House of Cannstatt
Offener Brief Thomas Hitzlsperger, 30.12.2020 Stellungnahme Claus Vogt, 31.12.2020
Offener Brief Thomas Hitzlsperger, 30.12.2020 Stellungnahme Claus Vogt, 31.12.2020
Zugegeben: Die Bayern spielen alle drei Tage, haben verletzte und angeschlagene Spieler zu beklagen, kommen auf dem Zahnfleisch daher, aber trotzdem: dass der VfB so ein tolles Spiel hinlegt, wer hätte das gedacht? Pellegrino Matarazzo überrascht mit seiner Aufstellung: Philipp Förster steht in der Anfangself, was nicht wenige direkt dazu verleitet, ein Bierchen zu verhaften. Wie soll man es sonst aushalten? Aber was soll man sagen: Förster macht das Spiel seines Lebens. Zumindest eine Halbzeit lang. Nach gutem Beginn der Mannschaft, nur ein Pfostenkopfball von Lewandowski lässt den Puls nach drei Minuten steigen, läuft ein Konter über eben diesen Förster. Er treibt den Ball in seiner unnachahmlichen Art und er verpasst diesmal nicht den richtigen Zeitpunkt für das Abspiel auf Silas. Der dribbelt nicht, der macht keinen Übersteiger oder sonstige Fisimatenten, womit sein Gegenspieler Lucas Hernandez vermutlich rechnet, sondern passt perfekt temperiert in die Mitte. Manuel Neuer fällt wie eine Bahnschranke und verpasst den Ball, so dass Tanguy Coulibaly den Ball ins Tor stecken kann. Sein Tordebüt! Überhaupt Coulibaly: Er ist überraschend nicht außen, sondern …
Sitzschalen. Sitzschalen in rot. Sitzschalen in blau. Sitzschalen in gelb, Sitzschalen in grün. Sitzschalen. Ich hasse Sitzschalen. Denn sie sind das Symbolbild des Fußballjahres 2020. Das letzte Mal, als alle Sitzschalen im deutschen Fußball standesgemäß von Fan-Ärschen besetzt wurden, ist knapp 300 Tage her. Es war das Spitzenspiel der zweiten Liga. VfB Stuttgart gegen Arminia Bielefeld. 1:1 ging es aus. Die Älteren unter uns werden sich erinnern. Danach: Lockdownle, Spielunterbrechung und die Bemühungen der DFL und der Clubs, den Profifußball schnellstmöglich gegen alle Widerstände und gute Argumente wieder ans Laufen zu bringen. Kein Wunder, schließlich ging es um die TV-Gelder. Und so kamen die Geisterspiele. Bitte, lasst uns nicht darüber diskutieren, ob manche Partien mit Fans eventuell anders ausgegangen wären! Dann könnten wir auch darüber diskutieren, ob Spiele ein anderes Resultat gefunden hätten, wenn man ohne Abseits gekickt hätte. Oder mit größeren Toren. Oder mit Medizinbällen. Fans sind Teil des Spiels. Fußball ohne Kurven ist für mich kein Fußball. Allerhöchstens Fußball light. Und den erleben wir aktuell. Und das tut weh. Denn ausgerechnet seit jenem …
Die beste Nachricht zuerst: In Mecklenburg-Vorpommern gibt es kein Corona mehr! Anders ist es jedenfalls nicht zu erklären, warum 7.500 Fans im Ostseestadion lauthals sangen, um die freigesetzten Aerosole dann mit ihren Schals zu verteilen. Den Gästeblock hatte man frei gelassen. Nicht, dass es zu viel Abstand zwischen den Fans gibt: Wo bleibt denn da die Stimmung?! Fairerweise muss man dazu allerdings auch festhalten, dass die Infektionszahlen in Mecklenburg-Vorpommern sehr niedrig sind. Gute Stimmung beim @DFB_Pokal in #Rostock 👍 Die Fans haben lange darauf gewartet. Ich freue mich, dass wieder mehr Zuschauer ins Stadion können. Es ist ein großer Schritt in #CoronaZeiten 👉 Viel Erfolg @HansaRostock !!! pic.twitter.com/MYHjlWbivo — Manuela Schwesig (@ManuelaSchwesig) September 13, 2020 Die nächste gute Nachricht: Der VfB Stuttgart ist eine Runde weiter. Dank einer guten ersten Halbzeit und dem Abstaubertor von Silas. Dass die Truppe von Pellegrino Matarazzo am Ende ziemlich wackelte und fast noch das Gegentor kassiert hätte? Geschenkt! Das hat ja schon Tradition. Konzentrieren wir uns lieber auf die positiven Aspekte des ersten Pflichtspiels der Saison. Der VfB war …
„Das könnte sein Jahr werden!“ Sven Mislintat ist im „kicker“ optimistisch, dass Borna Sosa nach diversen Verletzungen und Formkrisen in seiner dritten Saison den Durchbruch beim VfB schafft. Der junge Kroate ist nicht der Einzige, bei dem der VfB hoffen muss, dass er den nächsten Entwicklungschritt macht. „Das könnte sein Jahr werden!“ Das könnte Mislintat auch über Silas Wamangituka sagen. Für den schnellen und manchmal überdrehten Übersteigerkönig könnte es durchaus mehr Raum geben für seine raumgreifenden Sprints und Soli. Wenn er dann noch an seinem ersten Kontakt arbeitet und öfter die richtige Entscheidung trifft, wann er ins 1:1 gehen und wann er abspielen sollte, ja dann könnte es zu seinem Jahr werden. Es könnte auch das Jahr des Sasa Kalajdzic werden. Das muss es fast. Der Österreicher, wie sein Sturmkollege Hamadi Al Ghaddoui bisher ohne eine einzige Bundesligaminute, sollte schon wissen, wo das Tor steht. Denn, wer sonst soll die Buden machen – vor allem dann, wenn Nicolas Gonzalez den VfB verlassen sollte? Selbst er wäre keine Garantie. Auch wenn sich Gonzalez nach der Corona-Spielpause …
Brüder, die beim VfB aktiv waren? Die Schmäler-Zwillinge, klar! Die Allgöwers, Karl und Ralf, sie standen gleichzeitig auf dem Platz für die Profimannschaft beim VfB. Dann die Khediras, die Yakins, die allerdings nie gemeinsam aufliefen. Was ist mit den Caliguris? Den Vlachodimos’? Und zählen die Hlebs? Das berühmteste und erfolgreichste Brüderpaar beim VfB war allerdings Bernd und Karlheinz Förster. Wobei der große Bruder Bernd immer im Schatten des jüngeren Karlheinz stand, von „Le Kaiser“, dem Treter mit dem Engelsgesicht. Einen gemeinsamen EM-Titel errangen sie 1980 mit der Nationalmannschaft. Die beiden Schwarzacher sind sowieso erst das zweite Bruderpaar neben 54er-Weltmeistern Fritz und Ottmar Walter, das gemeinsam einen Titel mit der Nationalmannschaft holte. Bernd und Karlheinz haben gemeinsam sogar die meisten Länderspiele aller Brüderpaare ever auf dem Konto. Beim Suchen nach einem Bild für diesen Text habe ich völlig die Zeit vergessen. Bernd mit Franz Beckenbauer. Bernd mit Gerd Müller. Bernd mit Jupp Derwall. Bernd mit Bernd Schuster. Bernd mit Paul Breitner. Bernd mit Felix Magath. Bernd mit Calle del Haye. Bernd mit Walter Kelsch, mit Bernd …
Otto Baric war eine Witzfigur. Jetzt könnten Spötter sagen, dass das bei nicht gerade wenigen VfB-Trainer der Fall war, aber Baric war es im wahrsten Wortsinne: Eine Figur, die ständig Witze machte. Meist allerdings unfreiwillig. Er wollte einst beim Mercedes-Stern auf dem Dach des Stuttgarter Hauptbahnhofs das Licht abschalten, damit ihm der VfB mit dem eingesparten Geld einen neuen Stürmer kaufen kann. Er hatte viele solcher Ideen, weshalb ihn so wenig Leute ernst nahmen, die Worte sprudelten aus ihm ununterbrochen heraus und das hörte auch nachts nicht auf, wie seine Frau einmal Stuttgarter Journalisten berichtete. Sein Lieblingswort war “maximal” (“Die Spieler müssen maximalen Einsatz zeigen”, “Ich bin maximal optimistisch”), das er “maximale“ aussprach und ihm den Spitznamen „Otto Maximale“ einbrachte. Der Kroate konnte zuvorkommend, unterhaltsam und witzig sein, pflegte allerdings einen fragwürdigen Umgang mit seinen Spielern und mit seiner ständigen Forderung nach mehr Geld ging er Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder mächtig auf die Nerven. Aufgrund seines arrogant wirkenden Auftretens war Baric in Cannstatt nicht beliebt. Er wusste immer alles besser, doch eines gelang ihm zumindest beim …
Mir fehlt sogar ganz viel. Ausgelassen zu sein, gedankenlos zu sein. Freiheit. Die Freiheit machen zu können, was ich will. Liebe Leute zu treffen, die Unbeschwertheit, in der Sonne in einem Cafe zu sitzen und Leute zu beobachten, eine spontane Umarmung oder einfach meine Mutter zu sehen. Im Augenblick werden bei mir Dinge ganz laut, die bisher leise waren. Es sind Sorgen, die sonst verdrängt werden von scheinbar dringenden, aber meist banalen Problemen. Die Banalität ist gewichen der Sorge um die Gesundheit von Freunden und Familie und einem selbst. Die Sorge um die eigene berufliche Zukunft, die Unsicherheit der nahen und fernen Zukunft, ich fühle mich im Existenzkampfmodus. Und wo bekomme ich das nächste Klopapier her, verdammt? Ich lerne den alten Alltag schätzen, denn der ließ es kaum zu, über diese Dinge nachzudenken. Routinen bestimmten bisher meinen Tag, es ging ums Funktionieren und am Ende des Tages um Ablenkung von den schweren und komplizierten Dingen und dazu gehörte auch der VfB. Als kleine Erinnerung an den bisherigen Tagesablauf fange ich meinen Bürotag im Homeoffice mit …
Schon bemerkenswert: Vor nicht mal zwei Wochen hielt ich es für vertretbar, das VfB-Spiel gegen Bielefeld zu besuchen. Heute halte ich es für eine meiner dümmsten Entscheidungen der letzten Jahre. Es kommt einem vor, als sei das vorerst letzte Heimspiel des VfB Stuttgart schon eine Ewigkeit her. Unsere größte Sorge Anfang März war schließlich, dass das Spitzen- auch ein Geisterspiel wird. Elf Tage später hat die zweite Liga wie alle anderen auch längst ihren Betrieb eingestellt. Mannschaftssport findet – egal auf welcher Ebene – nicht mehr statt, Sport-, Spiel- und Bolzplätze sind deutschlandweit geschlossen. Und die anfänglichen Überlegungen, ob der VfB Stuttgart mit dem aktuell zweiten Platz eventuell bereits aufgestiegen ist, sind mittlerweile komplett irrelevant geworden. Denn während wir (und ihr hoffentlich auch) zuhause ausharren, damit nicht noch mehr Menschen an dem Coronavirus sterben, sorgen sich Arbeitnehmer um ihre Jobs und Unternehmen um ihre Existenz. Aktuell steht definitiv mehr auf dem Spiel als ein Aufstieg. Viel mehr. Denn, machen wir uns nichts vor, auch die Clubs mit ihren Multi-Millionen-Etats werden um ihr wirtschaftliches Überleben kämpfen …
Paris, Valencia, Gladbach: Bei den Spielen der Champions League und dem Bundesliga-Nachholspiel wurde deutlich, da fehlte etwas. Die Emotion. Fußball ist mehr als das Ausspielen eines Ergebnisses, ist mehr als Sieg und Niederlage, mehr als Aufstieg und Abstieg. Es ist Kultur. Und das Publikum in den Stadien macht das Spiel dazu. Zu einem Ereignis, zu einem Gemeinschaftserlebnis. Denn das Publikum interagiert mit den Spielern, in nicht wenigen Spielen beeinflusst es die Partie. Es fehlen das Singen, das Stöhnen, das Schreien, das Jubeln, das Ärgern. “Without fans, football is nothing.“, sagte der berühmte schottische Trainer Jock Stein. Die Zuschauer sind die Seele des Spiels, ohne sie wird Fußball auf seinen Kern reduziert: auf ein Millionenbusiness. Gianni Infantino gefällt das, aber womöglich gibt es etwas, was größer ist als die FIFA. Das Corona-Virus bringt alles in Gefahr, natürlich auch dieses Millionenbusiness. Deshalb gibt es bis auf weiteres Spiele ohne Publikum, um den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten, denn für DFL-Geschäftsführer Christian Seifert steht es “außer Frage, dass die Saison wie vorgesehen bis Mitte Mai zu Ende gespielt werden …