Zugegeben: das neue Format “VfB in der ersten Liga” ist weitaus besser angelaufen als gedacht. Viele hatten vor der ersten Folge nicht unbedingt gedacht, dass das Casting erstligatauglich ist, aber nach acht Folgen scheint diese Sorge unbegründet. Well done, Sven Mislintat!
Die neu eingeführten Charaktere wie Tanguy Coulibaly oder Matteo Klimowicz wissen zu gefallen und alte Bekannte wie Gonzalo Castro treten so stark auf wie nie. Kein Wunder, dass der VfB nach der Niederlage am ersten Spieltag, kein Spiel mehr verloren hat. Ja, richtig gelesen: seit sieben Spielen unbesiegt!
Doch neben dieser Sensationsserie hat das Team von Pellegrino Matarazzo noch an einer zweiten gebastelt, die nicht ganz so schön ist: Vor dem Spiel gegen Hoffenheim standen drei Unentschieden in Folge zu Buche. Drei Mal nicht verloren, aber eben auch nicht gewonnen.
Die Chancen im Derby Spiel gegen Hoffenheim endlich mal wieder dreifach zu punkten, schienen gar nicht so schlecht zu stehen. Schließlich befand sich dort gefühlt das halbe Team in Quarantäne. Mit einem Impfstoff im Herbst wäre das ja nicht passiert. Aber wer dachte, die TSG müsse im Spiel gegen den VfB den Zeugwart und den Busfahrer aufstellen, der wurde enttäuscht: Die Hoffenheimer Elf konnte sich durchaus sehen lassen.
Sehen lassen konnte sich auch, was der VfB von den Anfang auf den Rasen zauberte. Schon nach fünf Minuten hätte das Team Matarazzo eigentlich in Führung gehen müssen. Was für ein Auftakt!
Leider schaffte es er VfB jedoch nicht, seine Feldüberlegenheit in ein Tor umzuwandeln. Und es kam wie es kommen musste: Hoffenheim erzielte das 1:0. In früheren Staffeln hätte man das TV-Gerät bereits ausschalten können. Doch in der aktuellen Staffel zeigt sich der VfB widerstandsfähiger und beweist ungeahnte Comeback-Qualitäten. So dauerte es ganze zwei Minuten bis der überragende Nico Gonzalez das 1:1 erzielte, nachdem er die komplette Hoffenheimer Verteidigung schwindelig gespielt hatte. Hier seine Aktion:
Doch damit nicht genug. Knapp zehn Minuten später ging der VfB sogar in Führung! Gonzalez traf die Latte, Silas den Pfosten und dann mit dem schlechtesten der drei Versuche tatsächlich doch noch das Tor. Großer Wermutstropfen: Nico Gonzalez verletzte sich in dieser Szene und musste ausgewechselt werden: zwei bis drei Wochen Pause.
In der Halbzeit dann der Plottwist: Die Hoffenheimer kamen mit neuer taktischer Formation und neuem Selbstbewusstsein aus der Kabine und stressten den VfB und dessen Fans extrem. Und schon nach 48 Minuten stand es 2:2, nachdem Sessegnon auf der rechten Stuttgarter Seite ungehindert durchlaufen konnte und Kobel tunnelte.
Pellegrino Materazzo wechselte in der 59. Minute Sosa und Klimowicz für Coulibaly und Didavi ein, aber die Maßnahme verpuffte. Hoffenheim machte das Spiel und war aggressiver und mutiger. Und beim VfB? Das war die Luft leider völlig raus.
Spätestens, als Waldemar Anton seinen Gegenspieler relativ ungeschickt im Strafraum foulte und Kramaric auf 3:2 stellte, mussten sich alle, die es mit dem VfB halten, so langsam mit der Niederlage abfinden. Aber eine guter Plot hat immer noch eine überraschende Wendung zu bieten. Und so kam der VfB mit dem Mute der Verzweiflung noch mal auf. Und in der 94. Minute war es dann tatsächlich soweit: Kalajdzic verlängerte einen Einwurf und Aushilfs-Kapitän Marc-Oliver erzielte das 3:3 in bester Mittelstürmermanier. “Geil, Kempfi! Du bist so ein Gott, Junge” wie eine Stuttgarter Towartlegende einst sagte.
Viel Spannung, noch mehr Action und ein Ende, mit dem alle irgendwie zufrieden sein müssen. Die aktuelle Episode hatte eigentlich alles, was sich Serienfans wünschen. 4 von 5 Sternen von uns. Apropos Serie: Die hielt auf beiden Seiten. Die Hoffenheimer blieben auch im sechsten Spiel in Folge sieglos, der VfB ist seit sieben Spielen ohne Niederlage. Klingt gut, aber man kann die Story natürlich auch anders erzählen: Der VfB ist seit vier Spielen sieglos und hofft am nächsten Samstag auf seinen ersten Heimsieg der Saison. Gegner: Der FC Bayern München.