausbleibendem Verletzungspech kann dies sogar gelingen.

    Die anschließend kommunizierte Verlängerung mit Ito wird allerdings voraussichtlich nicht bedeuten, dass der Japaner uns in der Defensive länger erhalten bleibt. Ich tippe vielmehr auf eine Gehaltserhöhung, um Ito’s Enttäuschung ob des verwehrten Wechsels zu Ajax ein wenig zu mildern. Gleichzeitig hat man vermutlich eine fixe Ablöse (AK) im Arbeitspapier fixiert, die während seiner VLZ zu bestimmten Zeitpunkten regelmäßig vom Spieler oder interessierten Vereinen gezogen werden kann. Ich würde mich in diesem Punkt natürlich gerne irren, denke aber, dass Ito der nächste Wechsel-Kandidat ist.

  6. drhuey sagt

    Danke Dinos! Die “Ein-Mann-Büffelherde”, wie ihn Wolf Fuss mal getauft hat, mit seinen raumgreifenden Schritten unaufhaltsam in Richtung gegnerischen Straumraum unterwegs, wird unvergessen bleiben. Genauso wie manch dilettantischer Stellungsfehler oder ungestümes Tackling mit Elfmeterfolge. Sein Körper wird in der PL einiges aushalten müssen und letztlich ist mal ein guter Deal.
    @abiszet hat es auf den Punkt gebracht: Alle, die jetzt aus Mislintat’s Trouvaillenpool gehen hatten Zeit sich zu entwickeln, und das unter widrigsten Bedingungen. Wenn ich die jetzigen Neuzugänge anschaue, muss der Gedanke einer 1:1-Neubesetzung sofort aus dem Kopf. Ein Stiller, obwohl ein guter Mann, ist (noch) kein Endo. Jeong, denke ich, kann über Einsatzzeiten ein richtig Guter werden. Das hat man schon in Freiburg gesehen. Sergiou hat hier eine gute Entwicklung hingelegt und wurde wahrscheinlich auch wegen seiner Variabilität geholt (so schnell wie der ist, kann er auch aussen spielen). Was ich etwas kritisch sehe: Der Trainer bekommt seine Wunschspieler, die er schon kennt. Man vertraut hier mehr der praktischen Erfahrung des Trainers (dessen durchschnittliche Verweildauer beim VfB wie lang ist?) als den Picks des Sportdirektors. Wenn nichts mehr passiert, ist es ein spannender Kader, in dem auch ein Enzo wie Ito in der Hierarchie und Wichtigkeit eins nach oben rücken. Und nächstes Jahr weinen wir dann diesen beiden inkl. Guirassy nach.

    • Clemens sagt

      Ja, die Trainer Wunschlösungen sind schon auffällig, halten sich aber mit Stiller und Jeong NOCH in Grenzen. Allerdings ist auch noch mit Chris Richards ein weiterer ehemaliger Spieler von Hoeneß in der Verlosung.

      Von ehemals unter Mislintat “Spieler müssen zur Spielphilosophie des VfB Stuttgart passen”, hin zu Wohlgemuth “der Trainer wünscht sich …” ist das ein ganz schöner Paradigmenwechsel und nicht frei von Risiken. Was am Ende das erfolgreichere Konzept ist, werden die kommenden Monate zeigen.

    • Hobbycamper sagt

      @drhuey
      Du hast schon recht, die durchschnittlicher Verweildauer eines Trainers beim VfB ist bis auf wenige Ausnahmen nicht unbedingt lange. Andererseits….wenn die Wunschspieler von SH “einschlagen” und er mit ihnen und dem Rest der Mannschaft Erfolg hat, dann steht einer längerfristigen “Ehe” zwischen SH und dem VfB nichts im Weg.
      Bisher sieht es jedenfalls so schlecht nicht aus… ;-)

      Vielleicht noch ein Wort zu Dinos, wie einige andere hier auch bin ich mal gespannt ob sein Körper den Strapazen und der Belastung der Premier League auf Dauer gewachsen ist. Ich kann mir das ehrlich gesagt nicht so recht vorstellen.

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