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Der VfB voll im Tunnel

Lange Zeit verfuhr der VfB nach dem Motto “Schlechte Zeiten sind wie ein Tunnel. Ganz gleich, wie lang und dunkel dieser Tunnel ist, am Ende ist immer das Licht.“ Jetzt, wo es sportlich so gut läuft wie seit über zehn Jahren nicht mehr, hat der VfB seinen Tunnelclub beim ungefährdeten 3:0 im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt eröffnet. Es soll Menschen geben, denen wird es in Tunneln mulmig, einige quält sogar eine Angststörung. Das wird ihnen im Tunnelclub nur passieren, wenn sie an die Vereinspolitik denken. Denn der neue VIP-Bereich ist das Prestigeobjekt des für rund 150 Millionen Euro umgebauten Neckarstadions. Die Käufer der über 1.000 Euro teuren Tickets haben nämlich alles im Blick: die Ankunft der Mannschaften, deren Gang aufs und vom Spielfeld, die Interviews nach Spielende, Diskussionen mit dem Schiedsrichter, Späße und Streits untereinander, das Ganze hinter einer riesigen Glaswand. Die VIPs selbst bleiben anonym, denn die Spieler haben durch eine einseitige Verglasung keinen Einblick in den exklusiven Bereich. Der erste Tunnelclub in Deutschland musste natürlich in Stuttgart entstehen. Schließlich gibt es in Baden-Württemberg …

Hergespielt und aus dem Stadion geschossen

Vor dem Spiel hatte ich befürchtet, dass der TSG Hoffenheim eine Überraschung gegen den VfB gelingen könnte: Schließlich ist der Club aus dem Kraichgau in dieser Saison auswärts stärker als zu Hause. Letztlich war meine Sorge unbegründet: So wie die Fans das Stadion dominiert haben, beherrschte das Team das Spielfeld. Das 3:0 spiegelt die Machtverhältnisse nicht wirklich wider, ein 5:0 oder 6:0 wäre angemessener gewesen. Es war ein Klassenunterschied zu sehen gegen überforderte Hoffenheimer, die vor allem in der Abwehr dem VfB nie gewachsen waren. Der VfB kontrollierte das Spiel nach Belieben, der Gegner wurde regelrecht auseinander gespielt, wenn es nicht die Hoffenheimer gewesen wären, sie hätten einem leid tun können. Führich, Millot, Guirassy, Undav, Millot: Die Passfolge zum 1:0 war mindestens großes Kino, eher poetisch wie ein Gedicht, komponiert wie eine Sinfonie, ein Kunstwerk, gemacht dafür, international ausgestellt zu werden. Auf alle Fälle war es die pure Spielfreude, eine aufsehenerregende Kombination. Auch die Torvorlage von Deniz Undav auf Serhou Guirassy vor dem 2:0, mit durchgedrücktem Kreuz locker aus dem Fußgelenk gespielt, sah so leicht …

Nicht der VfB, den ich kenne

Die Erwartungen waren groß: Tabellenführer konnte der VfB nach einem Sieg gegen Darmstadt werden. Doch die Befürchtungen waren ebenfalls nicht klein: Es war alles angerichtet für den typischen VfB, dass er das verkackt. Wir kennen das aus 130 Jahren. Letztlich war es eine klare Sache, der VfB zeigte die Reife, die von den Verantwortlichen gefordert wird. Einerseits: Die beste Offensive traf auf die schlechteste Defensive. Der VfB kommt aus einem Lauf und wir wissen, was eine Euphoriemannschaft wie die der Stuttgarter dann macht: Sie berauscht sich an sich selbst, erfreut sich an den eigenen Aktionen und begeistert die Zuschauer. Schützenfest incoming. Spitzenreiter sowieso. Andererseits: Der VfB kommt aus einem Lauf und wir wissen, was eine Euphoriemannschaft wie die der Stuttgarter dann macht: Sie berauscht sich an sich selbst, erfreut sich an den eigenen Aktionen und lässt aus Arroganz oder Übermut gerne einmal die Ernsthaftigkeit vermissen – gerade gegen vermeintlich schlechtere Mannschaften. Der VfB als der ideale Aufbaugegner. Einerseits: Darmstadt kommt geknickt und alles andere als selbstbewusst nach Stuttgart, nachdem sie einen 3:0-Vorsprung gegen Gladbach nicht …

Sie wollen einfach nur spielen

Angstgegner? Trainerkiller? In dieser Saison ist so vieles anders beim VfB. Eine Mischung aus Widerstandsfähigkeit und Spielfreude bringt dem in grün spielenden VfB nach dem Sieg beim FC Augsburg Platz 1 in der Auswärtstabelle. Auf den Spielzug in der 29. Minute ist sogar Usain Bolt neidisch: Einem Traumpass von Marc-Oliver Kempf folgt ein unwiderstehlicher Sturmlauf von Borna Sosa und ein wunderbares Zuspiel des Kroaten auf Silas, der cool zum 0:2 einschiebt. 11 Sekunden dauerte das, schneller ist nur der jamaikanische Olympiasieger – ohne Ball wohlgemerkt. Eine schnörkellose Kombination, die symbolisch für den VfB in der Saison 2020/2021 steht. Schnell, direkt, selbstbewusst. Ich würde den Pass von Kempf gern heiraten. — Philipp Maisel (@philmaisel) January 10, 2021 Bis auf ein paar Situationen seriös in der Abwehr mit einem einmal mehr überzeugenden Waldemar Anton und offensiv heißt das Motto beim VfB „Ich geb’ Gas, ich will Spaß!“. Es ist die reine Spielfreude, die dann letztlich auch weitere Tore verhindert. Manchmal hat man den Eindruck, der VfB spiele extra-schön für die Fans, die nicht im Stadion sind, um …

4 gewinnt!

Den Stuttgartern wird gemeinhin nachgesagt, einem gesetzten Volk anzugehören. Gebruddelt wir gerne, aber sakrisch aufregen kann sich der gemeine Stuttgarter nur über einen Kratzer in seinem Daimler. Mehr Emotionen vermutet man nicht, positive schon gar nicht, schliesslich wurde hier auch der Wutbürger erfunden. Derbe large Vorurteile! Das Stuttgarter Sportpublikum hat 1993 bei der Leichtathletik-WM bewiesen, dass es begeisterungsfähig ist und 2007 nach der Meisterschaft, dass durchaus gerne gefeiert wird, als der gesamte Kessel lahm gelegt wurde. Aber es stimmt schon, der VfB-Fan neigt nicht zur Euphorie, in den letzten Jahren gab es hierzu auch wenig Gelegenheit. Dennoch will der VfB-Fan erobert werden mit guten Leistungen, vor allem auf der Haupttribüne. Dass der Funke einmal überspringt gelingt schon immer wieder mal, aber stets nur vom Feld auf die Tribüne – niemals umgekehrt. Selten bis nie wurde ein Tabellenletzter so supported und gefeiert wie der VfB gestern! Respekt Stuttgart, Respekt! — OZils (@ozils) May 10, 2015 Muss sagen: Was gestern im Stadion los war, hab ich so lange nicht erlebt. Die VfB-Fans geben tatsächlich alles, wenn's drauf …