Die Geschichte von vorzeitigen Vertragsverlängerungen bei VfB-Trainern ist eine tragische. Aber die Zeichen stehen gut, das sich Geschichte diesmal nicht wiederholt.

Vorzeitige Vertragsverlängerungen bei Trainern: Da war doch was.

Genau, mit Bruno Labbadia, schon längst auf dem absteigenden Ast, verlängerte Fredi Bobic ohne Not den Vertrag. Um ihn wenige Monate später zu entlassen. Tayfun Korkut, von Freunden Captain Kork genannt, spielte eine Rückrunde, dessen Erfolg sich keiner erklären konnte. Und genau deshalb verlängerte Michael Reschke seinen Vertrag in „Stuttyacht”. Auch hier: Kurze Zeit später war Schluss. Als Pellegrino Matarazzo im Kampf um den Aufstieg mit dem Rücken zur Wand stand, war es wieder Zeit dafür: VfB doing VfB things, Thomas Hitzlsperger und Sven Mislintat verlängerten seinen Vertrag vorzeitig, um “ein Zeichen zu setzen”. Keiner verstand es, weil die meisten sowieso ahnungslos sind, am Ende stand nach einem sensationellen Sieg gegen den HSV jedenfalls der (mühevolle) Aufstieg. Es folgte ein rauschaftes Jahr in der Bundesliga, eine Last-Minute-Rettung und schließlich erst nach über 1.000 Tagen die Trennung.

1.000 Tage Sebastian Hoeneß.
Das würde ich nehmen. Die Voraussetzungen dafür wurden geschaffen mit einer Vertragsverlängerung bis 2027. „Das ist für unsere weitere sportliche Entwicklung von derartiger Bedeutung wie aktuell keine andere Personalie im Verein“, sagt Sport-Direktor Fabian Wohlgemuth und er übertreibt damit nicht. Hoeneß’ Name wurde im Zusammenhang mit Bayern München und Leverkusen diskutiert, bald wird eine Stelle frei in Dortmund und wer weiß, womöglich hätte auch Wolfsburg überzeugende finanzielle Argumente am Ende der Saison gehabt. Das Paket in Stuttgart hat dagegen Hoeneß überzeugt: Guter Kader, hervorragender Teamspirit, überragende Fans, positive sportliche Entwicklung (um es vorsichtig auszudrücken), vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Sebastian Hoeneß hat den VfB vom letzten Tabellenplatz erst in die Relegation, dann in den Klassenerhalt und bis heute schließlich auf Platz drei geführt. Hoeneß selbst nennt das zurückhaltend: “Wir haben es gemeinsam geschafft, den VfB auf einen guten Weg zu führen.“ Der VfB spielt unter ihm mit Leverkusen den besten Fußball in dieser Saison, er hat ausser Silas alle Spieler besser gemacht und führt die Mannschaft so, dass sich jeder gewertschätzt fühlt, was die Basis für den guten Teamspirit ist. Er hat klare Spielprinzipien geschaffen, in denen jeder Spieler weiß, was er zu tun hat. Und er hat es geschafft, der Mannschaft die traditionelle Selbstüberschätzung auszutreiben (was wahrscheinlich sein Meisterstück ist).

Sein Auftreten in der Öffentlichkeit: sympathisch, unaufgeregt, gelassen, stets zurückhaltend, seinen Beitrag am Erfolg des VfB betont er nie. Aber die Verbundenheit mit dem Club, bei dem er in der Jugend spielte, ist zu spüren. Hoeneß ist mit dem VfB noch längst nicht fertig. Dies gilt für diese Saison, wie auch für die nächste, die sicher nicht ganz unkompliziert wird wegen der vielen offenen Personalien. Aber Hoeneß stellt sich der Herausforderung und sendet damit ein klares Zeichen nach innen. Wie es auch die vorzeitigen Vertragsverlängerungen von Waldemar Anton, Chris Führich und Enzo Millot waren.

Beim VfB kann etwas entstehen.

Gibt die Vertragsverlängerung zusätzlichen Schwung für die restlichen zehn Spiele der Saison? Sebastian Hoeneß würde sicher ganz gleichmütig sagen: “Das braucht es nicht, wir wollen so oder so etwas Großes schaffen.”

Und wir wollen ihn einfach am 34. Spieltag auf dem Zaun sehen.

Zum Weiterlesen:
Die Süddeutsche Zeitung meint zur Vertragsverlängerung von Hoeneß: „Das Karussell stoppt mit einem Doppelwumms“ und bezieht in ihrem Text auch die Verlängerung von Fabian Hürzeler auf Sankt Pauli mit ein.

Bild: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images